Gericht | VG Potsdam 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 12.09.2012 | |
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Aktenzeichen | 2 K 1545/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 22 Abs 1 Nr 1 GleichstG BB |
Der Beklagte wird verurteilt, die Umsetzungsverfügung vom 29. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2010 aufzuheben und die Klägerin auf ihren früheren Dienstposten (Lehrkraft der unteren Klassen an der Grundschule „... “ in ... ) rückumzusetzen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beteiligten streiten über die Umsetzung der Klägerin von der Grundschule „... “ in ... an die Grundschule „... “ in ... .
Die am … März 1955 geborene Klägerin steht seit dem 22. Juni 1999 als Lehrerin zur Anstellung und seit dem 26. März 2002 als Lehrerin (A 11 BBesO) in den Diensten des Beklagten. Zuvor war sie seit dem 1. August 1975 beim Rat des Kreises ... und seit dem 1. August 1980 beim Rat des Kreises ... als Lehrerin tätig. Sie hat die Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden Oberschule. Für das Fach Mathematik hat sie gemäß § 71 des Ersten Schulreformgesetzes erfolgreich eine Erweiterungsprüfung abgelegt. Sie unterrichtete seit September 2002 an der Grundschule „... “ in ... (damals noch „Grundschule ... II“).
Mit Verfügung vom 29. Juni 2010 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. August 2010 von der Grundschule „... “ in ... an die Grundschule „... “ in ... umgesetzt. Die Umsetzung erfolgte von Amts wegen aus dienstlichen Gründen und diente - so die Verfügung - dem Zweck, den Fachbedarf an der Grundschule „... “ zu decken. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Juli 2010 Widerspruch ein, den das Staatliche Schulamt Brandenburg an der Havel mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2010 zurückwies. Aus dem Widerspruchsbescheid ergibt sich, dass die Umsetzung erfolgte, weil an der Schule, in der die Klägerin bis zur Umsetzung tätig war, der Betriebsfrieden erheblich gestört gewesen sei. Ferner habe an der Grundschule „... “ ab dem Schuljahr 2010/11 in den von der Klägerin unterrichteten Fächern, insbesondere im Fach Musik, ein Fachbedarf bestanden. Hinzu sei gekommen, dass sich der Weg zum neuen Dienstort der in ... wohnenden Klägerin durch die Umsetzung verkürzt habe.
Mit ihrer am 30. August 2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Personalrat an ihrer Umsetzung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Der Personalrat sei mit Schreiben vom 24. Juni 2010 um eine Stellungnahme gebeten worden. Die Umsetzung sei aber bereits am 29. Juni 2010, mithin vor Ablauf einer Frist von 10 Arbeitstagen, verfügt worden. Außerdem ergebe sich nach Aktenlage nicht, dass die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Schon aus diesen Gründen sei die Umsetzung rechtswidrig und rückgängig zu machen. Darüber hinaus habe weder ein Lehrkräfteüberhang bei der abgebenden Schule noch ein Fachbedarf an der aufnehmenden Schule bestanden, auch sei keine Auswahlentscheidung getroffen worden. Die Umsetzung sei insbesondere auch nicht wegen einer Störung des Betriebsfriedens gerechtfertigt. Keinesfalls trage sie, die Klägerin, die Verantwortung für – erst in jüngerer Zeit nach Wechseln in der Schulleitung – aufgekommene Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit an der Grundschule „... “.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Umsetzungsverfügung vom 29. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2010 aufzuheben und sie auf ihren früheren Dienstposten (Lehrkraft der unteren Klassen an der Grundschule „... “ in ... ) rückumzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Umsetzung der Klägerin sei erforderlich gewesen, um ein ausgeglichenes Betriebsklima zu erreichen und einen geordneten Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Es habe keine Umsetzungsrangfolge gebildet werden müssen, weil zur Beseitigung des Missstandes nur die Umsetzung der Klägerin in Betracht gekommen sei. Eine weniger einschneidende Maßnahme habe nicht zur Verfügung gestanden. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Schließlich unterfalle eine Umsetzung nicht dem Maßnahmenkatalog des § 22 des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG), weshalb die Gleichstellungsbeauftragte nicht habe beteiligt werden müssen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Personalakte verwiesen.
Die Klage ist, da die Umsetzung eines Beamten kein Verwaltungsakt ist,
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30/78 - , in juris, Rn. 16 ff.
als allgemeine Leistungsklage zulässig.
Die Klage ist auch begründet. Die vom Staatlichen Schulamt Brandenburg an der Havel verfügte Umsetzung der Klägerin erweist sich jedenfalls wegen der unstreitig unterbliebenen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten nach § 22 LGG als rechtswidrig und ist daher rückgängig zu machen. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 LGG unterstützt die Gleichstellungsbeauftragte die Dienststelle bei der Durchführung und Einhaltung des Landesgleichstellungsgesetzes, insbesondere bei personellen Maßnahmen. Die dazu in § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LGG enthaltene Aufzählung umfasst zwar den Fall der Umsetzung nicht ausdrücklich. Jedoch ist diese Aufzählung nach dem klaren Gesetzeswortlaut („insbesondere“) nicht abschließend. Sinn der gesetzlich vorgesehenen Unterstützung der Dienststelle ist es, dass die Gleichstellungsbeauftragte sich aktiv am Entscheidungsprozess in Bezug auf für die Dienststelle wesentliche personelle Maßnahmen beteiligt, ihre Meinung äußert und gegenüber den Verantwortlichen ihre Vorstellungen in legitimer Weise durchzusetzen versucht.
S. Gesetzesentwurf der Landesregierung, LT-Drucksache 1/2847, S. 19.
Es liegt auf der Hand, dass es sich auch bei einer Umsetzung, bei der die betroffene Beamtin die Schule und den Dienstort wechselt, um eine für die Dienststelle wesentliche personelle Maßnahme handelt, die in ihrer Bedeutung nicht hinter den in § 22 Abs. 1 Nr. 1 LGG ausdrücklich genannten Maßnahmen, insbesondere derjenigen einer Versetzung, zurückbleibt. Die Wirkung ist bei der abgebenden Schule nämlich nicht anders als im Falle einer Versetzung. Das Staatliche Schulamt wäre daher gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 LGG gehalten gewesen, die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig über die Maßnahme zu unterrichten und anzuhören. Da dies nicht geschehen ist und nach der Umsetzungsverfügung vom 29. Juni 2010 und dem dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 23. August 2010 bereits getroffenen Entscheidung über die Maßnahme auch nicht mehr nach § 22 Abs. 3 LGG nachgeholt werden konnte, erweist sich die Umsetzung der Klägerin von der Grundschule „... “ in ... an die Grundschule „... “ in ... als rechtswidrig. Ob der Verstoß gegen die gebotene Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten in entsprechender Anwendung des § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes unbeachtlich wäre, wenn die Umsetzung der Klägerin rechtlich zwingend geboten gewesen wäre, kann dahinstehen. Da das - weite - Organisationsermessen des Beklagten ersichtlich nicht auf eine solche Entscheidung reduziert gewesen ist, kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten eine andere Entscheidung getroffen worden wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe, gemäß §§ 124 Abs. 2, 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).