Gericht | VG Cottbus 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 07.05.2019 | |
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Aktenzeichen | 5 K 811/14.A | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2019:0507.5K811.14.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Soweit die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt haben, wird es eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Wegen der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Der Kläger, am 1. März 1989 geborener iranischer Staatsangehöriger, erstrebt Flüchtlingsschutz in Deutschland.
Nach Voraufenthalten in mehreren europäischen Ländern erhielt der Kläger in Italien subsidiären Schutz.
Eigenen Angaben zu Folge reiste er am 25. November 2013 ins Bundesgebiet ein und wurde von der zentralen Aufnahmeeinrichtung in Berlin am 28. November 2013 als Asylsuchender registriert. Beim Bundesamt wurde sein Asylantrag am 2. Januar 2014 aufgenommen. Am 24. Januar 2014 ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die italienischen Behörden um Übernahme des Klägers. Unter dem 24. April 2014 lehnten die italienischen Behörden eine Übernahme nach den Dublin-Regelungen unter Hinweis auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes ab. Gleichzeitig teilten sie mit, dass für die Überstellung nach Italien dort nunmehr die Polizeibehörden zuständig sind.
Mit Bescheid vom 29. April 2014 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fest, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht, und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Wegen der Begründung wird auf Blatt 10 – 11 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit seiner am 17. Mai 2014 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein auf Asyl- und Flüchtlingsschutz gerichtetes Verpflichtungsbegehren weiter. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass er mittlerweile den christlichen Glauben angenommen habe, weshalb die Voraussetzungen für das Wiederaufgreifen des Verfahrens gegeben seien. Im Übrigen macht er für Italien systemische Mängel geltend. Er gehöre zu vulnerablen Personen, weil er psychisch erkrankt sei. Diesbezüglich legt er eine ärztliche Stellungnahme aus dem Jahre 2015 vor. Ferner macht er geltend, eine Ausbildung zum Mechatroniker bei der Firma P… zu absolvieren.
Mit Bescheid vom 12. April 2019 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Abschiebungsanordnung aufgehoben, woraufhin die Beteiligten das Verfahren insoweit für erledigt erklärt haben.
Unter Rücknahme der Klage im Übrigen beantragt der Kläger,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. April 2014 zu verpflichten, zu seinen Gunsten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Italiens festzustellen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Bezug genommen. Sämtliche Akten wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Soweit das Verfahren für erledigt erklärt und die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren entsprechend bzw. gemäß § 92 Abs. 1 VwGO eingestellt.
Die Anfechtungsklage gegen die Ablehnungsentscheidung (1) und die Verpflichtungsklage auf Feststellung von Abschiebungsverboten (2) sind unbegründet.
(1). Die unter Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides getroffene Feststellung ist in eine Ablehnung des Antrages als unzulässig umzudeuten (vgl. BVerwG, EuGH-Vorlage vom 27. Juni 2017 – 1 C 26/16 – Buchholz 451.902 Europ Ausländer- und Asylrecht Nr. 91 Rn. 27).
Mit diesem Inhalt findet der Bescheid seine Grundlage in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, weil der Kläger bereits in Italien subsidiären Schutz genießt. Unionsrecht steht dem nicht entgegen, weil auf den Asylantrag bereits Art. 33 Abs. 2 lit. a Richtlinie 2013/32/EU Anwendung findet. Der im Dezember 2013 oder im Januar 2014 gestellte Asylantrag unterfällt jedenfalls deshalb dem zeitlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2013/32/EU, weil das am 24. Januar 2014 gestellte Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 49 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 dem Geltungsbereich dieser Verordnung unterliegt (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-297/17 - u.a., Juris Rn. 103).
Die Aufhebung dieses Unzulässigkeitsverdikts kommt nur dann in Betracht, wenn eine Verletzung von Art. 4 der EU-GR-Charta droht (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-297/17 - u.a., Juris Rn. 88).
Das ist vorliegend nicht der Fall.
Dagegen streitet die im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems geltende Vermutung, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta, der Genfer Konvention und der EMRK steht. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), in dem im Rahmen des mit dieser Richtlinie eingerichteten gemeinsamen Asylverfahrens der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zum Ausdruck kommt (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. – Juris Rn. 85) und dessen Umsetzung ins nationale Recht § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG dient.
Die zur Widerlegung dieser Vermutung besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erst erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 – Juris Rn. 90). Daher ist das Gericht, das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung befasst ist, mit der ein neuer Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt wurde, in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die der Antragsteller vorgelegt hat, um das Vorliegen eines solchen Risikos in dem bereits internationalen Schutz gewährenden Mitgliedstaat nachzuweisen, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 – Juris Rn. 88).
Dem Gericht liegen keine Erkenntnisse vor, dass infolge Gleichgültigkeit italienischer Behörden eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, die unionsrechtliche Vermutung im vorliegenden Falle also widerlegt wäre.
Vielmehr ist vom Gegenteil auszugehen. Bereits 2016 hat der EGMR festgestellt, dass kein Grund zu der Annahme besteht, dass die italienischen Behörden bei eventuell auftretenden Schwierigkeiten nicht angemessen helfen würden (EGMR Entscheidung vom 4. Oktober 2016 Nr. 30474/14).
Auch die dem erkennenden Gericht vorliegenden Erkenntnisse widerlegen nicht die unionsrechtliche Vermutung, sondern bestätigen sie. Die nach Italien zurückkehrenden Flüchtlinge sind nicht gänzlich sich selbst überlassen. Ein anerkannter Schutzberechtigter gilt als Person mit gültiger Aufenthaltsbewilligung, weshalb er nach Italien einreisen und sich selbständig irgendwo im Land hinbegeben kann (Schweizerische Flüchtlingshilfe „Aufnahmebedingungen in Italien“ August 2016 Seite 33). Kehren anerkannte Flüchtlinge aus dem Ausland zurück, können sie sich etwa am Flughafen in Rom von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) beraten lassen. Dort erfahren sie auch, welche Questura für sie zuständig ist. Diese wird informiert und der Flüchtling erhält ein Bahnticket, um dorthin zu gelangen. Für anerkannte Flüchtlinge ist die Behörde der Gemeinde zuständig, in der sie ihren Asylantrag gestellt haben. Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltsbewilligung, die fünf Jahre gültig ist und bei Ablauf verlängerbar bzw. erneuerbar ist. In die Aufenthaltsbewilligung wird die Wohnadresse eingetragen. Bis zur Ausstellung der Aufenthaltsbewilligung können die Antragsteller Aufnahme in einer Aufnahmeeinrichtung finden. Für die weitere Unterkunft des Flüchtlings ist entscheidend, dass und wo er seinen Wohnsitz begründet. Das geschieht grundsätzlich in der Gemeinde, in der der Asylantrag gestellt wurde und in der sich dementsprechend auch die zuständige Behörde befindet. Die Versorgung von Flüchtlingen mit Wohnraum war und ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Ein Teil kann auch nach der Anerkennung als Flüchtling in einer Einrichtung der SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugati) für begrenzte Zeit Aufnahme finden. Auch caritative Einrichtungen stellen Unterkünfte zur Verfügung. In großen Städten konnten Flüchtlinge zwar vor Jahren teilweise nur in besetzten Häusern, mit zum Teil hunderten von Bewohnern, ohne ausreichende Versorgung mit Trinkwasser und Elektrizität unterkommen. Inzwischen hat sich die Situation aber verbessert. Das Auswärtige Amt hat schon im August 2013 und gegenüber dem OVG NRW unter dem 23. Februar 2016 mitgeteilt, im Ergebnis könne davon ausgegangen werden, dass für die anerkannten Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichend staatliche bzw. öffentliche oder caritative Unterkunftsmöglichkeiten (bei teilweiser lokaler Überbelegung) zur Verfügung stehen. In Italien gibt es kein allgemeines System der Sozialhilfe. Etwaige gemeindliche Unterstützungsleistungen sind an den offiziellen Wohnsitz in der Gemeinde geknüpft. Es gibt aber öffentliche Fürsorgeleistungen für gemeldete Flüchtlinge, wenn sie bereit sind, an Maßnahmen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage, z. B. speziellen beruflichen Lehrgängen, teilzunehmen. Lokale Behörden, Stiftungen, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen oder NGOs unterhalten Integrationsprogramme und arbeiten dabei teilweise zusammen. Soweit solche Leistungen nicht greifen oder ausreichen, können Flüchtlinge, wenn sie - wie viele Italiener auch - arbeitslos sind, auf Spenden caritativer Organisationen zurückgreifen. Für eine legale, sozialversicherungspflichtige Arbeit ist ein fester Wohnsitz Voraussetzung. Der Arbeitsmarkt ist zwar schwierig. Viele Flüchtlinge, insbesondere junge Männer, die mit gleichaltrigen italienischen Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren, kommen häufig nur als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft unter. Daraus kann allerdings nicht auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK geschlossen werden. Zusammenfassend ist danach davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien staatliche Hilfen in Anspruch nehmen können, um jedenfalls ihre Grundbedürfnisse zu decken. Gelingt dies nicht sogleich bzw. vollständig, können sie die Hilfe caritativer Organisationen erhalten (vgl. zum Ganzen mit zahlreichen detaillierten Einzelnachweisen OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2016 – 13 A 1490/13.A – Juris Rn. 101 bis136).
Bei der Gesundheitsversorgung werden anerkannte Flüchtlinge in Italien wie italienische Bürger behandelt. Der kostenlose Zugang zur Notfallversorgung steht ihnen immer zur Verfügung (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. August 2016 – 13 A 63/16.A – Juris Rn. 94). Auch psychische Erkrankungen sind als weit verbreitete Erkrankungen in Italien behandelbar. Auch hätte der Antragsteller Zugang zur dortigen medizinischen Versorgung. Wie ausgeführt, ist in Italien anerkannten Flüchtlingen der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem eröffnet. Insbesondere sind eine kostenfreie Notversorgung sowie die Versorgung sonstiger ernsthafter, auch chronischer Erkrankungen mit den erforderlichen Medikamenten und der notwendigen ärztlichen Behandlung gesichert. Dem steht der geforderte Selbstbehalt (sog. "Ticket") nicht entgegen. Um eine Befreiung zu erhalten, muss sich der Flüchtling lediglich offiziell arbeitslos melden. Abgesehen davon besteht über eine sog. STP-Karte, die bei einer öffentlichen lokalen Gesundheitsorganisation oder in einem großen Krankenhaus zu beantragen ist, ein Zugang zur kostenlosen medizinischen Behandlung, wenn diese wegen schwerer Erkrankungen dringend erforderlich ist. Ist die medizinische Versorgung gewährleistet, scheidet nicht nur die Annahme einer Verletzung des Art. 3 EMRK aus. Ferner kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen gegeben ist, die nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG das Vorliegen lebensbedrohlicher oder schwerwiegender Erkrankungen voraussetzt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. August 2016 – 13 A 63/16.A – Juris Rn. 94).
Auch der AIDA-Bericht vom März 2017 bestätigt lediglich die bereits oben wiedergegebenen Umstände, ohne dass dies eine andere rechtliche Bewertung nach sich zieht.
In diesem Zusammenhang wird auf die Entscheidung des EGMR zu Italien (vom 4. Oktober 2016 Nr. 30474/14) verwiesen. Der EGMR verneint einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK, und zwar auch für kranke Asylbewerber, solange es sich nicht um schwerwiegende Erkrankungen handelt, wovon beim Kläger selbst dann nicht die Rede sein kann, wenn weiterhin unter rezidivierender depressiver Stimmung und posttraumatischer Belastungsstörung, die bei ihm zu Beginn der stationären Behandlung im November 2014 diagnostiziert wurden. Unabhängig vom Vorstehenden ist es im Falle des Klägers schon nicht belegt, dass er überhaupt noch erkrankt ist. Die von ihm vorgelegte Epikrise vom 5. Januar 2015 hat nach über vier Jahren jegliche Aussagekraft über seine aktuelle psychische Verfassung eingebüßt. Im Übrigen bescheinigt sie ihm zum Zeitpunkt der Entlassung Besserung von Stimmung und Antrieb sowie der Schlafstörungen. Dass er jedenfalls keine seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden Beschwerden mehr zeigt, ergibt sich daraus, dass der Kläger seit über zwei Jahren eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker absolviert, die mit täglicher Anfahrt von C… nach S… verbunden ist.
Etwaige Bedenken, dass die Aufnahmekapazitäten in Italien unter der Zahl der Asylbewerber lägen, gingen schon deshalb fehl, weil es eine allgemeinkundige Tatsache ist, dass ein erheblicher Teil der Asylbewerber Italien wieder verlässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04. März 2015 – 1 B 9.15 – zit. nach Juris Rn. 6). Der vorliegende Fall ist ein augenfälliges Beispiel für diese Sekundärmigration, die gerade verhindert werden soll (vgl. EuGH, Urteil vom 17. März 2016 – C-695/15 PPU – Juris Rn 52). Zudem ist es eine allgemeinkundige Tatsache, dass die Zahl von Migranten, die Italien erreichen, mittlerweile stark abgenommen (im August 2017 um 90%) hat, was die Aufnahme der im Land befindlichen Asylantragsteller erleichtert (vgl. Zeit Online, „Italien meldet Rückgang von Flüchtlingszahlen“ vom 28. August 2017).
Auch unter der neuen Regierung haben sich die Verhältnisse in Italien nicht derart gewandelt, dass ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK beachtlich wahrscheinlich wäre (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2018 – 10 LB 201/18 – Juris).
Nichts anderes folgt aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 11. Januar 2019 mit Blick auf das dort kritisierte sog. „Salvini-Gesetz“. Die gerügten Regelungen betreffen Schutzberechtigte nicht oder stellen sie sogar besser. Die sog. SPRAR-Zentren, welche als bessere Unterkünfte gelten, stehen seit dem 5. Oktober 2018 nur noch Minderjährigen oder Personen mit Schutzstatus offen, was die Chancen des Klägers, dort eine Unterkunft zu finden, verbessert. Soweit die Abschaffung des sog. humanitären Schutzstatus, die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten, die Möglichkeit der Ablehnung des Asylantrages als „offensichtlich unbegründet“ oder die Schaffung der negativen Voraussetzung einer internen Fluchtalternative angeprangert wird, handelt es sich um Regelungen die im deutschen Recht seit jeher Anwendung finden, ohne Zweifel an der Konformität mit Art. 3 EMRK auszulösen. Im Übrigen sind diese Novellierungen für bereits anerkannte Asylbewerber – wie hier – ebenso irrelevant, wie die Regelungen zur Feststellung der Identität, zur Dauer der Abschiebehaft und über die Aufenthaltsbewilligung während des Asylverfahrens.
Ob der Kläger in Italien eine Situation vorfindet, die auch den sekundärrechtlichen Vorgaben des Unionsrechts entspricht, insbesondere ihn dort Integrationsprogramme erwarten, ist rechtlich irrelevant. Verstöße gegen Bestimmungen des Kapitels VII der Anerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) und damit etwa gegen Art. 27 (Zugang zu Bildung) oder Art. 34 (Zugang zu Integrationsmaßnahmen) der Anerkennungsrichtlinie, die nicht zu einer Verletzung von Art. 4 der Charta führen, die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihre durch Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrensrichtlinie eingeräumte Befugnis auszuüben (EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 – Juris Rn. 92).
(2). Nach dem Vorstehenden scheidet eine Verpflichtung der Beklagten aus, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, aus. Für § 60 Abs. 5 AufenthG folgt dies aus der unionsrechtlichen Vermutung für konventionskonforme Behandlung. Ebenso wenig liegt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Das normative Vergewisserungskonzept des Art. 16a Abs. 2 GG umfasst auch solche Gefährdungen; einer Prüfung bedarf es deshalb vor einer Aufenthaltsbeendigung in sichere Drittstaaten, wozu auch Italien als Mitglied der EU gehört, auch insoweit nicht (vgl. zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, BVerfGE 94, 49-114, Rn. 186). Unabhängig vom Vorstehenden ist ein etwa gesundheitsbedingtes Abschiebungsverbot mangels eines Attestes i.S.d. § 60a Abs. 2c AufenthG zu verneinen. Die in § 60a Abs. 2c AufenthG aufgestellten Anforderungen an ein ärztliches Attest sind auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. September 2017 – 2 L 85/17 – NVwZ-RR 2018, 244-246; BayVGH, Beschluss vom 9. November 2017 – 21 ZB 17.30468 – Rn. 4; Beschluss vom 10. Januar 2018 – 10 ZB 16.30735 – Rn. 8; Beschluss vom 24. Januar 2018 – 10 ZB 18.30105 – Rn. 7; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 02. Oktober 2018 – 6 A 11552/17 –, Rn. 14; OVG Bremen, Beschluss vom 13. Juni 2018 – 2 LA 50/17 –, Rn. 7, jeweils zitiert nach Juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.