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Erschließungsvertrag; nichtig; Erschließungsbeitrag; Grundstückserwerber; Vorausleistungsbescheid; Absehbarkeit der endgültigen Herstellung; offene Handelsgesellschaft; Auflösung; Beendigung; Rechtsnachfolge; Leistungsgebot


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 19.04.2013
Aktenzeichen OVG 9 S 82.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 146 Abs 4 VwGO, § 80 Abs 4 S 3 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 133 Abs 3 BauGB, § 129 Abs 2 BauGB, § 131 HGB

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 35.111,33 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Am 24. Februar 1994 schlossen die G... (im Folgenden: G...) und die S... einen notariellen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung über ein ca. 12.600 m² großes Grundstück in H... Das Grundstück liegt in einem Erschließungsgebiet. Der Kaufpreis sollte, erschlossen nach § 123 BauGB, einschließlich Be- und Entwässerung 78 DM/m² zuzüglich Mehrwertsteuer betragen, d. h. vorbehaltlich der genauen Grundstücksgröße 9... DM. Nach § 3 Satz 1 des Vertrages behielt sich der Käufer das Recht vor, von dem schuldrechtlichen Teil des Vertrages zurückzutreten, wenn das Grundstück nicht bis spätestens 30.12.1994 hinreichend nach § 123 BauGB erschlossen sei. Der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten sowie der Gefahrübergang sollte mit Vertragsschluss erfolgen (§ 8 des Vertrages). Zur Erschließung hieß es in § 11 des Vertrages:

"Verkäufer verpflichtet sich, das genannte Grundstück auf eigene Kosten gemäß § 128 und § 123 BauGB einschließlich Abwasser- und Frischwasserleitungen zu erschließen. Die Leitungen werden bis einen Meter auf das Grundstück verlegt.

Die innere Erschließung obliegt dem Käufer. Die Kosten hierfür sowie etwaige Anschlusskosten und Anliegerbeiträge, die nach dem Übergangszeitpunkt (§ 8 dieses Vertrages) entstehen, trägt der Käufer. Die Anschlussgebühren für Wasser und Abwasser werden zu einem späteren Zeitpunkt nach Anschluss an das Netz nach der Satzung des Abwasserverbandes Strausberg/Erkner direkt an den Erschließungsträger gezahlt. Gasanschluss, Elektro- und Telecomanschlüsse werden von der G... koordiniert.

Verkäufer verpflichtet sich, eine Baustraße als vorläufige Maßnahme nach Vorlage des Bauantrages binnen vier Wochen herzustellen."

Unter dem 16. Dezember 1994 stellte die G... der S... eine "Rechnung", in der es unter anderem hieß:

„Gemäß Grundstückskaufvertrag […] stellen wir Ihnen die anteiligen Erschließungskosten wie folgt in Rechnung:

Bezeichnung

Preis 

Erschließungskosten für Ihr Grundstück […] 12.600 m² á 30 DM/m²

DM 3...

        

MwSt 15 % DM 5..."

Unter dem 1. Juni 1995 übersandte die G... der S... eine "Endabrechnung". Darin hieß es unter anderem:

"Gemäß § 2 des Grundstückskaufvertrages […] berechnen wir Ihnen den Gesamtkaufpreis für ihr erworbenes Flurstück […] nach der erfolgten Teilung und Vermessung (Anlage) wie folgt:

Bezeichnung

[…]     

Bruttopreis
DM

Grundstückskaufpreis ohne
Erschließung

[…]     

6...   

Erschließungskosten

[…]     

4...   

Summen

[…]     

1...   

Unter dem 31. Oktober 2006 und dem Briefkopf "S..." schrieb die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ein Telefongespräch an die L... In dem Schreiben hieß es unter anderem:

"[…] dass wir aufgrund der unbefriedigenden Ergebnisse den Geschäftsbetrieb beider Firmen zum 31.12.06 einstellen müssen. Ich werde zu diesem Zeitpunkt ausscheiden bzw. nur noch abwickelnd tätig sein.

Herr S... bemüht sich derzeit, eine grundstücksbezogene Finanzierung zu erlangen. Zielsetzung ist es, für die L... und uns einen gangbaren, sicherlich auch mit Einschnitten verbundenen Weg zu finden, um eine Insolvenz zu vermeiden und die Weiternutzung des Betriebsgeländes zu gewährleisten, da bisherige Vermarktungs- bzw. Vermietungsgesuche erfolglos blieben.

Folgende Unterlagen stellen wir bis ca. Ende 46. KW zur Verfügung:

Konzept - Fortführungsperspektive unter Nutzung des Betriebsgrundstückes
Konzept - Liquidation mit Abbau der Lieferantenverbindlichkeiten
[…]"

Unter dem 21. Dezember 2006 schrieb die L... an die S... unter anderem:

Sehr geehrte Frau B..., sehr geehrter Herr S...,
wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie den Betrieb zum Ultimo 2006 einstellen wollen und die Insolvenz droht, sofern bis zu diesem Termin keine Umschuldung erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang hatten Sie uns grob Ihre Vorstellungen skizziert und wir die kurzfristige Einrichtung eines Sanierungskonzeptes inkl. Liquiditätsplan, das auch die S... mit einschließt, erbeten.
[…]

Aus heutiger Sicht können wir nicht ausschließen, die Geschäftsbeziehungen zu Ihnen im Wege der Kündigung lösen zu müssen […]"

Herr S... und die Antragstellerin unterzeichneten unter dem 21. Februar 2007 einen handschriftlichen Vermerk mit folgendem Inhalt:

"1... ... ... ... ...
...o...2...
...
...N...

Nachdem sich der Erschließungsvertrag zwischen der Gemeinde und der G... als nichtig erwiesen hatte und die G... von der Gemeinde Wertersatz für die hergestellten Erschließungsanlagen verlangte, erließ der Antragsgegner gegenüber den Grundstückseigentümern im Erschließungsgebiet Vorausleistungsbescheide in Bezug auf einen (nunmehr) von der Gemeinde zu erhebenden Erschließungsbeitrag, so unter dem 3. Januar 2008 auch gegenüber der S... Mit diesem Bescheid wurde eine Vorausleistung in Höhe von 1... Euro verlangt.

Über den am 16. Januar 2008 unter dem Briefkopf S... erhobenen Widerspruch hat der Antragsgegner bislang nicht entschieden.

Der Antragsgegner hat in dem Verfahren OVG 9 S 65.11 eine nicht beglaubigte maschinenschriftliche Abschrift eines notariellen Grundstückskaufvertrages vom 10. Juni 2008 zwischen der S... (Verkäufer) und der B...(Käufer) vorgelegt. Kaufgegenstand war das Grundstück in H... Der Kaufvertrag stand nach seinem § 2 Abs. 2 unter der aufschiebenden Bedingung, dass bis zum 31. August 2008 eine Finanzierung der Mittel erfolge.

Ebenfalls unter dem 10. Juni 2008 meldeten H... und die Antragstellerin dem Handelsregister unter anderem:

"Der Gesellschafter J... […] ist aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die Gesellschaft ist aufgelöst und ohne Liquidation beendet.

Das Geschäft wird von der verbliebenen Gesellschafterin K... […] ohne Liquidation mit allen Aktiven und Passiven übernommen und wir[d] unter der Firma B... als Einzelunternehmen mit einem Nachfolgezusatz weitergeführt."

Die Unterschriften wurden von demselben Notar beglaubigt, der auch den Grundstückskaufvertrag zwischen der S... und der B...G... beurkundet hatte (Urkundenrollen Nr. 143/2008 und 144/2008).

Am 3. Juli 2008 wurde in das Handelsregister zu H... unter "Veränderungen" Folgendes eingetragen:

"B...

Unter dem 5. August 2008 schrieb die Antragstellerin dem Gewerbeamt der Gemeinde R... unter dem Betreff "... Folgendes:

"[…],
hiermit möchte ich Sie informieren, dass Herr J... aus der Firma ausgeschieden ist und ich nun alleinige Inhaberin bei unveränderter Gewerbetätigkeit sei. Die Firma heiße jetzt B...
Nachfolgend erhalten Sie hierzu die Eintragungsmitteilung vom Amtsgericht Frankfurt (Oder) vom 03.07.08.
[…]"

Unter dem 7. April 2011 erließ der Antragsgegner ein "Zahlungsgebot" gegenüber der Antragstellerin, mit dem sie diese als Rechtsnachfolgerin der S...zur Zahlung von Vorausleistungen in Höhe von 1... Euro und Säumniszuschlägen auf diese für die Zeit bis zum 15. April 2011 in Höhe von 6... Euro aufforderte. Die Antragstellerin erhob am 26. April 2011 Widerspruch, den der Antragsgegner unter dem 7. November 2011 zurückwies. Über die am 23. November 2011 erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Einen gegen das "Zahlungsgebot" gerichteten Eilantrag der Antragstellerin wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. September 2011 (VG 3 L 132/11) zurück. Ihre hiergegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des Senats vom 1. Februar 2012, OVG 9 S 65.11).

Unter dem 3. Februar 2012 erließ der Antragsgegner zwei Pfändungs- und Überweisungsverfügungen in Bezug auf Konten der Antragstellerin. Gepfändet wurde jeweils wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen in Höhe von rund 2... Euro. Ausweislich einer der Antragstellerin übersandten Forderungsaufstellung ging es im Einzelnen unter anderem um eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag (1... Euro), um einen bis zum 19.2.2008 fälligen Säumniszuschlag (8... Euro) und um Pfändungsgebühren (1... Euro).

Die Antragstellerin erhob unter dem 22. Februar 2012 Widerspruch.

Unter dem 9. Februar 2012 beantragte der Antragsgegner die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek über 2... Euro zuzüglich je 1 % Säumniszuschlag für jeden angefangenen Monat ab 16. Februar 2012 von 1... Euro für das Grundstück Gemarkung H... Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 22. Februar 2012. Die Antragstellerin erhob unter dem 27. Februar 2012 Widerspruch.

Auf einen am 22. Februar 2012 gestellten und am 2. März 2012 erweiterten Antrag hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 24. September 2012 Folgendes entschieden:

vom Verwaltungsgericht angenommener Anträge der Antragstellerin

Ergebnis

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs gegen den
Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008

Anordnung der aufschiebenden Wirkung
soweit eine Vorausleistung von mehr als
9... Euro festgesetzt ist, im Übrigen
Antragsablehnung.

Antrag auf Änderung des Beschlusses des
Verwaltungsgerichts vom 15. September 2011
(VG 3 L 132/11) dahin, dass die aufschiebende
Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid
vom 7. April 2011 angeordnet wird,

hilfsweise Feststellung der aufschiebenden
Wirkung der Klage VG 3 K 1109/11,

weiter hilfsweise Anordnung der aufschiebenden
Wirkung der Klage VG 3 K 1109/11 gegen
den Bescheid vom 7. April 2011 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides.

Volle Ablehnung.

Antrag auf Rückgängigmachung von
Vollstreckungshandlungen dahin, dass

- der Antragsgegner die Kontenpfändungen aufhebt, hilfsweise das gegenüber den Drittschuldnern ergangene Zahlungsverbot aufgehoben wird,

- der Antragsgegner auf die Zwangssicherungshypothek verzichtet.



- Anordnung der aufschiebenden Wirkung
der Widersprüche gegen die Pfändungs-
und Überweisungsverfügungen, soweit
jeweils wegen mehr als 1... Euro gepfändet
wird; Gebot an den Antragsgegner, den
Drittschuldnern mitzuteilen, dass sich die
Pfändungs- und Überweisungsverfügungen
jeweils auf 1... Euro beschränken.

- Anordnung der aufschiebenden Wirkung
des Widerspruchs gegen den Antrag auf
Eintragung der Zwangssicherungshypothek,
soweit die Hypothek 1... Euro übersteigt;
Gebot an den Antragsgegner, die Löschung
der Zwangshypothek zu beantragen und
zu bewilligen, soweit diese einen Betrag
von mehr als 1... Euro zuzüglich je 1 %
Säumniszuschlag für jeden angefangenen
Monat ab dem 16. Februar 2012 auf 9...
Euro betrifft.

Im Übrigen Antragsablehnung.

Der Beschluss vom 24. September 2012 ist der Antragstellerin am 29. September 2012 zugegangen. Sie hat am 5. Oktober 2012 Beschwerde erhoben und diese sogleich, am 24. Oktober 2012 sowie mit weiteren Schriftsätzen begründet.

Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss vom 24. September 2012 zu ändern und

1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16. Januar 2008 gegen den Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 in vollem Umfang anzuordnen,

2. unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 15. September 2011 (VG 3 L 132/11) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 23. April 2011 gegen den Bescheid vom 7. April 2011 anzuordnen, soweit mit dem Bescheid Vorausleistungen erhoben werden, und festzustellen, soweit mit dem Bescheid Säumniszuschläge erhoben werden,

3. den Antragsgegner zu verpflichten, die ergriffenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gänzlich aufzuheben.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Beschwerden in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Die Begründung muss unter anderem die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Danach ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu ändern.

1. Die Beschwerde macht geltend, das Verwaltungsgericht habe Gehörsverletzungen begangen und seinen Beschluss auch nicht durchgängig so begründet, dass dem Begründungserfordernis des § 122 Abs. 2 VwGO genügt worden wäre.

Das greift nicht. Dabei kann offen bleiben, ob die gerügten Mängel der erstinstanzlichen Entscheidung gegeben sind. Denn auch das würde für sich genommen keine Änderung des angegriffenen Beschlusses rechtfertigen, solange nicht in der Sache die Voraussetzungen für eine Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorliegen.

2. Die Beschwerde macht geltend, nach mehr als siebenmonatiger Bearbeitungszeit habe das Verwaltungsgericht auch schwierige Rechtsfragen beantworten müssen; das Unvermögen, Rechtsfragen binnen sieben Monaten zu beantworten, erzeuge nicht die Berechtigung, den Status quo zu perpetuieren, zumal für die Antragstellerin unwiederbringlich Säumniszuschläge anfielen (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 240 Abs. 1 Satz 4 AO) und der Antragsgegner nicht einmal gewillt sei, über den Widerspruch gegen den Vorausleistungsbescheid zu entscheiden. Auch habe das Verwaltungsgericht es unterlassen, die Kalkulation der Vorausleistung jedenfalls auf grobe, sogleich erkennbare Fehler zu überprüfen.

Das greift nicht. Abgesehen davon, dass die Verfahrensdauer eines gerichtlichen Verfahrens regelmäßig nicht mit der tatsächlich für seine Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit gleichgesetzt werden kann, weil die Verfahrensdauer typischerweise auch vom Vorhandensein älterer oder sonst vorrangig zu behandelnder Verfahren beeinflusst wird, ist insoweit auf Folgendes hinzuweisen: Der Gesetzgeber hat eine grundsätzliche Entscheidung dahin getroffen, dass die Anforderung öffentlicher Abgaben sofort vollziehbar ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Soweit die sofortige Zahlung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeutet, kann indessen allein dies bereits zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führen (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog), und zwar ohne dass es insoweit auf die Prüfung schwieriger rechtlicher oder tatsächlicher Fragen ankäme. Macht der Betroffene - wie hier - eine solche Härte nicht geltend, sondern beschränkt er sich allein auf die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Abgabenerhebung, muss er im Hinblick auf die gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit hinnehmen, dass es auch bei einer längeren Verfahrensdauer bei einer bloß überschlägigen Prüfung bleibt. Den Anfall von Säumniszuschlägen kann er durch sofortige Zahlung der Abgabe vermeiden. Im Übrigen fallen die Säumniszuschläge während der Verfahrensdauer des Eilverfahrens nicht unwiederbringlich an, weil die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Klage gegen den Abgabenbescheid bei einem Erfolg des Eilantrages regelmäßig rückwirkend anzuordnen ist, mit der Folge, dass insoweit auch die Säumniszuschläge entfallen, der Betroffene also genauso da steht, wie bei einer schnelleren Bearbeitung des Eilantrages. Einer ungebührlich langen Dauer des Widerspruchsverfahrens kann der Betroffene durch eine Untätigkeitsklage begegnen (§ 75 VwGO).

3. Die Beschwerde macht geltend, das Verwaltungsgericht habe den Prüfungsmaßstab verschoben, indem es zu bestimmten Punkten nicht geklärt habe, ob eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung gegeben sei und bei Offenheit der Rechtslage auf eine Interessenabwägung abgehoben habe, sondern indem es darauf abgestellt habe, dass etwas nicht offensichtlich sei oder dass die Antragstellerin einen Nachweis schuldig geblieben sei.

Diese Rüge greift für sich genommen ebenfalls nicht. Zwar muss der Prüfungsmaßstab, der für eine Eilsache gilt, konsequent durchgehalten werden. Dementsprechend darf auch der sich aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 4 Satz 4 VwGO ergebende Prüfungsmaßstab nicht punktuell zu Lasten des Abgabenschuldners verschoben werden. Indessen rechtfertigt ein diesbezüglicher Fehler nur dann die Änderung einer erstinstanzlichen Entscheidung, wenn der konsequent durchgehaltene Prüfungsmaßstab zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

4. Die Beschwerde macht geltend, der an die S... gerichtete Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 sei nichtig, weil die S... bereits durch Gesellschafterbeschluss vom 30. Oktober 2006 aufgelöst (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 HGB) worden sei. Dies ergebe sich aus einer handschriftlichen Vereinbarung der Gesellschafter vom 30. Oktober 2006 selbst, aber auch aus dem Schreiben vom 31. Oktober 2006 an die L... und aus deren Schreiben vom 21. Dezember 2006. Die Verwendung alter Briefbögen der S... habe nichts an der Auflösung geändert. Das gleiche gelte für die Verwendung der Bezeichnung "S..." in dem - überdies letztlich nicht zustande gekommenen - Grundstückskaufvertrag vom 10. Juni 2008. Die Verwendung der Bezeichnung "S..." sei nur erfolgt, um eine Eigentumsumschreibung ohne vorherige Berichtigung des (nach der Gesellschaftsauflösung) unrichtigen Grundbuchs zu ermöglichen; diese Vorgehensweise stelle eine in derartigen Fällen übliche Praxis dar. Die Eintragung der Gesellschaftsauflösung in das Handelsregister sei ohnehin nicht konstitutiv.

Das greift nicht. Auch nach dem Vorliegen eines Auflösungsbeschlusses kann eine offene Handelsgesellschaft als solche noch Adressatin eines Abgabenbescheides sein, insbesondere als Grundstückseigentümerin noch zu einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag herangezogen werden. Nicht der Auflösungsbeschluss (§ 131 Abs. Nr. 2 HGB), sondern erst die Vollbeendigung einer offenen Handelsgesellschaft beendet deren Rechtsfähigkeit nach § 124 Abs. 1 HGB (vgl. etwa Baumbach/Hopt, HGB, 35. Auflage, Rdnr. 2 und 29 zu § 131 HGB, Rdnr. 1 und Rdnr. 4 zu § 156 HGB). Für eine Vollbeendigung (oder auch nur für die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Vollbeendigung) der S... vor dem Wirksamwerden des Vorausleistungsbescheides vom 3. Januar 2008 gibt das Beschwerdevorbringen indessen nichts her. Soweit die Beschwerde sich auf eine handschriftliche Vereinbarung der Gesellschafter vom 30. Oktober 2006 beruft, beruht dies auf einem Irrtum; das entsprechende Papier datiert tatsächlich vom 21. Februar 2007. Zudem belegt es lediglich bestimmte, zu diesem Zeitpunkt ins Auge gefasste Liquidationsvarianten und lässt keinerlei Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Vollbeendigung zu. Solche Rückschlüsse lassen sich auch nicht aus dem Schreiben vom 31. Oktober 2006 an die L... und aus dem Schreiben der L... vom 21. Dezember 2006 ziehen; in beiden Schreiben geht es nur um Absichten. Auch der Grundstückskaufvertrag vom 10. Juni 2008 gibt nichts dafür her, dass eine Vollbeendigung der S... schon zum Erlasszeitpunkt des Vorausleistungsbescheides vom 3. Januar 2008 gegeben gewesen wäre. Vielmehr legen das Vertragsdatum und das gleichlautende Datum der Anzeige beim Handelsregister nahe, dass die Vollbeendigung erst im Juni 2008 erfolgt ist.

5. Die Beschwerde macht geltend, der an die S... gerichtete Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 sei jedenfalls rechtswidrig, weil § 129 Abs. 2 BauGB einer Vorausleistungserhebung entgegenstehe. Die S... habe die in Rede stehende Erschließungsanlage selbst hergestellt. Hierzu habe sie sich der G... bedient und einen gesondert vom Grundstückskaufpreis ausgewiesenen Werklohn von 4... DM gezahlt. Der Umstand, dass die G... später gegenüber der Gemeinde einen Anspruch auf Wertersatz für die hergestellte Erschließungsanlage erstritten habe, lasse nicht den Schutz entfallen, den § 129 Abs. 2 BauGB der S... oder ihrer Rechtsnachfolgerin verschaffe. Vielmehr habe die Gemeinde ungeachtet entsprechender Urteile rechtsgrundlos an die G... gezahlt, soweit die S... die Erschließungsanlage bereits bezahlt habe. Der von der S... für die Erschließung an die G... gezahlte Betrag könne heute nicht mehr zurückgefordert werden. Dem stehe entgegen, dass die Zahlung ihren Rechtsgrund in einem wirksamen und erfüllten Vertrag zwischen der S... und der G... habe.

Das greift nicht. Der Umstand, dass die S... einen gesondert ausgewiesenen Betrag für die Erschließung an die G... gezahlt hat, bedeutet nicht, dass die S... hinsichtlich der von der G... hergestellten Erschließungsanlage als werkvertraglicher Besteller und die G... als ihr kraft Werkvertrages verpflichteter Unternehmer anzusehen wäre; denn das Werk - die Erschließungsanlage - sollte ersichtlich nie allein der S... verschafft werden und diese es nicht im werkvertraglichen Sinne abnehmen; vielmehr ging es bei dem Vertrag um den Kauf eines erschlossenen Grundstücks.

Dieser Kauf dürfte die S... zum Rechtsnachfolger der G... im Sinne des § 129 Abs. 2 BauGB gemacht haben. Gleichwohl ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ihr der Schutz des § 129 Abs. 2 BauGB zukommt. Nach dieser Bestimmung dürfen Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden. § 129 Abs. 2 BauGB soll eine Doppelbelastung desjenigen vermeiden, der oder dessen Rechtsvorgänger bereits etwas für die Erschließungsanlage aufgewandt hat. Allerdings ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass § 129 Abs. 2 BauGB auch dann greift, wenn diese Aufwendungen letztlich überhaupt nicht bei der Gemeinde "angekommen" sind, weil sie wegen Nichtigkeit eines Erschließungsvertrages ohne Wenn und Aber gehalten gewesen ist, dem Rechtsvorgänger des Grundstückseigentümers dessen Aufwendungen für die Erschließungsanlage zu erstatten, und zwar einschließlich derjenigen Aufwendungen, hinsichtlich derer der Rechtsvorgänger des Grundstückseigentümers auch schon Mittel von den aktuellen Grundstückseigentümern erhalten hat (vgl. zu einer entsprechend weitreichenden Erstattungspflicht gerade in Bezug auf das vorliegende Erschließungsgebiet: BVerwG, Beschluss vom 16. November 2007, 9 B 36.07, juris, Rdnr. 22 f.). Würde § 129 Abs. 2 BauGB in diesem Fall greifen, bliebe zwar den aktuellen Grundstückseigentümern eine Doppelbelastung erspart. Bei der Gemeinde entstünde indessen eine Finanzierungslücke. Das erscheint unangemessen, weil die aktuellen Grundstückseigentümer berechtigt sind, sich in diesem Fall mit einem Rückforderungsverlangen an ihren Rechtsvorgänger zu wenden (vgl. wiederum zum vorliegenden Erschließungsgebiet: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2008, OVG 10 S 21.08, juris, Rdnr. 22). Zwar besteht insoweit das Risiko fehlender Durchsetzbarkeit etwa wegen - hier auch eingetretener - Insolvenz des Rechtsvorgängers der aktuellen Grundstückseigentümer. Es ist aber höchst zweifelhaft, ob der Gesetzgeber mit § 129 BauGB eine Verlagerung dieses Risikos auf die Gemeinde vornehmen wollte.

6. Die Beschwerde macht geltend, der Vorausleistungsbescheid habe im Januar 2008 nicht ergehen dürfen, weil bereits 1994 mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage auch die endgültige Beitragspflicht entstanden sei; soweit die Erschließungsbeitragssatzung von 2005 zusätzlich zur technischen Herstellung den Grunderwerb als Herstellungsmerkmal regele, sei die Satzungsregelung wegen Unbestimmtheit nichtig.

Das greift nicht. Nach § 10 Abs. 1 der Erschließungsbeitragssatzung 2005 sind Straßen, Wege und Plätze, Fußwege und Wohnwege sowie Sammelstraßen (Anlagen nach § 127 Abs. 2 Nr. 1 - 3 BauGB) endgültig hergestellt, wenn

a) sie an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße angeschlossen sind,
b) die Gemeinde Eigentümerin ihrer Flächen ist und
c) die Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen vorhanden sind.

§ 10 Abs. 1 Buchstabe b der Erschließungsbeitragssatzung 2005 ist ohne weiteres dahin auszulegen, dass der Erwerb der Flächen von Straßen, Wegen, Plätzen, Fußwegen und Wohnwegen nach der Satzung Merkmal der endgültigen Herstellung ist. Das Wort "ihrer" stellt nach dem Satzgefüge gerade klar, dass die Gemeinde Eigentümerin der Flächen der Straßen etc. sein muss.

7. Die Beschwerde macht geltend, falls die endgültige Beitragspflicht noch nicht entstanden sei, habe eine Vorausleistung im Januar 2008 nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht festgesetzt werden dürfen, weil die endgültige Herstellung (einschließlich des Grunderwerbs) nicht innerhalb von vier Jahren zu erwarten gewesen sei. Hinsichtlich der Frage, ob die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage innerhalb von vier Jahren zu erwarten sei, sei auf den Zeitpunkt des Verlangens der Vorausleistung, d. h. auf den Erlasszeitpunkt des Vorausleistungsbescheides abzustellen und nicht auf den Widerspruchsbescheid. Mit letzterem werde die Vorausleistung nicht verlangt; vielmehr gebe der Widerspruchsbescheid nur dem Ausgangsbescheid seine endgültige Gestalt. Auf den Widerspruchsbescheid dürfe auch deshalb nicht abgestellt werden, weil die Behörde dessen Erlass verschleppen könne. Insoweit biete auch die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) keinen Schutz, weil sie den Widerspruchsbescheid nur entbehrlich mache. Den Umstand, dass die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage im Januar 2008 nicht innerhalb von vier Jahren zu erwarten gewesen sei, habe der Antragsgegner sich selbst zuzuschreiben. Es sei versäumt worden, den Grunderwerb durch Enteignung zu verwirklichen oder die Erschließungsbeitragssatzung dahin zu ändern, dass der Grunderwerb nicht mehr Merkmal für die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage sei. Diesen Schritt habe der Antragsgegner gescheut, weil er die Notwendigkeit einer endgültigen Beitragsfestsetzung nach sich ziehe, damit eine Beitragskalkulation erfordere und den Antragsgegner zwinge, über den Verbleib von Fördermitteln Rechenschaft zu leisten.

Das greift nicht. Nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB können für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin auszulegen, dass es für die Rechtmäßigkeit eines Vorausleistungsbescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides ausreicht, wenn die endgültige Herstellung zwar nicht im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides, wohl aber im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1985, 8 C 114.83, juris, Rdnr. 22). Das bedeutet nicht unbedingt, dass ein Vorausleistungsbescheid schon dann als rechtmäßig anzusehen wäre, wenn anzunehmen ist, dass immerhin im Erlasszeitpunkt eines noch ausstehenden Widerspruchsbescheides zu erwarten sein wird, dass jedenfalls gerechnet ab dann eine endgültige Herstellung binnen vier Jahren prognostiziert werden kann; eine solche Sichtweise (so noch OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 6. November 2008, OVG 10 S 21.08, juris, Rdnr. 37 f.) würde die Vier-Jahres-Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB deutlich entwerten. Dass die bei Erlass des Ausgangsbescheides noch fehlende Absehbarkeit einer binnen vier Jahren erfolgenden endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage dadurch "geheilt" werden kann, dass wenigstens bei Erlass des Widerspruchsbescheides eine endgültige Herstellung binnen vier Jahren zu erwarten ist, bedeutet weiter nicht, dass die Heilung auf den Erlass des Ausgangsbescheides zurückwirken würde; denn auch dadurch würde die Vier-Jahres-Frist deutlich entwertet. Dass alles ändert indessen nichts daran, dass der Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 unter dem Blickwinkel dieser Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB jedenfalls derzeit nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig anzusehen wäre; denn der noch fehlende Grunderwerb ist nach dem Vergleichsschluss zwischen der Gemeinde und dem Insolvenzverwalter der G... jedenfalls nunmehr binnen der nächsten vier Jahre zu erwarten, weil parallel dazu auch eine Einigung im Enteignungsverfahren getroffen wurde. Der Vergleich ist im Übrigen für das vorliegende Verfahren beachtlich, auch wenn die Antragstellerin an ihm nicht beteiligt ist. Die Dinge liegen insoweit nicht anders als bei sonstigen Verträgen zwischen einer Gemeinde und einem Unternehmen, das eine Erschließungsanlage herstellt; vorbehaltlich der Unangemessenheit solcher Verträge sind die durch sie geschaffenen Rechtsverhältnisse (wie etwa vereinbarte Werklöhne) erschließungsbeitragsrechtlich ohne weiteres beachtlich, auch wenn die Erschließungsbeitragspflichtigen an ihnen nicht beteiligt sind.

8. Die Beschwerde macht geltend, falls die endgültige Beitragspflicht noch nicht entstanden sei und eine endgültige Herstellung innerhalb von vier Jahren zu erwarten gewesen sei, sei im Januar 2008 jedenfalls die Festsetzungsfrist für die Vorausleistung bereits abgelaufen. Die verfassungsrechtlich fundierten Regelungen über die Festsetzungsverjährung (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 169 ff. AO) würden nicht durch § 133 Abs. 3 BauGB ausgeschlossen, sondern auch für Vorausleistungen gelten. Die Festsetzungsfrist für Vorausleistungen beginne zu laufen, sobald die Vorausleistung entstehe. Das sei nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 38 AO dann der Fall, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Vorausleistungsfestsetzung erfüllt seien. Der Umstand, dass die Erhebung einer Vorausleistung zusätzlich eine Ermessensentscheidung erfordere, habe keinen Einfluss auf den Beginn der Festsetzungsfrist, weil Tatbestand und Ermessen zu trennen seien. Vorliegend habe die Festsetzungsfrist für die Vorausleistung schon mit Ablauf des Jahres 1993 zu laufen begonnen, sei also bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1997 abgelaufen.

Das greift nicht. Abgesehen davon, dass zu den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Vorausleistung unter anderem gehört, dass die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage binnen vier Jahren zu erwarten ist, ist festzuhalten, dass eine Vorausleistungspflicht eben nicht entsteht, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Vorausleistung gegeben sind, sondern dass insoweit eine Ermessensentscheidung hinzukommen muss, die Vorausleistung überhaupt zu erheben (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, Rdnr. 32 zu § 21); die Vorausleistung unterscheidet sich insoweit von Steuern, Gebühren oder Beiträgen, die mit der Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes entstehen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 38 AO). Jedenfalls vor der genannten Ermessensentscheidung läuft auch keine Festsetzungsfrist.

9. Die Beschwerde macht geltend, das Verwaltungsgericht sei in einer Verfügung vom 24. April 2012 zunächst unter Berufung auf ein Urteil der 7. Kammer vom 16. Februar 2010 (VG 7 K 2381/04) davon ausgegangen, dass lediglich eine Vorausleistung in Höhe von etwas mehr als 6...,- Euro rechtmäßig sei. Hiervon sei es indessen im angegriffenen Beschluss zu Lasten der Antragstellerin abgegangen, indem es nunmehr eine Vorausleistung von gut 9...Euro für zulässig erachte. Dabei habe das Verwaltungsgericht eine lediglich auf einer halben Kanzleiseite unterbreitete Angabe des Antragsgegners übernommen, die sich auf den - der Antragstellerin unbekannten - "Generalvergleich" zwischen der Gemeinde und dem Insolvenzverwalter der G...stütze. Die nach nunmehriger Ansicht des Verwaltungsgerichts forderbare Vorausleistung von gut 9...Euro habe der Antragsgegner indessen durch eine Kalkulation untersetzen müssen, die hier - bis auf die Grunderwerbskosten - centgenau möglich sei. Die Berufung auf den Generalvergleich könne eine ordnungsgemäße Kalkulation nicht ersetzen. Es gehe um tatsächlich entstandene beitragsfähige Kosten und nicht um einen Geldbetrag, der im Wege gegenseitigen Nachgebens ermittelt worden sei.

Das greift nicht. Der im Wege eines Erschließungsbeitrages umlagefähige Erschließungsaufwand richtet sich - vorbehaltlich deren Unangemessenheit - unter anderem nach den vertraglichen Abreden zwischen der Gemeinde und den Unternehmen, die die Erschließungsanlage hergestellt haben. Kommt es zwischen der Gemeinde und den (oder einzelnen) Unternehmen zu einem Streit, kann auch ein angemessener Vergleich den umlagefähigen Erschließungsaufwand (mit-)definieren. Das gleiche gilt hinsichtlich einer Vorausleistung auf den Erschließungsaufwand. Die Vorausleistung muss an eine sachgerechte Kostenschätzung anknüpfen (vgl. Driehaus, a. a. O., Rdnr. 33). Diese muss etwa schon feststehende Teilkosten berücksichtigen (Vogel, in: Brügelmann, BauGB, Stand 2007, Rdnr. 52 zu § 133 BauGB), dies schließt die Berücksichtigung angemessener Vergleiche zu Teilkosten ein. Angesichts dessen ist die Höhe der hier geforderten Vorausleistung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Auch der Umstand, dass der Beklagte insoweit lediglich einen kurzen Überschlag vorgelegt hat, führt für sich genommen noch nicht dazu, dass die Vorausleistung der Höhe nach mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig wäre, zumal die Beschwerde insoweit keine substantiierten Einwände erhoben hat, wenn man von der Frage der Fördermittel absieht.

10. Zu den Fördermitteln macht die Beschwerde geltend, es sei nicht davon auszugehen, dass die vom Land für die Herstellung der Erschließungsanlage gewährten Fördermittel bei der Bemessung der Vorausleistung (als anderweitige Deckung des Erschließungsaufwandes) abgesetzt worden seien. Entsprechenden Nachfragen sei der Antragsgegner ausgewichen. Soweit Fördermittel an die G... weitergereicht worden seien, bestätige das die Annahme, dass sie nicht vom beitragsfähigen Aufwand abgesetzt worden seien. Soweit das Land Fördermittel wegen zweckwidriger Verwendung zurückgefordert habe, dürfe dies nicht zu Lasten der beitragspflichtigen Anlieger gehen; die Gemeinde sei vielmehr verpflichtet, den von ihr verschuldeten Ausfall bereits bewilligter und ausgereichter Fördermittel aus allgemeinen Deckungsmitteln zu ersetzen.

Dies greift nicht. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass Fördermittel teils an die G... weitergereicht, teils vom Land zurückgefordert worden seien. Ersteres ist entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht damit gleichzusetzen, dass die Fördermittel nicht den Beitragspflichtigen zu Gute gekommen wären; vielmehr ist davon auszugehen, dass die G... infolge der Weiterleitung von Fördermitteln an sie einen verringerten Kostenerstattungsanspruch an die Gemeinde herangetragen hat, mit der Folge, dass die weitergereichten Fördermittel den beitragsfähigen Aufwand der Gemeinde sehr wohl gemindert haben. Warum die Gemeinde einen Aufwand für die Herstellung der Erschließungsanlage, der infolge Widerrufs einer Förderung nicht durch Fördermittel gedeckt ist, nicht auf die Anlieger umlegen können sollte, tut die Beschwerde nicht dar; insoweit lässt auch das diesbezügliche Argument der Antragstellerin den Vorausleistungsbescheid nicht als mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig erscheinen.

11. Die Beschwerde macht geltend, dass die Fehler des Vorausleistungsbescheides vom 3. Januar 2008 auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 7. April 2011 durchschlügen, soweit darin die Zahlung der Vorausleistung von der Antragstellerin gefordert würde.

Das greift nicht. Abgesehen davon, dass das Beschwerdevorbringen eine Rechtswidrigkeit des Vorausleistungsbescheides nicht als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lässt, ist insoweit auf Folgendes hinzuweisen: Die Antragstellerin muss als Rechtsnachfolgerin der S... den Vorausleistungsbescheid vom 3. Januar 2008 gegen sich gelten lassen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b KAG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Satz 1 AO). Dessen Vollstreckung gegen die Antragstellerin setzt indessen wegen - des insoweit missverständlich formulierten - § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwVG Bbg ein gesondertes Leistungsgebot gegenüber der Antragstellerin voraus. Dieses enthält der Bescheid vom 7. April 2011 im Hinblick auf die schon festgesetzten Vorausleistungen. Das Leistungsgebot ist ein eigenständiger Verwaltungsakt, der grundsätzlich nicht mit Einwendungen, die sich gegen die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsakts richten, angegriffen werden kann (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand März 2007, Rdnr. 32 zu § 254 AO); solche Einwendungen sind gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt selbst zu erheben (§ 7 Abs. 1 VwVG Bbg).

12. Die Beschwerde macht geltend, das Verwaltungsgericht habe bei der Prüfung des Bescheides vom 7. April 2011 übersehen, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung habe; Säumniszuschläge fielen nach nahezu einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht unter den Begriff der öffentlichen Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO. Soweit sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 25. September 2005 (OVG 9 S 10.05) für seine entgegenstehende Auffassung auf einen Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. September 1994 (5 TH 1485/93) berufen habe, belege dieser Beschluss nicht, wofür er bemüht werde, weil er selbst verfahrensfehlerhaft ergangen sei; der 5. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs sei mit seinem Beschluss von einer anderslautenden Entscheidung des 11. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Mai 1993 (11 TH 1563/92) abgewichen, ohne, wie notwendig, zuvor den Großen Senat anzurufen. Soweit die Abgabeneigenschaft von Säumniszuschlägen damit begründet werde, dass Säumniszuschläge nicht nur ein Druckmittel seien, sondern auch dem Zweck dienten, Haushaltsmittel zur Deckung der Ausgabeansätze zu beschaffen, werde zur Prämisse erhoben, was begründet werden solle. Auch mit einer systematischen Nähe zu Zinszahlungen und deren Finanzierungsfunktion könne die Abgabeneigenschaft von Säumniszuschlägen nicht begründet werden, nachdem Säumniszuschläge gerade nicht akzessorisch zur Hauptforderung seien. Überdies erleide die öffentliche Hand mit der schlichten Säumnis keine Verluste, wenn Säumniszuschläge nicht als Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO verstanden würden. Sie könnten nach wie vor vollstreckt werden, wenn auch nicht sogleich nach Erhebung eines Rechtsbehelfs. Von einer für die Abgabeneigenschaft im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO maßgeblichen Finanzierungsfunktion könne ohnehin nur bei planbaren Einnahmen die Rede sein, nicht bei Einnahmen, die auf einem rechtswidrigen Verhalten der Bürger beruhten. Tatsächlich würden die kommunalen Körperschaften in ihren Haushalten auch nicht mit Säumniszuschlägen planen. Eine angenommene Finanzierungsfunktion könnten Säumniszuschläge auch nur erfüllen, wenn sie anfielen, also ihre Funktion als Druckmittel verfehlt hätten; beide Zwecke stünden danach in einem Widerspruch.

Dies greift nicht. Abgesehen davon, dass Säumniszuschläge nicht festgesetzt werden (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG in Verbindung mit § 218 Abs. 1 Satz 1 AO), sondern dass hier - ausnahmsweise - ein Leistungsgebot auch in Bezug auf Säumniszuschläge ergangen ist (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a KAG in Verbindung mit § 254 Abs. 2 KAG), hält der Senat an der im Beschluss vom 25. September 2005, OVG 9 S 10.05, juris, Rdnr. 6 ff. geäußerten Auffassung fest. Die öffentliche Hand plant nicht nur mit irgendwann, sondern pünktlich eingehenden Abgaben. Säumniszuschläge erzeugen insoweit nicht nur Zahlungsdruck, sondern schaffen, falls der Druck nicht fruchtet, auch einen Ausgleich für die aus der nicht pünktlichen Zahlung resultierende Zinslast der öffentlichen Hand. Das rechtfertigt es, sie als öffentliche Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO anzusehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG; Sie entspricht einem Viertel der Summe, hinsichtlich der das Verwaltungsgericht die Vollstreckung zugelassen hat, d. h. einem Viertel von 140.445,35 Euro.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).