Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 17.12.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 S 53.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 146 Abs 4 VwGO, § 80 Abs 4 S 3 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 80 Abs 7 VwGO, § 127 Abs 1 BauGB, § 128 Abs 1 BauGB, § 132 BauGB, § 133 Abs 3 BauGB, § 19 Abs 1 nF KAG BB, § 20 Abs 2 nF KAG BB |
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 35.111,34 EUR festgesetzt.
I.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Abänderungsbegehren (§ 80 Abs. 7 VwGO) in Bezug auf frühere Eilbeschlüsse weiter. Die Eilbeschlüsse haben u. a. die sofortige Vollziehung eines Vorausleistungsbescheides in Bezug auf einen Erschließungsbeitrag und ein „Zahlungsgebot“ zum Gegenstand.
Die Vorausleistung betrifft das Grundstück Gemarkung H.... Dieses Grundstück hatte die S... (im Folgenden OHG) von einem Erschließungsträger erworben. Der Erschließungsvertrag zwischen der Gemeinde und dem Erschließungsträger sah eine Ablösung der Erschließungsbeiträge vor. Er wurde im Jahr 2002 vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) für nichtig erklärt (Urteil vom 2. September 2002 – 7 K 3845/99 –).Das Urteil wurde (erst) nach einem Berufungsverfahren beim OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13. Dezember 2006 – OVG 10 B 13.05 –, juris) und einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig (Beschluss vom 16. November 2007 – 9 B 36.07 –, juris). Weil dem Erschließungsträger wegen der Nichtigkeit des Erschließungsvertrages gegenüber der Gemeinde ein Anspruch auf Erstattung seiner Erschließungsaufwendungen zustand, sah sich die Gemeinde nunmehr veranlasst, die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke zu Vorausleistungen auf einen noch von ihnen zu erhebenden Erschließungsbeitrag heranzuziehen.
In diesem Zusammenhang zog der Antragsgegner mit Bescheid vom 3. Januar 2008 auch die OHG für das Grundstück zu einer Vorausleistung in Höhe von 177.487,22 Euro heran. Dagegen erhob die OHG unter dem 16. Januar 2008 Widerspruch, über den bislang nicht entschieden worden ist.
Unter dem 7. April 2011 erließ der Antragsgegner ein „Zahlungsgebot“ gegenüber der Antragstellerin, mit dem er sie als Rechtsnachfolgerin der OHG zur Zahlung der Vorausleistung in Höhe von 177.487,22 Euro und von Säumniszuschlägen auf diese für die Zeit bis zum 15. April 2011 in Höhe von 67.431,00 Euro aufforderte. Die Antragstellerin erhob am 26. April 2011 Widerspruch. Einen gegen das „Zahlungsgebot“ gerichteten Eilantrag der Antragstellerin wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. September 2011 (VG 3 L 132/11) zurück, die hiergegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des Senats vom 1. Februar 2012 – OVG 9 S 65.11 –). Den Widerspruch gegen das „Zahlungsgebot“ wies der Antragsgegner unter dem 7. November 2011 zurück. Über die am 23. November 2011 erhobene Klage – VG 3 K 1109/11 – ist noch nicht entschieden.
Unter dem 3. Februar 2012 erließ der Antragsgegner zwei Pfändungs- und Überweisungsverfügungen in Bezug auf Konten der Antragstellerin. Gepfändet wurde jeweils wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen in Höhe von rund 264.500 Euro. Ausweislich einer der Antragstellerin übersandten Forderungsaufstellung ging es im Einzelnen unter anderem um die Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag (177.487,22 Euro), um einen bis zum 19.2.2008 fälligen Säumniszuschlag (85.176,00 Euro) und um Pfändungsgebühren (1.780,30 Euro).
Unter dem 9. Februar 2012 beantragte der Antragsgegner die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek über 264.502,02 Euro zuzüglich je 1 % Säumniszuschlag für jeden angefangenen Monat ab 16. Februar 2012 von 177.450 Euro für das Grundstück Gemarkung Herzfelde, Flur 3, Flurstück 103 (Kirschenstr. 1). Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 22. Februar 2012.
Die Antragstellerin erhob gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen unter dem 22. Februar 2012 und gegen den Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek unter dem 27. Februar 2012 Widerspruch.
Auf Antrag der Antragstellerin ordnete das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 24. September 2012 – VG 3 L 61/12 – die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16. Januar 2008 gegen den Vorausleistungsbescheid teilweise an, und zwar soweit die festgesetzte Vorausleistung einen Betrag von 94.287,03 Euro übersteigt; im Übrigen lehnte es den Antrag ab. Zugleich lehnte es einen Antrag auf Änderung des Beschlusses vom 15. September 2011 betreffend das „Zahlungsgebot“ ab. Außerdem ordnete es die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen an, soweit jeweils wegen mehr als 140.445,35 Euro gepfändet wird, und verpflichtete den Antragsgegner zu einer Mitteilung dieser Beschränkung an die Drittschuldner. Darüber hinaus ordnete es die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek an, soweit die Hypothek 140.445,35 Euro übersteigt, und verpflichtete den Antragsgegner, die Löschung der Zwangshypothek zu beantragen und zu bewilligen, soweit die Hypothek einen Betrag von mehr als 140.445,35 Euro sowie je 1 % Säumniszuschlag für jeden angefangenen Monat ab dem 16. Februar 2012 auf 94.287,03 Euro betrifft. Im Übrigen lehnte es die Eilanträge betreffend die Pfändungs- und Überweisungsverfügungen und die Zwangshypothek ab.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. September 2012 hatte keinen Erfolg (Beschluss des Senats vom 19. April 2013 – OVG 9 S 82.12 –, juris).
Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 setzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin für das o.a. Grundstück einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 110.696,09 Euro und – unter Verrechnung mit Gegenforderungen – einen Zahlbetrag in Höhe von 103.893,89 Euro fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 5. März 2013 Widerspruch; zugleich beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung.
Am 10. Juni 2013 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht die Änderung der Beschlüsse vom 15. September 2011 und vom 24. September 2012 und die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen beantragt. Diese Anträge hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 31. Juli 2013 abgelehnt. Der Beschluss ist der Antragstellerin am 3. August 2013 zugegangen. Sie hat am 14. August 2013 Beschwerde erhoben und diese sogleich begründet.
Sie beantragt mit ihrer Beschwerde,
1. den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. September 2012 zu ändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16. Januar 2008 gegen den Vorausleistungsbescheid des Antragsgegners vom 3. Januar 2008 in vollem Umfang anzuordnen,
2. den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. September 2011 – VG 3 L 132/11 – zu ändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 23. April 2011 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 7. April 2011 („Zahlungsgebot“) anzuordnen,
3. den Antragsgegner zu verpflichten, die ergriffenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gänzlich aufzuheben.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Beschwerden in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Die Begründung muss unter anderem die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Danach ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu ändern.
1. Das gilt zunächst, soweit das Verwaltungsgericht es abgelehnt hat, seinen Eilbeschluss vom 24. September 2012 zu ändern, soweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 in Rede steht.
a) Eine Änderung der Eilentscheidung über die sofortige Vollziehbarkeit des Vorausleistungsbescheides vom 3. Januar 2008 kann die Antragstellerin nicht verlangen, soweit dieser Bescheid sich durch den Erlass des Erschließungsbeitragsbescheides vom 18. Februar 2013 bereits erledigt hat. Ob eine solche Erledigung eingetreten ist, erscheint indessen zweifelhaft; der Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 könnte immer noch Grundlage der bereits ergriffenen und weiter wirksamen Vollstreckungsmaßnahmen (Kontenpfändung, Zwangssicherungshypothek) sein.
b) Das kann hier indessen offen bleiben. Denn auch, wenn sich der Vorausleistungsbescheid nicht erledigt haben sollte, wäre die im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. September 2012 ausgesprochene Teilaussetzung des Vorausleistungsbescheides nicht wegen veränderter Umstände (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO) zu Gunsten der Antragstellerin zu erweitern.
Prüfungsmaßstab für die Entscheidung nach § 80 Abs. 7 VwGO ist, ob nach der veränderten Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2011 – BVerwG 8 VR 2.11 –, juris Rn. 8). Das ist in Bezug auf den Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 nicht der Fall.
Abgabenbescheide sind kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Klage gegen einen derartigen Bescheid ist anzuordnen, wenn an dessen Rechtmäßigkeit ernstliche Zweifel bestehen oder die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ob an der Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides ernstliche Zweifel bestehen, ist durch eine überschlägige Prüfung zu klären. Dabei ist kein Raum für aufwendige Tatsachenfeststellungen und die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen; das Eilverfahren soll das Hauptsacheverfahren nicht ersetzen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides sind erst zu bejahen, wenn der Bescheid nach überschlägiger Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist; nur dies wird der gesetzlichen Grundentscheidung für die vorläufige Vollziehbarkeit gerecht. Verbleibenden Härten ist durch Anwendung der Härtefallregelung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO Rechnung zu tragen (zum Ganzen vgl. Beschlüsse des Senats vom 14. März 2011 – OVG 9 S 95.10 –, juris Rn. 6, und vom 19. April 2013 – 9 S 82.12 –, juris Rn. 48). Gemessen hieran besteht auch derzeit kein Anlass, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 zu erweitern.
(1) Ein solcher Anlass ergibt sich insbesondere nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08, juris). Nach dem Beschluss verbietet das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, dass Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festgesetzt werden können (a.a.O., Rn. 40 f.). Der Gesetzgeber dürfe nicht ganz von einer Regelung absehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setze (a.a.O., Rn. 46). Unzulässig sei es danach, wenn der Gesetzgeber – wie in dem entschiedenen Fall – den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlege, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei, und damit den Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebe (a.a.O., Rn. 47).
Auch danach bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides.
Die Erhebung von Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge ist bis zur Entstehung der sachlichen Erschließungsbeitragspflicht zulässig (§ 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Darf der Erschließungsbeitrag nicht mehr erhoben werden, weil insoweit eine absolute zeitliche Grenze erreicht ist, dürfen erst Recht keine Vorausleistungen mehr erhoben werden. Danach gibt es im Land Brandenburg auch in Bezug auf die Erhebung von Vorausleistungen eine gesetzliche zeitliche Obergrenze. Denn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KAG in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg vom 5. Dezember 2013, GVBl. I Nr. 40, dürfen Abgaben zum Vorteilsausgleich mit Ablauf des 15. Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Vorteilslage folgt, nicht mehr festgesetzt werden; zusätzlich hat der Landesgesetzgeber geregelt, dass der Lauf der Frist aufgrund der Sondersituation nach der Deutschen Einheit bis zum 3. Oktober 2000 gehemmt ist (§ 19 Abs. 1 Satz 3 KAG n. F.). Diese Regelungen gelten auch für Abgabenbescheide, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sechsten Änderungsgesetzes noch nicht bestandskräftig waren (§ 20 Abs. 2 KAG n. F.). Hieraus ergibt sich für den vorliegenden Fall der 31. Dezember 2015 (vgl. Landtag Brandenburg, Drucksache 5/7642, S. 12: „Ablauf des Jahres 2015“) als absolute zeitliche Höchstgrenze für die Erhebung des Erschließungsbeitrages und der Vorausleistung; diese Grenze ist eingehalten.
Eine Notwendigkeit der Abänderung der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit des Vorausleistungsbescheides vom 3. Januar 2008 ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 5. März 2013 geforderte absolute zeitliche Grenze im Land Brandenburg erst mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 5. Dezember 2013 geregelt worden ist. Dies bedeutet - ungeachtet der ausdrücklichen Erstreckung der Regelung auch auf Altfälle (§ 20 Abs. 2 KAG n. F.) - nicht, dass an der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides zwischenzeitlich ernstliche Zweifel bestanden hätten.
Denn es ist eine schwierige und nicht im Eilverfahren zu klärende Frage, ob das im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Erfordernis einer gesetzlich bestimmten zeitlichen Obergrenze überhaupt jede zeitliche Dynamisierung der Erhebung von vorteilsbezogenen Abgaben erfassen muss und ob sie demzufolge auch das zeitliche Hinausschieben der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht durch das Herstellungsmerkmal des Grunderwerbs einschränken muss.
Die sachliche Erschließungsbeitragspflicht entsteht frühestens mit der endgültigen Herstellung der Anlage (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB; früher § 133 Abs. 2 Satz 1 BBauG). Nach seit Jahrzehnten gefestigter Rechtsprechung ist die endgültige Herstellung der Anlage im Rechtssinne regelmäßig erst abgeschlossen, wenn – über die Beendigung der technischen Arbeiten mit dem „letzten Spatenstich“ und eine Verkehrsfreigabe hinaus - der Gemeinde sämtliche Rechnungen über die Herstellungsarbeiten vorliegen. Erst dann kann mit Hilfe der letzten Unternehmerrechnung der volle Erschließungsaufwand - und damit auch ein möglichst umfassender Beitrag – der Höhe nach ermittelt werden (st. Rspr. des BVerwG seit Urteil vom 22. August 1975 – IV C 11.73 –, juris Rn. 25 f.; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25. November 2010 – 2 S 1314/10 –, juris Rn. 21 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Juni 2011 – OVG 9 S 38.10 –, juris Rn. 4). Anstelle des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung kann der Satzungsgeber bei Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage zu bestimmen (§ 132 Nr. 4 BauGB), auch vorsehen, dass die Erschließungsanlage erst mit dem Abschluss des Erwerbs der Flächen der Erschließungsanlage durch die Gemeinde endgültig hergestellt ist (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1972 – IV C 30.71 –, juris Rn. 11; Beschluss vom 9. August 2013 – 9 B 31.13 –, juris Rn. 3). Hintergrund ist der Umstand, dass die Gemeinde den Zeitpunkt des Grunderwerbs nicht gänzlich in der Hand hat, sondern auf die Mitwirkung des Grundeigentümers angewiesen ist, u. U. sogar – wie auch im vorliegenden Fall – ein Enteignungsverfahren betreiben muss. Das Anknüpfen der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht an das Merkmal des Grunderwerbs (und nicht schon an die technische Fertigstellung oder die Verkehrsfreigabe) soll die Gemeinde gleichwohl in die Lage versetzen, möglichst den gesamten Erschließungsaufwand (vgl. § 128 Abs. 1 BauGB), d. h. alle Herstellungskosten einschließlich der Grunderwerbskosten (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), in den Beitrag einzubeziehen. Anderenfalls müsste sie diese Kosten in einer nicht am Vorteilsgedanken orientierten Weise entweder über die Gemeindesteuern (etwa über die Grund- oder Gewerbesteuer) oder durch Einsparungen an anderer Stelle finanzieren. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass die Verknüpfung der Entstehung der sachlichen Erschließungsbeitragspflicht mit dem Abschluss des Grunderwerbs dazu führen kann, dass die Beitrags- und die Vorausleistungserhebung sich zeitlich weit von der Verkehrsfreigabe der Anlage entfernen können. Dies könnte indessen durch den Zweck der Verknüpfung – nämlich eine vorteilsgerechte Finanzierung zu gewährleisten – gerechtfertigt sein; dem Gebot der Vorhersehbarkeit und Belastungsklarheit könnte insoweit dadurch genügt sein, dass – erstens – gemäß § 127 Abs. 1 i.V.m. § 132 BauGB eine gesetzliche Erschließungsbeitragserhebungspflicht besteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1989 – 8 C 44.88 –, juris, Rn. 19, und vom 28. November 2007 – 9 C 10.07 –, juris Rn. 21 und 26, jeweils m.w.N.), die Grundstückseigentümer also, solange sie noch keinen Erschließungsbeitrag gezahlt haben, schon deshalb mit einer Erschließungsbeitragserhebung rechnen müssen, dass – zweitens – der Grunderwerb die Entstehung der Erschließungsbeitragspflicht nur hinauszögern kann, wenn dies satzungsrechtlich bestimmt ist, und dass – drittens – der Abschluss des Grunderwerbs selbst ein Umstand ist, der sich dem Grundbuch entnehmen lässt (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 1972, a.a.O., und zuletzt Beschluss vom 9. August 2013, a.a.O.). Sollte dies alles dazu führen, dass die durch das Herstellungsmerkmal Grunderwerb mögliche zeitliche Verschiebung der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht vom Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe weg auch ohne Regelung einer bestimmten zeitlichen Obergrenze für die Beitragserhebung verfassungsrechtlich beanstandungsfrei ist, so könnte auch der hier in Rede stehende Vorausleistungsbescheid ohne weiteres durchgängig rechtmäßig gewesen sein. Denn die Gemeinde hat in allen Erschließungsbeitragssatzungen seit 1993 den Grunderwerb zum Herstellungsmerkmal bestimmt (vgl. VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 24. September 2012, a.a.O., BA S. 9) und dieser hat erst durch Umsetzung des Gesamtvergleichs zwischen der Gemeinde und dem Insolvenzverwalter des Erschließungsträgers (Vergleichsbeschluss vom 30. März 2012 – OVG 9 S 32.11 –) einschließlich der darin unter Nr. II wiedergegebenen Einigung vom 21. März 2012 im Enteignungsverfahren und damit weit nach Erlass des Vorausleistungsbescheides seinen Abschluss gefunden.
Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie habe auf Grund des von der OHG mit dem Erschließungsträger abgeschlossenen Vertrages schon lange vor dem Erlass des Vorausleistungsbescheides nicht mehr mit der Erhebung eines Erschließungsbeitrages (und demzufolge auch nicht mehr mit der Erhebung einer Vorausleistung) rechnen müssen, geht es um Fragen, die nichts mit der im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 angesprochenen absoluten zeitlichen Grenze für eine Beitragserhebung zu tun habe, sondern mit dem Schutz individuellen Vertrauens; dass ein solcher Schutz aus dem Erwerb eines Grundstücks als voll erschlossen nicht hergeleitet werden kann, entspricht gefestigter Rechtsprechung (vgl. gerade zur vorliegenden Erschließungsmaßnahme BVerwG, Beschluss vom 16. November 2007 – BVerwG 9 B 36.07 –, juris Rn. 23; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Dezember 2006 – OVG 10 B 13.05 –, juris Rn. 312 und 327; Beschluss des Senats vom 9. März 2010 – OVG 9 S 3.09 –, juris Rn. 15): Wer ein Grundstück als voll erschlossen gekauft hat, kann der Beitragsforderung der Gemeinde nicht entgegenhalten, dass der Kaufpreis bereits die Erschließungskosten enthalten habe; die Rückerstattung etwaiger Erschließungskosten kann der Grundstückserwerber nur im Leistungsverhältnis – d.h. gegenüber dem Verkäufer – geltend machen.
(2) Der Gesichtspunkt der unbilligen Härte (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO), der nach dem oben dargelegten Maßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unabhängig von der Frage ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zu beurteilen ist, gebietet hier ebenfalls keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 24. September 2012 hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008. Neue Umstände, nach denen die Vollziehung des Vorausleistungsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte zur Folge hätte, die nunmehr eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen könnte, hat sie nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das gilt auch, soweit der Antragsgegner aufgrund der Fälligkeit der Vorausleistungen bereits Säumniszuschläge geltend gemacht hat (vgl. „Zahlungsgebot“ vom 7. April 2011, Forderungsaufstellungen zu den Pfändungs- und Überweisungsverfügungen vom 3. Februar 2012 und Grundbucheintragung vom 22. Februar 2012 über die Zwangssicherungshypothek). Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch sonst ergeben sich nunmehr irgendwelche Hinweise darauf, dass die Antragstellerin die Vorausleistung und die Säumniszuschläge nicht zahlen kann oder durch sie sogar in ihrer Existenz gefährdet wäre. Als danach zahlungsfähige Abgabepflichtige hat sie ihre Entscheidung selbst zu verantworten, ob sie – selbst wenn sie später in der Hauptsache Erfolg hat – infolge der Nichtzahlung noch Säumniszuschläge entrichten muss oder die geforderte Abgabe zunächst zahlt, um im Fall des Obsiegens in der Hauptsache den gezahlten Betrag zuzüglich etwaiger Prozesszinsen zurückzuerhalten (vgl. Beschluss des Senats vom 14. März 2011, – OVG 9 S 95.10 –, juris Rn. 7).
2. Das Beschwerdevorbringen gibt auch nichts für eine Änderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 24. September 2012 oder vom 15. September 2011 her, soweit sich das Verwaltungsgericht darin zum „Zahlungsgebot“ und zur Aufhebung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verhalten hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).