Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.11.2010 | |
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Aktenzeichen | 7 Sa 1354/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 23 Abs 1 KSchG, § 24 KSchG |
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 24. April 2010 - 5 Ca 40/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und in diesem Zusammenhang insbesondere über die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sowie über einen Anspruch des Klägers auf Teilzeit.
Die Beklagte ist eine international tätige Fluggesellschaft nach englischem Recht mit mehr als 6.000 Arbeitnehmern. Sitz der Beklagten ist London-L.. Dort ist auch die Hauptverwaltung angesiedelt. Von dort werden alle operativen und verwaltungstechnischen Entscheidungen getroffen, einschließlich sämtlicher Personalentscheidungen. In Deutschland ist der einzige Standort der Beklagten Berlin-Sch.. Dort beschäftigt sie einschließlich des Klägers acht Mitarbeiter als nicht fliegendes Personal. Außerdem sind in Sch. zwölf Flugzeuge der Beklagten mit jedenfalls mehr als zwei Arbeitnehmern des fliegenden Personals stationiert.
Der Kläger ist seit dem 5. Februar 2004 bei der Beklagten zuletzt auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 28. Mai 2008/2. Juni 2008 (Bl. 23 – 31 d.A.) als „ACCM-SXF“ (Assistent Cabin Crew Manager) in Berlin - Sch. beschäftigt.
Im Jahr 2009 kam es beim Kläger zu verschiedenen krankheitsbedingten Fehlzeiten, unter anderem vom 10. Juni 2009 bis zum 31. Juli 2009 und vom 28. September 2009 bis zum 20. November 2009. Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Juli 2009 forderte der Kläger die Beklagte auf, einer Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit ab dem 1. November 2009 von 40 auf 20 bzw. 30 Stunden zuzustimmen. Die Beklagte erklärte sich zu einer bis zum 31. Dezember 2009 befristeten Verringerung der Arbeitszeit des Klägers auf 20 Stunden bereit. Ob der Kläger eine von ihm bereits unterschriebene Vereinbarung über eine befristete Verringerung der Arbeitszeit vom Schreibtisch seiner Vorgesetzten mitnahm – so die Beklagte – ist streitig. Jedenfalls forderte der Kläger die Beklagte erneut mit Schreiben vom 9. September 2009 zu einer Zustimmung auf, was die Beklagte mit Schreiben vom 28. September 2009 ablehnte.
Da es zu anderweitigen Vereinbarungen mit der Beklagten über eine Verringerung der Arbeitszeit nicht kam, begehrt der Kläger mit der am 4. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 25. November 2009 zugestellten Klage eine Verringerung seiner Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden und entsprechende Beschäftigung. Noch vor Klagezustellung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 10. November 2009, dem Kläger zugegangen am 12. November 2009 fristgemäß zum 31. Januar 2010. Gegen diese Kündigung richtet sich die beim Arbeitsgericht am 17. November 2009 eingegangene Klageerweiterung, die der Beklagten zusammen mit der Klageschrift am 25. November 2009 zugestellt wurde.
Der Kläger hält das Kündigungsschutzgesetz im Hinblick auf die Zahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer für anwendbar, die streitgegenständliche Kündigung für sozial ungerechtfertigt und wegen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB für unwirksam. Die Beklagte hält demgegenüber das Kündigungsschutzgesetz nach § 23 KSchG schon deshalb nicht für anwendbar, weil sie in Deutschland keinen Betrieb, insbesondere aber keinen Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern unterhalte. Ihr Bodenbetrieb, dem der Kläger allein zugeordnet werden könne, liege in London-L.. Die in Berlin-Sch. stationierten Arbeitnehmer des Luftbetriebs seien bei der Beschäftigtenzahl nicht mitzurechnen, da sie keine Arbeitsverträge nach Deutschem Recht hätten und zudem der Flugbetrieb nach § 24 KSchG als eigener Betrieb zu werten sei.
Das Arbeitsgericht Cottbus hat mit Urteil vom 28. April 2010, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei nicht auf ihre soziale Rechtfertigung zu überprüfen, da das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung finde. Die Beklagte unterhalte in Berlin-Sch. keinen Bodenbetrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern. Das Flugpersonal könne nicht hinzugerechnet werden, da es sich insoweit gemäß § 24 KSchG um einen getrennten Betrieb handele. Für die Annahme eines etwaigen einheitlichen Betriebes von Boden- und Luftbetrieb habe der Kläger seine Darlegungs- und Beweislast nicht erfüllt. Zudem sei bei der Berechnung des Schwellenwertes gemäß § 23 Abs. 1 KSchG eine Zusammenrechnung der Mitarbeiter des fliegenden Personals der Beklagten mit dem Bodenpersonal schon deshalb nicht möglich, weil diese Arbeitsverträge nach englischem Recht hätten. Die Kündigung erweise sich nicht wegen eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB als unwirksam. Es fehle dazu bereits an einem zulässigen Teilzeitverlangen, da die erforderliche Anzahl von Arbeitnehmern für den Teilzeitanspruch in Sch. nicht erreicht worden sei Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses dem Kläger am 4. Juni 2010 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 24. Juni 2010 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 9. September 2010 am 8. September 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger und Berufungskläger vertritt unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Auffassung, das Kündigungsschutzgesetz finde vorliegend Anwendung. Die Beklagte unterhalte in Berlin-Sch. einen Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern. Jedenfalls seien bei der Berechnung des Schwellenwertes Land- und Luftbetrieb zusammenzurechnen. Zudem sei bei einer verfassungskonformen Auslegung des Betriebsbegriffs zu berücksichtigen, dass die Beklagte insgesamt 6.000 Arbeitnehmer beschäftige und daher die Kleinbetriebsklausel schon nach Sinn und Zweck ihrer Regelung auf sie nicht anzuwenden sei. Die Kündigung verstoße aber auch gegen das Maßregelungsverbot. Schon aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Teilzeitverlangen und Kündigung folge, dass diese wegen des zulässigen Teilzeitverlangens des Klägers erfolgt sei. Außerdem erweise sich die Kündigung als rechtsmissbräuchlich, da die Beklagte mit ihren Verhandlungen über das Teilzeitverlangen gezeigt habe, dass sie das Arbeitsverhältnis habe fortsetzen wollen und diese Verhandlungen plötzlich und unerwartet abgebrochen habe.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus (5 Ca 40/10) vom 28.04.2010 aufzuheben,
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag des Klägers zur Reduzierung seiner vertraglichen Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden zuzustimmen,
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger jeweils Montag, Dienstag und Mittwoch in der Zeit von 09:00 h bis 17:30 h einschließlich Pausen unter Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages zu beschäftigen,
4. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung vom 10.11.2009 nicht aufgelöst wird,
5. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 4 zu den im Arbeitsvertrag vom 28.05.2008 geregelten Arbeitsbedingungen als ACCM-SXF nach Maßgabe des Klageantrages zu 2 weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt im Wesentlichen das arbeitsgerichtliche Urteil mit Rechtsausführungen zur fehlenden Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes und verweist für die Trennung zwischen Boden- und Luftbetrieb auf die Regelung in in § 24 Abs. 1 KSchG. Zudem scheide eine Zusammenrechnung schon deshalb aus, weil das Flugpersonal englische Arbeitsverträge habe, die bei dem Schwellenwert für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nicht einzubeziehen seien. Die Kündigung verstoße auch nicht gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612 a BGB. Das Teilzeitverlangen des Klägers sei ohnehin unzulässig gewesen. Unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag behauptet die Beklagte insoweit außerdem, sie habe die Kündigung ausgesprochen, weil sie den Kläger wegen seiner erheblichen Fehlzeiten für nicht hinreichend belastbar eingeschätzt habe. Zudem habe der Kläger gegenüber seiner Vorgesetzten geäußert, dass „ihm das hier alles zuviel sei und er sich krankschreiben lassen wolle, und zwar dann, wenn es e. am schmerzhaftesten trifft“. Hinzu komme, dass der Kläger in einem Personalgespräch am 6. August 2009 die zwischen ihm und der Beklagten bereits unterzeichnete Vereinbarung über eine befristete Verringerung der Arbeitszeit einfach vom Schreibtisch seiner Vorgesetzten „entwendet“ habe, was das Arbeitsverhältnis ebenfalls erheblich belastet habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Schriftsatz des Klägers und Berufungsklägers vom 8. September 2010 (Bl. 189 bis 203 d. A.) sowie auf denjenigen der Beklagten und Berufungsbeklagten vom 1. November 2010 (Bl. 239 bis 257 d. A.) Bezug genommen.
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG, 511 ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
Die Berufung war daher zulässig.
2. Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Kündigung für rechtswirksam erachtet und die Klage abgewiesen. Die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten ist nicht auf ihre soziale Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG zu überprüfen, da das Kündigungsschutzgesetz gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG keine Anwendung findet. Sie war auch nicht aus sonstigen Gründen unwirksam. Endete das Arbeitsverhältnis der Parteien aber aufgrund dieser Kündigung, ging zugleich das Teilzeitverlangen des Klägers ins Leere.
2.1 Die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 10. November 2009 erweist sich nicht als sozialwidrig im Sinne von § 1 Abs. 2, 3 KSchG, da das Kündigungsschutzgesetz auf das vorliegende Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Bodenbetrieb in Berlin-Sch. nicht mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG. Für die maßgebliche Zahl der Arbeitnehmer waren weder die von der Beklagten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Mitarbeiter des Bodenpersonals hinzuzurechnen noch das in Sch. stationierte Flugpersonal.
2.1.1 Nach § 23 Abs. 1 KSchG gelten die Vorschriften des 1. Abschnitts für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat, nur in Betrieben, in denen in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. Dabei ist unter „Betrieb“ die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln zu verstehen, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt (vgl. std. Rspr. BAG, z.B. BAG vom 17.01.2008 – 2 AZR 902/06 – AP Nr. 40 zu § 23 KSchG 1969).
Der Betrieb ist dabei abzugrenzen vom Unternehmen. Der Gesetzgeber unterscheidet in § 1 Abs. 1 KSchG zwischen “Betrieb” und “Unternehmen”, so dass auch in § 23 Abs. 1 KSchG der Betriebsbegriff nicht mit dem des Unternehmens gleichgesetzt werden kann (BAG vom 28.10.2010 – 2 AZR 392/10 – PM; vom 17.01.2008 – 2 AZR 902/06 a.a.O.). Der Gesetzgeber hat ungeachtet der Diskussion darüber, ob die Betriebsbezogenheit des Kündigungsschutzgesetzes beibehalten oder diese durch eine Unternehmensbezogenheit abgelöst werden sollte, und in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung des Betriebsbegriffs in § 23 Abs. 1 KSchG in mehreren Änderungen des Gesetzeswortlauts des § 23 Abs. 1 KSchG unverändert an dem Begriff des „Betriebes“ festgehalten hat (vgl. ausführlich dazu BAG vom 17.01.2008 – 2 AZR 902/06 a.a.O.). Die von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung des Begriffs „Betrieb“ in § 23 Abs. 1 KSchG wurde vom Bundesverfassungsgericht gebilligt (BVerfG Beschluss vom 27.01.1998 – 1 BvL 15/87 – BverfGE 97, 169).
Ein solcher Betrieb muss zudem im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG erfüllen (vgl. std. Rspr. vgl. BAG vom 26.03.2009 - 2 AZR 883/07 - DB 2009, 1409-1410; vom 17.01.2008 – 2 AZR 902/06 – a.a.O.). Der Gesetzgeber hat mit dem Begriff “Betrieb” des Kündigungsschutzgesetzes einen feststehenden Rechtsbegriff aufgegriffen, der durch das Betriebsverfassungsgesetz geprägt war und dort nur solche organisatorischen Einheiten erfasst, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. Er hat für die Seeschifffahrts-, Binnenschifffahrts- und Luftverkehrsbetriebe, also für Lebenssachverhalte, bei denen typischerweise Auslandsberührungen zu erwarten sind, unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten diese Sachverhalte mit einem Anknüpfungspunkt in der Bundesrepublik Deutschland versehen und auch in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Begrenzung des Betriebsbegriffs auf die Bundesrepublik Deutschland Gesetzesänderungen keine Anpassungen vorgenommen (vgl. dazu ausführlich BAG vom 17.01.2008 – 2 AZR 902/06 a.a.O.). Diese Einschränkung auf Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland wurde vom Bundesverfassungsgericht gebilligt (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 12.03.2009 - BvR 1250/08 – in juris).
2.1.2 Der Kläger war in einem solchen Betrieb, in dem auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden, nicht beschäftigt.
2.1.2.1 Für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes war auf die Zahl der Arbeitnehmer der Beklagten im Beschäftigungsbetrieb „Boden“ abzustellen. Unstreitig war der Kläger als Mitarbeiter des Bodenpersonals beschäftigt. Der „Bodenbetrieb“ eines Luftfahrtunternehmens ist nach den gesetzlichen Regelungen in § 23 und § 24 KSchG ein eigener vom Luftbetrieb zu unterscheidender Betrieb. Am Boden beschäftigte die Beklagte indes unstreitig nur 8 Arbeitnehmer. Mithin erfüllt diese Einheit nicht die Anforderungen an die Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG. Ob dieser Bereich in Berlin-Sch. überhaupt als Betrieb im Sinne von § 23 Abs. 1 KSchG organisiert ist oder nur einen Teil des Bodenbetriebs der Beklagten in London-Luton bildet, kann dahinstehen. Denn auch wenn zugunsten des Klägers unterstellte würde, die Beklagte unterhielte in Berlin-Sch. einen Bodenbetrieb, erreicht dieser Betrieb dort nicht die nach § 23 Abs. 1 KSchG maßgebliche Beschäftigtenzahl.
Die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in London, beschäftigten Arbeitnehmer des Bodenpersonals konnten auch dann nicht bei der Berechnung des Schwellenwertes berücksichtigt werden, wenn Berlin-Sch. mit London-L. einen einheitlichen Betrieb bilden würden. Denn dieser Betrieb würde auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG erfüllen. Zudem fehlt es für eine Berücksichtigung der in England beschäftigten Mitarbeiter an dem erforderlichen Bezug zum deutschen Arbeitsrecht; deren Arbeitsverhältnisse unterliegen nicht deutschem Recht. Im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse nicht dem deutschen Recht unterliegen, zählen aber auch dann bei der Berechnung des Schwellenwertes nicht mit, wenn die ausländische Arbeitsstätte mit der deutschen einen Gemeinschaftsbetrieb bildet (vgl. BAG vom 26.03.2009 – 2 AZR 883/07 – DB 2009, 1409 ff.).
Auf den Umstand, dass die Beklagte weltweit mehr als 6000 Arbeitnehmer beschäftigt, kam es nach den obigen Grundsätzen nicht an. Dies wäre nur dann entscheidend, wenn mit dem Kläger davon auszugehen wäre, dass der Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes unternehmensbezogen, nicht aber betriebsbezogen ist. Dies ist indes – wie oben aufgezeigt – nicht der Fall.
2.1.2.2 Die von der Beklagten in Sch. stationierten Mitarbeiter des Flugpersonals waren bei der Zahl der Beschäftigten des Bodenbetriebs nach § 23 Abs.1 KSchG ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Als Teil des fliegenden Personals sind sie Beschäftigte eines anderen Betriebs der Beklagten, nämlich des Luftbetriebs. Anhaltspunkte dafür, dass der Boden- und der Luftbetrieb der Beklagten in Berlin-Sch. einen gemeinsamen Betrieb bilden, hat der Kläger nicht dargetan.
Nach der gesetzlichen Regelung in §§ 23 und 24 KSchG bilden Bodenbetrieb und Flugbetrieb getrennte Betriebe. Nach der Definition des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt als Betrieb die Gesamtheit der Luftfahrzeuge eines Luftverkehrsbetriebs, ohne dass es darauf ankommt, ob die einzelnen Luftfahrzeuge tatsächlich in arbeitstechnischer oder organisatorischer Hinsicht eine Einheit darstellen. Dieser aus der Gesamtheit der Luftfahrzeuge gebildete Betrieb steht selbständig neben dem Bodenbetrieb der jeweiligen Unternehmung. Daraus folgt zugleich, dass im Bodenbetrieb mehr als zehn Personen beschäftigt sein müssen, damit auch die Arbeitnehmer des Bodenbetriebs in den Genuss des Kündigungsschutzes gelangen (vgl. Kiel in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2011 § 24 Rz. 4; BAG vom 28.02.1991 – 2 AZR 517/90 – RZK I 4 c 14 unter Hinweis auf BAG vom 28.12.1956 – 2 AZR 207/56 - BAGE 3, 197). Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn Boden- und Luftbetrieb einen gemeinsamen Betrieb bilden (vgl. BAG vom 28.02.1991 – 2 AZR 517/90 – a.a.O.). Zum Vorliegen eines gemeinsamen Betriebs hat der dafür grundsätzlich darlegungspflichtige Kläger aber keine Tatsachen vorgetragen, die auch nur annähernd Anhaltspunkte für einen solchen gemeinsamen Betrieb von Luft- und Bodenbetrieb ergeben und im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast einen Vortrag der Beklagten erfordert hätten. Auch eine Zuordnung des Bodenbetriebs als unselbständiger Betriebsteil zum Luftbetrieb der Beklagten in Berlin-Sch. scheidet aus. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass der Bodenbetrieb ein solcher unselbstständiger Teil des Luftbetriebs war. Die gesetzliche Differenzierung zwischen dem Bodenbetrieb und dem Luftbetrieb als jeweilige Betriebe steht im Übrigen einer solchen Zuordnung entgegen. Der Bodenbetrieb in Berlin-Sch. könnte allenfalls als unselbstständiger Betriebsteil der Beklagten zu London-L. gelten. Dies hat indes nach den obigen Ausführungen keine Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes.
2.1.2.3 War der Luftbetrieb dem Bodenbetrieb nicht hinzuzurechnen, kam es nicht weiter darauf an, ob die Arbeitsverträge der dem Luftbetrieb zuzurechnenden Mitarbeiter englischem oder deutschem Arbeitsrecht unterlagen. Denn auch wenn die in einem in der Bundesrepublik gelegenen Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer mit ausländischen Arbeitsverträgen aufgrund ihrer Tätigkeit in einem solchen Betrieb einen ausreichenden Bezug zum deutschen Arbeitsrecht aufweisen würden, der es nach Sinn und Zweck von § 23 Abs. 1 KSchG rechtfertigte, sie grundsätzlich bei der Berechnung des Schwellenwertes hinzuzurechnen, kam es auf diese Arbeitnehmer nicht an. Wie oben ausgeführt, gehören diese beiden Bereiche nach der gesetzlichen Fassung für die Bestimmung der maßgeblichen Beschäftigtenzahl nicht zusammen.
2.1.2.4 Auch unter Berücksichtigung der bei § 23 Abs. 1 KSchG gebotenen verfassungskonformen Auslegung des Betriebsbegriffs ist der Kläger nicht in einem Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern beschäftigt.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (Nichtannahmebeschluss vom 12. März 2009 – 1 BvR 1250/08) ist im Zusammenhang mit § 23 KSchG allerdings dann eine verfassungskonforme Auslegung des Betriebsbegriffs vorzunehmen, wenn sich die Betriebsleitung im Ausland befindet, die Arbeitsleistung von mehr als zehn Arbeitnehmern, die den Betrieb im Übrigen bilden, aber in Deutschland erbracht wird. Diese Fallkonstellation liegt hier indes nicht vor. Eine solche verfassungskonforme Auslegung hilft nur über die fehlende Betriebsstruktur des Bodenbereichs in Deutschland hinweg. Die am Boden in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer erreichen den Schwellenwert von mehr als zehn Arbeitnehmern jedoch nicht.
Dabei ist dem Kläger zuzugeben, dass gerade in Anbetracht der 6000 von der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer die Verneinung der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes mit dem Sinn und Zweck der Kleinbetriebsklausel schwer zu vereinbaren ist. Dies beruht aber im Wesentlichen auf der Entscheidung des Gesetzgebers, nicht auf den Arbeitgeber – wie dies weitgehend befürwortet wird - sondern auf den Betrieb abzustellen. Die im Luftbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer können nach der Wertung des Gesetzgebers in § 24 KSchG, der von zwei verschiedenen Betrieben ausgeht, nicht hinzugerechnet werden. Auch dies ist der Unterscheidung des Gesetzgebers zwischen Betrieb und Arbeitgeber geschuldet. Eine verfassungskonforme Auslegung entgegen der gesetzlichen Regelung ist nicht möglich.
2.2 Wird aber der Schwellenwert von mehr als zehn Arbeitnehmern im Sinne von § 23 KSchG nicht erreicht, findet § 1 Abs. 2 KSchG vorliegend auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Die Kündigung bedurfte mithin für ihre Wirksamkeit nicht der sozialen Rechtfertigung.
3. Die Kündigung erweist sich nicht nach § 134 BGB in Verbindung mit § 612 a BGB wegen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot als unwirksam. Die Voraussetzungen dafür hat der Kläger nicht dargetan.
3.1 Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als „Maßnahme“ im Sinne des § 612 a BGB kommen auch Kündigungen in Betracht. Zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG vom 23.04.2009 – 6 AZR 189/08 - DB 2009, 1936-1938).
3.2 Unter Berücksichtigung und in Anwendung dieser Grundsätze konnte das Berufungsgericht – ebenso wie bereits das Arbeitsgericht – einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nicht feststellen. Dabei kann dahinstehen, ob die Anwendung von § 612 a BGB bereits deshalb ausscheidet, weil der Kläger jedenfalls zunächst keinen zulässigen Teilzeitantrag gestellt, sondern insbesondere die von ihm begehrte Arbeitszeit zwischen 20 und 30 Stunden offen gelassen hat. Für einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot hat der Kläger ohnehin die erforderliche Kausalität nicht dargetan. Gegen ein maßgebliches Motiv sprach bereits der fehlende zeitliche Zusammenhang zwischen dem Teilzeitverlangen des Klägers und dem späteren Ausspruch der Kündigung. Die Beklagte hat zunächst mit dem Kläger längere Zeit über das Teilzeitverlangen verhandelt und ihm eine befristete Herabsetzung seiner Arbeitszeit angeboten. Es kam zwischen den Parteien offensichtlich auch zu einer entsprechenden Vereinbarung, die der Kläger nicht gegen sich gelten lassen wollte. Dieser Ablauf sprach aber dagegen, dass das vom Kläger geäußerte Teilzeitverlangen maßgebliches Motiv für die Kündigung gewesen sein sollte. Nähere Anhaltspunkte dafür hat der Kläger aber nicht dargetan.
Auch für die Annahme, die Beklagte habe die Kündigung deshalb ausgesprochen, weil der Kläger beim Arbeitsgericht Klage erhoben hat, um sein Teilzeitbegehren gerichtlich durchzusetzen, gab es keine Anhaltspunkte. Unstreitig wurde die Klage nämlich erst nach Ausspruch der Kündigung der Beklagten zugestellt. Dass die Beklagte aus anderen Gründen Kenntnis von der Klageerhebung hatte, hat der Kläger seinerseits nicht behauptet.
4. Entgegen der Auffassung des Klägers erweist sich die streitgegen-ständliche Kündigung auch nicht wegen Verstoß gegen § 242 BGB als rechtsunwirksam. Allein die Verhandlungen der Beklagten mit dem Kläger über den Abschluss eines Teilzeitvertrages verbieten der Beklagten nicht im weiteren Verlauf den Ausspruch einer Kündigung, zumal dieser Vertrag im Ergebnis jedenfalls aus Sicht des Klägers nicht zustande gekommen ist. Die Kündigung wurde auch nicht willkürlich ohne jeden Anlass ausgesprochen. Die Beklagte begründet die Kündigung mit den im Jahre 2009 aufgetretenen Fehlzeiten und der sich aus ihrer Sicht daraus ergebenden mangelnden Belastbarkeit des Klägers. Zwar würden diese Fehlzeiten einer Prüfung nach § 1 Abs. 2 KSchG nicht standhalten. Sie stehen im Hinblick auf ihre Dauer einer rein willkürlichen Kündigung jedoch entgegen. Zudem konnte die Beklagte gegen die willkürliche Kündigung auch das Verhalten des Klägers in Bezug auf den von beiden Seiten unterzeichneten Vertrag anführen. Den diesbezüglichen Vortrag der Beklagten, er habe einen bereits unterzeichneten Vertrag an sich genommen, hat der Kläger - der sich schon nicht substantiell zu dem Vorbringen der Beklagten, er habe einen Vertrag unterzeichnet, eingelassen hat, nicht substantiiert bestritten. Dass dieses Verhalten möglicherweise eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung nicht getragen hätte, war dabei außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes nicht entscheidend. Auf die von der Beklagten ebenfalls angeführten – zwischen den Parteien streitigen – Äußerungen des Klägers im Zusammenhang mit der späteren Erkrankung, kam es nicht weiter an.
5. Bedurfte die Kündigung nicht der sozialen Rechtfertigung und erweist sie sich auch nicht aus anderen Gründen als rechtsunwirksam, endet das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Januar 2010. Damit war dem Teilzeitverlangen des Klägers seine Grundlage entzogen.
Die Berufung des Klägers war insgesamt zurückzuweisen mit der Folge, dass er gemäß § 97 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.
6. Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 72 Abs. 2 ArbGG dafür nicht vorlagen.