Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 27. Senat | Entscheidungsdatum | 27.03.2013 | |
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Aktenzeichen | L 27 SF 8/13 B AB | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 118 SGG, § 406 ZPO |
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die nach § 172 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Klägers ist unbegründet, da das Sozialgericht mit dem angegriffenen Beschluss zu Recht dessen Gesuch abgelehnt hat, den Sachverständigen Prof. Dr. Z wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
Das Sozialgericht hat Prof. Dr. Z mit Beweisanordnung vom 26. Januar 2012 zum Sachverständigen ernannt. Der Sachverständige hat sein Gutachten unter dem 16. Juni 2012 erstattet. Der Kläger selbst hat sich am 25. Juni 2012 an das Sozialgericht gewandt und – vorbehaltlich der mit seinem Rechtsanwalt in wenigen Tagen stattfindenden Erörterung und ggf. anwaltlichem Schriftsatz zur Frage einer erschöpfenden, ordentlichen und weitgehend nicht angreifbaren Begutachtung – erhebliche Zweifel an der Objektivität und Gründlichkeit, an der inhaltlichen Geschlossenheit und an der vermeintlichen erschöpfenden Berücksichtigung signifikanter medizinischer Befunde im forensischen Gutachten des Prof. Dr. Z mitgeteilt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 4. Juli 2012 beim Sozialgericht eine Fristverlängerung bis Ende August für die Stellungnahme zu dem Gutachten beantragt, weil eine vorgesehene Besprechung mit dem Kläger hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise in Bezug auf das Gutachten wegen eines stationären Krankenhausaufenthaltes des Klägers nicht habe stattfinden können. Das Sozialgericht hat Prof. Dr. Z unter dem 4. Juli 2012 darum gebeten, sich gutachterlich mit dem Schreiben des Klägers vom 25. Juni 2012 auseinander zu setzen und darzulegen, ob sich Änderungen bei der Beantwortung der Beweisfragen ergeben. Am 15. August 2012 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers inhaltlich zu dem Gutachten Stellung genommen und am Ende dieser Stellungnahme ausgeführt, es sei nicht auszuschließen, das der Sachverständige „sein“ Gutachten verteidigen wolle, so dass auch aus Sicht eines objektiven und vernünftigen Dritten die Sorge bestehe, Prof. Dr. Z gehe nicht mehr unvoreingenommen an die Ergänzung seines Gutachtens heran. Es werde daher beantragt, einen anderen Gutachter mit der Ergänzung des Gutachtens im Hinblick auf die psychische Erkrankung des Klägers zu beauftragen. Das Sozialgericht hat den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers dem Sachverständigen zur laufenden Stellungnahme nachgesandt. In einer psychiatrisch-gutachterlichen Stellungnahme vom 20. August 2012 hat der Sachverständige die Feststellungen des Klägers zu seinem Vorgehen im Vorlauf der Untersuchung und in der Untersuchung selbst als sachlich falsch zurückgewiesen. Da keine neuen oder bislang unbekannten medizinischen Befunde und Einschätzungen in das Verfahren eingebracht worden seien, bestehe kein Grund, von den gutachterlichen Einschätzungen abzuweichen. In einer weiteren psychiatrisch-gutachterlichen Stellungnahme vom 28. August 2012 hat der Sachverständige von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus seiner Sicht unterstellte Fehler in der Vorgehensweise in der Untersuchung und in der Bewertung der Befunde zurückgewiesen. Hinsichtlich der von ihm gestellten Diagnosen könne er eine gewisse Unsicherheit aber nicht verbergen. Sollten anderslautende fachärztliche Befunde nach eigener Untersuchung vorliegen, wolle er sie gerne kritisch würdigen, auch wenn es ihm unwahrscheinlich erscheine, dass eine andere Diagnose Einfluss auf die Pflegebedürftigkeit beim Kläger haben könne. Am 18. Oktober 2012 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Sachverständigen in Bezug auf dessen ergänzende Stellungnahme vom 28. August 2012 wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil dieser sich darin mit einem Gutachten auseinandersetze, das ihm inhaltlich gar nicht bekannt sei, und dessen Schlussfolgerungen er gleichwohl in Zweifel ziehe. Das Sozialgericht hat den Antrag des Klägers vom 15. August 2012, den Sachverständigen Prof. Dr. Z wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, den der Kläger am 18. Oktober 2012 wiederholt habe, mit Beschluss vom 14. Dezember 2012 abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die von dem Kläger behaupteten Mängel in der Begutachtung, die alle auf die Qualität des Gutachtens abzielten, stellten keinen Befangenheitsgrund dar, sondern seien im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch zu würdigen. Der Sachverständige habe sich in keiner seiner Stellungnahmen als parteilich erwiesen. Die Bewertung seiner Ausführungen obliege dem erkennenden Gericht im Rahmen der abschließenden Entscheidung über den erhobenen Anspruch. Mit der gegen diesen Beschluss vom Kläger selbst eingelegten Beschwerde trägt dieser vor, der Sachverständige Prof. Dr. Z weigere sich, medizinische Befunde zur Kenntnis zu nehmen und sei daher ihm gegenüber befangen.
Ein Sachverständiger kann nach § 118 Absatz 1 SGG in Verbindung mit § 406 Absatz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Nach § 42 Absatz 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wobei nach Absatz 2 der Vorschrift die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit stattfindet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Übertragen auf einen Sachverständigen bedeutet dies, dass ein Grund vorliegen muss, der geeignet ist, Misstrauen in dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Nicht entscheidend ist, ob er tatsächlich befangen ist; vielmehr kommt es nur darauf an, ob ein am Verfahren Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, dass der Sachverständige nicht unvoreingenommen den Beteiligten und der Sache gegenüberstehe. Die nur subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftiger Weise kein Grund ersichtlich ist, ist dagegen nicht Maßstab der Prüfung (vgl. zum Ganzen den Beschluss des Senats vom 29. Februar 2012 – L 13 SF 16/12 B AB und vom 22. November 2012 – L 13 SF 248/12 B AB; jeweils Rn. 2 bei Juris). Danach ist die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen Prof. Dr. Z nicht begründet. Die von dem Kläger mit seinem Antrag vorgebrachte Begründung rechtfertigt kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen. Das Sozialgericht hat in dem angegriffenen Beschluss zu Recht darauf hingewiesen, dass die Auseinandersetzung mit den vom Kläger geltend gemachten inhaltlichen Mängeln des Gutachtens der vom Sozialgericht vorzunehmenden Beweiswürdigung vorbehalten bleibt und diese nicht die Besorgnis zu begründen vermögen, der Sachverständige stehe dem Kläger und seinem Anliegen nicht unvoreingenommen gegenüber. Der Sachverständige hat in seiner letzten Stellungnahme – auch wenn er seinem Gutachtenauftrag entsprechend den Pflegebedarf des Klägers bereits bewertet hat – eine kritische Würdigung weiterer medizinischer Befunde, die ihm bisher nicht vorlagen, in Aussicht gestellt. Eine Weigerung, Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen und dem Gutachtenauftrag entsprechend zu bewerten, liegt damit bei vernünftiger Betrachtung nicht vor.
Die entsprechend § 193 Absatz 1 Satz 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Beschwerde keinen Erfolg hatte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).