I.
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 22. Januar 2005.
Die Klägerin ist 1964 geboren worden. Vom 21. November 2001 bis zum 6. Dezember 2004 absolvierte sie den Vorbereitungsdienst für das Lehramt in B im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Die Dienstpflicht war vom 4. Februar bis zum 24. Mai 2003 wegen Mutterschutzes und vom 25. Mai 2003 bis zum 31. Januar 2004 wegen Erziehungsurlaubs unterbrochen. Vom 13. Dezember 2004 bis zum 21. Januar 2005 war die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt.
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Arbeitslosengeld ab 22. Januar 2005 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 3. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2005 ab. Die Klägerin habe innerhalb der Rahmenfrist nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin vor dem Sozialgericht zuletzt beantragt, ihr unter Aufhebung der ergangenen Bescheide für den Zeitraum 22. Januar bis 14. August 2005 Arbeitslosengeld zu bewilligen und insgesamt 4.030,00 € als Arbeitslosengeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.480,00 € seit dem 29. Juni 2005 und aus (weiteren) 1.550,00 € seit dem 15. August 2005 zu gewähren. Zur Begründung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld hat sie, wie bereits im Widerspruchsverfahren, vorgetragen, dass ihr Ausschluss von Leistungen der Beklagten wegen Arbeitslosigkeit gegen das beamtenrechtliche Gebot der Fürsorgepflicht des Dienstherrn für die Dienstverpflichteten sowie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Gleichheitswidrig sei (jedenfalls) die Versicherungsfreiheit für Beamten auf Widerruf, ungeachtet anderslautender Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundessozialgerichts (BSG) zu juristischen Referendaren. Die Annahme dieser Gerichte, dass sich die Ungleichbehandlung dadurch rechtfertige, dass Referendare im Gegensatz zu anderen Auszubildenden nach ihrer Ausbildung zu einem erheblichen Teil der Arbeitslosenversicherung nicht angehören würden, weil sie später als Beamte, Selbständige oder höher verdienende Angestellte der Versicherungspflicht nicht mehr unterlägen, sei mit der heutigen gesellschaftlichen Realität nicht vereinbar. Selbst der Staat als weiterhin größter Arbeitgeber für Lehrer sehe aus Kostengründen inzwischen regelmäßig von einer Verbeamtung ab beziehungsweise verbeamte nach Gutdünken. Außerdem sei es die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, auch nach dem Ende des Dienstverhältnisses für das Wohl und Wehe des Beamten einzustehen. Ehemalige Beamte auf Widerruf seien „völlig rechtlos“, da sie nach ihrer Entlassung kein Arbeitslosengeld bekämen und „Sozialhilfe“ nur dann, wenn sie über kein Vermögen verfügten und auch kein Einkommen oder Vermögen eines Lebenspartners anzurechnen sei.
Durch Urteil vom 8. Dezember 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erfüllt, weil sie in der hier maßgeblichen Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 22. Januar 2005 nicht wenigstens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass der Ausschluss von Beamten auf Widerruf von der Versicherungspflicht in der Arbeitsförderung verfassungswidrig sei. Sie folge dabei der Rechtsprechung des BSG und des früheren Landessozialgerichts Berlin. Ob und in welcher Weise dem unbestreitbaren Schutzbedürfnis eines Lehramtsbewerbers gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit nach Abschluss seiner Ausbildung Rechnung getragen werde, sei von der sozialpolitischen Entscheidung des Gesetzgebers abhängig. Ein allgemeiner Satz, wonach den vom Risiko der Arbeitslosigkeit bedrohten Personen lückenlos Versicherungsschutz zu gewähren sei, sei der Verfassung nicht zu entnehmen; der Gesetzgeber habe einen weiten Regelungsspielraum. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums seien durch die Versicherungsfreiheit der Beamten auf Widerruf nicht berührt. Der frühere Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für arbeitslos gewordene Beamte sei nicht daraus herzuleiten, sondern eine allgemeine staatliche Fürsorgeleistung gewesen. Da die Kammer die anzuwendenden Vorschriften nicht für verfassungswidrig halte, komme auch die von der Klägerin angeregte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter. Sie trägt ergänzend vor, dass der Berliner Landesgesetzgeber ähnlich anderen Bundesländern seit 2004 die Lehrtätigkeit an öffentlichen Schulen im Landesbeamtengesetz nicht mehr als Ausübung hoheitlicher Befugnisse aufführe. Angesichts dieser neuen Rechtslage seien die Argumente des BVerfG und der Instanzgerichte neu zu prüfen. Von einem typischen Berufsweg als Lehrer im Beamtenverhältnis könne nicht mehr gesprochen werden. Einschließlich der Lehrer an Privatschulen seien mittlerweile etwa 2/3 aller Stellen im Angestelltenverhältnis. Der Staat schaffe für sich einerseits eine Ausnahme von der Versicherungspflicht, entziehe sich andererseits aber rechtlich und tatsächlich einer Anstellung auf Lebenszeit.
Die Klägerin beantragt ausweislich der Berufungsschrift,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Dezember 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Februar 2005 in Form des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 22. Januar 2005 bis zum 14. August 2005 Arbeitslosengeld zu bewilligen, sowie
die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin 4.030,00 € Arbeitslosengeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.480,00 € seit dem 29. Juni 2005 und aus 1.500,00 € seit dem 15. August 2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und die erlassenen Bescheide für zutreffend.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Berufung entscheiden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung angesichts der nicht weiter aufklärungsbedürftigen Sachlage sowie der Rechtslage, zu der fach- und verfassungsgerichtliche Entscheidungen vorliegen, nicht für erforderlich.
Es steht nicht in Frage, dass der Klägerin nach einfachem Recht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits dem Grunde nach nicht zustand. Gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der hier anwendbaren Fassung des 3. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848; im folgenden ohne Zusatz zitiert) setzte der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit unter anderem voraus, dass die Anwartschaftszeit erfüllt ist. Die Anwartschaftszeit hatte gemäß § 434j Abs. 3 Satz 1 SGB III i. V. mit § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 434j Abs. 3 Satz 1 SGB III i.V. mit § 124 Abs. 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung betrug die Rahmenfrist drei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Innerhalb der Rahmenfrist stand die Klägerin nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis: Während der Zeit der aktiven Tätigkeit als Beamtin auf Widerruf stand der gemäß §§ 24 Abs. 1, 25 SGB III an sich bestehenden Versicherungspflicht § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III entgegen. Danach sind Personen unter anderem in einer Beschäftigung als Beamter oder sonstiger Beschäftigter eines Landes versicherungsfrei, wenn sie nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Versicherungspflicht wegen des (etwaigen) Bezuges von Mutterschaftsgeld oder wegen Kindererziehung (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2a Satz 1 SGB III in der ab 1. Januar 2003 geltenden Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes (vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443) bestand ihrerseits deshalb nicht, weil dies die Versicherungspflicht oder den Bezug laufender Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III unmittelbar vor Beginn des Mutterschaftsgeldes beziehungsweise Erziehung voraussetzte.
Die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zuständigen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind von Verfassungs wegen an Recht und Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz [GG]). Eine Entscheidung zu Gunsten der Klägerin auf der Grundlage des einfachen Rechts kann der Senat deshalb nicht treffen.
Der Senat war nicht verpflichtet, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Dies setzte voraus, dass der Senat ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Das ist nicht der Fall.
Das Sozialgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, dass die Versicherungsfreiheit (auch) der Beamten auf Widerruf gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 SGB III nicht in das Recht der Beamten nach Art. 33 Abs. 5 GG auf Ausgestaltung des Dienstverhältnisses unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingreift (zu deren Inhalt s. zusammenfassend etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15. Dezember 2009 – 1 BvR 1978/09). Zum einen gehört zu diesen Grundsätzen „traditionell“ gerade nicht die Absicherung gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit. Zum anderen können sich hieraus allenfalls Rechte gegen den (ehemaligen) Dienstherren ergeben.
Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht zu sehen. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass die bereits vom Sozialgericht anhand der Rechtsprechung ausführlich erörterten Gründe, welche die Ungleichbehandlung (jedenfalls) der Beamten auf Widerruf gegenüber Personen, die zu ihrer Ausbildung in privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen angestellt sind, rechtfertigen, in dem hier maßgeblichen Zeitraum der Beschäftigung der Klägerin nicht mehr bestanden haben könnten. Das Urteil des BSG in SozR 4300 § 27 Nr. 1 war am 11. Juli 2003 und damit während des – zu dieser Zeit gerade wegen Erziehungsurlaubs unterbrochenen – Referendariats der Klägerin ergangen. Es berücksichtigt folglich auch noch die damals bestehenden Verhältnisse, weshalb der Senat keine Bedenken hat, der rechtlichen Bewertung des BSG ebenfalls zu folgen. Der Vortrag der Klägerin zielt im übrigen eher darauf, dass mittlerweile, im besonderen nach der Änderung des Berliner Landesbeamtengesetzes im Jahr 2004, eine grundrechtsrelevante Veränderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen bei der Beschäftigung von Lehrern im Landesdienst eingetreten ist. Entscheidungserheblich kann jedoch nur der Rechtszustand sein, der zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf Arbeitslosengeld ab 22. Januar 2005 beitragen kann.
Selbst wenn von den von der Klägerin vorgetragenen Änderungen ausgegangen würde, so könnten sie im übrigen zunächst allenfalls dazu führen, dass der Gesetzgeber sie im Rahmen seiner allgemeinen Beobachtungspflicht (s. hierzu etwa BVerfGE 123, 186 ff) nicht unbeachtet lassen dürfte. Willkürlich ist die Regelung des § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III aber jedenfalls so lange nicht, wie keine gesicherten Erkenntnisse dafür vorliegen, dass im gesamten Bundesgebiet rechtliche oder tatsächliche Veränderungen eingetreten sind, welche die bisherige Regelung als willkürlich erscheinen lassen könnten.
Besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits dem Grunde nach nicht, so kann offen bleiben, ob der von der Klägerin geltend gemachte Betrag dem entspricht, was sich gemäß §§ 129 ff SGB III ergäbe.
Da der Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach nicht besteht, konnte auch ein Anspruch auf Verzinsung nicht entstehen. Deshalb kann ebenfalls offen bleiben, ob dieser Anspruch bereits im Verfahren über die Leistung geltend gemacht werden kann oder ob dies eine vorherige Bescheidung durch den Leistungsträger voraussetzt. Nur „am Rand“ wird angesichts dessen betreffend die Höhe des Zinsanspruches auf die §§ 44, 41 Sozialgesetzbuch Erstes Buch und § 337 SGB III hingewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.