Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 16.02.2012 | |
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Aktenzeichen | 5 U 46/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 4. Juni 2010 – Az. 3 O 362/06 – teilweise abgeändert und die (Dritt-)Widerklage insgesamt abgewiesen. Im Übrigen werden die Berufungen der Klägerin und des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 4. Juni 2010 zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin; dies gilt nicht für die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu 1 und 2, die der Beklagte zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: bis 950.000,00 €
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des von der Klägerin erklärten Rücktritts von dem notariellen Kaufvertrag vom 18. Dezember 2001 (Urkundenrolle Nr. 2868 des Notars … in C…, GA 11 ff.), der Beklagte macht mit der Widerklage gegen die Klägerin und die Drittwiderbeklagten Schadensersatz wegen vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen M… B…, H… B…, B… B…, B… R…, C… L…, H… Br…, A… M… und A… Ra… die Klage abgewiesen und der gegen die Klägerin gerichteten Widerklage, unter Abweisung der Widerklage im Übrigen, überwiegend stattgegeben.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte habe schlüssig dargelegt, jedenfalls seit dem 1. April 2004 seinen Lebensmittelpunkt zunächst nach P… und ab dem 1. Dezember 2005 nach G… und damit in die Nähe der Betriebsstätte verlegt zu haben. Er habe schon mit Schriftsatz vom 6. Februar 2007 (GA 95 f.) vorgetragen, sich an rund drei Wochen im Monat in P… aufgehalten zu haben. Dass er daneben seine Bindungen nach L… aufrechterhalten und gepflegt habe, dort auch einen weiteren Wohnsitz innehabe, stehe der Verlagerung des Lebensmittelpunktes nicht entgegen. Näherer Angaben zu seinen Aufenthalten bedürfe es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Dieser Vortrag setze die Klägerin in den Stand, die Angaben zu der Dauer des Aufenthaltes in P… bzw. G… zu widerlegen. Daneben habe der Beklagte auch schlüssig vorgetragen, dass er sich vor Ort persönlich um eine ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung gekümmert habe, in dem er selbst und leitend in die Betriebsführung vor Ort eingegriffen habe. Er habe auch dargetan, wie er entsprechend seiner Lebensplanung seine Freizeit vor Ort verbracht habe. Dies lasse im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Engagement vor Ort hinreichend sichtbar werden. Wenn die Klägerin Vortrag zu sozialen Kontakten vor Ort vermisse, so übersehe sie, dass eine Ortsansässigkeit nicht immer auch im sozialen Bereich erfolgen müsse. Das Engagement könne auch in anderer Weise sichtbar werden.
Der Klägerin sei es nicht gelungen, den schlüssigen Vortrag des Beklagten zu widerlegen.
So gebe es neben Rechnungen, die an die Anschrift in L… adressiert seien, ab dem 1. Dez. 2005 auch solche, die an die Anschrift in G… gerichtet seien. In diesem Zusammenhang habe die Zeugin Ra… bekundet, dass entsprechende Aktivitäten von L… aus auf Geheiß des Beklagten erfolgt seien; seine Anweisungen habe der Beklagte von P…/G… aus getroffen. Die Bekundungen des Zeugen M… (Privatdetektiv) seien nicht geeignet, die Angaben des Beklagten zu widerlegen. Dieser habe lediglich Angaben Dritter bekundet, nicht aber den Beklagten über einen längeren Zeitraum beobachtet. Aus dem gleichen Grund seien die Angaben der Drittwiderbeklagten zu Äußerungen des Vermieters G…, der zwischenzeitlich verstorben ist, nicht ausreichend. Die Aussagen der gegenbeweislich vom Beklagten benannten Zeugen lassen die Angaben des Beklagten zu seinen Aufenthalten in P…/G… zumindest als möglich erscheinen.
Die Widerklage sei nur im Verhältnis zur Klägerin und hier nur z. T. begründet. Die Klägerin habe ihre Pflicht, sich vertragstreu zu verhalten, mit der Erklärung des nicht gerechtfertigten Rücktritts verletzt. Der Beklagte könne aber nur den im Jahr 2006 geltenden Umsatzsteuersatz von 16% geltend machen. Deliktische Ansprüche des Beklagten gegen die Drittwiderbeklagten bestünden nicht, der Beklagte könne schon nicht beweisen, dass sich Herr G… nicht entsprechend geäußert habe.
Hiergegen wenden sich die Klägerin und der Beklagte mit ihren rechtzeitigen Berufungen; die Berufung des Beklagten richtet sich allein noch gegen die Drittwiderbeklagten, von denen er insgesamt als Gesamtschuldnern nur noch die Zahlung von 700,00 € verlangt; er macht insoweit nicht mehr einen erststelligen Teilbetrag gegen die Drittwiderbeklagten geltend.
Die Klägerin macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere geltend, das Landgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Ehefrau des Beklagten zu den Aufenthalten in P… angegeben habe, der Beklagte habe sich etwa alle zwei Wochen dort aufgehalten, nach Aussage des Zeugen Br… hätten jedoch in L… wöchentliche Skatrunden stattgefunden. Sämtliche Rechnungen (bis auf drei) den Forstbetrieb betreffend seien an die Adresse des Beklagten in L… gerichtet. Das Landgericht habe weiter nicht berücksichtigt, dass der Beklagte seinen Vortrag zu seinen Aufenthalten „vor Ort“ nach der Beweisaufnahme vom 29. September 2008 im Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 dahingehend relativiert habe, er habe darauf geachtet, knapp „zeitlich länger in P…/G… als in L… zu sein“. Bei der quantitativen Betrachtung müsse berücksichtigt werden, dass der Monat mehr als zwei Wochen habe. In diesem Zusammenhang hätten an die sekundäre Darlegungslast des Beklagten höhere Anforderungen gestellt werden müssen. Es erschließe sich nicht, wie ohne entsprechende Dokumentation auf längere Aufenthaltszeiten in P…/G… habe geachtet werden können. Danach stehe fest, dass sich der Beklagte jedenfalls bis 30. November 2005 nicht überwiegend in der Nähe der Betriebsstätte aufgehalten habe. In Folge seiner schweren Bandscheibenerkrankung sei der Beklagte nicht in der Lage, vor Ort schwere körperliche Arbeiten auszuführen. Der Verkauf von Wildbret erfolge nicht in der Nähe der Betriebsstätte, sondern in L…. Allein aus der Ausübung der Jagdtätigkeit lasse sich ein örtliches Engagement nicht herleiten. Das Haus in G… diene im Wesentlichen als Übernachtungsmöglichkeit für Jagdgenossen, entsprechend sei es konzipiert. Es bestehe aus einem kombinierten Wohn-, Küchen- und Essbereich und verfüge über vier Schlafzimmer mit Bädern und Toiletten. Beheizt werde das Haus nur durch einen einzigen Ofen, der sich im unteren Bereich befinde.
Das Landgericht habe es zudem versäumt, auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme eine Gesamtbetrachtung anzustellen.
Es müsse davon ausgegangen werden, dass jedenfalls bis zum 26. Januar 2005, als der Sohn des Beklagten zum Geschäftsführer des Metallbaubetriebs in L… bestellt worden war, der Beklagte im Alltagsgeschäft seines Gewerbebetriebes in L… tätig war. Am 18. Februar 2007 sei der Beklage im Zuge der Umstrukturierung erneut zum alleinvertretungsberechtigen Geschäftsführer der B… … Verwaltungs GmbH bestellt worden. Bei der früheren GmbH und heutigen KG handele es sich um ein Unternehmen mit 52 Mitarbeitern und einem Umsatz von 5 Mio. €.
Hinsichtlich der Widerklage machen die Klägerin, und sich ihr insoweit anschließend auch die Drittwiderbeklagten, geltend, der Rücktritt stelle sich unabhängig vom Vorliegen eines Rücktrittsgrundes bei dieser Sachlage nicht als objektive Pflichtverletzung dar. Der Beklagte könne im Rahmen des Schadensersatzes die Erstattung von Mehrwertsteuer nicht verlangen. Die Verzinsungen im Widerklageantrag seien nicht mit den Zahlungen und vorgelegten Anwaltsrechnungen in Einklang zu bringen.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 4. Juni 2010 - Az. 3 O 362/06 –
den Beklagten zu verurteilen, Zug um Zug gegen Zahlung von 224.845,39 € die im Grundbuch von B… des Amtsgerichts Cottbus Blatt 168 unter den lfd. Nrn. 1 bis 1, das im Grundbuch von B… des Amtsgerichts Cottbus Blatt 171 unter der lfd. Nr. 1 und das im Grundbuch von G… des Amtsgerichts Cottbus Blatt 422 unter den lfd. Nrn. 6 bis 24 eingetragenen Grundstücke an die Klägerin herauszugeben sowie aufzulassen und die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch zu bewilligen, festzustellen, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befindet und die Widerklage insgesamt abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 4. Juni 2010 – Az. 3 O 362/06 – teilweise abzuändern und den Drittwiderbeklagten zu 1 und die Drittwiderbeklagte zu 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Beklagten 700,00 € zu zahlen und
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 beantragen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte macht zur Begründung seiner Berufung geltend, ein Anspruch gegen die Drittwiderbeklagten ergebe sich aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 186 StGB. Die Behauptung, der Beklagte sei nicht ortsansässig, sei ehrenrührig, da dem Beklagten damit ein Verstoß gegen gesetzliche und vertragliche Regeln vorgeworfen werde. Diese ehrenrührige Tatsache hätten die Drittwiderbeklagten als Gegenstand fremden Wissens durch Weitergabe an die Klägerin verbreitet. Die Richtigkeit dieser Tatsache sei, wie die Ausführungen des Landgerichts zeigten, nicht erwiesen. Der subjektive Tatbestand des § 186 StGB sei erfüllt, denn der Vorsatz müsse sich allein auf die Ehrenrührigkeit, nicht aber auf die Nichterweisbarkeit der verbreiteten Tatsache beziehen. Auf Wahrnehmung berechtigter Interessen könnten sich die Drittwiderbeklagten nicht berufen.
Zur Berufung der Klägerin weist der Beklagte insbesondere darauf hin, sein Vortrag erfülle bereits die quantitativen Anforderungen des BGH an die Verlagerung des Lebensmittelpunktes. Die Angaben des Beklagten (3 Wochen/Monat) seien nicht durch die Aussage seiner Ehefrau widerlegt, zumal diese auf S. 7 des Protokolls ihre Aussage zu Aufenthalten vor Ort korrigiert habe. Der Beklagte selbst habe seinen Vortrag zur Aufenthaltsdauer entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht im Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 relativiert.
Der Beklagte habe nach der entsprechenden Belehrung durch die Klägerin (Anlage K1) darauf vertrauen dürfen, dass maßgeblich die quantitativen Aufenthaltszeiten seien.
Auf den Seiten 9 bis 11 des Schriftsatzes vom 21. Oktober 2009 habe er eingehend dargelegt, welche Arbeiten er persönlich durchgeführt oder überwacht habe.
Dass der Beklagte wöchentlich an einer Skatrunde teilnehme, habe der Zeuge M… lediglich geschlussfolgert.
Nach der Entscheidung des BGH vom 16. Januar 2009 (NJW 2009, 1262) sei jede unwirksame Ausübung eines vertraglichen Gestaltungsrechts eine vertragliche Pflichtverletzung.
II.
Die Berufungen der Klägerin und des Beklagten sind zulässig, sie wurden insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat das Rechtsmittel der Klägerin nur teilweise, nämlich soweit die vollständige Abweisung der Widerklagte begehrt wird Erfolg, im Übrigen bleiben die Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten ohne Erfolg.
A) Berufung der Klägerin
Die Klägerin hat nicht wirksam den Rücktritt von dem am 18. Dezember 2001 geschlossenen notariellen Kaufvertrag erklärt, weil es am Vorliegen eines Rücktrittsgrundes fehlt. Dagegen ist sie dem Beklagten nicht im Wege des Schadensersatzes zum Ausgleich vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten verpflichtet.
1. Zur rechtlichen Ausgangslage
a) Die den gesetzlichen Vorschriften (§§ 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b), 4 Abs. 3 AusglLeistG, §§ 4 Abs. 2, 1 Abs. 3, 12 Abs. 1 lit. a) dd) FlErwV in ihrer jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Fassung sowie Ziffer 2 und 10 der Anlage 5 zu § 7 FlErwV) entsprechende vertragliche Pflicht, den Hauptwohnsitz fristgemäß in die Nähe der Betriebsstätte zu verlegen, korrespondiert mit dem Erfordernis der Ortsansässigkeit, an das der hier in Rede stehende begünstigte Waldflächenerwerb durch einen Neueinrichter geknüpft ist. Das Erfordernis der Ortsansässigkeit in der Nähe der Betriebsstätte dient dem Zweck, einen „Flächenerwerbstourismus“ und Bodenspekulationen zu verhindern und soll im Interesse der Strukturförderung die örtliche Nähe zwischen der Betriebsstätte, dem Betrieb und dem Betreiber gewährleisten. Die Vereinbarung des Rücktrittsgrundes in § 9 Nr. 2 lit. c) des Kaufvertrages steht so im Einklang mit den Vorgaben des AusglLeistG und der FlErwV, also dem Subventions- bzw. Förderungszweck des begünstigten Waldflächenerwerbes nach § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG und begegnet insgesamt keinen rechtlichen Bedenken (Senat Urteil v. 18 Februar 2010 – 5 U 106/08 m.w.N.).
b) „Hauptwohnsitz“ des Erwerbers ist gemäß § 1 Abs. 3 FlErwV sein „Lebensmittelpunkt“; diese Begriffsbestimmung hat zunächst rein klarstellende Bedeutung und verweist auf die allgemein anerkannten Grundsätze zur Bestimmung des Wohnsitzes gemäß § 7 BGB. Der Hauptwohnsitz im Sinne von § 7 BGB ist der räumliche Schwerpunkt (Mittelpunkt) der gesamten Lebensverhältnisse einer Person. Wie der Bundesgerichtshof nunmehr in seiner Entscheidung vom 25. September 2009 (NJW-RR 2010, 374, 375 Tz. 11) in diesem Zusammenhang ausdrücklich entschieden hat, ist der Lebensmittelpunkt des Erwerbers nach § 3 AusglLeistG ebenso wie der eines Nutzers im Rahmen von § 5 Abs. 3 SachenRBerG (BGH NJW-RR 2005, 1256, 1257) nicht allein anhand formaler Gesichtspunkte wie der polizeilichen Meldung, sondern in wertender Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu bestimmen. Diese wertende Betrachtung darf aber nicht den Zweck aus dem Blick verlieren, zu dem die jeweilige Vorschrift eine Feststellung des Lebensmittelpunktes verlangt. So geht es etwa im Rahmen von § 5 Abs. 3 SachenRBerG nicht darum, abstrakt den Lebensmittelpunkt des Nutzers zu ermitteln. Die wertende Betrachtung ist vielmehr nur ein Hilfsmittel, um die eigentlich entscheidende Frage zu beantworten, ob dem Nutzer das von ihm auf einem fremden Grundstück errichtete Wohnhaus am 3. Oktober 1990 als Wohnung gedient hat. Auch § 3 Abs. 8 AusglLeistG a. F. und § 4 Abs. 2 Satz 2 FlErwV a. F. knüpfen nicht abstrakt an den Hauptwohnsitz des Erwerbers an. Der verbilligte Walderwerb nach § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG a. F. soll vielmehr nicht jedem offen stehen, sondern nur dem Erwerber, der in der Nähe der Betriebsstätte auch ortsansässig werden will. Das Erfordernis der Ortsansässigkeit soll ausschließen, dass Personen ohne regionalen Bezug Flächen erwerben und mit einem Betriebsleiter vor Ort bewirtschaften. In Konkurrenz zu den örtlichen Interessenten sollen andere Personen Flächen nur dann verbilligt pachten und erwerben können, wenn sie sich selbst vor Ort engagieren (BGH ZOV 2007, 30, 33 Tz. 30). Ein solches Engagement setzt zwar nicht voraus, dass sich sämtliche Lebensbeziehungen des Erwerbers auf einen Ort konzentrieren (vgl. BGH ZOV 2007, 30, 33 Tz. 32), sie müssen sich aber an einem Ort in der Nähe der Betriebsstätte so verdichten, dass das erforderliche Engagement vor Ort erkennbar wird. Ein solches Engagement lässt sich nicht an Äußerlichkeiten wie Größe und Komfort der dort eingerichteten Wohnung festmachen. Erforderlich, aber ausreichend ist vielmehr, dass der Erwerber seine Betriebsstätte nicht nur sporadisch und nur bei Bedarf aufsucht. Er muss Bindungen an den Ort in der Nähe der Betriebsstätte aufbauen und unterhalten, die über das rein Geschäftliche hinausgehen (BGH NJW-RR 2010, 374, 375 Tz. 14).
2. Wirksamer Rücktritt der Klägerin
Auf dieser Grundlage ist die Frage zu beantworten, ob der von der Klägerin am 27. Juni 2006 (GA 36 ff.) erklärte Rücktritt zu einem gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnis nach den §§ 346 ff. BGB geführt hat und die Klägerin (Rück-)Auflassung und Herausgabe der verkauften Flächen Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises verlangen kann.
a) An der Wirksamkeit des vereinbarten Rücktrittsrechts besteht auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung (u. a. BGH NL-BzAR 2007, 366 ff., Rz. 7 ff.) kein Zweifel. Ob, wie in der aktuell geltenden Fassung der FlErwV geregelt, lediglich eine 15jährige Bindungsfrist für die Beibehaltung des Lebensmittelpunktes in der Nähe der Betriebsstätte gilt oder aber – entsprechend den damaligen gesetzlichen Vorgaben – die im Vertrag vereinbarte 20jährige Bindungsfrist kann in diesem Zusammenhang dahinstehen.
b) Die Klägerin ist ihrer Obliegenheit eines erwiderungsfähigen Primärvortrages nachgekommen. Zwar hat der Beklagte Meldebescheinigungen vorgelegt, wonach er (und seine Ehefrau) seit dem 1. März 2004 im … Weg 3 in N… OT P… mit der Hauptwohnung gemeldet sind bzw. sich seit dem 1. Dezember 2005 die Hauptwohnung in der … Straße 5a in G… befindet (Schreiben vom 11. November 2005). Mit den von den Drittwiderbeklagten am 14. März 2006 durchgeführten Recherchen vor Ort, insbesondere der Aussage des Vermieters der Wohnung in P…, dem zwischenzeitlich verstorbenen Zeugen G…; der Tatsache, dass der Beklagte weiterhin alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer des Metallbaubetriebs in L… geblieben ist und den weiteren Ermittlungen des von der Klägerin beauftragten Privatdetektivs, dem Zeugen M…, hat die Klägerin hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Angaben in der o. g. Meldebescheinigung nicht zutreffend sind, der Beklagte seinen Lebensmittelpunkt jedenfalls bis zur Erklärung des Rücktritts in L… hatte.
c) Der Beklagte hat mit seinem Vorbringen seiner sekundären Darlegungslast genügt.
Er hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, er habe seit dem 15. Februar 2004 gemeinsam mit seiner Ehefrau seinen Lebensmittelpunkt in der Nähe der Betriebsstätte. Er habe sich seit dieser Zeit mindestens drei Wochen/Monat in P… bzw. G… aufgehalten. Wegen der Verzögerung der Errichtung des Hausbaus auf dem 2003 erworbenen Grundstück habe er, um den Anforderungen des Vertrages an die Verlegung des Lebensmittelpunktes zu genügen, zunächst – als Übergangslösung – die kleine Wohnung in P… angemietet (1½ Zimmer, 35qm, später 51 qm, kleine Kochnische, Schlaf- und Wohnraum, Duschbad, gemeinsame Toilette mit dem Vermieter).
Der Beklagte trägt in diesem Zusammenhang weiter vor, welche Aktivitäten er im Zusammenhang mit der Errichtung des Wohnhauses und der Pflege der erworbenen Waldflächen persönlich (unter Beteiligung Dritter) vor Ort entwickelt habe und er in erheblichem Umfang der Jagd nachgegangen sei. Für die Klägerin erkennbar habe er nach seiner Lebensplanung in der Weise in eine Ruhestandsphase eintreten wollen, dass er in der Nähe der Waldflächen für sich und seine Ehefrau ein Einfamilienhaus errichtet, den Wald in einen guten Zustand versetzt und anschließend den Wald und seinen Ruhestand genießt, d. h. ohne gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Druck seine Tage verbringt und – allein oder in Gesellschaft – seiner Jagdleidenschaft nachgeht, aber auch in gewissem Umfang aus dem Wald und der Jagd wirtschaftliche Erlöse erzielt. Die Jagd sollte, so der Vortrag des Beklagten, wesentlicher Inhalt seines „Rentnerdaseins“ sein, diese Aktivität sei die Verfolgung eines Schwerpunktinteresses; bei gutem Wetter verbringe er täglich sechs bis sieben Stunden im Wald.
Mit diesem Vortrag, auf dessen Richtigkeit es an dieser Stelle nicht ankommt, hat der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast genügt. Er war in diesem Zusammenhang nicht gehalten, seinen Vortrag zu den Aufenthaltszeiten, wie dies die Klägerin geltend macht, durch Vorlage eines Terminkalender näher zu präzisieren, insbesondere im einzelnen die Zeiträume anzugeben, zu denen er sich in P… bzw. G… aufgehalten hat.
d) Der Klägerin ist auf der Grundlage der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht der ihr obliegende Nachweis gelungen, dass der Beklagte nicht gemäß den vertraglichen Vereinbarungen seinen Lebensmittelpunkt in die Nähe der Betriebsstätte verlegt hat.
aa) In diesem Zusammenhang macht die Klägerin mit der Berufung in erster Linie geltend, der Beklagte sei von seinem Vortrag in der Klageerwiderung, wonach er ca. drei Wochen/Monat in P…/G… gewesen sei, später im Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 abgerückt und trage jetzt nur noch vor, er habe „darauf geachtet“, knapp „zeitlich länger in P… bzw. G… als in L… zu sein“ (Bl. 1118 f.); vor diesem Hintergrund hätte das Landgericht an die sekundäre Darlegungslast des Beklagten höhere Anforderungen stelle müssen.
Die von der Klägerin behauptete Korrektur des Vortrags des Beklagten ist indes in dem Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 (Bl. 864 f.) in dieser Form schon nicht enthalten. Die von der Klägerin in Bezug genommenen Ausführungen des Beklagten beziehen sich ersichtlich auf die Aussage des Sohnes des Beklagten, nach dessen Einschätzung der Beklagte in dem streitrelevanten Zeitraum ein bis zweimal im Monat für jeweils eine Woche in L… gewesen sei. Hieraus hat der Beklagte, ohne seinen Vortrag im Kern zu korrigieren, lediglich gefolgert, dass sich auch danach ein überwiegender Aufenthalt in P…/G… ergebe, wenn man nämlich berücksichtige, dass ein Monat länger sei als vier Wochen und es nach der Aussage des Sohnes auch Monate gegeben haben müsse, in denen der Beklagte nur einmal nach L… gekommen sei. Dies korrespondiere mit der Aussage der Ehefrau des Beklagten, die angegeben habe, ca. alle zwei Wochen für eine Woche nach L… gefahren zu sein, der Beklagte bei diesen Gelegenheiten aber nicht immer mitgefahren sei. Der Beklagte, der sich diese Aussagen seines Sohnes ausdrücklich zu Eigen macht, knüpft daran lediglich die Folgerung, dass hierdurch seine Angaben hinsichtlich des zeitlichen Übergewichts des Aufenthaltes in P…/G… bestätigt würden.
bb) Die Klägerin macht weiter geltend, der Vortrag des Beklagten zur Verlegung seines Lebensmittelpunktes in die Nähe der Betriebsstätte sei unter einem weiteren Aspekt unzureichend. Der Bundesgerichtshof verlange insoweit in seiner Entscheidung vom 25. September 2009 (NL-BzAR 2009, 494 ff.) ein über das rein Geschäftliche hinausgehendes „örtliches Engagement“.
Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, in Konkurrenz zu den örtlichen Interessenten sollten andere Personen Flächen nur dann verbilligt erwerben können, wenn sie sich selbst vor Ort engagieren. Ein solches Engagement vor Ort lasse sich allerdings nicht an Äußerlichkeiten wie Größe und Komfort der dort eingerichteten Wohnung festmachen. Erforderlich, aber auch ausreichend sei vielmehr, dass der Erwerber seine Betriebsstätte nicht nur sporadisch und nur bei Bedarf aussuche. Er müsse Bindungen an den Ort in der Nähe der Betriebsstätte aufbauen und unterhalten, die über das rein Geschäftliche hinausgingen.
Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Beklagten.
Zwar kann der Beklagte nicht vortragen, dass er (bzw. seine Ehefrau) „vor Ort“ neue Kontakte in einem wesentlichen Umfang geknüpft hätte (die Ehefrau konnte bei ihrer Vernehmung lediglich ihre Nachbarn namentlich benennen, hat aber auch ausgesagt, mittlerweile lade man sich auch schon gegenseitig zu Geburtstagen ein) oder sich in anderer Weise in der örtlichen Gemeinschaft – etwa durch Mitgliedschaft in Vereinen etc. – engagiere, ein solcher Vortrag ist zur Darlegung der Begründung eines Lebensmittelpunktes aber auch nicht erforderlich.
Es genügt, dass der Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, seine Absicht sei es gewesen, sich im Zuge des Erwerbs der Waldflächen langsam aus dem aktiven Berufsleben zurückzuziehen. Seine Lebensplanung sei so, dass er sich nunmehr im Wesentlichen allein oder in Gemeinschaft mit Jagdfreunden, seinem Hobby, der Jagd, widmen wolle und sich mit der Pflege der Waldflächen und den Dingen, die mit der Jagd verbunden sind, beschäftige. Ein darüber hinausgehendes gesellschaftliches Engagement beabsichtige er in seinem Alter nicht mehr.
Damit macht der Beklagte aber geltend, dass seine persönliche Lebensplanung unmittelbar mit den erworbenen Flächen verbunden sei, diese im Zentrum seiner persönlichen Lebensgestaltung stehen. Er trägt damit vor, die Betriebsstätte nicht nur sporadisch und bei Bedarf aufzusuchen, sondern sich im Rahmen seiner persönlichen Lebensplanung überwiegend in der Nähe der Betriebsstätte aufzuhalten. Die erworbene Waldfläche ist für den Beklagten weniger „Betriebsstätte“ – die erwirtschafteten Erträge sind ein bloßer Zusatznutzen – als vielmehr wesentlicher Bestandteil der persönlichen Lebensgestaltung.
Dies füllt das Erfordernis des „örtlichen Engagements“, also eines über das Geschäftliche hinausgehenden Bezuges zur Betriebsstätte unter Berücksichtigung der konkreten Lebensverhältnisse des Beklagten aus.
Im Übrigen beschränkt sich das gesellschaftliche Engagement des Beklagten auch in L… nach seiner Darstellung auf die Teilnahme an einer Skatrunde (wenn er sich in L… aufhält) und eine mittlerweile passive Mitgliedschaft im Schützenverein.
cc) Weiter wendet sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts, insbesondere dagegen, dass es das Landgericht unterlassen habe, die vollständige Aussage der Ehefrau des Beklagten im Termin vom 29. September 2008 zu würdigen und im Rahmen der Beweiswürdigung eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der weiteren Umstände (u. a. Zuschnitt der Unterkünfte „vor Ort“, Geschäftsführertätigkeit in L…, Nutzung eines Firmenfahrzeugs, regelmäßige Skatrunden in L…) anzustellen.
(1) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die im ersten Rechtszug festgestellten Tatsachen gebunden, es sei denn konkrete Anhaltspunkte begründen Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen. Solche Zweifel liegen nach der Gesetzesbegründung schon dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird. Hierzu genügen schlüssige Gegenargumente, die die erhebliche Tatsachenfeststellung in Frage stellen (m. w. Nachw. Zöller/Heßler, 29. Aufl. 2012, § 529 ZPO Rdnr. 3).
In diesem Sinne schlüssige Gegenargumente vermag die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nicht aufzuzeigen, sie setzt vielmehr im Wesentlichen ihre eigene Beweiswürdigung an die ohne weiteres mögliche und nahe liegende Beweiswürdigung des Landgerichts.
Dies vermag aber eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung oder eine Wiederholung der Beweisaufnahme nicht zu rechtfertigen.
(2) Die Klägerin stützt ihren Angriff auf die Beweiswürdigung zunächst auf die Bekundung der Ehefrau des Beklagten im Termin vom 29. September 2008, der Beklagte sei für die Dauer der Nutzung der Wohnung in P… alle zwei Wochen von L… nach P… gefahren. Die Abwesenheitszeiten von L… müssten danach jeweils kürzer als zwei Wochen gewesen sein. Die Zeugin habe sämtliche Umstände aus der Perspektive von L… als ihrem „Zuhause“ geschildert.
Diese Ausführungen verkürzen die Aussage der Ehefrau des Beklagten. Es trifft zwar zu, dass sie angeben hat, es könne – ausgehend davon, dass sie selbst ca. alle drei Wochen für eine Woche in P… gewesen sei – so sein, dass der Beklagte alle zwei Wochen dorthin gefahren sei. Aber bereits diese Aussage erfolgt erkennbar unter der vorangegangenen Einschränkung, sie könne sich nur schlecht etwas merken und sei sehr aufgeregt, weil sie noch nie vor Gericht gewesen sei. Sie hat die Angaben zu den Aufenthaltszeiten in der Nähe der Betriebsstätte im Verlaufe der Vernehmung dahingehend konkretisiert, dass seit dem Bezug des Hauses in G… ihr Mann alle drei Wochen für drei bis vier Tage nach L… gefahren sei, zuvor, während der Nutzung der Wohnung in P… um einiges häufiger, wobei sie nicht angeben, auch nicht schätzen könne, wie oft ihr Mann in dieser Zeit von P… nach L… gefahren sei.
Der weitere Umstand, dass die Zeugin L… als ihr „Zuhause“ bezeichnete, ist in diesem Zusammenhang kaum geeignet, zu belegen, dass der Lebensmittelpunkt des Klägers (und seiner Ehefrau) nach wie vor in L… ist. Die Äußerung ist angesichts der Tatsache, dass die Zeugin ca. 40 Jahre mit ihrer Familie, d. h. ihrem Ehemann und ihren drei Söhnen in L… lebte, nur natürlich, lässt also nicht den Schluss zu, der Vortrag des Beklagten, er habe sich im maßgeblichen Zeitraum überwiegend in der Nähe der Betriebsstätte aufgehalten, treffe nicht zu.
Beachtet man die Einschränkungen, mit denen die Zeugin ihre Angaben zum zeitlichen Umfang in L… und in P…/G… versehen hat und berücksichtigt man die weiteren Aussagen der Jagdfreunde und des Sohnes des Beklagten, so ist mit den Angaben der Zeugin keineswegs nachgewiesen, dass eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes insbesondere während der Nutzung der Mietwohnung in P… nicht stattgefunden hat.
(3) Ähnlich verhält es sich mit den weiteren Umständen und Zeugenaussagen, auf die die Klägerin ihre vom Landgericht abweichende Beweiswürdigung stützen will. Alle diese Umstände sind mindestens ambivalent, während die Aussagen der weiteren Zeugen den Nachweis für eine unterbliebene Verlegung des Lebensmittelpunktes nicht zu erbringen vermögen.
Dies gilt zunächst für die Ausstattung und Größe der Mietwohnung in P… bzw. des später vom Beklagten errichteten Hauses in G….
Die geringe Größe und die eher spartanische Ausstattung der Mietwohnung (nur 35/51 qm, Kochnische, Schlafgelegenheit, keine eigene Toilette, keine Wasch- und Spülmaschine) lässt nicht den sicheren Schluss zu, es handele sich um eine Wohnung, die lediglich zum Schein angemietet worden sei. Ebenso ist es denkbar, dass der Beklagte, gerade auch in Kenntnis der bereits verwirkten Vertragsstrafe, tatsächlich bemüht war, die vertraglichen Anforderungen auch schon vor der verzögerten Fertigstellung des eigenen Hauses zu erfüllen und für eine überschaubare Übergangszeit beengte Verhältnisse und einen geringeren Wohnkomfort in Kauf zu nehmen. Es ist ohne weiteres möglich, dass die Jagdfreunde in einem Bauwagen/Wohnwagen bei den häufigen Besuchen übernachtet haben und die Wohnung kaum von innen gesehen haben, ebenso, dass man etwa zum gemeinsamen Kaffeetrinken bei solchen Gelegenheiten den Bauwagen genutzt hat.
Das dann errichtete Haus hat auch durchaus nicht den Charakter eines typischen Ferienhauses, das nur zur vorübergehenden Nutzung bestimmt ist. Das Haus weist einen für ein Einfamilienhaus typischen Ausstattungsstandard auf. Die Tatsache, dass im Erdgeschoss ein großer Wohn- und Essraum mit Küche sowie Badezimmer und Schlafzimmer vorhanden ist und im Obergeschoss nur weitere Schlafzimmer sowie ein Badezimmer steht dem nicht entgegen, kann vielmehr ebenso dem Umstand geschuldet sein, dass die als Zeugen vernommenen Jagdfreunde H… B…, R… und L… nach ihren Bekundungen den Beklagten häufig und regelmäßig und dann auch für längere Zeit zur Ausübung der Jagd aufsuchen.
Was die Klägerin in diesem Zusammenhang aus dem Umstand herleiten will, dass am 14. März 2006, als die Drittwiderbeklagten den Beklagten in seinem Haus aufsuchten, auf dem Tisch nur Rollmöpse, Äpfel und eine Flasche Schnaps gesehen haben, erschließt sich schlicht nicht.
Die Aussagen der Drittwiderbeklagten im Rahmen ihrer Anhörung zu den Angaben, die der Vermieter G… ihnen gegenüber gemacht haben soll, lassen einen zwingenden Rückschluss auf einen bloßen Nebenwohnsitz in P… ebenfalls nicht zu.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Drittwiderbeklagten hier lediglich die Angaben eines Dritten wiedergeben, die zudem in Widerspruch zu den schriftlichen Erklärungen des Herrn G… stehen und sich, weil der Zeuge vor seiner Vernehmung verstorben ist, der Kontext in dem die behauptete Äußerung, der Beklagte wohne hier nur pro forma, gefallen ist, nicht mehr klären lasse. Zweifel an dem Bedeutungsgehalt einer solchen Angabe, unterstellt sie ist in dieser Form gefallen, bestehen auch deswegen, weil der Beklagte am 14. März 2006, als der Vermieter befragt wurde, tatsächlich auch schon seit mehreren Monaten nicht mehr in P… wohnte.
Die Ausstattung des Hauses in G…, für das lediglich eine Einbauküche neu angeschafft, im Übrigen aber Möbel aus dem Haus in L… verwendet wurden, während für das Haus in L… Möbel teilweise neu angeschafft wurden, lässt sich ebenfalls nicht zwingend in der Richtung deuten, dem Wohnsitz in G… komme nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
Ähnliches gilt für die unstreitige Stellung des Beklagten als Geschäftsführer des Metallbauunternehmens in L…. Nach der Aussage des Sohnes hat dies auch den Grund, dass nicht der Eindruck entstehen soll, der Beklagte werde aus dem Betrieb gedrängt; darüber hinaus habe diese Stellung durch die Zahlung eines Geschäftsführergehalts einen gewissen Versorgungscharakter.
Im Übrigen schildern insbesondere der Sohn und der Zeuge Br… durchaus nachvollziehbar (bestätigt durch die Aussage der Zeugin Ra…), dass sich der Beklagte in dem Zeitraum seit Anfang 2004 aus der aktiven Leitung der Firma zurückgezogen hat. Dem steht nicht zwingend entgegen, dass der Sohn erst im Zuge der Umstrukturierung der Firma 2006 zum vertretungsberechtigten Geschäftsführer geworden ist. Der Sohn hat in diesem Zusammenhang auch ausgesagt, er habe über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vollmacht verfügt. Im Übrigen haben die Zeugen die Praxis geschildert, wonach der Beklagte die noch von ihm zu treffenden Entscheidungen während seiner durchaus regelmäßigen Aufenthalte in L… getroffen hat bzw. die noch erforderlichen Unterschriften geleistet hat, im Übrigen die Angelegenheiten auch teilweise per Post abgewickelt worden sind.
Diese Vorgehensweise mag mit einem gewissen Mehraufwand verbunden gewesen sein, sie mag auch gelegentlich zu zeitlichen Verzögerungen bei zu treffenden Entscheidungen geführt haben, möglich ist sie gleichwohl.
Die von der Klägerin behauptete wöchentliche Teilnahme an einer Skatrunde in L… stützt sich allein auf die Aussage des Zeugen M…, des von der Klägerin beauftragen Privatdetektivs. Der Zeuge konnte in diesem Zusammenhang aber lediglich angeben, der Zeuge Br…, ein Mitarbeiter des Metallbaubetriebs, habe ihm gegenüber geäußert, der Beklagte wohne in L… und sei außer mittwochs, da spiele er Karten, abends erreichbar.
Dass der Beklagte auch in L… wohnt ist ohnehin unstreitig, ebenso dass er mittwochs Karten spielt, dies allerdings nach seiner Darstellung mit der Einschränkung, wenn er sich in L… aufhält. Entsprechend hat auch der Zeuge Br… seine Aussage eingeschränkt. Allein aus der Aussage des Zeugen M… lässt sich danach nicht zwingend herleiten, der Beklagte spiele jeden Mittwoch in L… Skat, was im Übrigen auch mit den Aussagen der Jagdfreunde zu ihren Aufenthalten in P…/G… kaum in Einklang zu bringen wäre. Hinzu kommt, dass auch der Zusammenhang, in dem die Äußerung des Zeugen Br… nach der Aussage des Zeugen M… gefallen sein soll, nicht so deutlich ist, dass hieraus nur der Schluss gezogen werden kann, der Beklagte spiele grundsätzlich jeden Mittwoch in L… Skat.
Die weiteren von dem Zeugen M… wiedergegebenen Äußerungen der – nicht vernommenen – Nachbarin We… können ohne weiteres als wahr unterstellt werden. Diese soll nämlich lediglich angegeben haben, die Familie B… wohne im Dorf, der Beklagte habe im Osten eine Jagd gekauft, zu der er mehr oder weniger regelmäßig fahre. Dies trifft im Grundsatz zu, wobei der Zeugin We… die näheren Verhältnisse der Familie B… kaum bekannt gewesen sein dürften – so wusste sie nur von zwei Söhnen, der Beklagte hat aber drei Söhne – ihre Angaben also ohnehin nur vage sein können.
Der Umstand, dass Rechnungen und andere Schreiben, die den Forstbetrieb betreffen, 2004 und 2005 überwiegend an die Anschrift in L… adressiert waren, hat die Zeugin Ra…, die insoweit die Buchführung und den Ausgleich von Rechnungen für den Beklagten noch vorgenommen hat, hinreichend und nachvollziehbar erläutert. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeführten Honorarrechnungen, die, wie auch weitere Schreiben des Prozessbevollmächtigten an seinen Mandanten, teilweise bzw. überwiegend auch an die Adresse in G… gerichtet waren.
Da Zweifel an der Glaubwürdigkeit sämtlicher vernommener Zeugen nicht erkennbar sind und die Glaubhaftigkeit der Aussagen ebenfalls nicht in Rede steht, ist danach das Ergebnis des Landgerichts, die Klägerin habe den ihr obliegenden Nachweis, der Beklagte habe seinen Lebensmittelpunkt nicht innerhalb der vereinbarten Zeit in die Nähe der Betriebsstätte verlegt, nicht geführt, mehr als nahe liegend. Die bloße Möglichkeit einer anderen Würdigung dieser Aussagen genügt nicht, um hinreichende Zweifel an den landgerichtlichen Feststellungen zu begründen. Es ist nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht unter Berücksichtigung aller Umstände nicht die Überzeugung verschaffen konnte, die Klägerin habe den ihr obliegenden Nachweis geführt.
3. Widerklage
Mit der Widerklage verlangt der Beklagte als Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB die vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr, weil die Klägerin durch die unwirksame Ausübung des Rücktrittsrechts ihre Pflichten aus dem Kaufvertrag schuldhaft verletzt habe.
Das Landgericht hat der Klage – abgesehen von einem Teil der Mehrwertsteuer – stattgegeben.
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat Erfolg, weil es an einer schuldhaften Pflichtverletzung seitens der Klägerin fehlt.
Der Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Januar 2009 (NJW 2009, 1262). Darin führt der Bundesgerichtshof zwar ausdrücklich aus, eine Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei etwas verlange, das ihr nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, oder ein Gestaltungsrecht ausübt, das nicht besteht, verletze ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB. Der Bundesgerichtshof führt aber weiter aus, und dies übersieht der Beklagte bei seiner Argumentation, dass ein solcher Gläubiger nur dann schuldhaft handelt, wenn er nicht erkennen kann, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Den Ausgang eines Rechtsstreits vorauszusehen könne in diesem Zusammenhang von einem Gläubiger nicht verlangt werden, dies würde ihn in diesem Stadium der Auseinandersetzung überfordern und die Durchsetzung seiner Rechte unzumutbar erschweren. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entspreche der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr schon dann, wenn er prüfe, ob die Vertragsverletzung auf eine Ursache zurückzuführen sei, die den eigenen Rechtsstandpunkt plausibel erscheinen lasse. Mit dieser Plausibilitätskontrolle habe es sein Bewenden. Bleibe dabei ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliege, dürfe der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstelle.
Danach kann von einer schuldhaften Pflichtverletzung der Klägerin, die sie zum Schadensersatz verpflichten würde, nicht ausgegangen werden. Dies ergibt sich schon aus den Ausführungen zur primären Darlegungslast der Klägerin, der sie genügt hat. Die Klägerin durfte aufgrund der von ihr durchgeführten Ermittlungen zum Lebensmittelpunkt des Beklagten davon ausgehen, dass trotz der vorliegenden Meldebescheinigung und des vom Beklagten in G… errichteten Hauses dieser nicht innerhalb der vorgegebenen Frist seinen Lebensmittelpunkt in die Nähe der Betriebsstätte verlegt hat und danach ein Rücktritt gerechtfertigt sein könnte.
B) Berufung des Beklagten
Die Berufung des Beklagten (Drittwiderklage) hat in der Sache ebenfalls keinen Erfolg.
Soweit das Landgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) verneint hat, ist dies nicht zu beanstanden.
Hierauf stützt der Beklagte aber seinen Anspruch auch nicht mehr, er macht vielmehr geltend, die Drittwiderbeklagten hätten durch ihre Äußerung gegenüber der Klägerin, der Vermieter G… habe ihnen bei einem Gespräch mitgeteilt, er, der Beklagte, würde nur pro forma in P…/G… wohnen, bzw. durch die Weitergabe des Gesprächsprotokolls ihm gegenüber eine üble Nachrede nach § 186 StGB begangen. Dieses Strafgesetz sei als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anerkannt (BGHZ 95, 212 ff.).
Bereits der objektive Tatbestand des § 186 StGB ist nicht erfüllt, weil die Wiedergabe der Äußerung des ehemaligen Vermieters des Beklagten, der Beklagte habe sich in P… nur pro forma gemeldet, um das Ortsansässigkeitskriterium zu erfüllen, keine Tatsache ist, die geeignet ist, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Dass dies auch aus Sicht des Beklagten, dem durch diese Angaben lediglich eine – nicht notwendig schuldhafte – Verletzung vertraglicher Obliegenheiten vorgehalten wird, so ist, zeigt sich daran, dass er erstmals in der Berufungsinstanz, also nach rd. fünf Jahren, in dieser Mitteilung der Drittwiderbeklagten an die Klägerin eine solche ehrenrührige Tatsache sehen will.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Drittwiderbeklagten ihre Äußerungen allein gegenüber der Klägerin im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses getätigt haben, in dessen Rahmen sie auf Veranlassung der Klägerin eine Überprüfung der Anschriften des Beklagten vorgenommen haben. Die Drittwiderbeklagten durften also darauf vertrauen, dass außerhalb der Verfolgung von Rechten der Klägerin gegenüber dem Beklagten selbst, also unter Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB), die Klägerin von dem schriftlichen Bericht keinen weiteren Gebrauch machen wird. Es liegt daher nahe, den Anwendungsbereich des § 193 StGB in einer solchen Konstellation auf Mitarbeiter desjenigen auszudehnen, der sich seinerseits ohne weiteres auf diese Vorschrift berufen kann bzw. die Drittwiderbeklagten darauf vertrauen durften, dass die Nichtweitergabe an Dritte gewährleistet ist.
C) Nebenentscheidungen
Gründe, die Anlass für die Zulassung der Revision bieten (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO bzw. – im Verhältnis zu den Drittwiderbeklagten – aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.