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Entscheidung VG 3 L 2/11


Metadaten

Gericht VG Potsdam 3. Kammer Entscheidungsdatum 22.03.2011
Aktenzeichen VG 3 L 2/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen GebG BB, InnMinGebV BB 2010, § 80 Abs 5 VwGO, § 36 Abs 3 WaffG, § 50 WaffG

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 18,75 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage (VG 3 K 2258/10) vom 30. Dezember 2010 gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 19. November 2010 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 8. Dezember 2010 anzuordnen,

ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann u. a. in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer Anfechtungsklage gegen einen Bescheid angeordnet werden, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Aufschub der Vollziehung das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies ist bei öffentlichen Abgaben dann der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes – hier der Gebührenbescheid – bestehen (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Das ist vorliegend zu verneinen, da sich der Gebührenbescheid als voraussichtlich rechtmäßig erweist.

Rechtsgrundlage für die Gebühr sind die Vorschriften der §§ 36 Abs. 3, 50 Abs. 1 Waffengesetz (WaffG) i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) vom 7. Juli 2009 (GVBl.I, 246) sowie der hierzu ergangenen Gebührenordnung für öffentliche Leistungen im Geschäftsbereich des Ministers des Innern (GebOMI) vom 21. Juli 2010 (GVBl. II, Nr. 46), Tarifstelle 14.8.6. des dazugehörigen Gebührentarifs.

Bei der nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG durchzuführenden Überprüfung der sicheren Aufbewahrung von Waffen handelt es sich um eine materiell die Gebührenerhebung rechtfertigende Amtshandlung i. S. des § 50 Abs. 1 WaffG (für die Regelüberprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG bejaht durch das BVerwG, Urt. v. 1. September 2009, - 6 C 30/08 - zit. nach juris). Nach dieser Vorschrift werden für Amtshandlungen, Prüfungen und Untersuchungen nach dem Waffengesetz und nach den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Wegen der kompetenzrechtlich allein auf den Bereich der Bundesverwaltung beschränkten Verordnungsermächtigung in § 50 Abs. 2 und 3 WaffG bedarf es über § 50 Abs. 1 WaffG hinaus einer landesrechtlichen Ermächtigung zur Ausgestaltung des gebührenpflichtigen Tatbestandes. Grund für die Aufteilung ist das nach den Vorgaben der Föderalismusreform 2006 verabschiedete Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weitere Vorschriften (WaffGuaÄndG) vom 26. März 2008 (BGBl. I, 426), wonach die Kompetenz des Bundes bei der Regelung des Verwaltungsverfahrens eingegrenzt wurde (vgl. dazu Papsthart in Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht Kommentar, 9. Aufl. 2010, Rn. 4 zu § 50 WaffG). Fällt nunmehr die materiell-rechtliche Regelungskompetenz im Waffenrecht unter die ausschließliche Gesetzeskompetenz des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG, ist dagegen die Regelung des Verwaltungsverfahrens einschließlich der Kostenregelungen zur Refinanzierung des Verwaltungsaufwands Sache der Länder. Im Ergebnis räumt danach § 50 Abs. 1 WaffG dem Landesgesetzgeber die Befugnis ein zu regeln, unter welchen Voraussetzungen und durch wen Gebühren und Auslagen festgesetzt werden.

Vorliegend bildet § 3 Abs. 1 Nr. 1 GebGBbg die landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage. Danach sind die Mitglieder der Landesregierung befugt, für ihren Geschäftsbereich die einzelnen Amtshandlungen, für die Verwaltungsgebühren erhoben werden sowie die Gebührensätze durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der §§ 4 - 6 GebG zu bestimmen. Von dieser Ermächtigung hat der Minister des Innern durch die Gebührenordnung vom 21. Juli 2010 Gebrauch gemacht.

Zweifel an der Vereinbarkeit des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GebGBbg mit den waffenrechtlichen Vorschriften des Bundesgesetzgebers bestehen nicht.

Es ist nicht relevant, dass die landesrechtliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GebGBbg nicht wie § 50 Abs. 1 WaffG zwischen Amtshandlungen, Prüfungen und Untersuchungen unterscheidet. Zum Einen kann man die in Rede stehende Prüfung nach § 36 Abs. 3 WaffG als einen Unterfall des Oberbegriffs Amtshandlung verstehen (vgl. BVerwG, Urt. vom 1. September 2009, - 6 C 30.08 -, Rn. 16 für die Regelprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG). Zum Anderen fällt die Sonderprüfung aber auch unter die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebGBbg enthaltene Begriffsbestimmung, wonach unter Amtshandlung die besondere öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in § 1 Abs. 1 genannten öffentlichen Stellen verstanden wird. Die behördliche Durchführung einer Kontrolle der Waffenaufbewahrung vor Ort nach § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG stellt jedenfalls eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit dar.

Mit den landesrechtlichen Bestimmungen wird auch nicht gegen höherrangiges Recht dadurch verstoßen, dass ein ausdrücklich entgegenstehender Willen des Bundesgesetzgebers missachtet wird. Auch wenn die mit dem 4. ÄndGSprengG vom 17. Juli 2009 (BGBl. I, 2062) herbeigeführten Verschärfungen der waffenrechtlichen Bestimmungen und damit auch die in § 36 Abs. 3 WaffG nunmehr eingeführte verdachtsunabhängige Kontrolle der Aufbewahrung von Schusswaffen im öffentlichen Interesse liegt, folgt hieraus nicht zwingend, dass die darauf gerichtete Verwaltungstätigkeit gebührenfrei erfolgen muss. Lediglich der Umstand, dass die Begründung und Empfehlung des Innenausschusses des Bundestages den Hinweis enthält, dass die verdachtsunabhängigen Kontrollen im öffentlichen Interesse liegen und deswegen keine Gebühren erhoben werden sollen (vgl. Drucks. 16/13423, S. 71), begründet nicht verbindliche Vorgaben gegenüber dem Landesgesetzgeber. Da den Gesetzesmaterialien bei der Auslegung nach den juristischen Auslegungsmethoden nur eine ergänzende Bedeutung zukommt, hätte sich ein solcher angenommener gesetzgeberischer Wille im gesetzlichen Wortlaut des § 36 Abs. 3 WaffG widerspiegeln müssen, was aber nicht der Fall ist. Es ist daher auch fernliegend, dass durch eine derartige Vorgabe der dem Verordnungsgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 GebGBbg eingeräumte Gestaltungsspielraum, wonach er bei bestimmten öffentlichen Leistungen von einer Gebühren- und Auslagenerhebung absehen kann, auf eine dahingehende Pflicht zum Gebührenverzicht reduziert wird.

Die in der Tarifstelle 14.8.6 getroffene Kostenregelung verstößt auch nicht gegen das Äquivalenzprinzip, wonach die Leistung des Bürgers in Gestalt der Gebühr und die konkrete Leistung der Verwaltung nicht in einem gröblichen Missverhältnis stehen dürfen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die erhobene Gebühr für die Aufbewahrungskontrolle allein oder überwiegend im öffentlichen Interesse liegt, hindert dies die Gebührenerhebung nicht. Denn es kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht darauf an, dass dem Gebührenschuldner aus der behördlichen Tätigkeit ein unmittelbarer, konkret bezifferbarer Wert im Sinne eines objektiven Nutzens zufließt, sondern entscheidend ist, dass die Behörde aufgrund einer individuell dem Antragsteller zurechenbaren Veranlassung eine Leistung erbracht hat (BVerwG, Urt. vom 25. August 1999, - 8 C 12/98 -, Rn. 20 f zit. nach juris). Veranlasser im gebührenrechlichen Sinne ist dabei nicht nur derjenige, der die Leistung willentlich herbeiführt, sondern auch derjenige, in dessen Pflichtenkreis sie erfolgt (BVerwG, Urt. vom 1. September 2009, - 6 C 30/08 -, a. a. O., Rn. 17). Die Prüfung der sicheren Aufbewahrung ist dem Pflichtenkreis des Erlaubnisinhabers zuzurechnen, da sie neben der Regelprüfung den Nachweis von dessen Zuverlässigkeit und Eignung erbringt.

Aus den gleichen Gründen wird durch die in der durch die in der Tarifstelle 14.8.6. festgesetzte Gebühr nicht in den Schutzbereich des grundrechtlich gewährten Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 41 Abs. 1 LVerfBbg eingegriffen. Geht man davon aus, dass der Besitz von einzelnen Waffen bzw. der im Gesamtvermögen zusammengefassten Vermögensgegenstände dem Schutz von Art. 14 GG gegen rechtswidrige Abgaben untersteht, liegt kein unverhältnismäßiger Eingriff vor. Da die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit in den Pflichtenkreis des Waffeninhabers fällt, handelt es sich nicht um eine rechtswidrige Abgabe, sondern um eine vom Eigentümer aus Rücksicht auf das Allgemeininteresse hinzunehmende Gebühr.

Eine Unvereinbarkeit der Tarifstelle und der darauf gestützten Verwaltungspraxis mit höherrangigem Recht ergibt sich auch nicht aus einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 GG bzw. Art. 12 Abs. 1 LVerfGBbg. Es entsteht keine gleichheitswidrige Behandlung dadurch, dass bestimmte Berufsgruppen wie Polizei- und Zollbeamten nicht der gebührenpflichtigen Amtshandlung unterfallen. Soweit diese durch auf der Ermächtigungsgrundlage des § 55 Abs. 1 Satz 2 WaffG basierenden Dienstvorschriften des Dienstherrn befugt sind, auch außerhalb des Dienstes Waffen zu besitzen oder zu führen, ist im Hinblick auf die neu eingeführte Aufbewahrungskontrolle nicht eine inhaltliche Einschränkung der Befreiung von Bestimmungen des Waffenrechts zwingend. Es ist durchaus sachgerecht, diese Berufgruppen nicht den Bestimmungen des Waffenrechts, sondern allein den beruflichen Besonderheiten Rechnung tragenden Dienstvorschriften zu unterstellen.

Schließlich führt die vom Antragsteller gerügte Gebührentarifstelle nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit und aus diesem Grund zu einer Verletzung des Art. 3 GG bzw. Art. 12 LVerfGBbg. In der - wie oben ausgeführt - bestehenden individuellen Zurechenbarkeit der öffentlichen Leistung liegt die Rechtfertigung dafür, dass die hier in Frage stehende Amtshandlung nicht aus allgemeinen Steuermitteln, sondern zu Lasten des Gebührenschuldners über Sonderlasten finanziert wird (BVerwG, Urt. vom 1. September, - 6 C 30/08 - a. a. O. Rn. 17 m. w. N.).

Es bestehen im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür, dass die angesetzte Gebühr von 75,- Euro unverhältnismäßig hoch ist. Dass sie über der Rahmengebühr für die Regelüberprüfung von 25,00 bis 50,00 Euro (vgl. Tarifstelle 14.8.1) liegt, erklärt sich schon aus dem vergleichsweise höherem Verwaltungsaufwand, denn die verdachtsunabhängige, unangemeldete Kontrolle der ordnungsgemäßen Aufbewahrung ist zwingend vor Ort beim Waffeninhaber durchzuführen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen konkret bezifferte, auf Geldleistung gerichtete Bescheide wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens nur ein Viertel des in der Hauptsache nach § 52 Abs. 3 GKG zu bemessenden Streitwerts angesetzt wird.