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Gericht LSG Berlin-Brandenburg 18. Senat Entscheidungsdatum 04.03.2014
Aktenzeichen L 18 AL 36/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 119 aF SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der 1956 geborene Kläger war nach Beendigung seines Promotionsstudiums (Dr. rer. pol.) an der Universität M vom 1. April 1991 bis 31. März 1999 als Bankangestellter bei der D Bank AG in L und vom 1. Juli 1999 bis 31. Juli 2000 als Financial Controller bei der T F G Deutschland GmbH in H versicherungspflichtig beschäftigt. Arbeitslosengeld bezog er bis zur Anspruchserschöpfung am 26. Juli 2001. Nach weiteren kurzfristigen Zwischenbeschäftigungen vom 25. November 2003 bis 9. Dezember 2003 und vom 15. November 2006 bis 31. Dezember 2006 war der Kläger ab 1. Januar 2007 bei der Beklagten ohne Leistungsbezug arbeitslos gemeldet.

Mit Schreiben vom 17. September 2008 wies die Beklagte den Kläger dem insoweit mit der Vermittlung beauftragten Internationalen Bund - Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V. - (im Folgenden: IB) für die Zeit vom 10. Oktober 2008 bis 9. Februar 2009 zur „Maßnahmenummer 019/2008/437“ zu; auf den Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen. Der Kläger widersprach der Zuweisung, weil der IB aktuelle Bewerbungsunterlagen verlange, was gegen den Schutz persönlicher Daten verstoße. Die Beklagte wies im Anschluss darauf hin (Mail vom 16. Oktober 2008), dass die Aufforderung zur Vorlage aktueller Bewerbungsunterlagen keinen Datenschutzverstoß darstelle und sie den Kläger bei einer Nichtteilnahme an der Maßnahme „abmelden“ werde. Der Kläger blieb der Maßnahme fern.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er gelte seit dem 30. Oktober 2008 nicht mehr als arbeitslos, da er den Vermittlungsbemühungen nicht zur Verfügung gestanden und damit nicht verfügbar gewesen sei. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er eine Zusammenarbeit mit dem IB mangels entsprechender Kernkompetenz in der Vermittlung von Führungskräften des gehobenen Segments der Finanzdienstleistungsbranche nicht anstrebe. Eine Vorstellung bei dem IB hätte seinem Ruf geschadet, seine Kompetenz untergraben und das seitens seiner bisherigen Partner in ihn gesetzte Vertrauen gestört. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009).

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die als (isolierte) Anfechtungsklage erhobene und zusätzlich als Leistungsklage auf Meldung der Zeiten von Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug an den Rentenversicherungsträger auch für die Zeit ab 30. Oktober 2008 ausgelegte Klage abgewiesen (Urteil vom 20. Dezember 2012). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger sei ab 30. Oktober 2008 nicht mehr arbeitslos iSv § 16 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) und demzufolge seien entsprechende Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug auch nicht an den Rentenversicherungsträger zu melden. Denn der Kläger habe die erforderlichen Eigenbemühungen iSv § 119 Abs. 4 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung (alter Fassung - aF -) vermissen lassen und habe den Vermittlungsbemühungen der Beklagten bzw des nach § 37 Abs. 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung (aF) beauftragten IB nicht zur Verfügung gestanden. Es habe in der Person des Klägers kein wichtiger Grund vorgelegen, der Zuweisung an den IB zu widersprechen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Er sei immer als Akademiker berufstätig gewesen. Zielgruppe des IB seien indes Jugendliche. Die angebotene Maßnahme sei seinerzeit auch nicht hinreichend konkretisiert worden. Das SG habe eine entsprechende Aufklärung unterlassen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, auch die Zeit ab 30. Oktober 2008 dem Rentenversicherungsträger als Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug zu melden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Das Gericht hat eine ergänzende Auskunft des IB vom 13. Januar 2014 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Leistungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Kläger bereits mit seiner Klageschrift bei verständiger Würdigung (vgl § 123 SGG) neben der Aufhebung der angefochtenen Bescheide zudem die Verurteilung der Beklagten begehrt hat, auch für die Zeit ab 30. Oktober 2008 Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug an den Rentenversicherungsträger zu melden. Diese Klage ist ebenfalls zulässig. Die Berücksichtigung als rentenrechtliche Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch
- Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) setzt voraus, dass der Arbeitslose bei der Bundesagentur arbeitslos gemeldet und arbeitsbereit, arbeitsuchend und verfügbar iSv § 119 SGB III aF (jetzt 138 SGB III) ist. Die Beschäftigungslosigkeit, die keine Anrechnungszeit ist, kann damit zu rentenrechtlichen Nachteilen führen, so dass neben einem (isolierten) Aufhebungsinteresse auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers im Hinblick auf eine Verurteilung der Beklagten zu bejahen ist, Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug an den Rentenversicherungsträger zu melden. Das SG hat den mit der Berufungsschrift dann entsprechend präzisierten Klageantrag unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips auch so ausgelegt. Für die entsprechende Klage besteht jedenfalls dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn gegen den Rentenversicherungsträger - wie hier - kein (weiteres) Gerichtsverfahren mit dem eigentlichen Rechtsschutzziel der Anerkennung der in Rede stehenden Zeiten als Anrechnungszeit betrieben wird (vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Februar 1994 - 11 RAr 49/93 - juris; BSG, Beschluss vom 17. Januar 2011 - B 11 AL 100/10 B - juris). Einer - notwendigen (vgl § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG) - Beiladung des Rentenversicherungsträgers bedurfte es nicht, weil die Meldung der Beklagten den Rentenversicherungsträger ohnehin nicht bindet (vgl BSG, Urteil vom 9. Februar 1994 - 11 RAr 49/93 -), sondern nur Tatsachenmaterial für dessen spätere Entscheidung über die Anerkennung einer Anrechnungszeit weiterleitet. Die Klagen sind indes unbegründet.

Der von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 festgestellte Wegfall der Arbeitslosigkeit mWv 30. Oktober 2008 ist nicht zu beanstanden. Entsprechende Zeiten ohne Leistungsbezug waren daher auch nicht an den Rentenversicherungsträger zu melden (vl §§ 193, 195 SGB VI iVm § 39 Abs. 2 der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung).

Arbeitslos ist ua nur derjenige, der sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen; vgl § 119 Abs. 1 Nr 2 SGB III aF). Im Rahmen der Eigenbemühungen hat der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere auch die Mitwirkung an der Vermittlung durch Dritte (vgl § 119 Abs. 4 Nr 2 SGB III aF). Die Beklagte hatte den Kläger mit Bescheid vom 17. September 2008 gemäß § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB III in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung (aF) dem insoweit mit der Vermittlung beauftragten IB zugewiesen, ohne dass dem Widerspruch des Klägers gegen diese Zuweisung ein wichtiger Grund zur Seite stand. Wie nunmehr auch nochmals durch die Auskunft des IB vom 13. Januar 2014 klargestellt, war die angebotene Maßnahme auf die individuelle Vermittlung von Akademikern ausgerichtet, weshalb auch die Vorlage der aktuellen Bewerbungsunterlagen erforderlich war. Die ansonsten von dem Kläger vorgebrachten Gründe lassen bezogen auf den IB nicht individualisierbar erkennen, weshalb eine Zusammenarbeit dem „Ruf“ des Klägers hätte schaden sollen bzw seine „Kompetenz“ hätte „untergraben“ und das in ihn gesetzte Vertrauen seiner bisherigen „Partner aus der Vermittlung“ hätte stören sollen, zumal der Kläger bis auf zwei kurzfristige Ausnahmen seit August 2000 ohnehin - und trotz etwaiger Bemühungen seiner bisherigen Vermittlungspartner - nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis in der Finanzbranche in dem von ihm angestrebten Segment der Führungsebene stand. Zudem war der Kläger als Arbeitsuchender nach § 38 Abs. 2 SGB III verpflichtet, „Unterlagen“ vorzulegen, ggfs also auch dem mit der Vermittlung beauftragten Dritten. Wenn der Kläger nunmehr vorträgt (vgl Schriftsatz vom 28. Januar 2014), er habe bei seinen damaligen Recherchen über die Tätigkeit des IB nicht erfahren, dass es sich um eine Maßnahme gehandelt habe, die auf eine individuelle Vermittlung ausgerichtet gewesen sei und dies eine „zumutbare und geeignete Eingliederungshilfe war“, so ist dem entgegen zu halten, dass er diese Informationen anlässlich des Erstgesprächs bei dem IB problemlos hätte erhalten können.

Der Kläger ist über die Rechtsfolgen einer mangelnden Mitwirkung in dem Bescheid vom 17. September 2008 auch zutreffend und umfassend belehrt worden. Dennoch meldete er sich weder bis zum 10. Oktober 2008 noch in dem Zeitraum der Maßnahmedauer danach bis 9. Februar 2009 bei dem IB und blieb der Maßnahme fern. Damit hat er seine Mitwirkungspflichten verletzt und gebotene Eigenbemühungen unterlassen, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Da mit dem Wegfall der Arbeitslosigkeit für die Dauer von mehr als sechs Wochen auch die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung entfällt (vgl § 122 Abs. 2 Nr 1 SGB III aF; jetzt § 141 Abs. 2 Nr 1 SGB III), kommt ein Wiedereintritt von Arbeitslosigkeit nach Ablauf der Maßnahmedauer (9. Februar 2009) frühestens mit erneuter persönlicher Meldung in Betracht, sofern die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 2 oder 3 SGG liegen nicht vor.