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Entscheidung 4 U 24/16


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 05.04.2017
Aktenzeichen 4 U 24/16 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Januar 2016, Az. 12 O 28/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger, ein kommunaler Wasserverband, nimmt die Beklagten auf Schadensersatz i.H.v. 10.638,12 € nebst Zinsen in Anspruch. Ferner verlangt er Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Bei Kabelverlegungsarbeiten mittels Bohrverfahren, die die Beklagte zu 2 im Auftrag der Beklagten zu 1 ausführte, wurde am 20. April 2014 eine im Bestandsplan des Klägers nicht eingezeichnete Grundstücksanschlussleitung zur Schmutzwasserleitung im Bereich …straße in S… beschädigt.

Der Kläger trug vor, die Beklagte zu 2 habe damit rechnen müssen, dass in dem Bestandsplan einzelne Leitungen nicht oder nicht korrekt eingezeichnet gewesen seien. Sie hätte sich örtlich einweisen lassen müssen, wie in dem ihr von der Beklagten zu 1 übermittelten Merkblatt des Klägers vorgegeben. Die Existenz einer weiteren Hausanschlussleitung hätte sich aufgedrängt, weil ein derart großer Gebäudekomplex regelmäßig nicht nur über einen Hausanschluss verfüge.

Die Beklagte zu 1 hafte, weil sie die Beklagte zu 2 entweder nicht über die von ihm - dem Kläger - geforderten Sicherungsmaßnahmen informiert oder die Beklagte zu 2 nicht ausreichend überwacht habe.

Die Beklagten stellten ihre Verantwortlichkeit in Abrede und machten insoweit geltend, der Kläger habe aufgrund der von ihm übersandten, unvollständigen Pläne die Beschädigung der Leitung allein zu verantworten. Aufgrund des Bestandsplans habe sich weder Veranlassung zur Einweisung noch zu Suchschachtungen gegeben; das Merkblatt sehe bereits nach dem klaren Wortlaut eine Einweisung nur in Bereichen vor, in denen Leitungen eingezeichnet gewesen seien.

Die Beklagte zu 1 bestreitet überdies den Anspruch der Höhe nach und meint, infolge der Herausgabe eines fehlerhaften Bestandsplans - insoweit müsse sich der Kläger die Kenntnis seines Bereichsleiters J… nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zurechnen lassen - treffe ihn ein ganz überwiegendes Mitverschulden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit der folgenden Ergänzung und Korrektur auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen § 540 Abs. 1 ZPO):

Dem Bereichsleiter des Klägers J… war unstreitig bekannt, dass sich im Schadensbereich die Schmutzwasserhausanschlussleitung befindet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beklagten zu 2 seien keine die Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB auslösenden Sorgfaltsverstöße vorzuwerfen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung habe sich der Tiefbauunternehmer vor Durchführung von Erdarbeiten in Straßenflächen bei dem zuständigen Versorgungsunternehmen nach Existenz und Verlauf unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu erkundigen. Dies habe die Beklagte zu 2 zwar nicht getan. Es könne auch dahinstehen, ob die Beklagte zu 1 die ihr vom Kläger übermittelten Unterlagen weitergeleitet habe. Denn auch wenn dies unterblieben wäre, hätte die Beklagte zu 2 weder Probebohrungen vornehmen lassen, noch sich einweisen lassen müssen. Eine solche Pflicht ergebe sich nicht aus den per E-Mail übermittelten Unterlagen. Diese hätten den Eindruck der Vollständigkeit vermittelt, nichts habe auf das Vorhandensein weiterer Leitungen hingewiesen. Das Merkblatt habe nur darüber informiert, dass die Leitungen nicht in jedem Fall vermessen seien und die Eintragung vom tatsächlichen Trassenverlauf abweichen könne. Die Beklagte zu 2 habe darauf vertrauen können, dass keine nicht in der Bestandsauskunft eingezeichnete Leitungen vorhanden seien. Dem stehe nicht entgegen, dass in der Bestandsauskunft für den Gebäudekomplex nur eine einzige Anschlussleitung eingezeichnet gewesen sei; unstreitig sei es technisch möglich gewesen, die Entsorgung des Gebäudekomplexes über einen einzigen Hausanschluss zu gewährleisten.

Auch eine Pflicht, sich einweisen zu lassen, habe nicht bestanden. Die Formulierung in dem Merkblatt, "in jedem Fall vor Beginn der Bauarbeiten örtliche Einweisungen" zu veranlassen, beziehe sich nur auf die in dem Lageplan eingezeichneten, ggf. nicht vermessenen Trassenverläufe. Hätte der Kläger stets eine örtliche Einweisung gewollt, hätte er hierauf unmissverständlich hinweisen müssen. Insoweit sei auch nicht verständlich, weshalb der Kläger in Kenntnis der Kontaktdaten der Beklagten zu 2 nicht sogleich einen Termin vereinbart habe.

Ob die Beklagte zu 2 bei ihren Arbeiten andere Leitungen gekreuzt habe und deshalb eine Einweisung möglicherweise erforderlich gewesen sei, sei unerheblich. Denn der Schutzzweck bestehe nicht darin, dass wegen zufälliger Kenntnisse des Eiweisenden eventuell andere, nicht eingetragene Leitungen gefunden würden.

Auch eine Haftung der Beklagten zu 1 scheide aus. Nach dem Ausgeführten sei auch die Beklagte zu 1 unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht nicht verpflichtet gewesen, einen Einweisungstermin mit dem Kläger zu vereinbaren.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiter verfolgt. Er rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

Das Landgericht habe zu Unrecht den Bestandsplan als Bestandsauskunft verstanden; zu dieser zähle das Merkblatt gleichermaßen. Dieses sehe Einweisungen in jedem Fall vor, gerade auch um Beschädigungen an nicht eingezeichneten Altleitungen zu verhindern; jedenfalls habe ein Fachunternehmen die Hinweise im Merkblatt so verstehen müssen.

Das Landgericht hätte seinen Beweisantritt dafür, dass örtliche Einweisungen den Regelfall darstellten, ihre Notwendigkeit mithin einem Fachunternehmen habe bekannt sein müssen, nicht übergehen dürfen. Selbst wenn das Merkblatt nicht eindeutig gewesen wäre, hätte den Bauunternehmer eine (sekundäre) Erkundigungspflicht getroffen. Es sei auch nicht seine Aufgabe gewesen, einen Termin für die Einweisung zu vereinbaren. Angesichts der allein in 2015 erteilten 1.011 Leitungsauskünfte bedeutete die Überwachung der Einhaltung örtlicher Einweisungen oder gleichgelagerter Maßnahmen einen erheblichen Mehraufwand.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 22. Januar 2016 die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger

1. 10.638,12 € nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. November 2014 und

2. vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und Auslagen i.H.v. 958,19 € nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. November 2014 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen mit näheren Ausführungen die angefochtene Entscheidung. Die Beklagte zu 2 verweist darauf, dass - insoweit unstreitig - nach der Internetpräsenz des Klägers zu der Bestandsauskunft nicht stets die örtliche Einweisung gehört.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch aus den nachfolgenden, bereits im Senatstermin vom 8. März 2017 dargestellten Gründen keinen Erfolg.

Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch des klagenden Verbandes wegen Beschädigung einer in seinem Eigentum stehenden Hausanschlussleitung könnte nur § 823 Abs. 1 BGB ggf. i.V.m. § 831 BGB sein; eine andere Rechtsgrundlage kommt vorliegend nicht in Betracht.

1.

Nach ständiger Rechtsprechung ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern.

An diese Verkehrssicherungspflicht werden für Tiefbauunternehmen hohe Anforderungen gestellt im Hinblick auf die Pflicht, sich vor der Durchführung von Erdarbeiten an öffentlichen Straßenflächen nach der Existenz und dem Verlauf unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu erkundigen. Tiefbauunternehmen haben sich Gewissheit über die Verlegung von Versorgungsleitungen im Boden zu verschaffen, weil öffentliche Verkehrsflächen regelmäßig auch dazu genutzt werden, dem öffentlich rechtlichen Versorgungsauftrag dienende Leitungen dort zu verlegen. Um den unverhältnismäßig großen Gefahren, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können, zu begegnen, ist mit äußerster Vorsicht vor allem bei der Verwendung von Baggern und anderem schweren Arbeitsgerät vorzugehen. So muss sich der betreffende Tiefbauunternehmer dort, wo entsprechend zuverlässige Unterlagen vorhanden sind, über den Verlauf von Versorgungsleitungen erkundigen; im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung hat er sich die Kenntnisse zu verschaffen, welche die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt. Da die Versorgungsleitungen regelmäßig ohne Mitwirkung der kommunalen Bauämter verlegt und unterhalten werden, genügt nicht eine Erkundigung bei diesen; vielmehr besteht im allgemeinen eine Erkundigungspflicht gegenüber den zuständigen Versorgungsunternehmen. Wenn dies nicht weiterhilft, hat sich der Tiefbauunternehmer die erforderliche Gewissheit durch andere geeignete Maßnahmen zu verschaffen, etwa durch Probebohrungen oder Ausschachtungen von Hand in dem Bereich, den er ausheben will (BGH Urteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 33/05 Rdnr. 8 m.w.N.).

a) Diesen Anforderungen haben die Beklagten - wie das Landgericht zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt hat - genügt.

aa) Die Beklagte zu 1 hat mit ihrer Anfrage vom 17. Februar 2014 (Anlage K 1, Bl. 9 d.A.) betreffend die im mitübersandten Plan (Anlage B I-2, Bl. 46 d.A.) grün ausgewiesenen Kabelverlegungsmaßnahmen bei dem Kläger als dem örtlichen Versorgungsträger den sogenannten Schachtschein nebst Bestandsauskunft (Anlage BI-3, Bl. 47 d.A.) eingeholt.

Unstreitig sind der Beklagten zu 2 - dem die Kabelverlegungsarbeiten ausführenden Unternehmen - sowohl der Bestandsplan des Klägers als auch das beigefügte Merkblatt zugeleitet worden. Sein vormaliges Bestreiten der Aushändigung des Merkblattes an die Beklagte zu 2 mit Nichtwissen (Schriftsatz vom 8. Mai 2015, S. 11, Bl. 87 d.A.) hat der Kläger fallen gelassen, indem er mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2015 (dort S. 2, Bl. 162 d.A.) vorträgt, die Beklagten hätten das Merkblatt erhalten. Eine Verpflichtung der Beklagten zu 2, selbst bei dem Kläger eine Bestandsauskunft einzuholen, bestand daher nicht.

bb) Die Beklagten waren auch nicht aufgrund der ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht gehalten, weitere Erkundigungen daraufhin einzuholen, ob in dem Bestandsplan (überhaupt) nicht eingetragene Hausanschlussleitungen vorhanden sind. Eine solche Pflicht ergab sind insbesondere weder aufgrund der "Hinweise für Maßnahmen zum Schutz von Versorgungsanlagen" (Anlage K 10, Bl. 89 ff. d.A.) noch aufgrund des ihnen übermittelten Merkblattes des Klägers (Anlage K 3, Bl. 11 d.A.).

(1) Die "Hinweise für Maßnahmen zum Schutz von Versorgungsanlagen" haben nicht den Charakter von Rechtsnormen, können als Regelwerk des Deutschen Vereins des … e.V. allenfalls Ausdruck dessen sein, was den u.a. mit Baggern und anderem schweren Gerät arbeitenden Tiefbauunternehmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht obliegt (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1971 - VI ZR 232/69 - Rdnr. 17).

Eine über die eingeholte Bestandsauskunft hinausgehende Erkundigungspflicht ergibt sich hieraus für den vorliegenden Fall indes nicht. Insbesondere gilt dies in Bezug auf die in Ziffer 4 Satz 3 genannte Pflicht des Bauunternehmens, sich über die tatsächliche Lage und/oder Tiefe der angegebenen Versorgungsanlage durch fachgerechte Erkundungsmaßnahmen, z.B. Ortung, Querschläge, Suchschlitze o.ä., selbst Gewissheit zu verschaffen. Denn diese (erweiterte) Erkundungspflicht betrifft bereits nach dem Wortlaut der "Hinweise (...)" ausdrücklich und aus der maßgeblichen Sicht eines Fachunternehmens eindeutig die tatsächliche Lage und/oder Tiefe der "angegebenen" - also etwa infolge bereits eingeholter Bestandsauskunft bekannt gewordenen - Versorgungsanlage. Dieses Verständnis wird noch durch den Textzusammenhang bekräftigt, in dem die zitierte Passage steht. Die Verpflichtung, sich über die tatsächliche Lage und/oder Tiefe von Versorgungsanlagen durch Maßnahmen wie "Ortung, Querschläge, Suchschlitze o.ä." selbst Gewissheit zu verschaffen (Ziffer 4 Satz 3 der Hinweise), bezieht sich, wie aus der Satzeinleitung ("Deshalb hat das Bauunternehmen die Pflicht (...)") deutlich wird, auf die in Satz 2 angesprochenen, möglicherweise nach Verlegung und Vermessung eingetretenen Veränderungen von Lage und/oder Tiefe der Versorgungsanlagen infolge Bodenabtragungen, -aufschüttungen, -bewegungen oder durch andere Maßnahmen Dritter.

Die von der Beklagten zu 1 beschädigte Hausanschlussleitung war indes - unstreitig - in dem Bestandsplan des Klägers überhaupt nicht eingezeichnet, noch ihre Existenz den Beklagten anderweitig bekannt; die in den "Hinweise(n) für Maßnahmen zum Schutz von Versorgungsanlagen" enthaltene Verpflichtung zu - über die Einholung einer Bestandsauskunft hinaus - weiteren Erkundigungsmaßnahmen in Bezug auf die konkrete Lage von Versorgungsleitungen wird mithin vorliegend gar nicht tangiert.

(2) Wie im Termin vom 8. März 2017 bereits erörtert, kann dem Kläger auch nicht darin gefolgt werden, dass aufgrund des von ihm übersandten Merkblattes "Für Bauarbeiten im Bereich von Anlagen des Wasserverbandes S…" (Stand März 2012, Anlage K 3, Bl. 11 d.A.) zwingend eine örtliche Einweisung durch seine Mitarbeiter hätte erfolgen müssen.

Rechtsnormcharakter kommt (auch) den in diesem Merkblatt enthaltenen Hinweisen nicht zu. Das Merkblatt des Klägers kann eine Schadensersatzhaftung außerhalb des vom Gesetzgeber gesteckten Rahmens nicht begründen; der Umstand, dass die Beklagte zu 1 die Leitungsbeschädigung verursacht hat, ist ein für die Haftung der Beklagten zu 1 gemäß § 823 Abs. 1 BGB erforderliches Element reicht aber - entgegen der im Termin vertretenen Auffassung des Klägers und dem Wortlaut des Merkblatts ("Der Verursacher haftet für Schäden an den Anlagen") – für einen Schadensersatzanspruch nicht aus. Mangels Rechtsnormcharakters kann das Merkblatt auch nicht den Umfang von Verkehrssicherungspflichten des Bauunternehmens, das Tiefbauarbeiten durchführt, erweitern. Es bleibt daher bei dem allgemeinen Grundsatz, dass eine Einsichtnahme in die Bestandspläne des Versorgungsunternehmens dem Tiefbauunternehmen den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der unterirdisch verlegten Leitungen und Hausanschlüsse gibt (so BGH, Urteil vom 20. April 1971 - VI ZR 232/69 - Rdnr. 19).

(3) Eine andere Sichtweise ist auch nicht dadurch angezeigt, dass dem Merkblatt - entgegen der noch im Senatstermin vertretenen Auffassung des Klägers - zu entnehmen sei, dass in dem übersandten Bestandsplan nicht alle vorhandenen Hausanschlussleitungen zuverlässig eingetragen sind.

Einen ausdrücklichen Hinweis enthielt das Merkblatt "Für Bauarbeiten im Bereich von Anlagen des Wasserverbandes S…" unstreitig nicht. Allein der Hinweis unter der Überschrift "Beachte", dass dem Wasserverband "nicht in jedem Fall vermessene Bestandsunterlagen" vorlägen, genügt ersichtlich nicht, um einem Fachunternehmen deutlich vor Augen zu führen, dass der ihm zur Verfügung gestellte Bestandsplan insofern unvollständig ist, als neben den darin eingezeichneten Versorgungsleitungen an beliebiger Stelle weitere Leitungen vorhanden sein können. Ein Tiefbauunternehmen, dem ohne weiteren Kommentar per E-Mail der gewünschte Schachtschein nebst Bestandsauskunft übermittelt wird, konnte und durfte diese Hinweise in einem allgemein gehaltenen Merkblatt dahin verstehen, dass über die bei Tiefbauarbeiten ohnehin einzuhaltenden Vorsichtsmaßnahmen in Bezug auf konkreten Trassenverlauf von Versorgungsleitungen hinaus keine besonderen Erkundungsmaßnahmen zu treffen sind. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Aufforderung in Satz 3, zur "Vermeidung von Schäden an unseren Anlagen (...) in jedem Fall vor Beginn der Bauarbeiten örtliche Einweisungen zu vereinbaren, die ein Fachunternehmen ohnehin wegen des textlichen Zusammenhangs als auf die in den beiden vorangegangenen Sätzen angesprochene mögliche Abweichung der tatsächlichen (Tiefen-)Lage von der im Bestandsplan eingetragenen bezogen verstehen durfte.

Das Verständnis des Klägers, wonach stets bei Tiefbauarbeiten eine Einweisung durchgeführt werden müsse, läuft letztlich darauf hinaus, dass einem Bestandsplan überhaupt keine Bedeutung zukäme. Ungeachtet der Frage nach der Sinnhaftigkeit, derartige Pläne zu erstellen (und fortzuschreiben), kann und darf ein Tiefbauunternehmen auf eine ihm antragsgemäß (und kostenpflichtig) mit dem Schachtschein übersandte Bestandsauskunft (auch) insoweit vertrauen, als sich in den Bereichen, in denen keine Leitung ausgewiesen ist, auch keine Leitung befindet. Insbesondere mussten die Beklagten aufgrund der Bestandsauskunft bei Durchführung des Bohrverfahrens nicht mit einer (quer verlaufenden) Hausanschlussleitung in einem Straßenstück rechnen, für das der Bestandsplan den nächsten Hausanschluss (erst) etwa 50 m entfernt ausweist. Der Kläger verhielte sich widersprüchlich, wollte er dem Tiefbauunternehmen dieses auf einer erteilten Bestandsauskunft gegründete Vertrauen allein dadurch (wieder) entziehen, weil mit der Bestandsauskunft das oben genannte Merkblatt übersandt wurde.

Der Senat hält auch daran fest, dem Landgericht darin beizupflichten, dass das Vertrauen in die Bestandsauskunft nicht dadurch erschüttert wird, dass diese für den Gebäudekomplex …straße 18/19 nur eine einzige Hausanschlussleitung auswies und bei Gebäudekomplexen der vorliegenden Größe regelmäßig zwei oder noch mehr Hausanschlüsse verlegt würden. Dieser Umstand musste bei den Beklagten kein Misstrauen in den Bestandsplan in Bezug auf weitere, nicht eingetragene Anschlussleitungen wecken, war es - wie der Kläger selbst einräumt – doch technisch möglich, eine Gebäudeeinheit dieser Größe über einen einzigen Hausanschluss zu entsorgen.

Soweit der Kläger diesbezüglich eine Beweiserhebung über den "praxisüblichen Regelfall" vermisst, fehlt die Beweisbedürftigkeit, weil - wie geschehen - die behauptete Tatsache als wahr unterstellt wird.

b) Abgesehen von den vorstehenden Erwägungen scheitert der geltend gemachte Schadensersatzanspruch - hieran hält der Senat auch in Anbetracht der Erörterung im Termin ebenfalls fest - an dem überwiegenden Mitverschulden des Klägers an dem Schadenseintritt, das den Verursachungsbeitrag der Beklagten dahinter völlig zurücktreten lässt. Wie die Beklagten zu Recht ausführen, hat der klagende Wasserverband der wegen anstehender Tiefbauarbeiten um Bestandsauskunft ersuchenden Beklagten zu 2 wider besseres Wissen einen fehlerhaften Bestandsplan als Bestandsauskunft übermittelt; die Kenntnis seines Bereichsleiters Schmutzwasser/Entsorgung von der Existenz einer weiteren Schmutzwasserleitung ist dem Kläger entsprechend § 166 BGB zuzurechnen. Gegen diese ihm im Termin dargestellte Sichtweise hat der Kläger keine erheblichen Einwände erhoben.

2.

Auf die weiteren zwischen den Parteien diskutierten Aspekte kommt es nach alledem nicht mehr an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000,00 € festgesetzt.