Gericht | SG Frankfurt (Oder) 27. Kammer | Entscheidungsdatum | 11.01.2011 | |
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Aktenzeichen | S 27 KR 59/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 5, § 31 Abs 1 SGB 5, § 15 Abs 1 SGB 5, § 73 Abs 2 S 1 Nr 7 SGB 5, § 2 AMG, § 3 MPG |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin mit dem Mittel Gepan® instill zu versorgen und hierfür eine entsprechende Kostenübernahmeerklärung abzugeben.
Die 1968 geborene Klägerin leidet unter chronisch rezidivierenden Harnwegsinfekten und an einer chronischen OAB-Symptomatik (überaktive Harnblase) bei einem Zustand nach Reflux-Operation im Kindesalter. Mit Schreiben vom 19.11.2008 beantragte sie daher bei der Beklagten, die Kosten für das Mittel Gepan® instill zur Behandlung der Blase zu übernehmen. Zur Begründung trug sie vor, im Juni 2008 sei eine Behandlung begonnen worden. Hierzu sei Gepan® instill in die Harnblase instilliert worden. Hierbei sei es zu einer Besserung der Beschwerden gekommen. Aufgrund einer Gesetzesänderung zum 01.07.2008 hätte eine Weiterbehandlung nicht erfolgen können. Innerhalb von 21 Monaten sei siebenmal die Einnahme von Antibiotika zur Behandlung von Harnwegsinfektionen notwendig gewesen. Ihre Blasenschleimhaut sei geschädigt. Gepan® instill sei geeignet diese wieder aufzubauen und ihren Leidensdruck zu beenden.
Dem Antrag der Klägerin war ein an sie selbst gerichtetes Schreiben der urogynäkologischen Abteilung des S. -Krankenhauses vom 10.11.2008 (Dr. R.) beigefügt. Dort heißt es, im Rahmen einer diagnostischen Uretherzystoskopie (Spiegelung der Harnblase) sei eine deutliche Trabekulierung (vermehrte Muskelstränge) und eine verminderte Blasenkapazität als Zeichen der Überaktivität der Harnblase sowie ubiquitäre petechiale Einblutungen als Zeichen einer chronischen Schleimhautschädigung festgestellt worden. Die darauf begonnene Therapie mit Urupol S/Gepan® instill habe nach den Angaben der Klägerin zu einem Beschwerderückgang geführt. Die bisherigen Therapieversuche mit Anticholinergika und Antibiotikagaben hätten keinen dauerhaften Erfolg gebracht.
Mit Bescheid vom 26.01.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, bei Gepan® instill handele es sich um ein Medizinprodukt, welches der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nicht in der Anlage 12 zur Arzneimittelrichtlinie gelistet habe. Eine Verordnung zu Lasten der Krankenkassen scheide daher aus. Für den Einsatz von Chondroitinsulfat (Gepan® instill) beim Syndrom der überaktiven Blase würden noch keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse, die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit nachweisen, vorliegen. Als Alternativbehandlung käme lediglich eine antibiotische Therapie in Betracht.
Den mit Schreiben vom 11.02.2009 durch die Klägerin erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2009 zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, der intravesikale Einsatz von Chondroitinsulfat stelle eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar, für die der G-BA bislang keine positive Empfehlung abgegeben habe. Auch deshalb sei eine Kostenübernahme nicht möglich.
Mit der am 29.04.2009 erhobenen Klage, verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, sie leide unter starken Blasenbeschwerden. Gepan® instill sei das einzige Mittel, um eine Heilung bzw. Linderung der Blasenschleimhautschäden zu erreichen. Sie verweist insoweit auf ein Schreiben von Dr. G. vom 09.06.2009, in dem unter Hinweis auf fehlende Behandlungsalternativen um eine Kostenübernahme oder einen adäquaten Behandlungsvorschlag gebeten wird. Darüber hinaus nimmt die Klägerin Bezug auf eine von ihr vorgelegte „Klinische Dokumentation“ zu Gepan® instill der Herstellerfirma „P.“ (Stand: November 2010).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2009 zu verurteilen, die Kosten für das Medizinprodukt Gepan® instill zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Inhalt der streitgegenständlichen Bescheide.
Mit Schreiben vom 14.10.2009 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (Unterausschuss Arzneimittel) auf Anfrage des Gerichts zu Gepan® instill u. a. mitgeteilt, mit Beschluss vom 17. Juli 2008 sei der Antrag des Herstellers auf Aufnahme des Medizinprodukts Gepan® instill in die Arzneimittelrichtlinie Anlage V abgelehnt worden. Denn es bestünden erhebliche Zweifel, ob Gepan® instill überhaupt zur Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V geeignet sei. Denn die Bedeutung des Defektes oder einer Schädigung der GAG-Schicht (Blasenschleimhaut) sei nicht ausreichend gesichert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Vers.-Nr.:) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
1. Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden, allerdings unbegründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher auch nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Einsatz von Gepan® instill.
a) Für den hier geltend gemachten Kostenübernahmeanspruch kommt als Anspruchsgrundlage lediglich § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V i. V. m. § 31 Abs. 1 SGB V in Betracht. Ob die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, kann an sich offen bleiben. Denn unabhängig davon, ob ein Medikament oder wie hier ein Medizinprodukt (vgl. dazu unten) nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 i. V. m. § 31 Abs. 1 SGB V zur Erfüllung des Sachleistungsanspruchs auf die notwendige Versorgung mit Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten gewährt werden muss, hängt der in die Zukunft gerichtete Kostenübernahmeanspruch jedenfalls davon ab, dass für das in Rede stehende Medikament eine vertragsärztliche Verordnung vorliegt (ausdrücklich BSG, Urteil vom 19.11.1996 – 1 RK 15/96; LSG Berlin, Urteil vom 02.04.2003 – L 9 KR 70/00; ebenso SG Köln, Urteil vom 09.03.2007 – S 26 (19) KR 383/04; SG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.07.2006 – S 28 KR 5/05, alle veröffentlicht in JURIS-Datenbank).
Das Erfordernis einer vertragsärztlichen Verordnung ergibt sich bezogen auf den Sachleistungsanspruch vor dem Hintergrund, dass § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 31 Abs. 1 SGB V keine unmittelbar durchsetzbaren Ansprüche auf Versorgung schlechthin mit irgendwelchen Arzneimitteln, sondern lediglich ein ausfüllungsbedürftiges Rahmenrecht begründet. Dieses Rahmenrecht wird unter Beachtung des systematischen Zusammenhangs der §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 31 Abs. 1 SGB V mit § 15 Abs. 1 SGB V (Arztvorbehalt) und § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB V (Verordnung von Arzneimitteln) erst dadurch konkretisiert, dass ein Arzt den Eintritt eines Versicherungsfalls durch Diagnose einer Krankheit feststellt, dem Versicherten ein nach Zweck und Art bestimmtes Medikament als ärztliche Behandlungsmaßnahme „verschreibt" und damit die Verantwortung für den Einsatz dieses Arzneimittels übernimmt. Dass es sich bei dem die Verordnung ausstellenden Arzt, der insoweit als „Schlüsselfigur" der Arzneimittelversorgung bezeichnet werden kann, um einen Vertragsarzt handeln muss, ist in § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB V dadurch klargestellt, dass alle ärztlichen Verordnungen zum Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung erklärt werden. Nur in deren Rahmen sind die gesetzlichen Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten mit entsprechenden Mitteln verpflichtet (BSG, Urteil vom 19.11.1996 – 1 RK 15/96, veröffentlicht in JURIS-Datenbank).
An einer von einem Vertragsarzt ausgestellten ärztlichen Verordnung fehlt es hier für den in die Zukunft gerichteten Kostenübernahmeanspruch. Zwar hat die Klägerin ihrem Antrag an die Beklagte ein an sie selbst gerichtetes Schreiben der urogynäkologischen Abteilung des St. Hedwig-Krankenhauses vom 10.11.2008 (Dr. R.) beigefügt. Allerdings handelt es sich hierbei der Sache nach um einen Befundbericht, der den Leistungsantrag der Klägerin unterstützen soll. Auch soweit in dem Schreiben eine weitere Kostenübernahme durch die Krankenkasse beantragt und damit befürwortet wird, handelt es sich nicht um eine ärztliche Verordnung im Sinne des § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB V. Zum einen ist das Schreiben an die Klägerin selbst adressiert und gerade nicht zur Vorlage in Apotheken bestimmt. Zum anderen lässt sich dem Schreiben von Dr. R. nicht entnehmen, in welcher Dosis und in welchen Abständen eine Blaseninstillation mit Gepan® instill erfolgen soll. Demnach würde die Klägerin unter Vorlage des Schreibens vom 10.11.2008 in keiner Apotheke das Präparat Gepan® instill erhalten können (vgl. hierzu auch LSG Berlin, Urteil vom 02.04.2003 – L 9 KR 70/00, veröffentlicht in JURIS-Datenbank).
Auch das im Klageverfahren von der Klägerin vorgelegte Schreiben von Dr. G. vom 09.06.2009 beinhaltet keine ärztliche Verordnung. Denn dort heißt es abschließend, es werde um Kostenübernahme oder um einen adäquaten Behandlungsvorschlag gebeten. Damit lässt Dr. G. erkennen, dass sie gerade nicht die ärztliche Verantwortung für den Einsatz von Gepan® instill zur Behandlung der Klägerin übernehmen will. Ungeachtet dessen bestehen insoweit die gleichen Einwände wie beim Schreiben von Dr. R. vom 10.11.2008.
b) Darüber hinaus liegen ungeachtet der fehlenden ärztlichen Verordnung auch die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V i. V. m. § 31 Abs. 1 SGB V und damit der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage nicht vor. Danach haben Versicherte seit dem 01.07.2008 gem. § 31 Abs. 1 S. 2 SGB V nur noch dann einen Anspruch auf Versorgung mit Stoffen und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes (MPG) zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind (arzneimittelähnliche Medizinprodukte), wenn der G-BA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V (Arzneimittelrichtlinien) die medizinische Notwendigkeit anerkannt und das Medizinprodukt in der entsprechenden Richtlinie aufgenommen hat. Wird das Medizinprodukt nicht in der Arzneimittelrichtlinie erfasst oder gar dessen Aufnahme durch den G-BA abgelehnt, ist es in der Arzneimittelversorgung nicht einbezogen und damit auch nicht verordnungsfähig. So liegt es hier:
aa) Bei Gepan® instill handelt es gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 7 Arzneimittelgesetz (AMG) i. V. m. § 3 Nr. 1 lit. a) MPG um ein (arzneimittelähnliches) Medizinprodukt und nicht um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG. Denn obwohl die in Gepan® instill enthaltene Natrium-Chondroitinsulfat-Lösung ein Stoff bzw. eine Zubereitung aus Stoffen ist, die dazu bestimmt ist, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (vgl. die Arzneimitteldefinition in § 2 Abs. 1 AMG), stellt sie im formellen Sinne kein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz dar, weil sie als sog. „arzneimittelähnliches Medizinprodukt“ dem Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 7 AMG unterfällt. Danach sind Medizinprodukte keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Arzneimittelähnliche Medizinprodukte erreichen ihre bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper nämlich - in Abgrenzung zu Arzneimitteln im formellen Sinne - weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus (§ 3 Nr. 1 lit. a. MPG und § 2 Abs. 1 Nr. 2 lit. a AMG). Vielmehr erfolgt die Instillation der Natrium-Chondroitinsulfat-Lösung, wie auch der G-BA in seinem Schreiben vom 14.10.2009 hervorhebt, zum vorübergehenden Ersatz der Glykosaminoglykan-Schicht (GAG-Schicht) in der Blase. Die Hauptwirkung der Natrium-Chondroitinsulfat-Lösung im menschlichen Körper ist daher weder pharmakologisch, metabolisch noch immunologisch, vielmehr handelt es sich um eine physikalische Wirkungsweise, die charakteristisch für Medizinprodukte ist, während für ein Arzneimittel überwiegend eine pharmakologische oder immunologische Wirkung bzw. metabolische Wirkung erforderlich ist.
bb) Wie der G-BA dem Gericht mit Schreiben vom 14.10.2009 mitgeteilt hat, wurde eine Aufnahme von Gepan® instill als Medizinprodukt in die Anlage V der Arzneimittelrichtlinie abgelehnt. An der fehlenden Aufnahme hat sich bislang auch nichts geändert. Demnach ist Gepan® instill gem. § 31 Abs. 1 S. 2 SGB V als Medizinprodukt nicht in die Arzneimittelversorgung einbezogen und damit auch nicht verordnungsfähig. Eine Anspruchsgrundlage für eine Kostenübernahme besteht daher nicht.
Soweit die Klägerin vorträgt, bei Gepan® instill handele es sich für sie um die einzige Therapiealternative vermag dies am fehlenden Anspruch gegen die Beklagte nichts zu ändern. Denn gem. § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V müssen die Qualität und die Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen. In der Konsequenz kann der G-BA deshalb auch gem. § 92 Abs. 1 S. 1 SGB V die Verordnung von Arzneimitteln (und/oder Medizinprodukten) ausschließen, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der therapeutische Nutzen nicht nachgewiesen ist. Hier hat der G-BA in seinem Schreiben vom 14.10.2009 jedoch gerade hervorgehoben, dass die Bedeutung des Defektes oder einer Schädigung der GAG-Schicht bislang nicht ausreichend gesichert ist. Der therapeutische Nutzen von Chondroitinsulfat sei auf der Basis der vorhandenen Studienlage nicht belegt. Dies ist aus Sicht des Gerichts auch schlüssig. Denn bislang ist wissenschaftlich nicht ausreichend aufgeklärt, welche Bedeutung einer Schädigung der GAG-Schicht, wie sie wohl bei der Klägerin zu beobachten ist, zukommt. Insoweit hat der G-BA im Zuge des Antrages der Herstellerfirma von Gepan® instill auf Aufnahme des Medizinprodukts in die Anlage V der Arzneimittelrichtlinie die gegenwärtige Daten- und Studienlage bereits ausgewertet. Dass er hierbei zu unzutreffenden Ergebnissen gelangt wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Bestätigt wird dies durch die Angaben des Herstellers („P.“) in der von der Klägerin vorgelegten „Klinischen Dokumentation“ zu Gepan® instill (Stand: November 2010): Dort heißt es unter 3.2. „Überaktive Blase“, „in verschieden Veröffentlichungen wird ein urothelialer Defekt und eine Schädigung der GAG-Schicht für die typischen Symptome [der OAB-Symptomatik, d. h. der überaktiven Blase] verantwortlich gemacht.“ Damit bringt der Hersteller selbst zum Ausdruck, dass die Bedeutung der Schädigung der GAG-Schicht, und nur diese soll durch den Einsatz von Gepan® instill beseitigt werden, bislang nicht zweifelsfrei aufgeklärt wurde. Schon deshalb entspricht die Instillation von Gepan® instill gegenwärtig nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Soweit die Klägerin im Übrigen auf die in der vorgelegten „Klinischen Studie“ beschriebenen Studienergebnisse verweist, lagen diese dem G-BA bei seiner Entscheidung über die Aufnahme in die Anlage V zur Arzneimittelrichtlinie wohl alle vor. Die unter 5.4. beschriebene „Pilotstudie zur Prävention der Radiogenen Cystitis“, die dem G-BA möglicherweise nicht vorlag, ist bislang nicht abgeschlossen und daher nicht aussagekräftig. Darüber hinaus leidet die Klägerin nicht unter einer Radiogenen Cystitis, d. h. einer Cystitis in Folge einer vorangegangenen radiologischen Behandlung (Bestrahlung) im Beckenbereich.
cc) Die nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu ausführlich Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 5/09 R, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de) erforderlichen Voraussetzungen für einen Einsatz von Gepan® instill entsprechend der Grundsätzen des Off-Label-Use sind ebenfalls nicht erfüllt. Denn ein Off-Label-Use kommt danach in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn 2. keine andere Therapie verfügbar ist und wenn 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann (BSG, a. a. O., m. w. Nw.). Abzustellen ist dabei auf die im jeweiligen Zeitpunkt der Behandlung vorliegenden Erkenntnisse. Dabei bedarf es eines positiven Wirksamkeitsnachweises. An einem solchen fehlt es, wie oben gezeigt, jedoch gerade.
Für einen so genannten Seltenheitsfall (vgl. hierzu BSG, a. a. O.) ist ebenfalls nichts ersichtlich. Ebenso wenig gebietet hier eine grundrechtsorientierte Auslegung (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005 – 1 BvR 347/98, veröffentlicht in www.bundesverfassungsgericht.de), bei der eine Ausnahme von den dargelegten Grundsätzen in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit in Betracht kommt, eine Pflicht der Beklagten, die Klägerin mit Gepan® instill zu versorgen. Denn das bei der Klägerin diagnostizierte Krankheitsbild ist weder lebensbedrohlich, noch verläuft es regelmäßig tödlich.
c) Mangels Ärztlicher Verordnung und Verordnungsfähigkeit von Gepan® instill war die Klage daher abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.