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Bedarfsgemeinschaft bei stationärer Pflege eines Ehegatten - sozialhilferechtlicher Maßstab bei der Feistellung von Einkommen im Rahmen der Anrechnung von Einkommen - Antrag auf Arbeitslosengeld II mittels Einschreiben Rückschein - Beweis des Zugangs


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 32. Senat Entscheidungsdatum 30.04.2015
Aktenzeichen L 32 AS 1844/13 ZVW ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 9 SGB 2, § 11 SGB 2, § 92a SGB 12

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites, einschließlich der des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 im Hinblick auch auf Einkommen des in einem Pflegeheim untergebrachten Ehemannes der Klägerin und auf Ansprüche der Klägerin gegen deren Sohn wegen Übertragung von Immobilieneigentum der Klägerin auf diesen.

Die 1949 geborene Klägerin lebte bis zum 13. April 2007 gemeinsam mit ihrem 1945 geborenen Ehemann in einem ursprünglich ihr allein gehörenden Wohnhaus. Im Jahre 2004 übertrug die Klägerin ihrem Sohn das Haus zur Hälfte. Nach § 2 des Überlassungsvertrages vom 26. August 2004 erfolgte die Übertragung im Wege der Schenkung. Das Grundstück war zu diesem Zeitpunkt mit zwei Grundschulden belastet (60.000 DM und 360.000 DM). Der Sohn trat gemäß § 1 Nr 2 Satz 6 des Überlassungsvertrages in sämtliche sich aus den Belastungen ergebenden Pflichten ein. Bei der Umfinanzierung im Februar 2006 war neben den Eheleuten auch der Sohn der Klägerin als Kreditnehmer einbezogen. Mit dem Vertrag und der Eintragung im Grundbuchamt am 8. Februar 2005 wurde das Grundstück zudem mit einem lebenslänglichen dinglich gesicherten Wohnrecht zugunsten der Klägerin und ihres Ehegatten belastet. Die Eheleute zahlten auf ein Bauspardarlehen monatlich 420 Euro, wobei darin zum Darlehensrückzahlungsbeginn im September 2007 130,26 Euro auf Zinszahlungen entfielen und ein Tilgungsrest von 34.447,12 Euro bestand (für April 2008: Zinsen 122,57 Euro, Tilgungsrest 32.388,31 Euro). Warmwasser wurde mit Gas erzeugt, gekocht mit Elektroenergie. Die Klägerin wohnte in der separaten Wohnung mit 85,08 m2 im Erdgeschoss des Hauses. Der Sohn der Klägerin lebte in der separaten Wohnung im Obergeschoss des Hauses mit 61,90 m2. Das Grundstück hat eine Gesamtfläche von 1.285 m2.

Am 13. April 2007 erlitt der Ehemann der Klägerin einen Herzinfarkt. Er befand sich seither im Wachkoma und wurde zunächst im Krankenhaus und seit dem 17. Juli 2007 in einem Pflegeheim betreut. Die Klägerin war Betreuerin ihres Gatten. Ihr Ehemann erhielt in dem streitgegenständlichen Zeitraum eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (1.074,57 Euro) sowie eine Betriebsrente (391,51 Euro) in Höhe von zusammen 1.466,08 Euro monatlich. Die Pflegekasse gewährte ihm Leistungen in Höhe von 1.432 Euro monatlich, die direkt an das Pflegeheim ausgezahlt wurden. Der Heimvertrag zwischen dem Pflegeheim und dem Ehemann sah ein Gesamtentgelt in Höhe von 2.732,66 Euro bzw täglich: 89,89 Euro vor. Dieses schlüsselte sich auf in ein Einzelentgelt für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von täglich 15,68 Euro, ein Einzelentgelt für allgemeine Pflegeleistungen in Höhe von 63,71 Euro täglich und ein Einzelentgelt für nicht geförderte Investitionskosten in Höhe von täglich 5,53 + 4,97 Euro. Das Pflegeheim verlangte von dem Ehemann monatlich den Differenzbetrag zwischen dem Gesamtentgelt und den von der Pflegekasse gezahlten Leistungen. Einen beim beigeladenen Land (Sozialamt) gestellten Antrag auf Übernahme der ungedeckten Pflegekosten hat dieses mit Bescheid vom 2. Januar 2008 abgelehnt. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden. Auch andere Sozialhilfeleistungen erhielt der Ehemann der Klägerin vom beigeladenen Land nicht. Am 25. April 2011 verstarb der Ehemann der Klägerin.

Die Klägerin, die über keine eigenen Einnahmen verfügte, beantragte bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie hat behauptet, den Antrag (mit Schreiben vom 31.07.2007) formularfrei mit am 1. August 2007 zur Post aufgegebenem Einschreiben-Rückschein und am 2. August 2007 unterzeichnetem Rückschein gestellt zu haben. Im am 5. November 2007 im Jobcenter ausgefüllten Antragsformular gab sie auf Seite 1 ihren Familienstand mit „verheiratet“ an, ohne ein Kreuz für „dauernd getrennt lebend“ zu setzen, während sie auf Seite 2 auch „dauernd getrennt lebend“ und als Trennungsdatum den 17. Juli 2007 angab. Sie könne nach ihrer Einschätzung eine Tätigkeit von mindestens drei Stunden täglich ausüben. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. November 2007 ab.

Die Klägerin erhob Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2007 zurückwies. Diesen begründete die Beklagte damit, dass die Klägerin und ihr Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II gebildet hätten. Zwar hätten sie in unterschiedlichen Unterkünften gelebt, jedoch seien sie nicht dauerhaft getrennt, da eine lediglich krankheitsbedingte räumliche Trennung nicht ausreiche, ein dauerndes Getrenntleben festzustellen. Dem Ehemann stünden gemäß § 7 Abs 4 SGB II als Bezieher einer Altersrente Leistungen nach dem SGB II nicht zu. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft betrage zwei mal 90 % des Regelsatzes gemäß § 20 Abs 3 SGB II bzw gemäß § 28 Abs 1 SGB XII, also zwei mal 312,00 Euro = 624,00 Euro. Als Kosten der Unterkunft seien 399,34 Euro zu berücksichtigen (Schuldzinsen in Höhe von 130,26 Euro zuzüglich 137,52 Euro Nebenkosten sowie 142,00 Euro Heizkosten abzüglich der im Regelsatz enthaltenen Warmwasserkosten pro Monat). Des Weiteren entstünden für die Unterbringung des Ehemannes im Pflegeheim Kosten in Höhe von 300,00 Euro monatlich. Ob und inwieweit es sich dabei um im Rahmen des SGB II zu berücksichtigende Kosten handele, sei fraglich. Doch selbst bei voller Berücksichtigung ergebe sich kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II; das anrechenbare Einkommen von 1.436,08 Euro übersteige den Gesamtbedarf.

Am 22. Januar 2008 hat die Klägerin hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben und Gewährung von Grundsicherungsleistungen verlangt, ohne dies zu beziffern. Sie hat die Klage zunächst damit begründet, dass es keine Bedarfsgemeinschaft zwischen den Eheleuten gegeben habe. Selbst wenn man eine solche annehme, müssten die Kosten für die Unterbringung des Ehemannes im Pflegeheim angerechnet werden. Dagegen hat die Beklagte vorgebracht, dass die Kosten der Pflegeeinrichtung keine Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II sein könnten, da der Ehemann nach § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II aufgrund der Unterbringung in einer stationären Einrichtung vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterhaltsleistungen gegen ihren Ehemann. Dieser müsse die nicht von der Pflegeversicherung gedeckten Kosten des Pflegeheimes nicht voll selbst bezahlen, sondern könne Sozialhilfeleistungen beanspruchen. Nach dem SGB XII-Recht verbliebe den Eheleuten jedenfalls ein Garantiebetrag in Höhe von 1.066,12 Euro. Die Klägerin sei deshalb nicht bedürftig.

Die Agentur für Arbeit gewährte der Klägerin am 8. April 2008 einen Bildungsgutschein für eine Maßnahme der Weiterbildung zur Pflegehelferin, welche die Klägerin in der Zeit von Juni bis September 2008 incl Praktikum mit sehr gutem Erfolg absolvierte. Wegen des Inhalts ihrer Aufgaben während des Praktikums wird auf die Kopie der Beurteilung im Verwaltungsvorgang (Bl 192) gemäß §§ 153 Abs 1, 136 Abs 2 SGG Bezug genommen. Die Klägerin hat in der Folgezeit in diesem Beruf im Schichtbetrieb ca 30 Stunden wöchentlich gearbeitet.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 4. Mai 2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2007 verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Gesamtanspruch von kalendermonatlich 445,19 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte gemäß §§ 153 Abs 1, 136 Abs 2 SGG Bezug genommen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das Gesamteinkommen von 1.529,68 Euro den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.493,74 Euro übersteige. Zu den Renteneinkünften des Ehegatten sei der Betrag von 93,60 Euro für die bereitgestellte Verpflegung hinzuzurechnen. Der Bedarf betrage zwei mal 312,00 Euro Regelleistung, Kosten der Unterkunft für die Klägerin in Höhe von 399,34 Euro, also alle Hauslasten und nicht kopfteilig geteilt, sowie Kosten der Unterkunft für den Ehegatten von 470,40 Euro monatlich (15,68 Euro Tagessatz für Unterkunft und Verpflegung). Der Bedarf an Pflegekosten in Höhe von 2.697,70 Euro könne nicht als Bedarf im Sinne des SGB II berücksichtigt werden. Ein Leistungsanspruch bestehe daher nur nach dem Siebten Kapitel des SGB XII als Hilfe zur Pflege. Es stehe nicht im Belieben des Ehemannes, einen Sozialhilfeantrag zu stellen. Der Lebensunterhalt der Klägerin könne dann aus dem Garantiebetrag nach § 92a SGB XII bestritten werden.

Das Landessozialgericht hat mit Beschluss vom 31. Mai 2011 in der Form des Beschlusses vom 22. Oktober 2013das Land Berlin als Träger der Sozialhilfe beigeladen. Es hat mit Urteil vom 17. Februar 2012 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und ihr Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum noch eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hätten, denn selbst in diesem Falle übersteige der Bedarf die zur Verfügung stehenden Einnahmen. Gehe man von einer gemischten Bedarfsgemeinschaft aus, richte sich der maßgebliche Bedarf auch des Ehemanns nach dem SGB II. Die einschränkende Auslegung des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II zur Einkommensanrechnung innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft mit einem Rentner greife auch dann ein, wenn diesem zwar materiell-rechtlich Ansprüche auf SGB XII-Leistungen zustünden, ein entsprechender Antrag jedoch bestandskräftig abgelehnt worden sei. Nach § 11 SGB II seien nur tatsächliche Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Dass das beigeladene Land selbst errechnet habe, dass dem Ehemann eigentlich 2.300,04 Euro als Leistung zur Beteiligung an den Heimkosten nach dem Siebten Kapitel des SGB XII zugestanden haben sollen, ändere daran nichts. Als Einkommen des Ehemanns seien die Rentenzahlungen anzurechnen, die Leistungen der Pflegekasse blieben dagegen als zweckbestimmte Leistungen zur Mitfinanzierung der Pflege unberücksichtigt. Als Einkommen sei aber noch die bereitgestellte Vollverpflegung im Heim zu berücksichtigen. Nach Abzug der Versicherungspauschale habe der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 1.641,08 Euro zur Verfügung gestanden. Unter Berücksichtigung der zu tragenden Heimkosten sei anrechenbares Einkommen des Ehemanns nicht verblieben. Welche Leistungen der Klägerin in welcher Höhe konkret zu gewähren seien, was von den genauen Wohnverhältnissen abhänge, könne dahingestellt bleiben. Das SG habe die Beklagte nur dem Grunde nach zur Leistung verpflichtet, deren Höhe noch nicht feststehe.

Auf die vom BSG zugelassene Revision der Beklagten hat das BSG mit Urteil vom 16. April 2013, B 14 AS 71/12 R, die zweitinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Sache an das LSG zurückverwiesen. Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG habe nicht entschieden werden können, ob der Klägerin ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zustehe. Die Feststellungen des LSG würden nicht ausreichen, um abschließend entscheiden zu können, ob der Klägerin die geltend gemachte Leistung dem Grunde nach zustehe. Zwar liege eine Erwerbsfähigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nahe, wenngleich hierzu keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen worden seien. Ausreichende Feststellungen fehlten in jedem Fall zur Hilfebedürftigkeit der Klägerin nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II. Eine wahlweise Feststellung genüge zur Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen auch dann nicht, wenn es lediglich um die Verurteilung dem Grunde nach gehe.

Die Klägerin habe mit ihrem Ehemann im streitigen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft gebildet, wenn sie auch während der Zeit, in der dieser stationär versorgt worden sei, von ihm nicht dauernd getrennt gelebt habe. Die Auslegung des Begriffs „Getrenntleben“ richte sich auch im Rahmen des SGB II nach familienrechtlichen Grundsätzen. Maßgebend sei danach ein objektiv hervortretender Trennungswille. Demgegenüber könnten Ehegatten zwar häuslich getrennt sein und dennoch die eheliche Lebensgemeinschaft bejahen und verwirklichen. Auch wenn sich bei einer unfreiwilligen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft die allein noch mögliche Kontaktpflege auf Besuche beschränke, so sei dies doch der Restbestand der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Zur Aufgabe einer solchen, wenn auch nur rudimentär verwirklichten Lebensgemeinschaft und damit zum Getrenntleben komme es nur, wenn der trennungswillige Ehegatte seine Verhaltensabsicht unmissverständlich zu erkennen gebe. Da es sich dabei nicht um eine Willenserklärung handele, könne auch ein Geschäftsunfähiger diesen Willen äußern. Daran anschließend sei auch für den Bereich des SGB II davon auszugehen, dass eine Bedarfsgemeinschaft bei Eheleuten (noch) bestehen könne, wenn diese wegen des pflegebedingten Aufenthalts eines Ehegatten in einem Heim räumlich voneinander getrennt lebten. Das LSG werde hierzu weitere Feststellungen zu treffen und dabei zu berücksichtigen haben, dass nach den dargelegten Grundsätzen der Trennungswille „unmissverständlich“ zum Ausdruck gekommen sein müsse und dass insofern die bloße Erklärung des Getrenntlebens für sich genommen ohne weitere objektive Anhaltspunkte nicht genüge.

Die Tatsache, dass der Ehemann wegen seiner Unterbringung in einer stationären Einrichtung einerseits und als Bezieher einer Rente wegen Alters andererseits aufgrund der Regelung des § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II selbst keine Leistungen nach dem SGB II habe erhalten können, stehe seiner Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft nicht entgegen. Habe zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann im streitgegenständlichen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft bestanden, so richte sich die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin nach den Grundsätzen, die das BSG für derartige „gemischte Bedarfsgemeinschaften“ entwickelt habe.

Auch wenn die Feststellungen des LSG ergeben sollten, dass mangels Trennungswillens ein „dauerndes Getrenntleben“ nicht vorgelegen habe, sei gleichwohl der für die Klägerin maßgebliche Regelbedarf in Höhe der Regelleistung für Alleinstehende oder Alleinerziehende anzusetzen, der im Streitzeitraum nach § 20 Abs 2 SGB II damals 347 Euro betragen habe. Eine Regelleistung von 90 % sei nur dann gerechtfertigt, wenn beide Partner in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend „aus einem Topf“ wirtschafteten mit der Folge, dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf hätten, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liege. Hinzu kämen für die Bedarfsberechnung die Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Die tatsächlich aufgewandten Kosten für Unterkunft und Heizung seien für die Klägerin berücksichtigungsfähig jedoch nur in dem Umfang, in dem sie auf ihre Nutzung des Wohnhauses entfallen. Wenn neben der Klägerin auch ihr Sohn das Haus bewohnt habe, seien die Kosten für die Nutzung des Wohnhauses (regelmäßig) unabhängig von Alter, Nutzungsintensität oder Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft pro Kopf aufzuteilen. Die tatsächlichen Verhältnisse würden im wiedereröffneten Berufungsverfahren weiter aufzuklären sein. Dagegen sei für die Anwendung des Kopfteilprinzips auch in Bezug auf den im Pflegeheim lebenden Ehemann der Klägerin kein Raum. Es könne somit auch weiter offenbleiben, ab welchem Zeitpunkt bei mehr als sechsmonatiger Abwesenheit Maßnahmen zur Kostensenkung verlangt werden könnten.

Da die Klägerin selbst nicht über Einkommen verfügt habe, bleibe bei Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft zu klären, ob und ggf in welchem Umfang Einkommen ihres Ehemanns zu berücksichtigen sei. Da nur eine sog „gemischte Bedarfsgemeinschaft“ in Betracht komme, sei in Modifikation der Grundregel des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II nur das den Bedarf des nicht leistungsberechtigten Mitglieds übersteigende Einkommen auf die hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend dem Anteil ihres individuellen Bedarfs am Gesamtbedarf zu verteilen. Wenn der Ehemann im streitigen Zeitraum dauerhaft in einer stationären Einrichtung iS des § 13 SGB XII untergebracht gewesen sollte, wofür nach den bisherigen Feststellungen des LSG vieles spreche, sei sein Bedarf - abweichend vom Regelfall einer gemischten Bedarfsgemeinschaft - nicht nach dem SGB II zu bestimmen, sondern nach dem SGB XII. Eine abweichende Bedarfsbestimmung sei insbesondere dann erforderlich, wenn Besonderheiten vorliegen, die mit einer fiktiven Bedarfsberechnung nach dem SGB II nicht abgebildet werden könnten. Dies sei der Fall, wenn der von Leistungen nach dem SGB II Ausgeschlossene in einer stationären Einrichtung versorgt werde und sein notwendiger Lebensunterhalt daher nach den besonderen Vorschriften des § 35 SGB XII (ab dem 1.1.2011: § 27b SGB XII) ermittelt werde, die wiederum in engem Zusammenhang mit den §§ 75 ff SGB XII stünden. Für diese besondere Bedarfssituation enthalte das SGB II keine Grundlage, weil die Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Hilfe in Einrichtungen nicht kenne. Die unzulängliche Abstimmung der Leistungssysteme des SGB II und des SGB XII machten an dieser Schnittstelle deshalb eine nach dem SGB XII vergleichende Berechnung des Bedarfs und des Einkommens erforderlich. Das LSG werde im wiedereröffneten Berufungsverfahren im Falle der Betreuung in einer stationären Einrichtung den Bedarf des Ehemanns nach den Maßstäben des § 35 SGB XII zu ermitteln haben.

Auch die Frage, inwieweit der Ehemann sein Einkommen aus Rentenzahlungen sowie den Leistungen der Pflegekasse nach den Regelungen des SGB XI für die genannten Bedarfe nach § 35 SGB XII einzusetzen habe, sei nach den allgemeinen Regelungen zur Einkommensberücksichtigung gemäß §§ 82 ff, 92, 92a SGB XII zu entscheiden. Bei der Klägerin dürfe Einkommen ihres Ehemanns nur insoweit berücksichtigt werden, als es nach sozialhilferechtlichen Maßstäben einzusetzen sei. Bei der Prüfung, ob die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe, sei neben der Berücksichtigung eigenen Einkommens und ggf (überschießenden) Einkommens ihres Ehemanns zu ermitteln, ob der Hilfebedürftigkeit der Klägerin verwertbares Vermögen entgegengestanden habe. Als einzusetzendes Vermögen gemäß § 12 Abs 1 SGB II könnte vorbehaltlich einer Privilegierung gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das der Klägerin gehörende hälftige Hausgrundstück zählen. Ob ausgehend von der Gesamtwohnfläche des Hauses und der Gesamtgrundstücksfläche sowie nach der Bewohnerzahl eine Berücksichtigung als Vermögen in Betracht kommt, könne aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen nicht entschieden werden. Auch zur Verwertbarkeit des Miteigentumsanteils seien keine Feststellungen getroffen worden. Ggf wäre auch zu klären, ob eine mögliche Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich wäre oder eine besondere Härte darstellen würde. Ferner sei auch ein möglicher Schenkungsrückforderungsanspruch als Vermögenswert in Betracht zu ziehen.

Die Klägerin hat im weiteren Verfahren darauf hingewiesen, dass sie bereits mit Schreiben vom 31. Juli 2007 formlos einen Leistungsantrag gestellt gehabt habe und der Rückschein des Einschreibens einen Zugang am 2. August 2007 bestätige. Die eheliche Gemeinschaft sei weder durch die Klägerin noch durch ihren Gatten abgelehnt worden. Sie habe ursprünglich die krankheitsbedingte Aufhebung der häuslichen Lebensgemeinschaft angesprochen, wenn sie von dauerhaftem Getrenntleben gesprochen habe. Ein Trennungswille habe nicht bestanden. Eine reine Schenkung des hälftigen Eigentums am Haus an den Sohn sei nicht erfolgt. Dieser habe die Finanzierung mit übernommen und dazu eigenes Vermögen eingebracht. Dies sei im Rahmen der Umschuldung 2005 und 2006 realisiert worden. So habe der Sohn am 26. Mai 2006 einen Betrag von 28.000 Euro zur Tilgung des noch offenen Kredites geleistet. Die weitere Finanzierung sei durch die Eheleute mit monatlichen Zahlbeträgen von 420,00 Euro auf eine Kreditsumme von 70.000 Euro und durch den Sohn von 402,50 Euro auf eine Finanzierungssumme von 84.000 Euro erfolgt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Tilgungsanteile zu den leistungsbegründenden Kosten der Unterkunft zählten, weil sie sich im Rahmen angemessener Mietkosten bewegen würden.

Die Beklagte hält die Unterkunftskosten – aufgeschlüsselt auf die einzelnen Monate für bedarfsbegründend zwischen dem niedrigsten Betrag von 193,57 Euro (April 2008) und 336,77 Euro (5. bis 30.11.2007). Weil es sich um zwei abgeschlossene Wohneinheiten handele, könnten die Unterkunftskosten zur Hälfte bei der Klägerin berücksichtigt werden. Der Antrag vom 31. Juli 2007 sei nicht bei der Beklagten eingegangen. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt einen Mitarbeiter mit dem Namen auf dem Rückschein vom 2. August 2007 beschäftigt.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beigeladene Land stellt keinen Sachantrag. Der ggf rechtswidrige Ablehnungsbescheid des Sozialamtes könne nicht mehr nach § 44 SGB X korrigiert werden, weil wegen der Frist des § 44 Abs 4 SGB X daraus kein Leistungsanspruch der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Ehegatten resultieren könne.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze und den Akteninhalt gemäß §§ 153 Abs 1, 136 Abs 2 SGG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat kann gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.

Der zulässigen Berufung bleibt der Erfolg versagt. Das Urteil des Sozialgerichts ist rechtmäßig, während der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2007 der Klägerin zu Unrecht Ansprüche auf Arbeitslosengeld II verwehrt hat. Die Klägerin hat für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 30. April 2008 dem Grunde nach gegenüber der Beklagten Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2007, mit dem der Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis zum 30. April 2008 abgelehnt worden ist. Gegen die genannten Bescheide hat sich die Klägerin in zulässiger Weise mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) gewandt, wobei sie allerdings keinen bezifferten Antrag gestellt, sondern zulässig nur eine Verurteilung dem Grunde nach beantragt hat (BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 14). Der Tenor des Urteils des Sozialgerichts spricht nicht mehr als einen Anspruch dem Grunde nach zu, weshalb das Urteil durch den Tenor des Senats keiner Korrektur bedarf. Ein konkreter Betrag der Leistungshöhe ist für die Beteiligten in bindender Weise vom Sozialgericht nicht ausgeurteilt worden und daher auch nicht Gegenstand der Überprüfung durch das Berufungsgericht. Sofern den Gründen des Urteils des Sozialgerichts über die rechnerische Darstellung, dass ein Vergleich von Bedarf und einzusetzendem Einkommen zu einem bezifferbaren Anspruch führe und deshalb ein Leistungsanspruch dem Grunde nach bestehe, hinaus eine weitergehende Verurteilung der Beklagten entnommen werden könnte, wird durch den Senat klargestellt, dass eine weitergehende Verurteilung der Beklagten durch das Sozialgericht nicht erfolgt ist.

Die Klägerin konnte dem Grunde nach Arbeitslosengeld II von der Beklagten gemäß §§ 19, 7 Abs 1 Satz 1 SGB II beanspruchen. Nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II (idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl I 2014) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Die Klägerin erfüllte im Zeitraum von November 2007 bis April 2008 die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 4 SGB II hinsichtlich des Lebensalters und des gewöhnlichen Aufenthalts.

Der Senat geht auch von der Erwerbsfähigkeit (Nr 2) im streitgegenständlichen Zeitraum aus. Dies folgt daraus, dass die Klägerin ihr Leistungsvermögen bei Ausfüllen des Antrages selbst so eingeschätzt hatte und auch der weitere Verlauf eine Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 8 Abs 1 SGB II bestätigt hat. Nach Ablauf des hier streitigen Zeitraumes hat die Klägerin eine Qualifizierung zu dem körperlich und psychisch anstrengenden Beruf der Pflegehelferin einschließlich des darin eingebetteten Praktikums mit sehr gutem Erfolg absolviert und in der Folgezeit diese Tätigkeit in einem Umfang von mehr als 15 Wochenstunden, nämlich mit 30 Wochenstunden, auch ausgeübt. Dies spricht für ein entsprechendes Leistungsvermögen und gegen eine Erwerbsminderung. Anhaltspunkte dafür, dass für die hier streitige Zeit vor Beginn der Qualifizierung dauerhafte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit vorgelegen haben könnten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte noch während des hier streitigen Zeitraums den Bildungsgutschein für die Qualifizierungsmaßnahme gewährt und daher selbst auch ein entsprechendes gesundheitliches Leistungsvermögen annehmen müssen.

Die Klägerin war auch hilfebedürftig nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II. Nach § 9 Abs 1 SGB II (idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.07.2004, BGBl I 2014) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält. Nach § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, u a auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II gilt schließlich (im Grundsatz) jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Wegen dieser gesetzlichen Vorgaben, wonach Hilfebedürftigkeit ausnahmslos vom Bedarf aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft einerseits und des der Bedarfsgemeinschaft zufließenden Einkommens und des vorhandenen Vermögens andererseits abhängig ist, darf bei Prüfung der Hilfebedürftigkeit als Teil der Anspruchsvoraussetzungen nicht offenbleiben, welche Personen der Bedarfsgemeinschaft angehören BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 16).

Die Klägerin bildete mit ihrem Ehemann im streitigen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 3a SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl I 2006, 1706). Denn auch während der Zeit, in der ihr Gatte stationär versorgt wurde, lebte sie von diesem nicht dauernd getrennt. Die Auslegung des Begriffs „Getrenntleben“ richtet sich auch im Rahmen des SGB II nach familienrechtlichen Grundsätzen (BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 17 mwN). Gemäß § 1567 BGB leben Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Maßgebend ist also ein objektiv hervortretender Trennungswille. Demgegenüber können Ehegatten zwar häuslich getrennt sein und dennoch – mit den Einbußen, die sich aus dem Fehlen der häuslichen Gemeinschaft notwendig ergeben – die eheliche Lebensgemeinschaft bejahen und verwirklichen (BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 17 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 25.1.1989, IVb ZR 34/88, JURIS-RdNr 8). Auch wenn sich bei einer unfreiwilligen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft die allein noch mögliche Kontaktpflege auf Besuche beschränkt, so ist dies doch der Restbestand der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft (BSG aaO mwN). Zur Aufgabe einer solchen, wenn auch nur rudimentär verwirklichten Lebensgemeinschaft und damit zum Getrenntleben kommt es nur, wenn der trennungswillige Ehegatte seine Verhaltensabsicht unmissverständlich zu erkennen gibt. Da es sich dabei nicht um eine Willenserklärung handelt, kann auch ein Geschäftsunfähiger diesen Willen äußern (BSG ebd mwN). Daran anschließend geht das BSG auch für den Bereich des SGB II davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft bei Eheleuten (noch) bestehen kann, wenn diese wegen des pflegebedingten Aufenthalts eines Ehegatten in einem Heim räumlich voneinander getrennt leben (BSG ebd RdNr 18 mwN).

Nach diesen Maßstäben lässt sich ein Trennungswille der Eheleute nicht feststellen. Die Klägerin hatte die Betreuung ihres Gatten übernommen. Die Eheleute hatten auch nach Eintritt des Pflegefalles und der Unterbringung des Ehegatten der Klägerin gemeinsame Konten, auf welche die Klägerin auch im Interesse ihres Ehemannes zugriff. Bereits ihre Angaben im Antrag müssen insofern zumindest als unklar angesehen werden, weil sie auf Seite 1 des Antragsformulars ein dauerndes Getrenntleben nicht, auf Seite 2 dann doch angab. Sie hat im Laufe des Verfahrens nach besserem Verständnis des Begriffes des Getrenntlebens (spätestens nach den Ausführungen des Sozialgerichts) an ihrer ursprünglichen Annahme eines Getrenntlebens und des Fehlens einer Bedarfsgemeinschaft nicht mehr festgehalten. Dementsprechend haben die Beteiligten des Rechtsstreites zutreffend ihre Auffassung geäußert, dass die Eheleute nicht getrennt gelebt hätten. Vor diesem Hintergrund erschienen weitere Ermittlungen des Senats entbehrlich.

Die Tatsache, dass der Ehemann wegen seiner Unterbringung in einer stationären Einrichtung einerseits und als Bezieher einer Rente wegen Alters andererseits aufgrund der Regelung des § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II selbst keine Leistungen nach dem SGB II erhalten konnte, steht seiner Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft nicht entgegen (BSG ebd RdNr 19). Deshalb richtet sich die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin nach den Grundsätzen, die das BSG für derartige „gemischte Bedarfsgemeinschaften“ entwickelt hat (BSG ebd RdNr 20 mwN). Danach ist in einem ersten Schritt der Bedarf der Klägerin zu bestimmen und in einem zweiten Schritt zu prüfen, in welchem Umfang dem Bedarf der Klägerin eigenes Einkommen oder Einkommen ihres Ehemanns gegenübersteht. In einem letzten Schritt ist zu erörtern, ob der Hilfebedürftigkeit der Klägerin verwertbares Vermögen entgegensteht (BSG ebd).

Der Bedarf der Klägerin setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II). Für die Klägerin ist der maßgebliche Regelbedarf in Höhe der Regelleistung für Alleinstehende oder alleinerziehende anzusetzen, der im Streitzeitraum nach § 20 Abs 2 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) iVm § 20 Abs 4 Satz 3 SGB II und der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 18.06.2007 (BGBl I 1139) damals 347 Euro betrug (BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 22).

Hinzu kommen für die Bedarfsberechnung die Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Danach werden die Leistungen grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Die tatsächlich aufgewandten Kosten für Unterkunft und Heizung sind für die Klägerin berücksichtigungsfähig, jedoch nur in dem Umfang, in dem sie auf ihre Nutzung des Wohnhauses entfallen. Weil neben der Klägerin auch ihr Sohn das Haus bewohnt hat, sind die Kosten für die Nutzung des Wohnhauses pro Kopf aufzuteilen (BSG ebd RdNr 23). Dagegen ist für die Anwendung des Kopfteilprinzips auch in Bezug auf den im Pflegeheim lebenden Ehemann der Klägerin kein Raum (BSG ebd). Inwieweit es bei einer solchen Konstellation dem verbliebenen Partner zugemutet werden kann, die Gesamtkosten der Unterkunft zu mindern und die Wohnverhältnisse einer dauerhaften alleinigen Nutzung der Wohnung anzupassen, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn es fehlt bereits an einer Kostensenkungsaufforderung seitens der Beklagten. Es kann somit auch weiter offenbleiben, ab welchem Zeitpunkt bei mehr als sechsmonatiger Abwesenheit Maßnahmen zur Kostensenkung verlangt werden könnten (BSG ebd).

Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass für die Klägerin im streitigen Zeitraum mindestens ein Bedarf von 193,57 Euro (April 2008) nach Halbierung der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen im Hinblick auf die Nutzung des Hauses auch durch den Sohn bestehen. Dabei hat die Beklagte in zutreffender Anwendung der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.08.2012,B 14 AS 1/12 R, RdNr 16 mwN) monatsweise stets die jeweils fälligen Aufwendungen und nicht einen monatlichen Durchschnitt unter Berücksichtigung außerhalb des Bewilligungszeitraumes fällig werdender Forderungen, wie der Gebäudeversicherung, zugrunde gelegt. Dabei hat die Beklagte ebenfalls korrekt berücksichtigt, dass die monatlichen Tilgungsleistungen für die Immobilie nicht zu den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung gehören, für die Leistungen zu erbringen sind (BSG ebd RdNr 17). Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (BSG ebd mwN). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses „Wohnen" nur in besonderen Fällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (BSG ebd mwN). Ein solcher Fall liegt nach Aktenlage und dem Vorbringen der Klägerin nicht vor.

Die Beklagte hat daher zutreffend die Aufwendungen für die Grundsteuer, den Schornsteinfeger, Wasserver- und -entsorgung, die Müllgebühren, und die Heizkosten sowie die Kreditzinsen ohne Tilgungsleistungen berücksichtigt. Wegen der rechnerischen Einzelheiten wird auf das Schreiben der Beklagten vom 25. Juni 2014 mit seiner Anlage entsprechend §§ 153 Abs 1, 136 Abs 2 SGG Bezug genommen. Die Beklagte hat dabei auch zutreffend die von der Klägerin erbrachten Kreditzinsen nur für die Aufwendungen der Klägerin (ohne Halbierung) berücksichtigt und nicht in die Rechnung den Kreditdienst des Sohnes einbezogen.

Weil die Warmwasserbereitung über das ebenfalls für die Heizung bezogene Gas erfolgt, ist eine Warmwasserpauschale nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 8/09 R) für den hier streitigen Zeitraum von monatlich 6,26 Euro in Abzug zu bringen.

Mithin ergibt sich für die Klägerin – abhängig von den monatlichen Unterkunftskosten – mindestens ein Bedarf von monatlich 534,31 Euro (347,00 Euro + 193,57 Euro – 6,26 Euro). Diesen Bedarf kann die Klägerin weder durch Einkommen noch durch Vermögen abdecken.

Die Klägerin verfügte selbst nicht über Einkommen. Einkommen ihres Ehegatten ist nicht anzurechnen. Da nur eine sog „gemischte Bedarfsgemeinschaft“ in Betracht kommt, ist in Modifikation der Grundregel des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II nur das den Bedarf des nicht leistungsberechtigten Mitglieds übersteigende Einkommen auf die hilfebedürftigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend dem Anteil ihres individuellen Bedarfs am Gesamtbedarf zu verteilen (BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 24 mwN). Weil der Ehemann im streitigen Zeitraum dauerhaft in einer stationären Einrichtung iS des § 13 SGB XII untergebracht war, ist sein Bedarf – abweichend vom Regelfall einer gemischten Bedarfsgemeinschaft – nicht nach dem SGB II zu bestimmen, sondern nach dem SGB XII (BSG ebd).

Der Ehegatte der Klägerin war in einer vollstationären Einrichtung im Sinne des § 13 SGB XII untergebracht. Vollstationären Charakter hat eine Einrichtung nach dieser Vorschrift dann, wenn die leistungsberechtigte Person in der Einrichtung lebt und dort auch – in ihrer Gesamtheit – die erforderlichen Hilfen erhält (Groth in BOK § 13 SGB XII RdNr 4). Leben im Sinne der Vorschrift bedeutet zwar nicht, dass der Leistungsberechtigte in der Einrichtung seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 SGB I) begründen muss; es muss aber nach den Gesamtumständen unter Berücksichtigung des Einzelfalls ein mehr als nur flüchtiger, wenn auch vorübergehender Aufenthalt genommen werden (Groth ebd mwN). Als weiteres Moment muss hinzukommen, dass der Leistungsberechtigte in der Einrichtung die erforderlichen Hilfen erhält. Dies war beim Ehegatten der Klägerin der Fall. Denn er hielt sich nicht nur flüchtig, sondern seit Juli 2007 bis zu seinem Tod in der Einrichtung auf und erhielt dort alle erforderlichen Hilfen einschließlich der Pflegeleistungen. Dies ist zwischen den Beteiligten zutreffend unstreitig.

Der Bedarf des Ehemanns ist nach den Maßstäben des § 35 SGB XII aF zu ermitteln (BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 25), nach dessen Abs 1 Satz 1 der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt umfasst. Auch die Frage, inwieweit der Ehemann sein Einkommen aus Rentenzahlungen sowie den Leistungen der Pflegekasse nach den Regelungen des SGB XI für die genannten Bedarfe nach § 35 SGB XII einzusetzen hat, ist nach den allgemeinen Regelungen zur Einkommensberücksichtigung gemäß §§ 82 ff, 92, 92a SGB XII zu entscheiden. Danach erfolgt ein Einsatz seines Einkommens für die stationären Leistungen der Einrichtung nur bis zur Höhe des (fiktiven) Anteils der Hilfe zum Lebensunterhalt an dem notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen. Soweit im Übrigen eine fiktive Zuordnung zu den Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII erfolgt, sind die besonderen Regelungen der §§ 85 ff SGB XII maßgebend. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Klägerin Einkommen ihres Ehemanns nur insoweit berücksichtigt werden darf, als es nach sozialhilferechtlichen Maßstäben einzusetzen ist (BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, RdNr 26 mwN).

Der sozialhilferechtliche Bedarf des Ehemannes hinsichtlich der Hilfe zur Pflege ergibt sich aus seinen Verpflichtungen gegenüber der vollstationären Einrichtung nach dem Heimvertrag in Höhe von 2.732,66 Euro zuzüglich eines Barbetrags in Höhe von mindestens 27 vom Hundert des Eckregelsatzes (§ 35 Abs 2 SGB XII in der ab 01.01.2007 geltenden Fassung), mithin 94,00 Euro monatlich.

Bei der Ermittlung des vom (für den) Ehemann einzusetzenden Einkommens gilt nach § 92a Abs 1 SGB XII (in der ab 07.12.2006 geltenden Fassung des Gesetzes vom 02.12.2006, BGBl. I S. 2670): Erhält eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung Leistungen, kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Darüber hinaus soll nach Absatz 2 der Vorschrift in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden, wenn eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist wegen Absatz 3 der Regelung auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.

Nach dieser Vorschrift sichert das Sozialhilferecht also den Ehegatten einen Garantiebetrag, der durch eine Angemessenheitsprüfung zu bestimmen ist. Er führt wegen der Vorgabe des BSG, dass bei der Klägerin Einkommen ihres Ehemanns nur insoweit berücksichtigt werden darf, als es nach sozialhilferechtlichen Maßstäben einzusetzen ist (RdNr 25), dazu, dass im Rahmen der Anrechnung des Einkommens des Ehegatten bei der Klägerin solches nicht berücksichtigt werden kann. Der Bedarf des Ehegatten wird in einem Umfang von 1.432 Euro durch die Leistungen der Pflegekasse gedeckt. Der Rest von 1.394,66 EUR ließe sich nur durch Anrechnung des Einkommens aus den Renten decken – bei vollständiger Deckung verbliebe ein Einkommen von 71,42 Euro. Abgesehen davon, dass damit der Garantiebetrag nach § 92a SGB XII deutlich unterschritten wäre (die Beklagte nimmt einen Garantiebetrag von 1.066,12 Euro an), würde selbst dieses Einkommen nicht ausreichen, den Bedarf der Klägerin zu decken, so dass diese selbst bei voller Anrechnung des Einkommens unter Außerachtlassung der durch das Sozialhilferecht gezogenen Grenzen der Einkommensberücksichtigung hilfebedürftig bleibt. Der Garantiebetrag, also das sozialhilferechtlich für die Leistungen in stationärer Unterbringung nicht einzusetzende Einkommen, kann – selbst in der von der Beklagten angenommenen Höhe des Garantiebetrages – wegen des vom BSG festgestellten Verbots, dass sozialhilferechtlich freigestelltes Einkommen auch im Rahmen der Grundsicherung nach dem SGB II nicht berücksichtigungsfähig ist, nicht als Einkommen bei der Klägerin angerechnet werden. Damit stand der Klägerin – unabhängig davon, dass Sozialhilfe nicht gewährt wurde – kein einsetzbares Einkommen zur Verfügung.

Der Hilfebedürftigkeit der Klägerin hat ein verwertbares Vermögen nicht entgegengestanden. Als einzusetzendes Vermögen gemäß § 12 Abs 1 SGB II kommt wegen der Privilegierung gemäß § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II das der Klägerin gehörende hälftige Hausgrundstück nicht in Betracht, weil es als selbstgenutztes Grundstück mit der von ihr genutzten Fläche von 85,08 m2 auch hinsichtlich ihres hälftigen Anteils an der Gesamtgrundstücksfläche angemessen ist. Dies gilt im Hinblick darauf, dass es sich um zwei abgetrennte Wohnungen handelt und daher eine Gesamtfläche des Hauses von 200 m2 angemessen wäre (BSG, Urteil vom 12.12.2013, B 14 AS 90/12 R, RdNr 31), aber auch bei Betrachtung allein der Wohnung der Klägerin mit weniger als 90 m2 (BSG ebd RdNr 32). Vor diesem Hintergrund kommt es weder auf eine Verwertbarkeit des Eigentumsanteils noch auf eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung oder eine besondere Härte an.

Ein Schenkungsrückforderungsanspruch der Klägerin gegen ihren Sohn wegen der Übertragung des hälftigen Eigentums am Haus gemäß § 528 BGB scheidet als Vermögenswert aus. Die Übertragung der Hälfte des Eigentums am Hausgrundstück auf den Sohn erfolgte nicht schenkungsweise. Dass der Überlassungsvertag als Grund der Übertragung eine Schenkung angab, ist unbeachtlich, weil es sich in der Sache nicht um eine Schenkung handelte. Nach § 516 Abs 1 BGB ist eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, dann Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Hier lag bereits nach der Vereinbarung im Überlassungsvertrag (§ 1 Abs 2 Satz 6) keine unentgeltliche Zuwendung vor, weil sich der Sohn der Klägerin über die Tragung der Beurkundungskosten hinaus auch zum Schuldendienst verpflichtete, also einen Teil des ursprünglichen Kaufpreises mit übernahm. Diese vertragliche Regelung wurde in der Folgezeit auch angesichts der umfangreichen Leistungen des Sohnes der Klägerin zur Finanzierung des Erwerbs der Immobilie durch die Einmalzahlung im Rahmen der Umfinanzierung und durch die fortlaufende Zinszahlung und Kredittilgung umgesetzt.

Die Regelungen des Überlassungsvertrages erscheinen im Übrigen ausgewogen und angemessen. Daher ist ein Anspruch der Klägerin auf Rückabwicklung oder Anfechtung des Vertrages nicht erkennbar. Eine grundsicherungsrechtlich relevante Vermögensposition aus einer unwirksamen oder rückgängig zu machenden Übertragung ihres Eigentumsteil auf den Sohn lässt sich nicht erkennen.

Dem Anspruch der Klägerin dem Grunde nach bereits ab 1. November 2007 steht schließlich auch eine verspätete Antragstellung nach § 37 Abs 2 SGB II aF nicht entgegen. Danach wurden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht (Satz 1). Treten die Anspruchsvoraussetzungen an einem Tag ein, an dem der zuständige Träger von Leistungen nach diesem Buch nicht geöffnet hat, wirkt ein unverzüglich gestellter Antrag auf diesen Tag zurück (Satz 2). Für den Zeitraum ab 5. November 2007 ist die Antragstellung – selbst aus Sicht der Beklagten – belegt.

Auch für den Zeitraum vom 1. bis 4. November 2007 hat die Klägerin einen Anspruch auf Leistung, denn sie hat den Zugang eines für einen Leistungsanspruch nach § 37 SGB II zwingend erforderlichen Antrags vor dem 5. November 2007 belegen können. Insoweit geht der Senat davon aus, dass der Beklagten ein Antragsschreiben vom 31. Juli 2007 am 2. August 2007 zugegangen ist. Der Rückschein vom 2. August 2007 des Einschreibens vom 1. August 2007 belegt den Zugang eines Schreibens am 2. August 2007 unter der Anschrift des Jobcenters (zur Möglichkeit des Nachweises des Zugangs von Erklärungen durch Einschreiben-Rückschein bei Übergabe des Einschreibens: z.B. BVerfG, Beschluss vom 29.10.2009, 1 BvR 1729/09, JURIS-RdNr 23; Thüringer OLG, Beschluss vom 04.01.2006, 5 W 58/05, JURIS-RdNr 15; anders bei Niederlegung des Einschreibens zur Abholung). Es ließ sich zwar seitens der Arbeitsagentur keine Person ermitteln, die mit dem Namen des auf dem Rückschein benutzten Namenszuges bei der angeschriebenen Arbeitsagentur im fraglichen Zeitraum beschäftigt war. Insofern hat die Beklagte nach entsprechenden Ermittlungen des Senats bei der Arbeitsagentur keinen entsprechenden Personalfall ermitteln können (Schreiben vom 07.04.2014). Dies erscheint indes nicht als ein schwerwiegendes Indiz dagegen, dass ein Einschreiben der Klägerin am 2. August 2007 nicht in den Bereich der Beklagten gelangt sein würde. Ein Beschäftigter etwa des Bezirksamtes oder aus dem Stellenpool des Landes Berlin wäre als Empfangsberechtigter ebenso in Frage gekommen. Vielmehr ist jedoch zu berücksichtigen, dass auf dem Rückschein auch die Übergabe des Einschreibens an eine empfangsberechtigte Person durch den Postzusteller bestätigt ist. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass der Postzusteller am Donnerstag, dem 2. August 2007, das Einschreiben nicht in den Machtbereich der Beklagten und nicht an eine seitens der Beklagten in der Situation der Postübergabe zur Entgegennahme der Post bevollmächtigte Person überreicht haben könnte. Die Beklagte hatte weder zeitnah nach Vorlage des Belegs über das Einschreiben und des Rückscheins durch die Klägerin im November 2007 Recherchen angestellt. Noch hat sie nach entsprechendem Vortrag der Klägerin und auf die Nachforschungen des Senats substantiiert zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen.

Da für den Senat feststeht, dass am 2. August 2007 ein Einschreiben der Klägerin an die Beklagte übergeben wurde, kommt auch dem Umstand erhebliche Bedeutung zu, dass bei Betrachtung der damaligen Situation ein anderer Inhalt des Einschreibens als eine Antragstellung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Dass ein aus Sicht der Klägerin wichtiges Schreiben Inhalt gewesen sein dürfte, ergibt sich aus dem Umstand, dass das Versendungsmittel des Rückschein-Einschreibens gewählt wurde. Zudem ist auch insofern zu beachten, dass die Beklagte keinerlei Hinweise dafür gegeben hat, welchen anderen Inhalt als den von der Klägerin behaupteten, nämlich eines Antrages, das Einschreiben gehabt haben können soll. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine relevanten Zweifel, den Zugang eines einfachen schriftlichen Antrags der Klägerin auf Leistungen am 2. August 2007 anzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG und berücksichtigt den Erfolg der Rechtsverfolgung durch die Klägerin.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.