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Ordnungsgemäße Pflicht zur Straßenreinigung; Polizeiliche Reinigung; Abgrenzung zum Wasserrecht; Abfallrecht; Verhältnis zur Straßenbaulast; Begriff der Reinigung; Außergewöhnliche Verunreinigung; Verunreinigung über das gewöhnliche Maß; Herrenloser Abfall; Übertragung der Reinigungspflicht; Grundstücksbegriff; Frontlänge; Straßenreinigungsrechtliche Erschließung; Hinterlieger; Straßenreinigungseinheit; Gesamtschuldner; Zumutbarkeit; Verhältnismäßigkeit; Entwässerungsanlagen; Straßenbegleitgrün; Sommerreinigungspflicht an einem festen Tag; Beseitigung von Unkraut


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 02.02.2016
Aktenzeichen OVG 9 A 15.13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 9 Abs 1 S 5 StrG BB, § 17 StrG BB, § 49a StrG BB, § 1 Abs 4 Nr 2 WasG BB 2012, § 4 AbfG BB

Tenor

Es werden für nichtig erklärt:

-§ 2 Abs. 3 Buchstabe b) und c);

-§ 3 Abs. 1 Satz 1, soweit festgeschrieben wird, die Straßenreinigung an jedem Freitag oder Sonnabend und an jedem Werktag vor gesetzlichen Feiertagen in der Zeit vom 1. April bis zum 30. September bis 19.00 Uhr und in der Zeit vom 01. Oktober bis 31. März bis 17.00 Uhr durchzuführen;

-§ 5 Abs. 1

der Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt T_____ vom 8. Oktober 2012.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 3/4 und die Antragsgegnerin zu 1/4.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen die Satzung über die Straßenreinigung der Stadt T_____ vom 8. Oktober 2012 (nachfolgend: StrRS). Er ist Eigentümer zweier an einer öffentlichen Straße im T_____ Stadtgebiet belegener Flurstücke.

Die Stadt T_____ gehört dem Amt S_____ an. Die von ihrer Stadtverordnetenversammlung beschlossene, im Amtsblatt des Amtes am 18. Oktober 2012 bekanntgemachte Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 2 Auferlegung der Reinigungspflicht

(1) Die Reinigungspflicht wird für folgende Straßenteile:

a) die Gehwege, mit Ausnahme derjenigen Teile, die als Parkplatz für Kraftfahrzeuge besonders gekennzeichnet sind,

b) die begehbaren Seitenstreifen,

c) die Radwege, auch soweit deren Benutzung für Fußgänger geboten oder erlaubt ist,

d) die Fußgängerstraßen,

e) die Wohnwege, auch soweit diese befahrbar sind,

f) die Rinnsteine,

g) die Gräben und Entwässerungsmulden,

h) die Grabenverrohrungen, die dem Grundstücksanschluss dienen,

i) die Hälfte der Fahrbahnen, es sei denn, es handelt sich um Bundes- oder Landesstraßen,

j) die als Parkplatz für Kraftfahrzeuge besonders gekennzeichneten Flächen

k) Straßenbegleitgrün

in der Frontlänge der anliegenden Grundstücke den Eigentümern dieser Grundstücke auferlegt. Bei Eckgrundstücken ist die Straßenreinigung bis Kreuzungsmitte bzw. zu den Einmündungen durchzuführen.

(2) Die nach Abs. 1 verpflichteten Grundstückeigentümer sind Anlieger im Sinne dieser Satzung. Anlieger sind sowohl Grundstückseigentümer, deren Grundstücke an öffentlichen Straßen angrenzen (Vorderliegergrundstück), als auch Grundstückseigentümer der dahinter liegenden Grundstücke (Hinterliegergrundstück).

Vorderliegergrundstücke und Hinterliegergrundstücke bilden eine Straßenreinigungseinheit. Die Mitglieder der Straßenreinigungseinheit haften als Gesamtschuldner.

(3) An Stelle des Eigentümers trifft die Reinigungspflicht:

a) den Erbbauberechtigten,

b) den Nießbraucher oder sonstigen Nutzungsberechtigten, sofern er unmittelbaren Besitz am gesamten Grundstück hat,

c) den dinglichen Wohnberechtigten, sofern ihm das ganze Wohngebäude zur Benutzung überlassen ist.

(4) Ist der Reinigungspflichtige nicht in der Lage, seine Pflicht persönlich zu erfüllen, so hat er eine geeignete Person mit der Reinigung zu beauftragen.

§ 3 Art und Umfang der Reinigungspflicht

(1) Die zu reinigenden Straßenteile sind an jedem Freitag oder Sonnabend und an jedem Werktag vor gesetzlichen Feiertagen

¨ in der Zeit vom 01. April bis zum 30. September bis 19.00 Uhr und

¨ in der Zeit vom 01. Oktober bis 31. März bis 17.00 Uhr

zu säubern und vom Unkraut zu befreien. Die Einläufe in Entwässerungsanlagen und die dem Feuerlöschwesen dienenden Wasseranschlüsse sind jederzeit sauber und von Schnee und Eis freizuhalten. Einer mit der Reinigung verbundenen Staubentwicklung ist bei frostfreier Witterung durch Sprengen mit Wasser vorzubeugen. Im Übrigen richten sich Art und Umfang der Reinigung nach den örtlichen Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

(2) Geh- und Radwege sind bei Glatteis mit abstumpfenden Stoffen (z. B. Sand, Splitt) zu bestreuen, so dass die Fußgänger und Radfahrer diese gefahrlos benutzen können.

Handelsübliche Auftaumittel dürfen nur in Straßenbereichen ohne Grünanlagen (Bäume, Anpflanzungen, Gärten u. a.) verwendet werden.

Verbleibende Rückstände sind unverzüglich nach dem Auftauprozess zu beseitigen.

Für Menschen, Tiere und Pflanzen schädliche Streumittel dürfen nicht verwendet werden.

Nach 20.00 Uhr entstandenes Glatteis ist bis 08.00 Uhr - an Sonn- und Feiertagen bis 09.00 Uhr - des folgenden Tages zu beseitigen.

In der Zeit von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr - an Sonn- und Feiertagen von 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr - entstandenes Glatteis ist so oft wie erforderlich unverzüglich zu beseitigen; dies gilt auch für Glätte, die durch festgetretenen Schnee entstanden ist.

(3) Schnee ist in der Zeit von 08.00 Uhr - 20.00 Uhr unverzüglich nach beendetem Schneefall zu entfernen, nach 20.00 Uhr gefallener Schnee bis 08.00 Uhr des folgenden Tages.

§ 4 Außergewöhnliche Verunreinigungen

(1) Wer eine öffentliche Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt, hat die Verunreinigung ohne Aufforderung und ohne schuldhafte Verzögerung zu beseitigen; andernfalls kann die Gemeinde die Verunreinigung auf Kosten des Verursachers beseitigen.

Unberührt bleibt die Verpflichtung des Reinigungspflichtigen, die Verunreinigung zu beseitigen, soweit ihm dies zumutbar ist.

§ 5 Grundstücksbegriff

(1) Grundstück im Sinne dieser Satzung ist ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung jeder zusammenhängende Grundbesitz, der eine wirtschaftliche Einheit bildet.

(2) Als anliegend im Sinne dieser Satzung gilt auch ein Grundstück, das durch einen Graben, eine Böschung, einen Grünstreifen, eine Mauer oder in ähnlicher Weise vom Gehweg oder von der Fahrbahn getrennt ist, gleich, ob es mit der Vorder- bzw. Hinterfront oder den Seitenfronten an einer Straße liegt. Das gilt jedoch nicht, wenn ein Geländestreifen zwischen Straße und Grundstück weder dem öffentlichen Verkehr gewidmet noch Bestandteil der Straße ist.“

Mit seinem Normenkontrollantrag macht der Antragsteller geltend, dass die Reinigungspflichtigen insoweit benachteiligt seien, als es – mit Ausnahme des § 4 Satz 1 StrRS – an einer Regelung fehle, welche die Verunreinigung von Straßen im Satzungsgebiet untersage und Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlungen vorsehe. Darüber hinaus sehe die Satzung - abgesehen von der Regelung des § 4 Satz 2 StrRS - zu Unrecht keine Ausnahmen für den Fall der Unzumutbarkeit der auferlegten Reinigungspflicht vor. Es fehle ein allgemeiner Zumutbarkeitsvorbehalt für im Einzelfall bestehende Besonderheiten, wie dies etwa in § 4 Abs. 5 und 6 des Berliner Straßenreinigungsgesetzes vorgesehen sei.

Dies gelte insbesondere für die Auferlegung der Reinigungspflicht durch § 2 StrRS. Die Reinigungspflicht für Rinnsteine, Gräben und Entwässerungsmulden, Grabenverrohrungen und Straßenbegleitgrün nach § 2 Abs. 1 Buchstabe f) bis h) StrRS stelle eine unverhältnismäßige Belastung dar. Weiterhin sei unverständlich, dass Parkplätze gemäß § 2 Abs. 1 Buchstabe a) StrRS zunächst aus dem Regelungsbereich herausgenommen und sodann durch § 2 Abs. 1 Buchstabe j) StrRS wieder einbezogen würden. Die nach § 2 Abs. 2 StrRS bestehende gesamtschuldnerische Haftung von Reinigungspflichtigen führe zu einer nicht hinnehmbaren gegenseitigen Abhängigkeit der betroffenen Grundstücksnachbarn. In § 2 Abs. 4 StrRS werde die Möglichkeit, eine geeignete Person mit der Reinigung zu beauftragen, zu Unrecht an die Voraussetzung geknüpft, dass der Reinigungspflichtige nicht in der Lage sei, seine Pflicht persönlich zu erfüllen. Die Reinigung sei keine Pflicht, die nur höchstpersönlich erbracht werden könne.

Auch die Regelungen über Art und Umfang der Reinigungspflicht seien unverhältnismäßig. Dies gelte für die in § 3 Abs. 1 StrRS normierten starren zeitlichen Vorgaben sowie die Pflicht, die zu reinigenden Straßenteile von Unkraut zu befreien.

§ 4 StrRS gehe über den Regelungsgehalt des § 17 BbgStrG hinaus. Denn trotz der Möglichkeit einer Beseitigung der Verunreinigung durch die Gemeinde auf Kosten des Verursachers sei nach Satz 2 der Norm auch der Straßenreinigungspflichtige gehalten, die Verunreinigung zu beseitigen. In der Praxis dürfte dies bedeuten, dass der Straßenreinigungspflichtige die Verunreinigung zu beseitigen habe, wenn der Verursacher nicht mehr auffindbar sei. Da dies den Regelfall bilden dürfte, führe dies zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Reinigungspflichtigen. Vor diesem Hintergrund sei die Regelung des § 4 Satz 2 StrRS auch widersprüchlich und zu unbestimmt.

Die Erweiterung des Grundstücksbegriffs in § 5 Abs. 2 StrRS sei unverhältnismäßig, soweit auch solche Grundstücke als anliegend gelten, die durch einen Graben, eine Böschung oder eine Mauer vom Gehweg oder von der Fahrbahn getrennt seien.

Der Antragsteller beantragt,

die Satzung über die Straßenreinigung in der Stadt T_____ vom 8. Oktober 2012, bekannt gemacht im Amtsblatt für das Amt S_____ vom 18. Oktober 2012, für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Die Antragsgegnerin rügt, dass im Rubrum des Antragsschriftsatzes zu Unrecht das Amt S_____ und nicht die Stadt T_____ aufgeführt sei. In der Sache trägt sie vor, der Antragsteller lege nicht hinreichend dar, aus welchen Gründen die Straßenreinigung auf der Grundlage der angegriffenen Satzung unzumutbar sein solle. Das von dem Antragsteller vermisste Verunreinigungsverbot sei in § 17 BbgStrG aufgestellt. Einer satzungsrechtlichen Regelung bedürfe es daher nicht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Sitzungsprotokoll, den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Der (soweit er sich nicht auf die Regelungen des § 6 Abs. 2 und 3 StrRS über Ordnungswidrigkeiten bezieht) zulässige Normenkontrollantrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der in dem Eingangsschriftsatz vom 2. Oktober 2013 gestellte Antrag ist dahingehend auszulegen, dass er gegen die Stadt als Körperschaft gerichtet ist, welche i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO die Satzung erlassen hat. Auch eine Parteibezeichnung ist grundsätzlich auslegungsfähig. Dabei ist auf das Verständnis aus der Sicht der Empfänger, also des Gerichts und des Antragsgegners bzw. Beklagten abzustellen (BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2013 – 9 A 11.12 – juris Rn. 13). Der Antragsteller trägt hierzu zu Recht vor, dass sich der angekündigte Antrag und die Sachverhaltsschilderung auf die von der Stadt erlassene Satzung bezögen, welche er zudem der Antragsschrift beigefügt hat.

A) § 2 Abs. 3 Buchstabe b) und c) StrRS und § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS, soweit hierdurch starre Reinigungszeiten festgeschrieben werden, sowie § 5 Abs. 1 StrRS sind wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig.

1. § 2 Abs. 3 Buchstabe b) und c) StrRS sind von der Ermächtigungsgrundlage des § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 BbgStrG nicht gedeckt. Hiernach dürfen anstelle des Eigentümers lediglich der Erbbauberechtigte oder die in § 9 des Sachenrechtsbereinigungsgesetz genannten Nutzungsberechtigten zur Straßenreinigung herangezogen werden. § 9 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes spiegelt die in den neuen Ländern vorgefundenen Bodennutzungsverhältnisse wider. Der Nießbrauch nach §§ 1030 ff. BGB gehört hierzu nicht. Auch die übrigen Regelungen des § 2 Abs. 3 Buchstabe b) und c) StrRS decken sich nicht bzw. nicht vollständig mit dem Anwendungsbereich des § 9 Sachenrechtsbereinigungsgesetz.

An die Stelle der nichtigen Satzungsbestimmungen tritt die zwingende gesetzliche Regelung des § 49a Abs. 4 Satz 3 BbgStrG. Bei ungeklärten Eigentumsverhältnissen gilt § 49a Abs. 4 Satz 4 BbgStrG gleichfalls unmittelbar.

2. § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS ist insoweit nichtig, als dort bestimmt wird, dass die zu reinigenden Straßenteile an jedem Freitag oder Sonnabend und an jedem Werktag vor gesetzlichen Feiertagen bis zu einer bestimmten Uhrzeit zu säubern sind. Mit diesen Festlegungen der Reinigungszeiten verstößt die Satzung gegen das Zumutbarkeitsgebot des § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG, welches den insoweit in Art. 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit konkretisiert (s. zu starren Reinigungszeiten: OVG Schleswig, Urteil vom 27. Juni 2000 - 4 K 2.00 -, juris Rn. 80 ff; OVG Münster, Urteil vom 3. Dezember 2012 - 9 A 193.10 -, juris Rn. 44 ff.). Die starre Vorgabe, an einem bestimmten Tag bis zu einer bestimmten Uhrzeit zu reinigen, belastet den Reinigungspflichtigen in einem Maße, das zur Erreichung des Reinigungszwecks nicht erforderlich ist. Sinn und Zweck der ordnungsgemäßen Reinigung i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 4 BbgStrG ist es, verschmutzte Straßen sauberzuhalten. Die Häufigkeit der Straßenreinigung muss sich daher am Bedarf orientieren. Zwar darf die Gemeinde innerhalb des ihr zustehenden Entscheidungsspielraums bei der Bestimmung der Häufigkeit der Straßenreinigung pauschalieren. Diese Befugnis wird jedoch bei der satzungsmäßigen Festlegung eines bestimmten Tages überschritten, die losgelöst von dem tatsächlichen Bedarf ist. So kann eine kleine, wenig genutzte Straße auch über einen längeren Zeitraum nicht in dem Umfang verschmutzt sein, der eine i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 4 BbGStrG ordnungsmäßige, d.h. polizeiliche Reinigungspflicht auslösen könnte.

§ 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS kann nicht normerhaltend mit der Begründung aufrechterhalten werden, dass die Vorschrift bei fehlender Verschmutzung gegenstandslos wäre, weil lediglich der Reinigungserfolg geschuldet sei (vgl. OVG Münster, Urteil vom 3. Dezember 2012 a.a.O., juris Rn. 64 f.; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis 7. Aufl. 2013, Rn. 149). Der Wortlaut lässt eine derartige Auslegung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu, die den Reinigungspflichtigen mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen gäbe, ob er sich der Gefahr eines Bußgeldverfahrens nach § 6 Abs. 2 und 3 StrRS aussetzt.

Die Teilnichtigkeit des § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der Regelung über die Sommerreinigung und lässt damit auch die Regelung unberührt, dass das Beseitigen von Unkraut (s. hierzu nachfolgend) von der Reinigungspflicht umfasst ist. Denn an ihre Stelle tritt § 3 Abs. 1 Satz 4 StrRS. Nach dieser Auffangvorschrift richten sich Art und Umfang der Reinigung nach den örtlichen Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit auch nach dem Reinigungsbedarf.

3. § 5 Abs. 1 StrRS ist nichtig, weil er gegen den in § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG enthaltenen Grundstücksbegriff verstößt. Als Grundstück im straßenreinigungsrechtlichen Sinn ist grundsätzlich das Buchgrundstück anzusehen (Beschluss des Senats vom 26. August 2015 – OVG 9 S 36.15 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). § 5 Abs.1 StrRS liegt indes nicht der Buchgrundstücksbegriff zugrunde. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zusatz „ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung“.

Die Nichtigkeit des § 5 Abs. 1 StrRS hat zur Folge, dass an seine Stelle die gesetzliche Regelung tritt, mithin der Buchgrundstücksbegriff gilt.

B) Im Übrigen sind Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzung weder dargetan noch drängen sie sich auf.

1. Entgegen der Ansicht des Antragstellers muss die Satzung kein Verbot beinhalten, Straßen zu verunreinigen. Vielmehr ginge eine derartige Regelung über die Ermächtigungsgrundlage des § 49a Abs. 4 BbgStrG hinaus. Hiernach kann die Gemeinde die ihr nach § 49a Abs. 1 BbgStrG zugewiesene Reinigungspflicht in dem durch § 49a Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 BbgStrG festgelegten Umfang auf die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke und die sonstigen nach § 49a Abs. 4 Satz 3 und 4 BbgStrG Reinigungspflichtigen übertragen (§ 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG). Die Normierung eines allgemeinen Verunreinigungsverbotes fällt hierunter nicht.

2. Ebenso wenig bedarf es eines allgemeinen Zumutbarkeitsvorbehaltes. Die Übertragung von Reinigungspflichten auf die Anlieger steht straßenreinigungsrechtlich stets unter einem Vorbehalt der Zumutbarkeit, der einfach-gesetzlich in § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG ausdrücklich normiert ist. Es steht jedoch im satzungsgeberischen Ermessen der Gemeinde, auf welche Art und Weise sie diesem Erfordernis Rechnung trägt. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn dem Zumutbarkeitsvorbehalt bei den jeweils in Betracht kommenden Regelungen hinreichend Genüge getan wird.

3. Es begegnet keinen Bedenken, dass nach §§ 2 Abs. 1 Buchstabe a) StrRS zur öffentlichen Straße gehörende Flächen, die als Parkplätze besonders gekennzeichnet sind, von der Gehwegreinigung ausgenommen werden, und gleichzeitig nach § 2 Abs. 1 Buchstabe j) StrRS von der Reinigungspflicht umfasst bleiben (a.A. OVG Schleswig, Urteil vom 27. Juni 2000 – 4 K 2.00 -, juris Rn. 77 ff. für inhaltsgleiche Satzungsbestimmungen). Hierdurch wird lediglich klargestellt, dass diese Parkflächen nicht dem Fußgängerverkehr dienen, jedoch von den Pflichtigen zu reinigen sind.

4. Die Regelungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f) bis h) StrRS sind gleichfalls wirksam.

Die Reinigung von Rinnsteinen, Gräben und Entwässerungsmulden kann als Bestandteil der polizeilichen Reinigung i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 2 BbgStrG auf die Eigentümer und sonstigen nach § 49a Abs. 4 BbgStrG Reinigungspflichtigen übertragen werden. Dies gilt jedoch nur, wenn sie als Bestandteil einer innerörtlichen öffentlichen Straße (s. § 49a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BbgStrG sowie die diese Vorgaben umsetzende Regelung des § 1 StrRS) der Straßenentwässerung und nicht i.S.d. § 1 Abs. 4 Nr. 2 BbgWG der Be- oder Entwässerung der Grundstücke anderer Eigentümer zu dienen bestimmt sind. Nur unter dieser Voraussetzung sind diese Entwässerungsanlagen vom Anwendungsbereich des Wasserrechts ausgenommen und unterfallen dem Straßenrecht. Die Reinigung von Straßenentwässerungsanlagen obliegt auch nicht dem Straßenbaulastträger. Zwar ist dieser grundsätzlich für alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben zuständig (§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9a BbgStrG). Jedoch ist hiervon nach § 9 Abs. 1 Satz 5 BbgStrG die Straßenreinigung ausdrücklich ausgenommen. Diese obliegt gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 BbgStrG innerhalb der geschlossenen Ortschaften der Gemeinde oder den Anliegern, auf welche die Reinigungspflicht nach § 49a Abs. 4 BbgStrG wirksam übertragen worden ist.

Nach diesen Grundsätzen sind Rinnsteine, Gräben und Entwässerungsmulden als Bestandteil einer innerörtlichen öffentlichen Straße dann von den nach § 49a BbgStrG Verpflichteten zu reinigen, wenn diese Anlagen der Straßenentwässerung dienen. § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f) und g) StrRS sind entsprechend auszulegen.

Allerdings sind nur solche Verunreinigungen zu beseitigen, die sich auf Straßenniveau befinden oder durch bloßes Hineingreifen in den Graben oder die Mulde erreichbar sind. Dies ergibt sich aus dem Begriff sowie dem Sinn und Zweck der ordnungsgemäßen Reinigung i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 4 BbgStrG. Die ordnungsgemäße Reinigung umfasst die Beseitigung von Verunreinigungen, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, soweit nicht besondere Rechtsverhältnisse eingreifen (s. hierzu: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kapitel 43 Rn. 4 ff.; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 1120 f.; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis a.a.O. Rn. 21 ff., 347 ff.). In Abgrenzung insbesondere zur Zuständigkeit des Straßenbaulastträgers bezieht sie sich auf die Oberfläche der in § 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 BbgStrG genannten Straßenbestandteile (ebenso Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Das Säubern einer anderen Ebene ist nur insoweit gefordert, als es üblicherweise von dem Reinigungspflichtigen „miterledigt“ wird. Weiterhin verlangt die Straßenreinigung keine Grünpflege, und zwar weder begrifflich noch nach ihrem Sinn und Zweck, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu begegnen. Diese verbleibt Aufgabe des Straßenbaulastträgers.

Dieser Reinigungsbegriff liegt auch § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f) und g) StrRS zugrunde, wie sich bereits aus der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 StrRS ergibt. Hiernach sind lediglich die „Einläufe“, mithin die auf der Straßenoberfläche liegenden Teile von Entwässerungsanlagen sauber und von Schnee freizuhalten.

Unter den vorgenannten Voraussetzungen und in dem geschilderten Umfang ist auch die Reinigung von Grabenverrohrungen, die dem Grundstücksanschluss dienen [§ 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe h) StrRS] wirksam auf die Reinigungspflichtigen übertragen worden. Zu reinigen ist die Zuwegung zum Grundstück, die auf der Oberfläche einer der Straßenentwässerung dienenden Verrohrung liegt, soweit die Zuwegung als Gehweg oder sonstiger Straßenbestandteil i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 BbgStrG dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist (vgl. § 2 Abs. 1, § 6 BbgStrG). Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sind weder die Verrohrung noch der sich hieran anschließende Straßenentwässerungsgraben oder die Straßenentwässerungsmulde von Verstopfungen freizuhalten. Der polizeilichen Reinigungspflicht unterfallende Verunreinigungen sind aus den dargelegten Gründen nur insoweit zu beseitigen, als sie auf Straßenniveau liegen oder – etwa durch Hineingreifen in den Graben vom Gehweg aus - üblicherweise „miterledigt“ werden.

5. Straßenbegleitgrün gehört zur Straße (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 BbgStrG) und unterfällt daher der Reinigungspflicht nach § 49a Abs. 1 und 2 BbgStrG. Eine Grünpflege ist, wie ausgeführt, nicht zu leisten.

6. § 2 Abs. 1 StrRS ist normerhaltend dahingehend auszulegen, dass die Straßenteile nicht im Ausmaß der gesamten Frontlänge des anliegenden Buchgrundstücks zu reinigen sind, wenn dies aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls unzumutbar ist.

Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich der räumliche Umfang der Straßenreinigungspflicht nach der Frontlänge bemisst. Dies gilt in der Regel unabhängig von deren Ausmaß. Insbesondere darf derjenige, der ein großes Grundstück sein eigen nennt, nicht nur die damit verbundenen Vorteile genießen, sondern muss auch die damit verbundenen Lasten tragen (OVG Münster, Urteil vom 18. November 1996 – 9 A 5984/94 – juris Rn. 15 ff.; VGH Kassel, Urteil vom 17. Juni 2008 – 2 UE 203.07 – juris Rn. 28). Zudem ist der Ortsgesetzgeber befugt, die Interessenlage generalisierend und typisierend zu würdigen (BVerwG, Urteil vom 11. März 1988 – 4 C 78.84 – juris Rn. 11, 12).

Allerdings kann die Auferlegung der Reinigungspflicht nach der Frontlänge des anliegenden Grundstücks im Einzelfall gegen das Zumutbarkeitsgebot des § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, insbesondere wenn sie einen Reinigungspflichtigen im Vergleich zu anderen Anliegern und Hinterliegern ungerechtfertigt benachteiligt oder der Umfang der Reinigungspflicht eine mit dem Sinn und Zweck der Heranziehung der Anlieger nicht mehr zu vereinbarende Belastung mit sich bringen würde, so dass die Durchführung der Straßenreinigung eine vorwiegend im Allgemeininteresse liegende Aufgabe ist, hinter der die grundstücksbezogenen Interessen der Anlieger zurücktreten. Dies kann etwa bei sehr kleinen Grundstücken mit extrem langer Straßenfront (s. hierzu: VGH München, Urteil vom 13. Juli 1988 – Nr. 4 B 85 A.1870, BayVBl. 1989, S. 563; Sauthoff, Öffentliche Straßen a.a.O., Rn. 1137) oder dann der Fall sein, wenn die Grundstücksfläche so gestaltet und genutzt wird, dass der durch die Straßenreinigung vermittelte Vorteil außergewöhnlich gering ist (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 17. Juni 2008 – 2 UE 203.07 -, juris Rn. 28 ff.) oder wenn auf der Straße über eine lange Strecke Bäume stehen, die erheblichen Laubfall verursachen (so OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Februar 2007 – 12 KN 399.05 – juris Rn. 26 f.: 40 großkronige Kastanien; OVG Münster, Urteil vom 18. November 1996 a.a.O., juris Rn. 14: dichter waldartiger Bewuchs).

Das Fehlen einer Ausnahmeregelung führt jedoch nicht zur Nichtigkeit des Frontlängenmaßstabes. Vielmehr erweist es sich als bloßes Redaktionsversehen, dass die Satzung keinen Zumutbarkeitsvorbehalt aufweist, welcher derartigen besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung trägt.

§ 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG bestimmt ausdrücklich, dass die Reinigungspflicht nur übertragen werden darf, soweit dies insbesondere unter Berücksichtigung der Verkehrsverhältnisse zumutbar ist. Der Satzungsgeber war sich dessen auch bewusst, wie aus der Nennung des § 49a BbgStgrG in der Präambel der Satzung und, vor allem, aus der Eckgrundstücksvergünstigung des § 2 Abs. 1 Satz 2 StrRS, der Normierung des Unverzüglichkeitserfordernisses in § 3 Abs. 2 und 3 StrRS sowie der Hervorhebung des Zumutbarkeitsvorbehaltes in § 4 Satz 2 StrRS folgt. Alle diese Regelungen setzen die gesetzliche Vorgabe der Zumutbarkeit der Reinigungspflicht um. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass Einzelfälle, bei welchen ein uneingeschränktes Abstellen auf die Frontlänge des erschlossenen Grundstücks unzumutbar sein kann, lediglich nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit des Satzungsgebers standen, er jedoch den hypothetischen Willen gehabt hätte, eine Ausnahmeregelung zu schaffen, wenn er sich denn deren Erforderlichkeit bewusst gewesen wäre.

7. Weiterhin sind § 2 Abs. 1 und Abs. 2 StrRS im Hinblick darauf klarstellend auszulegen, dass das anliegende Grundstück, einschließlich des Hinterliegergrundstücks, i.S.d. § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG erschlossen sein muss.

Der Satzungsgeber hat durch die ausdrückliche Einbeziehung von Hinterliegergrundstücken durch § 2 Abs. 2 StrRS mit hinreichender Bestimmtheit zu erkennen gegeben, dass er nur erschlossene Grundstücke als „anliegend“ betrachtet. Straßenreinigungsrechtlich erschlossen sind Grundstücke, die rechtlich und tatsächlich die Zugangsmöglichkeit zu der öffentlichen Straße haben und bei denen sich die Straßenreinigung bzw. Winterwartung in Bezug auf die Möglichkeit vorteilhaft auswirkt, ihr Grundstück sinnvoll in einem innerhalb der geschlossenen Ortslage üblichen Maß wirtschaftlich zu nutzen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Oktober 2007 – OVG 9 A 72.05 – juris Rn. 31; Urteil vom 15. Oktober 2014 - OVG 9 B 21.14 - juris Rn. 41). Dies sind nicht nur solche Grundstücke, die unmittelbar an die Straße angrenzen, sondern auch Hinterliegergrundstücke, die aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Zugangsmöglichkeit ein objektives Interesse an der Straßenreinigung bzw. Winterwartung haben. Darüber hinaus hat der Satzungsgeber mit § 5 Abs. 2 Satz 2 StrRS pauschalierend geregelt, dass ein zwischen dem Grundstück und der öffentlichen Straße liegender ungewidmeter Geländestreifen die durch das Erschlossensein vermittelte objektive Beziehung eines Grundstücks zur Straße unterbricht.

8. Es ist anerkannt, dass zwischen Vorder- und Hinterlieger eine Straßenreinigungseinheit gebildet werden kann (Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis a.a.O., Rn. 144 m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht es auch im Einklang mit dem Zumutbarkeitsgebot des § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG, dass § 2 Abs. 2 Satz 2 StrRS insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung anordnet.

Die gesamtschuldnerische Haftung hat zwar entsprechend § 421 BGB zur Folge, dass jeder Gesamtschuldner im Außenverhältnis uneingeschränkt zur Reinigung verpflichtet ist. Jedoch räumt die gleichzeitig bestehende Möglichkeit, sich untereinander darüber abzusprechen, wer zu welchen Zeiten säubert, den Reinigungspflichtigen eine größere Freiheit ein, als eine Festlegung der jeweiligen Reinigungszeiten in der Satzung. Soweit die Gemeinde wegen Verletzung der Reinigungspflicht einschreiten will, hat sie bei der Ausübung ihres Auswahlermessens zudem nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (u.a.) zu berücksichtigen, welchem der Gesamtschuldner ein Verschulden zur Last zu legen ist. Darüber hinaus ist der Gesamtschuldner, welcher eine – etwaige – Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, durch die entsprechend anwendbare Regelung des § 425 Abs. 2 BGB geschützt. Insbesondere können nach dieser Vorschrift verschuldensabhängige Ansprüche - etwa wegen Schadensersatzes - grundsätzlich nur gegenüber demjenigen Gesamtschuldner geltend gemacht werden, der die Verletzung der Reinigungspflicht zu vertreten hat. Die straf- oder ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit ist gleichfalls an die vorsätzliche oder fahrlässige sowie schuldhafte Tatbegehung geknüpft (§§ 15 ff. StGB, §§ 10 ff. OWiG; vgl. auch die insoweit deklaratorische Regelung des § 6 Abs. 2 StrRS). So kann ein Bußgeld nur gegen denjenigen Vorder- oder Hinterlieger verhängt werden, der schuldhaft seiner Reinigungspflicht, einschließlich seiner Pflicht zur Absprache mit dem anderen Gesamtschuldner, nicht nachgekommen ist.

9. § 2 Abs. 4 StrRS steht nicht im Widerspruch zu § 49a BbgStrG. Mit dieser Vorschrift soll lediglich hervorgehoben werden, dass in der Person des Reinigungspflichtigen liegende Hinderungsgründe diesen nicht von der Pflicht zur Straßenreinigung entlasten. Die Straßenreinigungspflicht des Eigentümers oder des sonstigen Reinigungspflichtigen ist keine persönlich zu erfüllende Pflicht, sondern knüpft an das Eigentum oder das sonstige Recht nach § 49a Abs. 4 Satz 3 BbgStrG an (BVerwG, Urteil vom 11. März 1988 – 4 C 78.84 – juris Rn. 16; OVG Münster, Urteil vom 18. November 1996 – 9 A 5984/94 – juris Rn. 15). Dies bedeutet auch, dass der Straßenreinigungspflichtige einen geeigneten Dritten mit der Durchführung der Reinigung beauftragen muss, wenn er hierzu - etwa wegen Abwesenheit oder Erkrankung - persönlich nicht in der Lage ist. Hierauf weist § 2 Abs. 4 StrRS hin.

Demgegenüber betrifft § 49a Abs. 5 BbgStrG die Übertragung der Reinigungspflicht selbst. Anders als die in § 2 Abs. 4 StrRS normierte bloße Beauftragung eines Dritten mit der tatsächlichen Reinigung, hat die Übertragung der Reinigungspflicht i.S.d. § 49a Abs. 5 BbgStrG zur Folge, dass sich die Gemeinde oder die Polizeibehörde nur an den Übernehmer halten darf. Allein in diesem Fall ist die Übertragung an die schriftliche Erklärung gegenüber der Gemeinde sowie deren Zustimmung gebunden (s. hierzu: Kodal, Straßenrecht a.a.O., Kapitel 43 Rn. 21; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis a.a.O. Rn. 196).

10. Die in § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS normierte Pflicht, die zu reinigenden Straßenteile von Unkraut zu befreien, ist nicht zu beanstanden. Der Begriff der Reinigung i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 5, § 49a Abs. 1 und 2 BbgStrG umfasst, vereinzelt wachsendes Unkraut zu entfernen, das aus Ritzen oder Rissen aus dem Straßenkörper wuchert (vgl. VGH München, Urteil vom 4. April 2007 – 8 B 05.3195 -, juris Rn. 79; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis a.a.O., Rn. 23). Allerdings ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StrRS insoweit einschränkend auszulegen, dass er sich nicht auf Grünflächen bezieht. Das Beseitigen von Unkraut von Grünflächen fällt aus dem Anwendungsbereich des § 49a BbgStrG, weil es der Grünpflege und nicht der Reinigung zuzuordnen ist.

11. Die Rüge des Antragstellers, es müsse eine § 4 Abs. 5 BerlStrG vergleichbare Ausnahmeregelung für den Winterdienst vorgesehen werden, trifft nicht zu.

Nach der angeführten Berliner Vorschrift kann die zuständige Behörde Ausnahmen vom Winterdienst auf Gehwegen zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich und eine Gefährdung des Fußgängerverkehrs ausgeschlossen ist. Eine derartige Ausnahme ist weder durch das Zumutbarkeitserfordernis des § 49a Abs. 4 Satz 1 BbgStrG noch durch höherrangiges Recht geboten. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass der Reinigungspflichtige nach § 3 Abs. 2 Satz 3 und 5 StrRS sowie nach § 3 Abs. 3 StrRS seiner Winterdienstpflicht unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (s. hierzu: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Oktober 2014 a.a.O., juris Rn. 68), nachkommen muss. Sofern er hieran aus persönlichen Gründen gehindert sein sollte, kann und muss er die Pflicht, wie ausgeführt, auf einen Dritten übertragen.

12. § 4 StrRS ist geltungserhaltend dahingehend auszulegen, dass die Pflicht zur Beseitigung von außergewöhnlichen Verunreinigungen nur unter den Voraussetzungen den Straßenreinigungspflichtigen auferlegt worden ist, dass der Verursacher seiner nach § 17 Abs. 1 BbgStrG vorrangigen Beseitigungspflicht nicht nachkommt und die Gemeinde den ihr dort eingeräumten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht durchsetzen kann.

§ 4 StrRS knüpft an 17 Abs. 1 Satz 1 BbgStrG an. Nach dieser Vorschrift sind über das übliche Maß hinausgehende Verunreinigungen von ihrem Verursacher zu beseitigen. Kommt dieser seiner Beseitigungspflicht nicht (rechtzeitig) nach, kann die Gemeinde die Verunreinigung auf Kosten des Verursachers beseitigen. Die vorrangige Beseitigungspflicht des Verursachers sowie der gegen diesen gerichtete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Gemeinde lässt jedoch die innerörtliche polizeiliche Reinigungspflicht der Gemeinde unberührt. Erfüllt der Verursacher seine Pflicht nicht, obliegt es daher dem Straßenreinigungspflichtigen, die Verunreinigung zu beseitigen (s. zu alledem: Kodal, Straßenrecht a.a.O., Kapitel 43 Rn. 3; Sauthoff, Öffentliche Straßen a.a.O., Rn. 1144, 1211). In Übereinstimmung hiermit stehen die Regelungen des § 4 BbgAbfBodG. Danach sind herrenlose Abfälle, welche auf für die Allgemeinheit frei zugänglichen Grundstücken unzulässig abgelagert wurden, erst dann einzusammeln und zu entsorgen, wenn Maßnahmen gegen den Verursacher nicht hinreichend erfolgversprechend sind (§ 4 Abs. 1 BbgAbfBodG). Hierbei trifft die Entsorgungspflicht die Gemeinden als zur Straßenreinigung verpflichtete Körperschaft (§ 4 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 BbgAbfBodG), soweit es um Abfälle auf einer öffentlichen Straße innerhalb der geschlossenen Ortslage geht.

§ 4 StrRS greift dieses Stufenverhältnis – vorrangige Beseitigungspflicht des Verursachers, subsidiäres Eingreifen der polizeilichen Straßenreinigungspflicht - mit einer Bestimmtheit auf, welche die Ahndung einer Verletzung der Straßenreinigungspflicht als Ordnungswidrigkeit nach § 6 Abs. 2 und 3 StrRS zulässt. § 4 Satz 1 StrRS bringt die vorrangige Haftung des Verursachers zum Ausdruck, § 4 Satz 2 StrRS stellt klar, dass die polizeiliche Reinigungspflicht hiervon „unberührt“ bleibt. Gleichzeitig wird das Zumutbarkeitserfordernis des § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG hervorgehoben, um darauf hinzuweisen, dass dieses bei außergewöhnlichen Verunreinigungen besonders sorgfältig zu prüfen ist. So ist die Zumutbarkeit von vornherein zu verneinen, wenn die Gemeinde den ihr durch § 17 Abs. 1 Satz 1 HS 2 BbgStrG eingeräumten Erstattungsanspruch durchsetzen kann. Darüber hinaus ist die Beseitigung von außergewöhnlichen Verunreinigungen dem Reinigungspflichtigen dann unzumutbar, wenn der Entsorgungsaufwand, einschließlich die hiermit verbundenen Kosten, unvertretbar hoch ist (s. hierzu: VGH München, Urteil vom 4. April 2007 a.a.O., juris Rn. 77; OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Februar 2007 - 12 KN 399.05 -, juris Rn. 26).

13. Ausgehend von dem durch § 49a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BbgStrG vorgegebenen und, wie ausgeführt, in der streitgegenständlichen Satzung umgesetzten Begriff des Erschlossenseins ist es unerheblich, ob das Grundstück des Reinigungspflichtigen durch einen Graben, eine Böschung, einen Grünstreifen, eine Mauer oder in ähnlicher Weise vom Gehweg oder der Fahrbahn getrennt ist, solange nach den örtlichen Verhältnissen die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit des Zugangs besteht. Dieses Verständnis liegt auch § 5 Abs. 2 Satz 1 StrRS zugrunde.

C) Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.