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Betriebsuntersagung; Gaststättenerlaubnis; Widerruf; benachbarte Betriebsräume; spielhallenähnlicher Betrieb; Gesamtgepräge der Lokalität; Aufstellung von Gewinnspielgeräten; Geeignetheitsbestätigung; Feststellungswirkung; Unzuverlässigkeit


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 30.05.2012
Aktenzeichen OVG 1 S 179.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 15 Abs 2 GastG, § 4 Abs 1 Nr 1 GastG, § 15 Abs 2 GewO, § 33c Abs 3 GewO, § 33i GewO, § 3 SpielV, § 3a SpielV

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerde.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das für die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Beschwerdevorbringen des Antragstellers (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt eine Änderung des angegriffenen Beschlusses nicht.

Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin erteilte dem Antragsteller im Dezember 2009 die unbefristete Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Betreiben einer Schankwirtschaft ohne besondere Betriebseigentümlichkeit für die Betriebsstätte B… (rechts) in 1… Berlin. Für die an gleicher Stelle links gelegene Räumlichkeit zeigte der Antragsteller den Betrieb einer erlaubnisfreien Gaststätte (ohne Alkoholausschank) an. Nach einer Begehung durch die Polizei am 31. August 2011 wurden beide Betriebsräumlichkeiten geschlossen und versiegelt. Mit Bescheid vom 1. September 2011 untersagte das Bezirksamt dem Antragsteller die Fortsetzung „der ohne Erlaubnis betriebenen Spielhalle in der B…, links“ und ordnete die sofortige Vollziehung an. Mit Bescheid vom 13. September 2011 widerrief es - gleichfalls unter Anordnung sofortiger Vollziehung - die Gaststättenerlaubnis für die Betriebsstätte B… (rechts) und forderte den Antragsteller auf, die Betriebsaufgabe und die Abmeldung des Gewerbes innerhalb von 14 Tagen nach Vollziehbarkeit des Bescheids anzuzeigen.

Gegen die Untersagungsverfügung vom 1. September 2011 hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt, gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis vom 13. September 2011 hat er Klage erhoben; über beide Rechtsbehelfe ist noch nicht entschieden. Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage gegen die Bescheide jeweils wiederherzustellen, und die Schließung und Versiegelung der beiden Räumlichkeiten B… aufzuheben, abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Bescheide erwiesen sich im jeweiligen Hauptsacheverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig. Nach derzeitig erkennbarer Sachlage sei insbesondere ausgeschlossen, dass in der B… rechts und links jeweils ein eigenständiger Gaststättenbetrieb geführt werde; es spreche vielmehr alles dafür, dass der Antragsteller lediglich einen solchen unzutreffenden Anschein habe erzielen wollen, um in Wahrheit in den Räumlichkeiten Spielgeräte unter Missachtung der für Gaststätten bestehenden Begrenzung aufzustellen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Deren Einwände greifen nicht durch.

1. Soweit sich die Beschwerde gegen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts wendet, der Antragsteller betreibe in seinen Räumlichkeiten keine zwei eigenständige Gaststätten und insoweit geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die bauliche Genehmigungssituation der beiden Gaststätten zu Unrecht nicht berücksichtigt, überzeugt das nicht. Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Würdigung des vom Antragsteller betriebenen Gewerbes in erster Linie auf die bei den behördlichen Begehungen getroffenen Feststellungen gestützt. Danach wurde bei einer Begehung am 9. Mai 2011 sowie anlässlich der polizeilichen Begehung am 31. August 2011 folgendes festgestellt: Die Schaufenster waren über die Hälfte mit bedruckten Folien verklebt und von innen mit Jalousien versehen, so dass eine Einsicht in den Betrieb von außen nicht möglich war und eine abgeschlossene Atmosphäre wie in spielhallenähnlichen Betrieben erzeugt wurde. Die Räume waren äußerst spärlich möbliert. Weder außen noch innen befanden sich Getränkekarten, in der linken Räumlichkeit waren überhaupt keine Getränke vorhanden. In der rechten Räumlichkeit befand sich ein Kühlschrank mit Getränken sowie ein Barbereich; in den Regalen hinter der Bar wurden nur wenige Dosen mit alkoholischen Getränken gelagert. Es waren nur 10 Gläser und ca. 20 Plastikbecher vorhanden. Speisen wurden nicht angeboten, auch waren keine gastrotypischen Lagerräume für Speisen und Getränke vorhanden. In der linken Räumlichkeit befand sich eine nicht genutzte und stark verschmutzte Bar. Teilweise waren die Stühle übereinander gestapelt, so dass sie nicht als Sitzgelegenheit bereitstanden. In beiden Räumlichkeiten waren jeweils drei Geldspielgeräte aufgestellt, wovon eines defekt und deshalb nicht betriebsbereit war. Die Räumlichkeiten wurden durch sieben Kameras im Innenbereich und eine Kamera im Außenbereich überwacht. Bei beiden Begehungen wurde jeweils nur eine Aufsichtsperson für beide Räumlichkeiten angetroffen.

Diese Feststellungen werden durch die in den Akten enthaltenen zahlreichen Fotos eindrücklich untermauert. Auf der Grundlage des Akteninhalts besteht auch für den Senat kein Zweifel daran, dass das vom Antragsteller tatsächlich betriebene Gewerbe nach dem Gesamteindruck nicht dem Betrieb zweier Gaststätten entspricht, sondern sich als Spielhalle oder spielhallenähnlicher Betrieb darstellt. Im Vordergrund steht die Nutzung der Räumlichkeiten zum Aufstellen und Betrieb der Geldspielgeräte, während dem Verkauf von Getränken - sollte er überhaupt stattfinden - allenfalls eine äußerst untergeordnete Bedeutung zukommt. Hat danach das vom Antragsteller tatsächlich ausgeübte Gewerbe eine Spielhalle oder einen spielhallenähnlichen Betrieb zum Gegenstand, benötigt er hierfür eine Erlaubnis nach § 33 i GewO, über die er nicht verfügt.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde ändert der Umstand, dass der Antragsteller die bauliche Situation der Räumlichkeiten nach Erteilung der Gaststättenerlaubnis bzw. der Gewerbeanzeige nicht verändert hat, an dieser Einschätzung nichts. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass der Antragsteller sein Gewerbe abweichend von der erlaubten bzw. angezeigten Tätigkeit betreibt, nach dem Gesamtgepräge der Tätigkeit mithin nicht von einem Gaststättenbetrieb ausgegangen werden kann. Das gilt unabhängig davon, ob die bauliche Situation der Räumlichkeiten den für die Erteilung der Gaststättenerlaubnis bzw. anlässlich der Gewerbeanzeige einer erlaubnisfreien Gaststätte vorgelegten Lageplänen noch entspricht.

Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Beschwerde, von einer ungenehmigten Spielhalle könne nicht ausgegangen werden, weil sich der Antragssteller und die Aufstellerin der Spielgeräte, die R… GmbH, auf das Vorliegen von Geeignet-heitsbestätigungen gemäß § 33 c Abs. 3 GewO berufen könnten. Die Geeignet-heitsbestätigung soll den Aufsteller von der Verantwortung für die Geeignetheit des Aufstellungsortes freistellen und etwaige Zweifelsfälle klären; sie dient also in erster Linie der Entlastung des Aufstellers (vgl. Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: September 2011, § 33 c Rn. 34, 35). Adressat der Geeignetheitsbestätigung ist nicht der Antragsteller als Inhaber der Räumlichkeiten, sondern der Aufsteller der Spielgeräte; der Antragsteller kann mithin keine unmittelbaren Rechte für sich aus der Bestätigung herleiten. Darüber hinaus reicht die Feststellungswirkung der Geeignetheitsbestätigung nur soweit, wie das vom Antragsteller betriebene Gewerbe mit dem in der Geeignetheitsbestätigung bezeichneten Gewerbe tatsächlich übereinstimmt. So beziehen sich die mit der Beschwerde vorgelegten Geeignetheitsbestätigungen, die der R… GmbH für die Betriebsstätte B… erteilt wurden, ausdrücklich auf „die erlaubnisfreie Gaststätte“ B… bzw. … (links), nicht aber auf eine vom Antragsteller tatsächlich betriebene Spielhalle. Auf eine Geeignetheitsbestätigung, die den darin beschriebenen Verhältnissen tatsächlich nicht entspricht, kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Damit korrespondiert gemäß § 3 a SpielV die Pflicht des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb das Spielgerät aufgestellt werden soll, die Aufstellung nur zuzulassen, wenn u.a. die Voraussetzungen des § 3 im Hinblick auf diesen Betrieb erfüllt sind, also etwa eine Schankwirtschaft im Sinne der SpielV vorliegt. Dem Gewerbetreibenden, der nicht zugleich Aufsteller ist, wird damit eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung auferlegt, die er während der gesamten Dauer der Spielaufstellung in seinem Betrieb beachten muss (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, Stand: März 2012, § 3 a SpielV, Rn. 3). Das gilt unabhängig davon, ob die bauliche Situation der Räumlichkeiten unverändert geblieben ist. Wird eine Geeignetheitsbestätigung für eine grundsätzlich zulässige Aufstellungsstätte - wie hier eine Gaststätte - erteilt, die in Wahrheit aber so gar nicht besteht, sondern tatsächlich als ein anderes Gewerbe betrieben wird, kann auch ohne vorherige vollziehbare Rücknahme der Geeignetheitsbestätigung der ohne die erforderliche Erlaubnis geführte Betrieb nach § 15 Abs. 2 GewO untersagt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2010 - OVG 1 S 224.10 - juris Rn. 5 und 8; VGH Kassel, Beschluss vom 7. Februar 2011 - 8 B 2454/10 - juris Rn. 4, jeweils für den Fall der Personenidentität von Aufsteller und Betriebsinhaber des Aufstellungsortes; s. a. Hahn, a.a.O., § 33 c Rn. 54). Dass die Ge- eignetheitsbestätigung dem Aufsteller so nicht hätte erteilt werden dürfen, führt nur dazu, dass sie gemäß § 48 VwVfG zurückgenommen werden kann; eine von der Beschwerde geltend gemachte „Legalisierungswirkung“ des Betriebs des Antragstellers, die einer Untersagung der Fortsetzung des Betriebs nach § 15 Abs. 2 GewO entgegenstünde, folgt daraus jedoch nicht.

2. Erfolglos bleiben auch die Einwände der Beschwerde gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis. Nach § 15 Abs. 2 GastG ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 rechtfertigen würden. Die Erlaubnis ist gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Einwand der Beschwerde, der Widerrufsbescheid lasse letztlich offen, welche Gründe zur Annahme der persönlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers führten, überzeugt nicht. Es trifft zwar zu, dass der Bescheid zunächst ausführlich den Sachverhalt schildert, wie er sich bei den beiden Ortsbegehungen dargestellt hat. Dies geschieht allerdings erkennbar mit dem Ziel, den unerlaubten Betrieb einer Spielhalle durch den Antragsteller zu illustrieren. Es lässt sich dem Bescheid daher mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass sich die Unzuverlässigkeit des Antragstellers jedenfalls aus dem unerlaubten Betrieb einer Spielhalle ergibt (vgl. Seite 3 des Bescheids vom 13. September 2011). Ob darüber hinaus genügend Tatsachen vorliegen, um die Unzuverlässigkeit des Antragstellers auch auf die geduldete Nutzung und den Handel mit Betäubungsmitteln stützen zu können, lässt sich anhand des vorliegenden Akteninhalts nicht abschließend beurteilen; hierzu fehlt es an weitergehenden Erkenntnissen (etwa dazu, um welche Substanz es sich bei dem in der Betriebsstätte aufgefundenen weißen Pulver handelte). Aber auch unabhängig davon ergeben die vorliegenden Tatsachen genügend Anhaltspunkte für die Prognose, dass der Antragsteller nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens derzeit nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß betreiben wird. Wer unter dem Deckmantel zweier Gaststätten tatsächlich eine Spielhalle ohne die erforderliche Erlaubnis betreibt, verhält sich nicht in Einklang mit dem geltenden Recht, so dass von einem ordnungsgemäß geführten Gewerbe keine Rede sein kann. Ein Ermessen steht der Behörde bei der Entscheidung über den Widerruf der Gaststättenerlaubnis im Übrigen nicht zu, so dass die von der Beschwerde behaupteten Ermessensfehler von vornherein ausscheiden.

3. Bestehen danach keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der beiden Bescheide, ist es nicht zu beanstanden, dass es das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung abgelehnt hat, der vom Antragsteller begehrten Anordnung, die Schließung und Versiegelung der Betriebsräume aufzuheben, zu entsprechen. Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass im Falle der Entsiegelung der Betrieb des Antragstellers in der bisherigen Form fortgesetzt würde. Das Beschwerdevorbringen stellt die Ermessensausübung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage. Soweit sich die Beschwerde gegen die Würdigung des Verwaltungsgerichts wendet, der sofortige Vollzug - sollte ein solcher hier vorliegen - sei zur Verhinderung einer Ordnungswidrigkeit, nämlich des Betriebs einer Spielhalle ohne Erlaubnis (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 d GewO) zulässig gewesen, scheitert die Rüge schon daran, dass entgegen der Auffassung der Beschwerde ein solch unerlaubter Betrieb - wie unter Ziffer 2. dargelegt - gegeben war.

Schließlich genügt die pauschale Bezugnahme auf das Vorbringen erster Instanz sowie im Klageverfahren den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht, so dass weitere Ausführungen nicht angezeigt sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).