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Rente wegen Erwerbsminderung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 14.02.2011
Aktenzeichen L 3 R 269/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 43 SGB 6, § 240 SGB 6

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1955 geborene Klägerin war nach Abbruch einer Ausbildung zur Facharbeiterin für Lederwaren seit dem 22. April 1974 bei der Deutschen Reichsbahn bzw. der Deutschen Bahn AG (DB AG) als Amtsgehilfin (u. a. Vervielfältigerin) bzw. Bürohilfskraft beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31. Dezember 1996, seither ist die Klägerin arbeitslos. Sie bezieht Arbeitslosengeld II. Bei ihr war ab dem 24. August 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 (Bescheid vom 23. Mai 2005) anerkannt worden, inzwischen ist ein GdB von 60 (Bescheid vom 03. September 2010) festgestellt.

Am 16. August 2005 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Hinweis auf eine ihrer Auffassung nach bestehende Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen Diabetes mellitus Typ II, beidseitigen Glaukoms, Arthrosen, Wirbelsäulenbeschwerden, Bluthochdrucks und Folgen eines Unfalls am linken Handgelenk. Die Beklagte holte eine Auskunft der DB AG vom 23. September 2005 (beigefügt waren u. a. ein Arbeitsvertrag vom 22. April 1974, ein Änderungsvertrag vom 09. August 1974 sowie ein Nachweis über die tarifgerechte Eingruppierung einer Arbeiterin vom 22. April 1992) sowie einen Befundbericht der behandelnden Internistin Dr. K vom 09. September 2005 ein und veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch die Allgemeinmedizinerin Dr. H am 22. September 2005. In ihrem Gutachten vom 26. September 2005 stellte diese einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus, einen Hypertonus sowie eine Adipositas fest. Die Klägerin könne noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Mit Bescheid vom 08. November 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Hinblick auf das Ergebnis der Begutachtung ab. Die Klägerin könne im Übrigen ihre letzte berufliche Tätigkeit als Bürohilfskraft weiterhin ausüben. Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte noch Befundberichte der behandelnden Augenärztin Dr. K vom 12. September 2005, der Orthopädin Dr. S vom 21. November 2005 sowie des Chirurgen Dipl.-Med. S vom 09. Januar 2006 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 wies sie den Widerspruch der Klägerin sodann zurück. Auch aus dem aktuellen Befund der Wirbelsäule, der Schultergelenke, der Ellenbogengelenke sowie beider Hände ergäben sich keine Hinweise auf eine so schwerwiegende Einschränkung des Leistungsvermögens, dass sie nicht mehr in der Lage wäre, eine körperlich leichte Arbeit noch vollschichtig zu verrichten.

Mit ihrer hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, es bestehe ein Erfordernis zusätzlicher Pausen, weil sie jederzeit Insulin spritzen können müsse.

Das SG hat zunächst Befundberichte des Nuklearmediziner D vom 15. November 2006, der Frau Dr. K vom 16. November 2006, der Frau Dr. S vom 24. November 2006, der Allgemeinmedizinerin Dr. S vom 24. November 2006 sowie der Frau Dr. K vom 05. Januar 2006 (2007) eingeholt. Im Anschluss daran hat das SG Beweis erhoben und die Fachärztin für Orthopädie und Rheumatologie Dr. W mit der Untersuchung der Klägerin und Erstellung eines Gutachtens betraut. In ihrem am 18. Juli 2007 nach einer Untersuchung der Klägerin am 19. Juni 2007 fertig gestellten Gutachten hat sie folgende Diagnosen aufgeführt:

- Gonarthrose beidseits II-III°

- Posttraumatische Handgelenksarthrose bei Zustand nach Handgelenksfraktur links

- Protrusionscoxarthrose beidseits

- Spondylarthrosis deformans der Wirbelsäule bei erheblicher Fehlstatik.

Unter Würdigung dieser Gesundheitsstörungen könne die Klägerin täglich regelmäßig noch körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen überwiegend im Sitzen ohne einseitige körperliche Belastungen, auch in Wechselschicht, acht Stunden lang verrichten. Das Heben und Tragen sei auf Lasten bis zu fünf kg zu beschränken. Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht mehr zumutbar. Arbeiten, die Fingergeschicklichkeit voraussetzten, seien nicht möglich. Tätigkeiten überwiegend oder teilweise am Computer könnten durchgeführt werden, die Wegefähigkeit sei erhalten.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG danach den Orthopäden Dr. S mit der Untersuchung der Klägerin und Anfertigung eines Gutachtens beauftragt. In dem Gutachten vom 12. Januar 2009 (Untersuchung am 11. November 2008) hat dieser folgende Gesundheitsstörungen festgehalten:

- Degenerative Veränderungen an allen drei Wirbelsäulenabschnitten mit dadurch bedingten Fehlhaltungen, Muskelverspannungen und Bewegungseinschränkungen

- Protrusionscoxarthrose beidseits mit Auslösung von schmerzhaften Bewegungseinschränkungen

- Deutliche Gon- und Retropatellararthrose beidseits mit Bewegungseinschränklungen beider Kniegelenke

- Rotatorenmanschettensyndrom an beiden Schultern (rechts mehr als links)

- Posttraumatische Handgelenksarthrose links

- Leichtgradiger Morbus Dupuytren linke Hand.

Bei Berücksichtigung dieser Leiden könne sie täglich regelmäßig noch körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen in überwiegend sitzender Körperhaltung verrichten. Es müsse die Möglichkeit eines jederzeitigen und spontanen Haltungswechsels gewährleistet sein. Einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten in festgelegtem Arbeitsrhythmus sowie unter Zeitdruck seien nicht zumutbar. Es könnten noch Lasten bis zu fünf kg gelegentlich gehoben und getragen werden. Die Fingergeschicklichkeit links sei vermindert. Die Belastbarkeit der Arme, Beine sowie der Wirbelsäule sei herabgesetzt. Die Klägerin könne auch Wegstrecken von unter 500 Metern nur unter großer Anstrengung in weniger als 20 Minuten zurückgelegen. Das zeitliche Leistungsvermögen sei aufgrund der Schmerzsituation auf vier Stunden täglich zu beschränken. Gegenüber der Situation bei der Vorbegutachtung sei eine Verschlechterung der Hüftgelenksbeweglichkeit eingetreten und eine Schultergelenkserkrankung hinzugetreten. Es sei davon auszugehen, dass der jetzige Zustand seit Anfang 2008 bestehe.

Das SG hat abschließend den Internisten und Psychotherapeuten Dr. T mit der Untersuchung der Klägerin und Erstellung eines Gutachtens betraut. In seinem am 20. April 2009 nach einer körperlichen Untersuchung der Klägerin am 08. April 2009 erstellten Gutachten hat dieser Sachverständige folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:

- Insulinpflichtiger Diabetes mellitus ohne diabetische Retinopathie, Polyneuropathie und Nephropathie

- Adipositas, Fettstoffwechselstörung, Hypertonus

- Glaukom beidseits, mit Korrektur normwertiger Visus beider Augen

- Nicht alkoholische Fettleber

- Wiederkehrende Gastritis

- Gonarthrose beidseits, Coxarthrose beidseits

- Rhizarthrose links

- Posttraumatische Arthrose des linken Handgelenks

- Asymptomatischer Dupuytren 4. Strahl linke Hand

- Degeneratives Wirbelsäulensyndrom

- Struma nodosa mit euthyreoter Funktion unter Medikation.

Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen könne die Klägerin täglich regelmäßig noch körperlich leichte sowie geistig einfache Tätigkeiten im Freien und in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Staub und Zugluft, überwiegend im Sitzen oder auch im Wechsel der Haltungsarten, ohne einseitige körperliche Belastungen, ohne Zeitdruck, nicht auf Leitern und Gerüsten, nur in Tagschicht acht Stunden lang ausüben. Es könnten kurzdauernd Lasten bis zu 10 kg gehoben und getragen werden. Arbeiten, die eine besondere Fingergeschicklichkeit und Belastbarkeit der linken Hand oder eine besondere Belastbarkeit der Beine erforderlich machten, seien zu meiden. Die Klägerin sei Rechtshänderin. Arbeiten überwiegend oder teilweise am Computer seien zumutbar. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Die üblichen Pausen seien prinzipiell ausreichend, allerdings könnten bedarfsorientiert zusätzliche Pausen erforderlich werden bei Schwankungen des Blutzuckerspiegels. Eine Zeitdauer von 10 bis 15 Minuten für Blutzuckermessung und ggf. Einnahme von Traubenzucker sei ausreichend. Dem Gutachten ist ein Entlassungsbericht des V Klinikum H vom 18. Dezember 2008 betreffend einen stationären Aufenthalt der Klägerin wegen einer schweren Hypoglykämie beigefügt worden.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 29. Januar 2010 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Zur Überzeugung der Kammer und nach Würdigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen, insbesondere der Gutachten der Frau Dr. W sowie des Dr. T, verfüge die Klägerin noch über ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen mit qualitativen Leistungseinschränkungen. Das Ergebnis beider gerichtlicher Gutachten stimme im Wesentlichen überein mit dem Ergebnis des im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachtens der Allgemeinmedizinerin Dr. H. Auch die behandelnden Ärztinnen Dr. K und Dr. S hielten die Klägerin laut ihren Befundberichten noch für in der Lage, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Eine abweichende Leistungsbeurteilung folge auch nicht aus dem auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr. S. Soweit dieser eine für das zeitliche Leistungsvermögen relevante Verschlechterung der orthopädischen Leiden behaupte, sei dies weder schlüssig noch nachvollziehbar. Vergleiche man die jeweils von Dr. W und Dr. S in ihren Gutachten vom 18. Juli 2007 sowie vom 12. Januar 2009 dokumentierten Bewegungsausmaße der unteren Gliedmaßen, so ergebe sich keine derart wesentliche Verschlechterung, aus der sich eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens begründen lasse. Bereits Dr. W habe eine endgradige Bewegungseinschränkung in den Hüftgelenken festgestellt, Dr. S habe demgegenüber lediglich geringfügig schlechtere Bewegungsausmaße festgestellt. Auch im Hinblick auf die von Dr. S beschriebenen Einschränkungen der Kniegelenke sei keine wesentliche Verschlechterung zum Vorgutachten erkennbar, insbesondere sei eine dezente Beugekontraktur vorbestehend gewesen, ohne dass hierdurch die Wegefähigkeit als in relevanter Weise eingeschränkt beurteilt worden sei. Die Ausführungen des Dr. S zu einem aus seiner Sicht erheblich eingeschränkten Gehvermögen stünden nicht in Übereinstimmung mit dem von ihm beschriebenen Gangbild der Klägerin. Gegen eine solche relevante Einschränkung sprächen auch die eigenen Angaben der Klägerin gegenüber Dr. W (circa eine Stunde ohne Probleme gehen und Treppen steigen) sowie Dr. T (Spaziergänge von 30 Minuten Dauer, Treppen steigen bis in die 6. Etage ohne Pause, wenn keine Einkaufstüten getragen würden) und die von diesen beiden Sachverständigen festgehaltenen Gangbilder. Gegen eine wesentliche Verschlechterung spreche darüber hinaus, dass sich die Klägerin derzeit nicht in orthopädischer Behandlung befinde. Soweit Dr. S und die behandelnde Internistin Dr. K das Leistungsvermögen der Klägerin aufgrund des Wechselspiels der orthopädischen und internistischen Erkrankungen als eingeschränkt beurteilt hätten, sei dies durch das Gutachten des Dr. T widerlegt. Dieser habe nachvollziehbar ausgeführt, dass eine medikamentöse Behandlung der Gelenkerkrankungen sowie des Wirbelsäulenleidens aus internistischer Sicht sehr wohl möglich sei. Die bestehenden Einschränkungen begründeten keine ernsthaften Zweifel an der grundsätzlichen Einsetzbarkeit der Klägerin in einem Betrieb. So könne die Klägerin mit den bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen weiterhin als Bürohilfskraft arbeiten. Dies gelte auch unter Berücksichtigung ggf. gelegentlich erforderlich werdender zusätzlicher Pausen während der Arbeitszeit für die Messung des Blutzuckers und eine darauf folgende Nahrungsaufnahme. Kurzpausen von unter 15 Minuten Dauer alle zwei Stunden seien z. B. im öffentlichen Dienst nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen anzusehen. Für Büroarbeiten betrage die persönliche Verteilzeit 12% der tariflich festgesetzten Arbeitszeit. Eine im Bedarfsfalle erforderliche Blutzuckermessung und eine ggf. notwendige Nahrungsaufnahme seien damit ohne Weiteres im Rahmen des üblichen Arbeitsablaufs möglich.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 01. April 2010 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangenen Berufung. Sie macht eine Verschlimmerung der Diabetesproblematik geltend und verweist auf den Entlassungsbericht des V Klinikum H vom 18. Dezember 2008. Nach einer Magenbandoperation gehe es ihr sehr schlecht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. August 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Befundberichte von Frau Dr. K vom 18. Mai 2010, Frau Dr. S vom 20. Mai 2010 sowie von Frau Dr. K vom 10. Juni 2010 eingeholt. Darüber hinaus hat der Senat die Schwerbehindertenakte der Klägerin beigezogen und Auszüge hieraus in den Rechtsstreit eingeführt.

Mit Schreiben vom 30. September 2010 ist den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG gegeben worden. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2010 sind die Beteiligten erneut auf die Absicht des Gerichts, durch Beschluss zu entscheiden, hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Ihr steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu.

Der geltend gemachte Rentenanspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung.

Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben auch die Versicherten Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Nach Auswertung der im Verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren erstatteten Gutachten auf allgemeinmedizinischem, orthopädisch-rheumatologischem sowie internistischem Fachgebiet, insbesondere von Dr. W vom 18. Juli 2007 und Dr. T vom 20. April 2009, ist der Senat, ebenso wie das SG, davon überzeugt, dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert – auch nicht i. S. v. Berufsunfähigkeit - ist. Die Klägerin ist danach in der Lage, täglich regelmäßig noch körperlich leichte sowie geistig einfache Tätigkeiten im Freien und in geschlossenen Räumen unter Ausschluss von Hitze, Kälte, Feuchtigkeit, Staub und Zugluft, überwiegend im Sitzen oder auch im Wechsel der Haltungsarten, ohne einseitige körperliche Belastungen, nicht in Zwangshaltungen, ohne Zeitdruck, nicht auf Leitern und Gerüsten, nur in Tagschicht sechs Stunden und länger zu verrichten. Kurzdauernd können Lasten jedenfalls bis zu 5 kg gehoben und getragen werden. Arbeiten, die eine besondere Fingergeschicklichkeit und Belastbarkeit der linken Hand oder eine besondere Belastbarkeit der Beine erforderlich machen, sind zu meiden. Arbeiten überwiegend oder teilweise am Computer sind zumutbar.

Der Senat sieht insoweit nach eigener umfänglicher Prüfung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab, da er sich den zutreffenden und überzeugenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils vom 29. Januar 2010 anschließt.

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Verschlechterung insbesondere des insulinpflichtigen Diabetes mellitus – entgegen dem Berufungsvorbringen der Klägerin – nicht erkennbar ist. Der von der Klägerin eingereichte Entlassungsbericht des V Klinikum H vom 18. Dezember 2008 lag bereits in erster Instanz vor und ist von dem Sachverständigen Dr. T im Rahmen seines Gutachtens vom 20. April 2009 umfassend gewürdigt worden. Weitere Hypoglykämien sind offenbar nicht mehr aufgetreten. Auch die Blutzuckerwerte haben sich nach einem Vergleich der Laborwerte in den Befundberichten der Frau Dr. K vom 09. September 2005, 05. Januar 2006 und 18. Mai 2010 nicht wesentlich verändert. Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus bestehen – glücklicherweise – bisher nicht.

Auch hinsichtlich der weiteren Gesundheitsstörungen ist eine Verschlechterung nicht erkennbar. So ist die Klägerin nach wie vor nicht in orthopädischer Behandlung. Eine Glaukomtherapie findet nicht mehr statt (vgl. den Befundbericht der Frau Dr. K vom 17. Februar 2010). Den in der Schwerbehindertenakte enthaltenen medizinischen Unterlagen lassen sich neue Leiden oder wesentliche Veränderungen ebenfalls nicht entnehmen. Soweit die Klägerin auf eine Magenbandoperation und einen nachfolgend schlechten Gesundheitszustand hinweist, ohne dies näher zu spezifizieren, dürfte es sich um einen Behandlungsfall und nicht um ein chronisches Leiden mit daraus folgenden dauerhaften Funktionseinschränkungen handeln.

Die Klägerin kann auch unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Grundsätzlich ist eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts <BSG> vom 30. November 1983 – 5a RKn 28/82 -, in SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Kann ein Versicherter vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten, wenn auch nur mit bestimmten Einschränkungen, ausüben, ist zumindest die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Als solche schwere Einschränkung ist beispielsweise - in Verbindung mit anderen Einschränkungen - die Erforderlichkeit, zwei zusätzliche Arbeitspausen von je 15 Minuten einzulegen (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 136), angesehen worden. Zur Bestimmung des Begriffs betriebsübliche Arbeitsbedingungen kann die Rechtsprechung zu § 119 Abs.4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw. zum früheren § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) herangezogen werden (BSG in SozR 3-2200 § 1247 Nr.14). Danach muss auch die Dauer, Lage und Verteilung arbeitszeitüblichen Bedingungen entsprechen (vgl. BSG in SozR 4100 § 134 Nr.3; SozR 4100 § 103 Nrn. 17 und 23). Benötigt der Versicherte zusätzliche Arbeitspausen, die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht vorgesehen sind, ist zu prüfen, ob Arbeitnehmer unter solchen Bedingungen eingestellt werden (BSG in SozR 2200 § 1247 Nr.43; s. a. Urteil vom 22. April 1993 - 5 RJ 34/92). Nach§ 4 Satz 1 ArbZG ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu 9 Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden insgesamt zu unterbrechen. Eine Unterteilung in kleinere Zeitabschnitte ist nach § 4 Satz 2 ArbZG ebenfalls möglich.

Soweit Dr. T in seinem Gutachten vom 20. April 2009 bedarfsorientierte weitere Pausen bei Schwankungen des Blutzuckerspiegels zur Blutzuckermessung und evtl. Nahrungsaufnahme in Form von Traubenzucker im Umfang von 10 bis 15 Minuten für erforderlich hält, führt dies nicht dazu, dass die Klägerin nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes tätig sein könnte. Abgesehen davon, dass eine Unterteilung der Pausenzeiten möglich wäre, fallen nach den Ausführungen des Dr. T keine regelmäßigen Pausen an. Auch dürften die einzelnen Pausen kaum jeweils 15 Minuten dauern, da Blutzuckermessung und Einnahme z. B. von Traubenzucker in einer Zeitspanne von unter 10 Minuten möglich sind. Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten darüber hinaus bspw. im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. Urteile des Bundesarbeitsgerichts <BAG> vom 30. März 1989 - 6 AZR 326/86 -, in EzBAT § 4 BAT Betriebliche Übung Nr 11; vom 27. April 2000 - 6 AZR 861/98 -, in NZA 2001, 274; Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, § 15 BAT Rdnr. 31). Für Büroarbeiten hat das Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie deswegen die von den Arbeitgebern zugestandene persönliche Verteilzeit mit etwa 12 % der tariflich festgesetzten Arbeitszeit angesetzt (vgl. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, DRV 8 - 9 /93 S. 493, 527). Das Erfordernis zusätzlicher Nahrungsaufnahme steht somit einer vollschichtigen Arbeitstätigkeit im Sinne des Rentenrechts nicht entgegen (vgl. auch Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 20. März 2007 – L 11 R 684/06 - sowie vom 26. Oktober 2010 – L 11 R 5203/09 -, jeweils zitiert nach Juris; Urteile des Bayerischen LSG vom 25. Mai 2009 - L 18 R 535/04 – sowie vom 29. April 2009 – L 18 R 535/04 -, jeweils zitiert nach Juris).

Zutreffend geht das SG zudem davon aus, dass die Klägerin auch nicht wegeunfähig ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (vgl. stellvertretend Urteil des BSG vom 09. August 2001 - B 10 LW 18/00 R – in SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28. August 2002 – B 5 RJ 12/02 R – zitiert nach juris). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (Urteile des BSG vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 – in SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 09. August 2001 - B 10 LW 18/00 R – in SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R – zitiert nach juris); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (vgl. Urteile des BSG vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 – in SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19. November 1997 - 5 RJ 16/97 – in SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30. Januar 2002 - B 5 RJ 36/01 R – zitiert nach juris). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IX>) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. Urteile des BSG vom 19. November 1997 - 5 RJ 16/97 – in SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30. Januar 2002 - B 5 RJ 36/01 R – zitiert nach juris und vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R – zitiert nach juris).

Gemessen an diesen Kriterien lag und liegt bei der Klägerin keine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SGB VI vor, denn ihr Leistungsvermögen erlaubt eine wenigstens sechsstündige Tätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts und sie war und ist noch in der Lage, Fußwege über 500 Meter viermal täglich in zumutbarer Zeit zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Soweit der erstinstanzliche Sachverständige Dr. S in seinem Gutachten vom 12. Januar 2009 vorwiegend anhand der Angaben der Klägerin („nachvollziehbar“) eine Einschränkung der Gehfähigkeit anklingen lässt, hat er dennoch letztlich bestätigt, dass die Klägerin Wegstrecken von 500 Metern in weniger als 20 Minuten zurücklegen kann. Er hat darüber hinaus selber kein wesentlich gestörtes Gangbild dokumentiert, so wurden bei einem kleinschrittigen Gangbild die Füße normal aufgesetzt und abgerollt, ein Hinken war nicht vorhanden. Die Hüftgelenke waren in der für das Gehen maßgeblichen Streckung und Beugung nur geringgradig eingeschränkt. Auch die Kniegelenke waren zwar eingeschränkt, jedoch insgesamt sogar besser beweglich als bei der Untersuchung durch Frau Dr. W (5/0/100 gegenüber 0/5/90). Eine gravierende Einschränkung der Fortbewegungsfähigkeit lässt sich aus diesen Befunden jedenfalls nicht begründen.

Die Klägerin ist auch nicht berufsunfähig. Zum Einen dürfte die Klägerin – wie das SG nachvollziehbar ausgeführt hat – ihre letzte Tätigkeit als Bürohilfskraft mit dem o. g. Leistungsvermögen noch ausüben können. Selbst wenn dies aber nicht mehr möglich wäre, läge keine Berufsunfähigkeit vor. Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (BSG in SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 RdNrn. 6-7 m. w. N.).

Ausgangspunkt für die Einstufung in das Mehrstufenschema ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist oder der Arbeitnehmer sich von einer früher ausgeübten höherwertigen Tätigkeit gelöst hat (BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn. 126, 130, 164). Danach ist der bisherige Beruf der Klägerin der einer Bürohilfskraft.

Im Rahmen des zuvor dargelegten Mehrstufenschemas ist die Klägerin höchstens der Berufsgruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Vorliegend handelt es sich bei der Tätigkeit der Bürohilfskraft nicht um einen Ausbildungsberuf. Die Klägerin war von Anfang an bei der Deutschen Reichsbahn bzw. DB AG als Amtsgehilfin (Vervielfältigerin) bzw. Bürohilfskraft (Bearbeiter für Vervielfältigung) tätig (vgl. den Arbeitsvertrag vom 22. April 1974, den Änderungsvertrag vom 09. August 1974, den Nachweis über die tarifgerechte Eingruppierung einer Arbeiterin vom 22. April 1992 sowie die Auskunft der DB AG vom 23. September 2005). Als ungelernte Arbeiterin ist die Klägerin grundsätzlich zumutbar verweisbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Das Risiko, dort keinen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden, ist im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht abgesichert.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.