Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 26.08.2013 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | VG 6 KE 17/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 87a VwGO, § 151 VwGO, § 165 VwGO, Nr 3104 RVG-VV, Nr 7004 RVG-VV, Nr 7005 RVG-VV |
1. Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG für die Vertretung in einem Verhand lungstermin entsteht, wenn dieser Termin durch Aufruf der Sache beginnt und der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt vertretungsbereit anwesend ist. Verbindet das Gericht nach Aufruf der Sache mehrere Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung, kann die bereits entstandene Terminsgebühr dadurch nicht mehr beeinflusst werden.
Denn nach Abs. 3 der Vorbemerkung zum Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungstermin. Es genügt dafür, dass dieser Termin stattfindet und der Rechtsanwalt vertretungsbereit anwesend ist.
2. Erstattungsfähig im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind gem. § 162 Abs. 1 VwGO u.a. die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind im Gerichtsverfahren die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig, also kraft Gesetzes als notwendig anzusehen. Damit soll es den Beteiligten erleichtert werden, sich eines qualifizierten Rechtsvertreters ihrer Wahl zu bedienen (vgl. § 67 Abs. 2 VwGO), um den Verwaltungsrechtsschutz wirksamer zu gestalten. Hiernach sind ausnahmsweise unbeschadet des das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten auch die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dieser über besondere Fachkenntnisse verfügt und der Streitfall Fragen aus dem betreffenden Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass eine verständige Partei zur angemessenen Wahrnehmung ihrer Rechte die Hinzuziehung gerade eines solchen Anwalts für ratsam halten muss, oder wenn zu dem betreffenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht und dies seine Beauftragung im Einzelfall rechtfertigt. Dies gilt auch für beklagte juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden, und zwar unabhängig davon, ob das Gesetz Vertretungszwang vorschreibt (vgl. § 67 Abs. 4 VwGO) oder die Behörde/juristische Person des öffentlichen Rechts über eigene juristische qualifizierte Mitarbeiter oder gar eine eigene Rechtsabteilung verfügt.
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Der Erinnerungsführer (Antragsteller) trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Das Gericht entscheidet vorliegend über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 26. März 2013 durch den Vorsitzenden, der auch die zugrunde liegende Kostenlastentscheidung im Verfahren 6 K 1038/12 getroffen hat. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren stellt ein von der Kostenlastentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren dar, so dass das Gericht über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung entscheidet, in der die zugrunde liegende Kostenentscheidung getroffen wurde; bei einer Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter gemäß § 87 a Abs. 2 bzw. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist dieser auch im Erinnerungsverfahren zuständig.
Die Erinnerung hat keinen Erfolg. Die Erinnerung, die sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. März 2013 richtet, soweit darin eine 524,93 Euro überschreitende Terminsgebühr in Höhe von 679,20 Euro nach Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses der Anlage 1 zum RVG (VV RVG) und Reisekosten gemäß Nr. 7004 und 7005 VV RVG in Höhe von insgesamt 15,70 Euro angesetzt wurden, ist gemäß §§ 151, 165 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
Soweit der Antragsteller und Erinnerungsführer meint, die Terminsgebühr hätte nur „ausgehend von der Summe der Streitwerte der verbundenen Verfahren“ festgesetzt werden dürfen, ist dem nicht zu folgen.
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2013 über die Klage des Klägers gegen den Beitragsbescheid des Beklagten vom 24. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Dezember 2012 (Az. 6 K 1038/12) wurden neben der Klage des Klägers gleichzeitig drei weitere Klagen anderer Kläger gegen andere Beitragsbescheide des Beklagten (Az. 6 K 1039/12, 6 K 1040/12 und 6 K 1041/12) aufgerufen. Der Antrags- und Erinnerungsgegner war bei Aufruf aller vier Sachen durch seinen prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten, die Kläger in allen o.g. Verfahren durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers und Erinnerungsführers. Der Vorsitzende stellte zunächst die für die Beteiligten jeweils anwesenden Personen fest und verkündete dann den Beschluss, dass alle vier Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung verbunden würden. Durch Urteil vom 22. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt. Durch gesonderten Beschluss hat es den Wert des Streitgegenstandes auf 15.368 € festgesetzt. In den anderen drei Verfahren wurden Streitwerte von 3.886,20, 3.272,50 € und 4.099,55 € bestimmt.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss für das Klageverfahren des Antragstellers und Erinnerungsführers zu Recht eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG aus dem Einzelstreitwert dieses Verfahrens zugunsten des Erinnerungs- und Antragsgegners in Ansatz gebracht.
Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG für die Vertretung in einem Verhandlungstermin entsteht, wenn dieser Termin durch Aufruf der Sache beginnt und der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt vertretungsbereit anwesend ist. Verbindet das Gericht nach Aufruf der Sache mehrere Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung, kann die bereits entstandene Terminsgebühr dadurch nicht mehr beeinflusst werden.
Denn nach Abs. 3 der Vorbemerkung zum Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungstermin. Es genügt dafür, dass dieser Termin stattfindet und der Rechtsanwalt vertretungsbereit anwesend ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2010 – 9 KSt 1/10 u.a. -, zit. nach juris; Beschluss vom 11. Februar 2010 – 3 KSt 3/10 -, NJW 2010, 1391; BayVGH, Beschluss vom 17. April 2007 - 4 C 07.659 -, NVwZ-RR 2008, S. 504; a.A. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. August 2006 - 3 S 1425/06 - NVwZ-RR 2006, S. 855; VG Hamburg, Beschluss vom 9. Mai 2008 – 8 K 2094/07 -, zit. nach juris). Beide letztgenannten Voraussetzungen waren vorliegend erfüllt, als der Vorsitzende am 22. Januar 2013 den Verbindungsbeschluss verkündete. Denn der Verhandlungstermin hatte mit dem Aufruf der Sache begonnen, und zu diesem Zeitpunkt waren die Prozessbevollmächtigten der Beteiligten ausweislich der Sitzungsniederschrift vertretungsbereit anwesend. Der vom Antragsteller und Erinnerungsführer hiergegen ins Feld geführten abweichenden Auffassung (vgl. etwa obige Zitate), wonach die Terminsgebühr bei einer solchen Fallgestaltung aus der Summe der Einzelstreitwerte der verbundenen Verfahren zu errechnen und bei der Kostenerstattung auf die Verfahren aufzuteilen ist, kann sich die Kammer – mit dem Bundesverwaltungsgericht - nicht anschließen. Denn sie lässt außer Acht, dass die Terminsgebühr nach dem Einzelstreitwert - wie dargelegt - bereits entstanden war, bevor die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden.
Auch die festgesetzten Reisekosten (Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld) sind nicht zu beanstanden.
Erstattungsfähig im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind gem. § 162 Abs. 1 VwGO u.a. die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind im Gerichtsverfahren die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig, also kraft Gesetzes als notwendig anzusehen. Damit soll es den Beteiligten erleichtert werden, sich eines qualifizierten Rechtsvertreters ihrer Wahl zu bedienen (vgl. § 67 Abs. 2 VwGO), um den Verwaltungsrechtsschutz wirksamer zu gestalten. Hiernach sind ausnahmsweise - unbeschadet des das gesamte Kostenrecht beherrschenden Grundsatzes, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten - auch die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dieser über besondere Fachkenntnisse verfügt und der Streitfall Fragen aus dem betreffenden Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass eine verständige Partei zur angemessenen Wahrnehmung ihrer Rechte die Hinzuziehung gerade eines solchen Anwalts für ratsam halten muss, oder wenn zu dem betreffenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht und dies seine Beauftragung im Einzelfall rechtfertigt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2010 - OVG 1 K 15.10 -, S. 4 f. des Entscheidungsabdrucks; Beschluss vom 8. April 2013 – 1 K 6.12 -, zit. nach juris). Soweit die erkennende Kammer in einer Berichterstatterentscheidung (vgl. Beschluss vom 6. September 2011 – 6 KE 18/11 -, S. 3 des E.A.) die Auffassung vertreten hat, persönliche Gründe rechtfertigten bei Berücksichtigung des Kostenminderungsgrundsatzes gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten nicht die Entstehung hoher Reisekosten, wenn der Rechtsstreit durch einen Anwalt am Ort des Geschehens ebenso geführt werden könnte, so dass es nicht darauf ankomme, ob zu dem betreffenden Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe und dies seine Beauftragung im Einzelfall rechtfertige, wird hieran mit Blick auf die o.g. Rechtsprechung des OVG Berlin- Brandenburg nicht festgehalten. Der eingangs genannte Grundsatz, dass es den Beteiligten eines Verwaltungsprozesses erleichtert werden soll, sich eines qualifizierten Rechtsvertreters ihrer Wahl zu bedienen, gilt dabei auch für beklagte juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden, und zwar unabhängig davon, ob das Gesetz Vertretungszwang vorschreibt (vgl. § 67 Abs. 4 VwGO) oder die Behörde/juristische Person des öffentlichen Rechts über eigene juristisch qualifizierte Mitarbeiter oder gar eine eigene Rechtsabteilung verfügt (vgl. OVG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2006 - 1 K 72.05 -, NVwZ 2006, 713 f.; Beschlüsse vom 10. September 2008 - 1 K 41.07 - und vom 20. Oktober 2008 – 1 K 95.07 -, jew. zit. nach juris; zuletzt Beschluss vom 26. Juni 2012 –1 K 25.09-, zit. nach juris). Hiernach ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragsstellers und Erinnerungsführers nicht zu erkennen, dass eine Behörde oder eine juristische Person für sich per se nicht in Anspruch nehmen können solle, mit dem hinzugezogenen Rechtsanwalt – als ihren „Hausanwalt“ – bereits seit Jahren vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.
Die genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall auch gegeben. Der Prozessbevollmächtigte des Antrags- und Erinnerungsgegners verfügt gerichtsbekannt über besondere Fachkenntnisse im kommunalen Abgabenrecht, wie auch von ihm verfasste Aufsätze und durchgeführte Seminare dokumentieren: er ist ferner seit geraumer Zeit mit der Beratung von Aufgabenträgern der Wasserver- und Abwasserentsorgung betraut. Der Streitfall warf auch Fragen aus dem Fachgebiet des Anschlussbeitragsrechts von solcher Schwierigkeit auf, dass eine verständige Partei zur angemessenen Wahrnehmung ihrer Rechte die Hinzuziehung gerade eines solchen Anwalts für ratsam halten musste. Auf das umfangreiche Urteil vom 22. Januar 2013 im Verfahren 6 K 1038/12 wird insoweit verwiesen. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Erinnerungsführers meint, auch im Raum Cottbus seien Anwälte mit besonderen Fachkenntnissen im kommunalen Abgabenrecht tätig, steht dies einer Erstattungsfähigkeit der in Rede stehenden Reisekosten nicht entgegen. Der Prozessbevollmächtigte des Antrags- und Erinnerungsgegners trägt unwidersprochen und glaubhaft vor, dass zwischen ihm und seinem Mandanten ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehe. Seit mehreren Jahren berate er ihn fortlaufend zu Fragen der Erhebung kommunaler Abgaben, wobei zur Beratung auch die Vertretung in gerichtlichen Verfahren gehöre. Auch der erkennenden Kammer ist bekannt, dass der Prozessbevollmächtigte des Antrags- und Erinnerungsgegners für diesen seit geraumer Zeit in gerichtlichen Verfahren auftritt. Da der Antragsteller und Erinnerungsführer die diesbezüglichen Angaben nicht bestritten hat, bedurfte es insoweit nicht der Einholung einer Stellungnahme des Antrags- und Erinnerungsgegners. Ohne Bedeutung ist auch, ob sich der Antrags- und Erinnerungsgegner möglicherweise in der Vergangenheit auch von anderen auf das kommunale Abgabenrecht spezialisierten Anwälten, die in Cottbus ansässig sind, hat vertreten lassen. Dieser Umstand schließt es nicht aus, dass sich ein Vertrauensverhältnis zu einem nicht in Cottbus ansässigen Rechtsanwalt entwickelt hat, dem der Antrags- und Erinnerungsgegner insoweit schon seit längerer Zeit den Vorzug gegeben hat bzw. gibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.