Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 11.03.2016 | |
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Aktenzeichen | L 1 KR 105/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 24 KSVG |
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welcher diese selbst zu tragen hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Im Streit ist ein von der Beklagten im Rahmen der Prüfung der Zahlung der Künstlersozialabgabe nach § 28 p Abs. 1a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ergangener Bescheid.
Der Kläger, ein gemeinnütziger eingetragener Verein, hat nach § 2 Abs. 1 seiner Vereinssatzung (Stand vor 2014) den Zweck, den in der Öffentlichkeit bestehenden Vorurteilen über Lesben, Schwule, Transsexuelle, Intersexuelle, Bisexuelle und Transvestiten entgegenzuwirken und deren Diskriminierung abzubauen, die Förderung der sexuellen Identität, der Ausgrenzung der Menschen mit HIV und AIDS zu begegnen, die Unterstützung von Menschen mit HIV und AIDS, insbesondere aus der homosexuellen Szene, Unterstützung solcher Menschen, die in Not geraten sind und Unterstützung von Opfern antihomosexueller Gewalt. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung soll der Vereinszweck insbesondere durch öffentliche Veranstaltungen, Betreuung und Beratung von Menschen, die wegen ihrer sexuellen Identität diskriminiert werden, sowie durch gesellschaftliche Aufklärung verwirklicht werden.
Der Kläger veranstaltet einmal im Jahr am vierten Samstag im Juni in B den Christopher Street Day (CSD).
Der CSD besteht aus einer Parade durch die Innenstadt B ab zirka 12.00 Uhr und einer Abschlusskundgebung ab zirka 18.00 Uhr. Im Jahr 2006 nahmen an der Parade etwa 450 000 Personen teil.
Im Rahmen der Abschlusskundgebung findet ein Bühnenprogramm auf verschiedenen Bühnen statt. Dabei handelt es sich um Redebeiträge und ein künstlerisches Programm. Der zeitliche Anteil des künstlerischen Programms beträgt zwischen 25 und 40 %. Einige der auftretenden Künstler werden entlohnt. In den Jahren 2002 bis 2006 betrugen die Zahlungen hierfür 2 450,00 Euro (2002), 400,00 Euro (2003), 3 200,00 Euro (2004), 3 850,00 Euro (2005) und 5 348,00 Euro (2006).
Das Gesamtjahresbudget des Klägers betrug nach seinen Angaben in den Jahren 2002 bis 2006 inklusive aller Personalkosten jeweils etwa 180 000,00 Euro, die Kosten der Abschlusskundgebung jeweils etwa 80 000,00 bis 90 000,00 Euro.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 4. März 2008 die Abgabepflicht des Klägers nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG sowie eine Künstlersozialabgabe für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von insgesamt 763,34 Euro fest. Die Abgabepflicht sei festzustellen, weil der Kläger ein Unternehmen betreibe, dessen wesentlicher Zweck darauf gerichtet sei, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen und dabei Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteile.
Der Kläger erhob am 7. April 2008 Widerspruch. Er sei kein Unternehmen nach § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) und erst recht kein verkaufsorientiertes Unternehmen. Seine einzige Tätigkeit sei die Organisation und Durchführung des CSD. Die Demonstration dauere insgesamt zwölf Stunden. Davon bestünden drei Stunden im Bühnenprogramm, jeweils hälftig politische Reden und künstlerische Darbietungen. Auch werde nur eine Veranstaltung pro Kalenderjahr durchgeführt. Die Einnahmen würden zu ¾ durch Sponsorengelder gedeckt und zu ¼ durch die Vermietung der Getränke- und Essensstände zur Versorgung der Demonstrationsteilnehmer. Auch für seinen Internetauftritt zahle der Kläger nichts.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2009 zurück: Unternehmer seien alle Personen, sofern sie überhaupt ein Unternehmen betrieben, d. h. eine nachhaltige (nicht nur gelegentliche), auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit ausübten. Auf dem vom Kläger veranstalteten CSD würden künstlerische und publizistische Leistungen dargeboten. Der Kläger erziele Einnahmen aus Mitgliedbeiträgen, durch Sponsorengelder sowie aus der Vermietung der Getränke- und Essensstände. Es handele sich also um eine nachhaltige, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit. Der Kläger sei somit ein „sonstiges Unternehmen“ im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG. Nach seiner Satzung und der eigenen Darstellung sei es der Hauptzweck des Klägers, den CSD in B zu veranstalten. Der CSD selbst werde wesentlich durch die auf der Abschlusskundgebung auftretenden Künstler geprägt.
Selbst wenn es hier an einem „wesentlichen Zweck“ im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG fehle, seien jedenfalls die Voraussetzungen einer Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG erfüllt. Denn der Kläger führe laut Satzung öffentliche Veranstaltungen durch, um die Belange homosexueller, transsexueller etc. Menschen zu vertreten.
Hiergegen hat der Kläger am 23. November 2009 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, wesentlicher Zweck des CSD sei es nicht, künstlerische oder publizistische Werke darzubieten, sondern eine Versammlung nach Art. 8 Grundgesetz (GG) abzuhalten. Im Vordergrund stehe die Teilnahme am demokratischen Meinungsbildungsprozess. Die auftretenden Künstler hätten keinerlei Einfluss auf den dominanten Teil der Veranstaltung, der Parade. So werde die Abschlusskundgebung medial kaum wahrgenommen. Der Kläger betreibe auch keine Öffentlichkeitsarbeit für Dritte. Er mache auch keine Öffentlichkeitsarbeit für seine Mitglieder oder konkrete Personen oder Personengruppen, sondern für allgemeine Bevölkerungsgruppen. Er betreibe auch keine Eigenwerbung.
Mit Urteil vom 10. Februar 2014 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 4. März 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2009 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die in Betracht kommenden Abgabepflichten nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 7 KSVG lägen nicht vor. Eine Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG scheitere daran, dass die Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen keinen wesentlichen Zweck des Klägers ausmache.
Auch müsse der wesentliche Zweck des Unternehmens „darauf gerichtet“ sein, für die Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen. Dieser Wortlaut gebiete Zurückhaltung bei der Auslegung des Begriffes „wesentlicher Zweck“. Dies legten auch die in Nr. 3 als Regelbeispiele für Unternehmen genannten Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen nahe, deren Geschäftsmodell auf Kunstdarbietungen ziele.
Der Kläger betreibe auch keine Werbung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG. Er betreibe keine Öffentlichkeit für Dritte, da dies voraussetze, dass die Arbeit auf eine bestimmte Person und ihr Wirken oder eine bestimmte Veranstaltung aufmerksam mache.
Gegen dieses ihr am 10. März 2014 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 3. April 2014. Zur Begründung hat sie ausgeführt, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG sei einschlägig. Der Begriff der Werbung bzw. Öffentlichkeitsarbeit beschränke sich nicht auf die positive Darstellung eines Unternehmens in der Öffentlichkeit und seine Leistungen (Imagepflege), sondern gelte auch dann, wenn unter Einsatz von Werbemitteln auf eine bestimmte Person und ihr Wirken oder eine bestimmte Veranstaltung aufmerksam gemacht werde. Der Begriff der Öffentlichkeit sei sehr weit zu fassen.
Die Öffentlichkeitsarbeit diene hier dem Personenkreis der Lesben, Schwulen, Trans-, Inter- und Bisexuellen sowie der Transvestiten. Wenn dieser Personenkreis nicht bestimmt bzw. bestimmbar wäre, obwohl die Werbung und Öffentlichkeitsarbeit gerade darauf abziele, Diskriminierungen abzubauen und in der Öffentlichkeit Toleranz und Verständnis zu fördern, würde dies ins Leere laufen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. April 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene teilt die Auffassung der Beklagten. Sie ist daneben der Auffassung, dass die Abgabepflicht auch aus § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG folge. Der CSD werde wesentlich durch die auf der Abschlusskundgebung auftretenden Künstler geprägt.
Der Berufung bleibt Erfolg versagt. Das SG hat den streitgegenständlichen Bescheid zu Recht aufgehoben. Dieser ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, da eine Abgabenpflicht nach dem KSVG nicht besteht:
Der Kläger hat hier zulässig eine Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben. Er begehrt die vollständige Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides im Wege einer Klagehäufung nach § 56 SGG. Der Bescheid enthält zwei Verfügungssätze (kombinierter Verwaltungsakt, § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch):
Die Beklagte hat nicht nur die Künstlersozialabgabe für den Prüfzeitraum 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2006 festgestellt, sondern (mehrere) Feststellungen getroffen. Sie hat zum einen ausdrücklich die Abgabenpflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz festgestellt und zum anderen die Sozialabgabe (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 2010 - B 3 KS 1/10 R - juris-Rdnr. 11).
Rechtsgrundlage für den Bescheid ist § 28 p Abs. 1a SGB IV, wonach die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern u. a. prüfen, ob diese die Künstlersozialabgabe rechtzeitig und vollständig entrichteten.
Sie erlassen dazu die erforderlichen Verwaltungsakte (§ 28 p Abs. 1a Satz 3 SGB IV).
In der Sache besteht jedoch keine Abgabenpflicht nach § 24 KSVG.
Der Kläger ist kein Unternehmen nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG:
Ein solches liegt vor, wenn der wesentliche Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen („Verwerter“) und dabei Aufträge an selbständige Künstler erteilt werden.
Zum „wesentlichen Zweck“ hat das BSG im Urteil vom 8. Oktober 2014 (B 3 KS 6/13 R Rdnr. 25) aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 13/5108 S. 17) zitiert:
"Die Abgabeverpflichtung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSVG ist von der Rechtsprechung so extensiv ausgelegt worden, dass insbesondere im Interesse von Vereinen, die das heimatliche Brauchtum pflegen, gesetzliche Korrekturen zur Einschränkung der Abgabepflicht geboten sind. Künftig sollen die Nr. 2 und 3 des § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG nur die typischen Verwerter künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen erfassen, d. h. der Hauptzweck muss wie bei Konzertchören die öffentliche Aufführung oder Darbietung sein (Nr. 2) bzw. die Organisation von Veranstaltungen mit Künstlern muss zum wesentlichen Geschäftsinhalt gehören (Nr. 3). Gesang-, Musik- und Karnevalsvereine sowie Liebhaberorchester fallen damit regelmäßig nicht mehr unter die Abgabepflicht des § 24 Abs. 1 KSVG. Auch die Abgabepflicht nach der Generalklausel des § 24 Abs. 2 KSVG soll eingeschränkt werden. Der neue Satz 2 stellt klar, dass die Abgabepflicht mindestens drei Veranstaltungen im Kalenderjahr voraussetzt."
Der wesentliche Zweck eines Unternehmens wird durch seine prägenden Aufgaben und Ziele gekennzeichnet. Diese ergeben sich maßgeblich aus der satzungsmäßigen Aufgabenstellung sowie aus den tatsächlichen Verhältnissen (BSG, Urteil vom 8. Oktober 2014, Rdnr. 23 mit Bezugnahme auf Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 24 Rdnr. 100).
Erforderlich ist also, dass der wesentliche Geschäftsinhalt des Unternehmens die Organisation von Veranstaltungen mit Künstlern ist (so LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 21. Januar 2016 -L 11 R 584/14- juris-Rdnr. 35).
Neben den gesetzlichen Regelbeispielen der Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen können hierzu Chöre (BSG, Urt. v. 16.April 1998 -B 3 KR 5/97 R- SozR 3-5425 3 24 Nr. 17) und Betreiber von Musikgruppen (BSG, Urt. v. 30. September 2015 -B 3 KS 2/14 R- juris-Rdnr. 17) zählen.
Der Kläger ist kein Verwerter im vorgenannten Sinne.
Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich sein Hauptzweck aus § 2 Abs. 1 der Vereinssatzung. Dieser besteht darin, in der Öffentlichkeit bestehenden Vorurteilen über Lesben, Schwule, Transsexuelle, Intersexuelle, Bisexuelle und Transvestiten entgegenzuwirken und deren Diskriminierung abzubauen, um Förderung der sexuellen Identität, der Ausgrenzung von Menschen mit HIV und AIDS zu begegnen und diese zu unterstützen, Unterstützung von solchen Menschen, soweit sie in Not geraten oder Opfer antihomosexueller Gewalt geworden sind.
Ein Zweck etwa der Förderung homosexueller Künstler ist demgegenüber nicht feststellbar.
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass ein Unternehmen mehrere Zwecke betreiben kann, wird aus dem Beauftragen einzelner Künstler bei der Abschlussveranstaltung des CSD keine wesentlicher. Wesentlich in diesem Sinne sind nämlich nur solche, die das Unternehmen kennzeichnen bzw. sein Wesen bestimmen (BSG, Urteil vom 4. März 2004 - B 3 KR 6/03 R - juris-Rdnr. 24). Daran fehlt es hier.
Neben dem Zweck der Verwirklichung der Vereinsziele kann noch die Durchführung des CSD selbst als wesensbestimmend angesehen werden, jedoch nicht die künstlerischen Darbietungen im Rahmen der Abschlusskundgebungen.
Das Abendprogramm ist kein elementarer Teil des CSD, sondern nur eine Ergänzung des Umzugs als politischer Demonstration.
Der Kläger ist auch kein Unternehmen, das Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte betreibt (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG):
Das BSG wendet zwar den Unternehmensbegriff auch auf Vereine und öffentlich-rechtliche Körperschaften an, wenn diese bei der Verwertung von Kunst oder Publizistik gerade in Erfüllung einer öffentlichen bzw. satzungsmäßigen Aufgabe tätig werden, ohne dass ein übergeordneter, dritter Zweck der Nutzung der künstlerischen und publizistischen Leistung erforderlich ist (BSG, Urteil vom 22. April 2015 - B 3 KS 7/13 R - Rdnr. 19).
Der Kläger betreibt mit seinem künstlerischen Programm auf der Abschlusskundgebung des CSD jedoch keine Öffentlichkeitsarbeit, auch nicht in einem weit verstandenen Sinne.
Öffentlichkeitsarbeit ist durch das methodische Bemühen eines Unternehmens, einer Institution, einer Gruppe oder einer Person um das Verständnis und das Vertrauen der Öffentlichkeit durch den Aufbau und die Pflege von Kommunikationsbeziehungen gekennzeichnet (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urteil vom 8. Oktober 2014 - B 3 KS 1/13 R - Rdnr. 21 mit Bezug auf Urt. vom 21. Juni 2012 -B 3 KS 2/11 R- BSGE 111, 94 und Finke/Bachmann/Nordhausen, § 24 Rdnr. 137).
Die Auftritte dienen weder der eigenen Darstellung als Verein, noch der einer bestimmten Institution, einer (konkreten) Gruppe oder einzelner Personen. Sie flankieren das Abschlussprogramm einer politischen Demonstration.
Das künstlerische Programm bildet den Rahmen der Abschlusskundgebung und hat primär rein unterhaltenden Wert.
Die eher untergeordnete Bedeutung kommt darüber hinaus auch in den Kosten zum Ausdruck, die der Kläger in den Jahren 2002 bis 2006 direkt für die musikalischen Darbietungen aufwandte. Diese betrugen in diesen Jahren durchschnittlich etwa 3 000,00 Euro bei einem Gesamtbudget von 180 000,00 Euro (zu zutreffend wörtlich bereits das SG).
Eine eher restriktive Auslegung der „Öffentlichkeitsarbeit für Dritte“ geböte hier im Übrigen im Zweifel auch Art. 8 Abs. 1 GG. Das Demonstrationsrecht, das nicht unter einem Erlaubnisvorbehalt steht, darf nämlich Beschränkungen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 GG nur unterworfen werden, wenn diese dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Urteil vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320, 361). Beschränkungen des Freiheitsrechts sind nur verfassungsgemäß, wenn sie zum Schutz eines mit der Versammlungsfreiheit kollidierenden Rechtsguts geeignet und erforderlich und ferner angemessen sind, weil der Schutz des anderen Rechtsguts gegenüber der Versammlungsfreiheit im konkreten Fall vorrangig ist. Ob dies der Fall ist, muss unter Beachtung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit für eine Demokratie geklärt werden. Insbesondere dürfen Beschränkungen nicht einschüchternd auf die Ausübung des Grundrechts wirken (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 1 BvR 943/02 - juris Rdnr. 38).
Eine Abgabenpflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG scheidet ebenfalls aus („Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen.“).
Die Öffentlichkeitsarbeit des Klägers ist nicht auf sich selbst gerichtet. Mit dem CSD feiert sich der Kläger nicht selbst.
Aus demselben Grund scheidet auch § 24 Abs. 2 Satz 1 KSVG aus („Zur Künstlersozialabgabe sind ferner Unternehmer verpflichtet, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten ersteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen.“)
Zudem findet jährlich nur eine Veranstaltung, der CSD, statt, so dass § 24 Abs. 2 Satz 2 KSVG erfüllt ist. Damit scheidet ein „nicht nur gelegentlich“ im Sinne des § 14 Abs. 2. Satz 1 KSVG aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. §§ 155 Abs. 1, 163 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.