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Dezentrale Schmutzwasserbeseitigung; Abwasser; rollender Kanal; Anschluss- und Benutzungszwang; Holschuld; Abwasserbeseitigungspflicht


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 05.10.2011
Aktenzeichen OVG 9 N 94.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 2 GG, Art 14 GG, § 54 WHG, § 66 WasG BB, § 12 KomVerf BB, § 6 GKG BB

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. April 2011 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich die Klägerin weiterhin gegen eine Verfügung des Beklagten vom 17. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2009, mit der der Beklagte ihr aufgegeben hat, die Entsorgung ihrer abflusslosen Sammelgrube durch den (Wasser- und Abwasser-)Zweckverband bzw. durch das vom Zweckverband beauftragtes Entsorgungsunternehmen vornehmen zu lassen. Das insoweit klageabweisende Urteil ist ihr am 4. Juli 2011 zugegangen. Die Klägerin hat am 4. August 2011 die Zulassung der Berufung beantragt und ihren Zulassungsantrag am Montag, den 5. September 2011 begründet.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen.

Mit ihrem Zulassungsantrag macht die Klägerin den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass sie hinsichtlich des auf ihrem Grundstück anfallenden Schmutzwassers dem satzungsmäßig angeordneten Anschluss- und Benutzungszwang im Hinblick auf die dezentrale Schmutzwasserentsorgung des Zweckverbandes unterliegt und insoweit gegenüber dem Zweckverband schmutzwasserüberlassungspflichtig ist. Sie sieht es indessen als unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Privatautonomie an, dass sie nicht selbst entscheiden kann, durch welches Abfuhrunternehmen sie das Schmutzwasser zur Kläranlage des Zweckverbands verbringen lässt, sondern insoweit auf ein vom Zweckverband beauftragtes Unternehmen zurückgreifen muss.

Das greift nicht.

Der Zweckverband ist vorliegend abwasserbeseitigungspflichtig (§ 6 Abs. 1 Satz 1 GkG Bbg in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 BbgWG). Seine Pflicht zur Abwasserbeseitigung umfasst nicht nur die Reinigungsleistung, sondern insbesondere auch den Transport des Abwassers von den Grundstücken, auf denen es anfällt, zur verbandlichen Kläranlage. Denn der Begriff der Abwasserbeseitigung ist durch das Wasserhaushaltsgesetz weit gefasst worden (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 WHG, § 18a Abs. 1 Satz 3 WHG a. F.). Bei dezentraler Abwasserbeseitigung hat der Zweckverband insoweit einen "rollenden Kanal" in Gestalt von Entsorgungsfahrzeugen zur Verfügung zu stellen (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Auflage, Rdnr. 21 zu § 54 WHG), bei denen es sich entweder um eigene Fahrzeuge des Zweckverbandes oder um Fahrzeuge von Unternehmen handelt kann, die der Zweckverband gleichsam als seine Erfüllungsgehilfen beauftragt. Mit der Grundentscheidung des Gesetzgebers, die öffentlich-rechtliche Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden und Zweckverbände sozusagen als Holschuld auszugestalten, ist vorgezeichnet, dass die satzungsrechtliche Regelung eines Anschluss- und Benutzungszwangs (§ 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 BbgKVerf) ohne weiteres dahingehend ausgestaltet werden kann, dass eine Abwasserüberlassungspflicht der Grundstückseigentümer örtlich bereits auf dem Grundstück besteht. Hierin mag ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit der Grundstückseigentümer (Art. 2 Abs. 1 GG) liegen. Dieser Eingriff findet allerdings - wie gezeigt - eine gesetzliche Stütze in § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 BbgKVerf in Verbindung mit den genannten wasserrechtlichen Bestimmungen); der Sache nach ist er nicht nur wegen der damit verbundenen Kontrollerleichterungen in Bezug auf eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung gerechtfertigt, sondern auch, weil die Gemeinde und Zweckverbände auf diese Weise in die Lage versetzt werden, flächendeckend günstige Transportkosten zu gewährleisten.

Die Kostenentscheidung für das Berufungszulassungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).