Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 15. Berufungskammer | Entscheidungsdatum | 12.02.2020 | |
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Aktenzeichen | 15 Sa 1261/19 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2020:0212.15SA1261.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 29a Abs 1 S 1 TVÜ-L, § 12 TV-L |
1. Die Tätigkeiten als Beschäftigte in einer Serviceeinheit eines Gerichts stellen nur einen Arbeitsvorgang dar, da die anfallenden Aufgaben „ganzheitlich“ zu bearbeiten sind.
2. Die Kombination aus einem großen Arbeitsvorgang in Verbindung mit dem Kriterium, dass schwierige Tätigkeiten innerhalb eines Arbeitsvorgangs nur in einem „rechtlich nicht ganz unerheblichen Ausmaß anfallen“ müssen, führt dazu, dass der Wille der Tarifvertragsparteien im Hinblick auf die typischen Tätigkeiten der Beschäftigten in Serviceeinheiten nicht ausreichend berücksichtigt wird.
3. Will man an der bisherigen Rechtsprechung nur geringfügige Veränderungen vornehmen und gleichzeitig den Willen der Tarifvertragsparteien nach einer Hierarchisierung der Vergütung bei den Beschäftigten in Serviceeinheiten berücksichtigen, dann muss von der allgemeinen Regel abgewichen werden, wonach es für eine Höhergruppierung ausreicht, dass auch innerhalb eines großen Arbeitsvorgangs der Anteil der schwierigen Tätigkeiten nur in nicht unerheblichem Umfang vorliegen braucht. Ausnahmsweise ist stattdessen zu verlangen, dass auch innerhalb des Arbeitsvorgangs das Heraushebungsmerkmal der schwierigen Tätigkeit entsprechend der prozentualen Vorgaben der Tarifvertragsparteien vorliegen muss.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. Mai 2019 – 56 Ca 15355/18 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin als Beschäftigte in einer Serviceeinheit eines Gerichtes wegen einer behaupteten fehlerhaften Eingruppierung ab Februar 2018 eine höhere Vergütung hätte gezahlt werden müssen.
Die Klägerin ist ausgebildete Justizangestellte und seit dem 29.08.1991 bei dem beklagten Land anfangs als Maschinenschreiberin, später als Protokollführerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet gemäß § 2 Abs. 1 des Änderungsvertrages vom 03.05.2012 der Angleichungs-TV des Landes Berlin vom 14.10.2010 Anwendung. In § 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages ist ferner geregelt, dass die Parteien sich darüber einig sind, dass Tarifverträge, die das Land nach dem 01.10.2010 schließt oder denen das Land im Falle eines Eintritts in den Arbeitgeberverband unterworfen ist, die zuvor genannten Arbeitsbedingungen ergänzen, ändern bzw. ersetzen.
Von Januar bis Dezember 2011 nahm die Klägerin an fachtheoretischen Schulungen teil, um den Wissensstand einer ausgebildeten Justizfachangestellten zu erlangen. Von Januar 2011 bis März 2013 erfolgte die berufspraktische Unterweisung an einem Arbeitsplatz einer Beschäftigten in einer Serviceeinheit. Mit Schreiben vom 08.04.2013 wurde gegenüber der Klägerin festgestellt, dass sie über Fähigkeiten verfüge, die einer Justizfachangestellten gleichwertig seien (Anlage BK 1, Bl. 290f d.A.). Einvernehmlich wurde die Klägerin ab dem 01.04.2013 als Angestellte in Serviceeinheiten bei Gerichten mit Tätigkeiten beschäftigt, die zu einem Fünftel schwierig sind. Sie wurde einer Serviceeinheit in Verkehrsstrafsachen (einschließlich Bußgeldverfahren und Erzwingungshaftsachen) zugeordnet. Sie erhielt eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6, Fg 2. Die Beschreibung des Aufgabenkreises (BAK) vom 26.05.2010 sieht folgende Aufgaben vor:
Lfd.
Nr.Tätigkeit
Prozentualer Anteil der monatlichen Arbeitszeit
1
Geschäftsstellentätigkeit:
Postbearbeitung, Schriftgutverwaltung, Aussortierungsarbeiten, Aktenverwaltung, Datenpflege42,49 %
2
Selbstständige Fertigung von Inhaltsprotokollen
6,94 %
3
Kanzleimäßige Erledigung der Verfügungen der jeweiligen Sachbearbeiter, Mitteilung an andere Behörden, selbstständige Fertigung von Maschinenprotokollen
24,87 %
4
Anordnung von Ladungen und Zustellungen, öffentliche Zustellungen
7,42 %
5
Erteilen vollstreckbarer Ausfertigungen und von Teilrechtskraft- und Rechtskraftattesten
4,20 %
6
Aufgaben der Kostenbeamten
5,69 %
7
Aufgaben der Zählkartenordnung
3,63 %
8
Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art
1,24 %
9
Unterschriftsreife Vorbereitung von Verfügungen, Urteilen und Beschlüssen für den jeweiligen Sachbearbeiter
1,62 %
10
Mitteilungen an das Bundeszentralregister, Gewerbezentralregister und das Kraftfahrtbundesamt
0,38 %
11
Mitwirkung bei der Überwachung von Auflagen und Weisungen nach § 153 A Abs. 1 StPO und der Gnadenordnung sowie die Überwachung von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen
0,99 %
Der Anteil der schwierigen Tätigkeiten beträgt danach 25,17 %. Die Tätigkeiten, wie sie in der BAK angegeben sind, übt die Klägerin auch aus.
Mit einem im August bei dem beklagten Land eingegangenen Schreiben beantragt die Klägerin, ihr auch rückwirkend die Vergütungsdifferenzen zwischen der Entgeltgruppe 6 und der Entgeltgruppe 9 zu zahlen.
Mit der am 26.11.2018 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage verfolgt sie dieses Ziel weiter. In rechtlicher Hinsicht hat die Klägerin die Ansicht vertreten, ihre Tätigkeit bilde nur einen einzigen großen Arbeitsvorgang. Auf Basis der Entscheidung des BAG vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – stehe ihr daher die begehrte höhere Vergütung zu. Insofern reiche es aus, dass schwierige Tätigkeiten einen Anteil von ca. 10 % hätten, wobei dieser Anteil mit 25 % deutlich überschritten werde.
Nachdem die Klägerin ihren Zinsantrag teilweise zurückgenommen hat, hat sie zuletzt noch beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. EUR 4.023,54 brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem jeweiligen Teilbetrag i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. März 2018, i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. April 2018, i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. Mai 2018, i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. Juni 2018, i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. Juli 2018, i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. August 2018, i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. September 2018 zu zahlen, i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. Oktober 2018 zu zahlen und i.H.v. EUR 447,06 seit dem 1. November 2018 zu zahlen,
2. hilfsweise für den Fall der vollständigen oder teilweisen Abweisung des Antrags zu 1) – festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. Februar 2018 bis 31. Oktober 2018 nach der Entgeltgruppe E9, hilfsweise nach der Entgeltgruppe E8 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Letzten des jeweiligen Monats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. November 2018 nach der Entgeltgruppe E9, hilfsweise nach der Entgeltgruppe E8 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Letzten des jeweiligen Monats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land sieht in der Entscheidung vom 28.02.2018 eine Rechtsprechungsänderung, da es nunmehr nicht ausreiche, dass Tätigkeiten theoretisch getrennt werden könnten. Für den hier maßgeblichen Bereich von gerichtlichen Arbeitsfeldern werde der Wille der Tarifvertragsparteien nach einer Differenzierung der Eingruppierung innerhalb eines einheitlichen Arbeitsvorgangs im natürlichen Sinne nach Schwierigkeitsgraden völlig außer Acht gelassen. Absicht der Tarifvertragsparteien sei es gewesen, in Geschäftsstellen und Serviceeinheiten Aufstiegs- und Differenzierungsmöglichkeiten zu schaffen. Insofern werde das Tarifgefüge zerstört. Die Rechtsprechung greife in die Tarifautonomie ein. Hilfsweise gelte, dass mit den zur Jahrtausendwende eingeführten Tarifmerkmalen für Beschäftigte in Serviceeinheiten ein ganzheitliches Arbeiten angestrebt werde. Alle Arbeitsschritte sollten ganzheitlich in einer Hand erledigt werden. Die neuere Rechtsprechung des BAG zur Bildung „großer“ Arbeitsvorgänge ließe sich auf die hiesige Konstellation nicht sinnvoll anwenden. Im Normalfall könne ein öffentlicher Arbeitgeber Arbeitsvorgänge so zuschneiden, dass bestimmte, die Eingruppierung beeinflussende Aufgabeninhalte (z.B. schwierige Tätigkeiten) nicht anfallen. In Serviceeinheiten, die ganzheitlich arbeiten, sei dies sinnvoll nicht möglich. Daher sei die Eingruppierung von Angestellten/ Justizbeschäftigten aus dem Anwendungsbereich der BAG Rechtsprechung zum „großen“ Arbeitsvorgang im Sinne einer gebotenen teleologischen Reduktion auszunehmen. Der Tarifwortlaut zu den allgemeinen Eingruppierungsregelungen stehe im Widerspruch zur hier relevanten Entgeltordnung. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien in der spezielleren Entgeltordnung gehe vor.
Mit Urteil vom 08.05.2019 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Teilweise seien die Feststellungsanträge neben den Leistungsanträgen unzulässig. Im Übrigen richte sich die Eingruppierung nach § 12 Abs. 1 TV-L. Einen einheitlichen Arbeitsvorgang könne die Kammer nicht erkennen. Das Bundesarbeitsgericht konstatiere schlicht „bei natürlicher Betrachtungsweise“, dass die Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle ein einziges abgrenzbares Arbeitsergebnis wäre. Eine solche Betrachtungsweise könne die Kammer nicht nachvollziehen. Vielmehr scheine es deutlich begründungsbedürftiger, die einzelnen Arbeitstätigkeiten nicht als jeweils ein Arbeitsergebnis und -vorgang anzusehen. Dies gelte umso mehr, nachdem der vom Bundesarbeitsgericht genannte Abschluss des Verfahrens regelmäßig nicht von der Geschäftsstelle herbeigeführt werde, sondern auf einer Verfügung durch den Richter oder Rechtspfleger beruhe. Als weiteres Argument stellt das Arbeitsgericht darauf ab, dass nach der Rechtsprechung des BAG die Arbeitsschritte und einzelnen Aufgaben bei Aktenvorgängen in der Geschäftsstelle den Geschäftsstellenmitarbeitern als einer Person (allein) übertragen sein müssten. Hier handele es sich um organisatorisch voneinander getrennte Aufgaben, die mindestens regelmäßig auch einen Richter oder einen Rechtspfleger involvierten. Insofern können die Einzeltätigkeiten der Klägerin gerade nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. Es verbleibe bei der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6, nachdem die Klägerin – nicht zusammenzufassende – Tätigkeiten ausübe, die zu einem Fünftel schwierig sind.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Die Rechtsansicht des Arbeitsgerichts, das BAG habe seine Entscheidung nicht genügend begründet, sei vollkommen abwegig. Die „natürliche Betrachtungsweise“ sei keine Rechtsfigur des BAG, sondern ein von den Tarifvertragsparteien selbst ausdrücklich geforderter Auslegungsmaßstab. Das Arbeitsgericht habe auch nicht beachtet, dass auch bei der Geschäftsstellenverwalterin des Bundesverwaltungsgerichts diese nicht alle Aktenvorgänge allein bearbeite, sondern Rechtspfleger und Richter beteiligt seien. Es sei von einem einheitlichen Arbeitsvorgang auszugehen. Nach der Rechtsprechung des BAG reicht es insofern aus, dass schwierige Tätigkeiten in einem rechtlich nicht unerheblichen Umfang anfielen.
Die Klägerin beantragt zuletzt unter Rücknahme der Berufung im Übrigen,
das am 08.05.2019 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin, AZ.: 56 Ca 15355/18 abzuändern und festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin vom 01.02.2018 bis zum 31.12.2018 nach der Entgeltgruppe E9 und seit dem 01.01.2019 nach der Entgeltgruppe E9a, hilfsweise seit dem 01.02.2018 nach der Entgeltgruppe E8, der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die jeweiligen Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats mit 6 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und wiederholt die in der 1. Instanz vorgetragene Rechtsansichten.
A.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig.
B.
Die Berufung ist nicht begründet. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht für die Zeit ab dem 01.02.2018 keine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9/9a, hilfsweise Entgeltgruppe 8 der Entgeltordnung zum TV-L zu. Daher war die Berufung zurückzuweisen.
I.
Es handelt sich um eine übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, die nach ständiger Rechtsprechung auch hinsichtlich der begehrten Zinsentscheidung zulässig ist.
II.
Auf das Arbeitsverhältnis findet durch arbeitsvertragliche Verweisung der TV-L Anwendung, da das Land Berlin zum 01.01.2013 wieder Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) geworden war.
§ 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L regelt, dass für übergeleitete Beschäftigte – zu denen die Klägerin gehört, da ihr Arbeitsverhältnis zum 01.11.2010 vom BAT in den TV-L übergeleitet worden war – für Eingruppierungen ab dem 01.01.2012 die §§ 12, 13 TV-L und die Entgeltordnung zum TV-L gelten.
Die in § 29a Abs. 2 Satz 1 TVÜ-L geregelte Besitzstandswahrung ist nicht einschlägig, da die Tätigkeit der Klägerin nach dem 01.01.2012 nicht unverändert blieb
Unverändert ist eine Tätigkeit dann nicht mehr, wenn einer der bisher auszuführenden Arbeitsvorgänge qualitativ anders beschaffen ist (Sponer/Steinherr § 25 TVÜ-Bund Rz 7 zu 1.2.5.) oder – so eine andere Definition – wenn einer der Arbeitsvorgänge anders beschaffen ist, sei es qualitativ oder quantitativ (Augustin ZTR 2012, 484, 486).
Es kann offenbleiben, welcher Sichtweise zu folgen ist. Die auszuübende Tätigkeit der Klägerin hat sich verändert, da ihr nach erfolgter Weiterbildung ab dem 01.04.2013 eine Tätigkeit als Beschäftigte in einer Serviceeinheit im Sachgebiet Verkehrsstrafsachen (einschließlich Bußgeldverfahren und Erzwingungshaftsachen) einvernehmlich übertragen wurde, während sie zuvor als Protokollführerin eingesetzt war.
III.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit der Klägerin als Beschäftigte in einer Serviceeinheit bildet nur einen Arbeitsvorgang.
§ 12 TV-L bestimmt insofern:
Eingruppierung
(1) 1Die Eingruppierung der/des Beschäftigten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnung (Anlage A). 2Die/Der Beschäftigte erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist. 3Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. 4Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. 5Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (zum Beispiel vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. 6Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Satz 4 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung. 7Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Satz 4 oder 6 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses. 8Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person der/des Beschäftigten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
Protokollerklärungen zu § 12 Absatz 1:
1. 1Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (zum Beispiel unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags, Betreuung bzw. Pflege einer Person oder Personen-gruppe, Fertigung einer Bauzeichnung, Erstellung eines EKG, Durchführung einer Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeit). 2Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.
2. Eine Anforderung im Sinne der Sätze 4 und 5 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Entgeltgruppe.
Zentrales Bezugsobjekt für die zutreffende Eingruppierung ist gemäß § 12 TV-L somit der Arbeitsvorgang.
Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist nach ständiger Rechtsprechung das Arbeitsergebnis maßgebend. Hierbei können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Auch kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit nur einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen (BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 24). Bis mindestens 2005 galt der Grundsatz, dass tatsächlich trennbare Tätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden können (BAG 23.02.2005 – 4 AZR 191/04 – juris Rn. 26). Hieran hat das Bundesarbeitsgericht später nicht festgehalten. Die tarifliche Wertigkeit verschiedene Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte soll vielmehr bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht bleiben (BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 25). Wohl bis 2009 galt ferner der Grundsatz, dass trennbare Einzeltätigkeiten nicht in einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden dürfen. Nunmehr gilt der Grundsatz, dass Einzeltätigkeiten nur dann nicht zusammengefasst werden können, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Eine theoretische Möglichkeit reicht insofern nicht aus, solange die Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind (BAG 23.09.2009 – 4 AZR 308/08 – juris Rn. 24; 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 24). Entscheidend bei Geschäftsstellenmitarbeiterinnen sei vielmehr, ob den Beschäftigten Tätigkeiten „im Interesse einer zügigen Bearbeitung einheitlich übertragen sind“ (BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn 32). Unerheblich ist auch, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Dadurch werde nur die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, aber eine Bestimmung von Arbeitsvorgängen nicht vorgegeben (BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 25).
Bei Anwendung dieser Kriterien stellen die Tätigkeiten der Klägerin als Beschäftigte in einer Serviceeinheit eines Gerichts nur einen Arbeitsvorgang dar, da die anfallenden Aufgaben „ganzheitlich“ zu bearbeiten sind.
Die Tarifvertragsparteien haben in der Entgeltordnung in der Protokollnotiz 2 die Tätigkeiten der Angestellten in Serviceeinheiten näher definiert. Danach müssen Aufgaben des mittleren Justizdienstes oder der Justizfachangestellten ganzheitlich bearbeitet werden, wobei diese Aufgaben im Klammerzusatz (Geschäftsstellentätigkeit, Protokollführung, Assistenztätigkeiten) näher umschrieben werden. Die ausdrücklich ganzheitliche Bearbeitung ist Teil der Definition. Alle Einzeltätigkeiten, so wie sie in der BAK angegeben sind, bilden einen Arbeitsvorgang. Dieser umfasst die Geschäftsstellentätigkeit (42,49 %), die kanzleimäßige Erledigung der Verfügungen der jeweiligen Sachbearbeiter einschließlich der Fertigung von Maschinenprotokollen (24,87 %), die Fertigung von Inhaltsprotokollen (6,94%), die Anordnung von Ladungen und Zustellungen (7,42 %), die Erledigung der Aufgaben der Kostenbeamten (5,69 %), die Beantwortung von Sachstandsanfragen (1,24 %), die unterschriftsreife Vorbereitung von Verfügungen, Urteilen und Beschlüssen (1,62 %), die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen und von Rechtskraftattesten (4,2 %), die Aufgaben nach der Zählkartenanordnung (3,63 %), die Mitteilungen an verschiedene Register (0,38 %) und die Mitwirkung bei der Überwachung von verschiedenen Auflagen (0,99 %). Alle Einzeltätigkeiten dienen dem Arbeitsergebnis der einheitlichen und zügigen Aktenbearbeitung vom Eingang der Akte bis zu ihrem Abschluss, da diese Tätigkeiten nicht dem Bereich der Richterschaft oder der Rechtspfleger zugewiesen sind. Daher ist nach der allgemeinen Definition des BAG nur ein einziger Arbeitsvorgang feststellbar. Unerheblich ist insbesondere, dass die verschiedenen Tätigkeiten theoretisch auf einzelne Personen hätten getrennt übertragen werden können (BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 32). Dies ist bei der Klägerin nicht erfolgt. Eine solche Arbeitsorganisation würde auch dem Konzept der Serviceeinheit widersprechen, denn die frühere Unterteilung in Kanzlei, Protokollführung, Geschäftsstelle und Tätigkeit von Beamten mit entsprechenden Sonderzuweisungen wurde durch Unternehmensberatungen als zu behäbig kritisiert. Als Reaktion hierauf wurde das integrative Konzept der Serviceeinheiten entwickelt (Natter ZTR 2018, 623,627). Durch Änderungstarifvertrag vom 29.11.2000 wurden erstmals Tätigkeitsmerkmale für diese Beschäftigtengruppe in den BAT aufgenommen, die bis auf die Bewährungsaufstiege in den TV-L übernommen wurden.
Gegen die Konzeption des BAG, die zunehmend darauf hinausläuft, große Arbeitsvorgänge im Umfang von mehr als 50 % bis hin zu 100 % der Tätigkeit anzunehmen, ist Kritik geäußert worden (Clemens/Scheuring § 22 BAT Erl. 7 II; Sponer/Steinherr § 12 TV-L Rn 293ff; Geyer Anm. zu BAG 25.01.2017 – 4 AZR 379/15 – ZTR 2017, 285, 287f; Arbeitsgericht Berlin 05.06.2019 – 60 Ca 13023/18 – juris; Arbeitsgericht Berlin 24.09.2019 – 58 Ca 15019/18 – juris). Die Kritik wirft der Rechtsprechung vor, dass die von ihr entwickelten Ergebnisse im Widerspruch zur Protokollerklärung zu § 22 BAT/§ 12 TV-L stehen würden. Dort seien sehr kleinteilige Arbeitsvorgänge als Beispiele aufgelistet, wobei dieser Orientierungsrahmen von der Rechtsprechung nicht mehr berücksichtigt werde. Dies habe zur Folge, dass die auf Basis großer Arbeitsvorgänge angenommenen Eingruppierungen nicht mehr dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprächen.
Auch wenn die Bedenken erwägenswert sind, geht die hiesige Kammer davon aus, dass auch ohne Veränderung der Rechtsprechung bei der Bildung von Arbeitsvorgängen der tarifliche Wille zur normgerechten Eingruppierung der Beschäftigten in Serviceeinheiten dadurch umgesetzt werden kann, dass das zeitliche Maß bei dem Heraushebungsmerkmal „schwierige Tätigkeiten“ stärker berücksichtigt wird.
IV.
Vorliegend kommt es auf folgende Tätigkeitsmerkmale der Anlage A (Entgeltordnung) Teil II Ziffer 12.1 TV-L an:
Entgeltgruppe 9/9a
1. Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 3)
2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie schwierig ist.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2 und 3)
Entgeltgruppe 8
1. Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel schwierig ist.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 3)
2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel schwierig ist.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2 und 3)
Entgeltgruppe 6
1. Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist.
(Beschäftigte in dieser Fallgruppe erhalten eine monatliche Entgeltgruppenzulage gemäß Anlage F Abschnitt I Nr. 11.)
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 3 und 4) 134
2. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 4 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist.
(Beschäftigte in dieser Fallgruppe erhalten eine monatliche Entgeltgruppenzulage gemäß Anlage F Abschnitt I Nr. 11.)
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 2, 3 und 4)
3. Protokollführer bei Gerichten, die in Strafsachen Inhaltsprotokolle selbständig fertigen.
(Beschäftigte in dieser Fallgruppe erhalten eine monatliche Entgeltgruppenzulage gemäß Anlage F Abschnitt I Nr. 11.)
(Klammerzusatz bis 31. Dezember 2019:)
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 5)
4. Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 2)
Protokollerklärungen:
Nr. 2 Beschäftigte in Serviceeinheiten bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften sind Beschäftigte, die die Ausbildung nach der Verordnung über die Berufsausbildung zum Justizfachangestellten/zur Justizfachangestellten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I. S. 195) erfolgreich abgeschlossen haben und Aufgaben des mittleren Justizdienstes bzw. der entsprechenden Qualifikationsebene und der Justizfachangestellten (z. B. Geschäftsstellentätigkeit, Protokollführung, Assistenztätigkeiten) ganzheitlich bearbeiten, sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten in Serviceeinheiten ausüben.
Nr. 3 Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind z. B.:
a) die Anordnung von Zustellungen, die Ladung von Amts wegen und die Vermittlung von Zustellungen im Parteibetrieb, die Heranziehung und die Ladung der ehrenamtlichen Richter, die Besorgung der öffentlichen Zustellung und Ladung,
b) die Erteilung von Rechtskraft- und Notfristzeugnissen sowie die Erteilung von Vollstreckungsklauseln, die Vollstreckbarkeitsbescheinigung in Strafsachen,
c) die Aufgaben nach den Anordnungen über die Erhebung von statistischen Daten und der Mitteilung an das Bundeszentralregister, das Gewerbezentral-register und das Kraftfahrtbundesamt,
d) die dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
- nach der Grundbuchordnung übertragenen Geschäfte einschließlich des Entwerfens von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuld-briefen und des Entwerfens von Berichtigungen und Ergänzungen derselben sowie
- Führung des Tagebuchs,
- die entsprechenden Geschäfte nach §§ 28 - 31 der Handelsregister-verordnung, § 26 der Verordnung über das Genossenschaftsregister, § 3 der Bestimmung über das Vereins- und Güterrechtsregister vom 24. Januar 1924 (RMinBl. 22) bzw. der ergänzenden oder ersetzenden landesrechtlichen Vorschriften über die Führung des Güterrechtsregisters und § 10 der Vereinsregisterverordnung,
e) die Aufgaben des Kostenbeamten, die Aufgaben der Geschäftsstelle bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung, die Festsetzung und Anweisung der den Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richter sowie den Beteiligten zu gewährenden Entschädigungen (einschl. etwaiger Vorschüsse),
f) die Mitwirkung bei der Überwachung von Auflagen und Weisungen nach § 153a Absatz 1 Strafprozessordnung und dem Jugendgerichtsgesetz sowie der Lebensführung des Verurteilten nach § 453b Strafprozessordnung und der Gnadenordnung sowie der Überwachung von Zahlungen bei der Vollstreckung von Geldstrafen,
g) die unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen sowie die Anordnungen für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger, die Vorprüfung von Klagen und Anschuldigungsschriften, Anträgen sowie Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen in Gerichtsverfahren (Spruchkörperzuständigkeit, Ermittlung des Berichterstatters, Fristwahrung, Beweisangebote in patentgerichtlichen Verfahren u.Ä.), die Überprüfung fristgebundener Gebührenzahlungen in patentgerichtlichen Verfahren,
h) die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art sowie die Überwachung von Akteneinsichten in patentgerichtlichen Verfahren,
(Buchstabe i) ab 1. Januar 2020:)
i) Führung von Haftlisten.
Nr. 4 Das Tätigkeitsmerkmal ist auch erfüllt, wenn die schwierigen Tätigkeiten zusammen mit der selbständigen Fertigung von Inhaltsprotokollen in Strafsachen mindestens 35 vom Hundert der Gesamttätigkeit ausmachen.
V.
Die Tätigkeit der Klägerin zum Stichtag 01.04.2013 erfüllt die Voraussetzungen, um in die Entgeltgruppe 6 eingruppiert zu werden.
Da das beklagte Land die Klägerin nach dieser Vergütungsgruppe entlohnt, ist insofern eine summarische Prüfung ausreichend.
Die Klägerin ist nur ausgebildete Justizangestellte. Mit Schreiben vom 08.04.2013 wurde ihr gegenüber festgestellt, dass sie über Fähigkeiten verfüge, die einer Justizfachangestellten gleichwertig seien. Bei der von ihr ausgeübten Tätigkeiten handelt es sich auch um solche, die von Justizfachangestellten oder Beamten des mittleren Dienstes erledigt werden.
Von den Einzeltätigkeiten sind die Vorgänge 4 - 11 der BAK vom 26.05.2010 zu Recht als schwierig einzustufen, da sich diese Tätigkeiten mit den Beispielstätigkeiten in der Protokollnotiz Nr. 3 zu den Buchstaben a, b, c, d, f, g und h decken. Dies betrifft die Anordnung von Ladungen und Zustellungen (7,42 %), die Erledigung der Aufgaben der Kostenbeamten (5,69 %), die Beantwortung von Sachstandsanfragen (1,24 %), die unterschriftsreife Vorbereitung von Verfügungen, Urteilen und Beschlüssen (1,62 %), die Erteilung vollstreckbarer Ausfertigungen und von Rechtskraftattesten (4,2 %), die Aufgaben nach der Zählkartenanordnung (3,63 %), die Mitteilungen an verschiedene Register (0,38 %) und die Mitwirkung bei der Überwachung von verschiedenen Auflagen (0,99 %). Diese Tätigkeiten ergeben insgesamt einen Anteil von 25,17 %.
Die Geschäftsstellentätigkeit (42,49 %), die kanzleimäßige Erledigung der Verfügungen der jeweiligen Sachbearbeiter einschließlich der Fertigung von Maschinenprotokollen (24,87 %) und die Fertigung von Inhaltsprotokollen (6,94 %) sind gängige Arbeiten in Geschäftsstellen und Serviceeinheiten. Da die Tarifvertragsparteien diese Tätigkeiten nicht als schwierig eingestuft haben, obwohl sie vielfach vorkommen, erfüllen sie das Qualifizierungsmerkmal nicht.
Geht man mit dem BAG davon aus, dass es nicht erforderlich ist, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs zeitlich überwiegend anfallen (BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 32), dann kann die Klägerin eine Vergütung jedenfalls auch in dieser Höhe verlangen, da die Anforderungen mit über 25 % unzweifelhaft in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen. Stellt man darauf ab, dass die schwierigen Tätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs/der gesamten auszuübenden Tätigkeit im entsprechenden Umfang anfallen müssen (so der Haupteinwand des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.08.2019 – 21 Ca 12765/18 – juris Rn. 42), so ist auch bei dieser Betrachtungsweise das Maß von einem 1/5 überschritten, so dass auch insofern die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 TV-L gerechtfertigt ist.
VI.
Eine höhere Vergütung als die nach der Entgeltgruppe 6 TV-L stand der Klägerin jedoch nicht zu.
Auch wenn nach ständiger Rechtsprechung des BAG das Heraushebungsmerkmal der schwierigen Tätigkeit innerhalb eines Arbeitsvorgangs nur in einem rechtlich nicht ganz unerheblichen Ausmaß anfallen muss, ist bei den Beschäftigten in Serviceeinheiten im Wege der tarifvertragskonformen Auslegung eine Ausnahme von diesem generellen Kriterium dahingehend erforderlich, dass die tariflich vorgegebenen prozentualen Anteile (1/5; 1/3; 1/2) in dem einheitlichen Arbeitsvorgang erreicht werden müssen.
1. „Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt,“ so BAG 20.06.2018 – 4 AZR 339/17 – juris Rn. 19. Ein bestimmtes Tarifverständnis darf nicht dazu führen, dass ein tarifliches Regelungskonzept obsolet wird (BAG 02.08.2018 – 6 AZR 437/17 – juris Rn. 34). Es sollen brauchbare und gerechte Ergebnisse erzielt werden (BAG 19.03.1986 – 4 AZR 642/84 – juris Rn. 51). Insofern ist die Tarifgerechtigkeit bei der Auslegung zu berücksichtigen (BAG 28.01.2009 – 4 AZR 13/08 – juris Rn. 42). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Tarifvertragsparteien typische oder nur gelegentlich auftretende Fallgestaltungen regeln wollten (BAG 25.1.1987 – 4 AZR 403/87 – Rn 17). Eine richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Gesetzgeberische Grundentscheidungen müssen respektiert werden (BVerfG 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 – juris Rn 73).
2. Die Kombination aus einem großen Arbeitsvorgang in Verbindung mit dem Kriterium, dass schwierige Tätigkeiten innerhalb eines Arbeitsvorgangs nur in einem „rechtlich nicht ganz unerheblichen Ausmaß anfallen“ müssen, führt dazu, dass der Wille der Tarifvertragsparteien im Hinblick auf die typischen Tätigkeiten der Beschäftigten in Serviceeinheiten nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Das Regelungskonzept des BAG kennt zwar theoretisch noch eine Ausgangsvergütungsgruppe für die Fälle, dass schwierige Tätigkeiten nicht einmal in rechtserheblichem Umfang vorliegen, gewährt eine Steigerung bei einer Geschäftsstellenmitarbeiterin des Bundesverwaltungsgerichts jedoch schon dann, wenn schwierige Tätigkeiten jedenfalls im Umfang von 11,54 % innerhalb eines mehrheitlichen Arbeitsvorgangs (78 %) anfallen (BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 41). Die Tarifvertragsparteien haben hingegen in ihrem Konzept der Entgeltordnung des TV-L (nach Wegfall des Bewährungsaufstiegs) nicht nur eine, sondern zwei Steigerungsstufen vorgesehen, die an das Maß der schwierigen Tätigkeiten mit 1/3 und 1/2 anknüpften. Die angedachte Zwischenstufe wird damit gegenstandslos.
Die Rechtsprechung geht im Allgemeinen davon aus, dass Aufgaben, die weniger als 5 % der zu bewertenden Tätigkeit ausmachen, für die Eingruppierung unbeachtlich sein sollen (BAG 17.01.1973 – 4 AZR 85/72 – juris Rn. 20; Beck OK TVöD EntgO/Steuernagel Teil III/20 Rn 3). Bisher hat die Rechtsprechung jedoch nie angenommen, dass eine bestimmte Wertigkeit innerhalb eines Arbeitsvorgangs lediglich in ganz unwesentlichem Ausmaß vorgelegen hätte (Eylert/Kreutzberg-Kowalczyk ZfA 2019, 320, 355). Berücksichtigt man unabhängig davon die tatsächlichen Verhältnisse, dann wird die hiesige Ausgangsentgeltgruppe 6 TV-L irrelevant. Üblicherweise wurden und werden bei den Instanzgerichten schwierige Tätigkeiten, so wie sie in den Protokollnotizen definiert sind, jedenfalls bei ganzheitlicher Bearbeitung in einem rechtlich nicht ganz unerheblichen Umfang anfallen. Angestellte in Serviceeinheiten mit einem Zeitanteil von weniger als 20 % an schwierigen Tätigkeiten dürfte es in der Praxis nicht geben (Natter ZTR 2018, 623, 628). Dass der Anteil sogar unter 10 % oder gar 5 % liegen könnte, dürfte allenfalls ein absoluter Ausnahmefall sein. Das zeigen auch die bisher anhängigen Rechtsstreitigkeiten. Die Tarifvertragsparteien wollten jedoch auch hier nicht Ausnahmefälle, sondern typische Konstellationen regeln. Das vom BAG verfolgte Konzept hat in rechtlicher Hinsicht zur Folge, dass die Vergütungsgruppe, die als höchste Steigerungsstufe von den Tarifvertragsparteien vorgesehen war, die Eingangsentgeltgruppe darstellt (Natter ZTR 2018, 623, 626; Natter/Sänger ZTR 2019, 475, 478). Auch die Präsidentinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte haben im Mai 2019 vor den praktischen Folgen der BAG-Rechtsprechung gewarnt:
„Mit Urteil vom 28. Februar 2018 – 4 AZR 816/16 – hat das Bundesarbeitsgericht die Eingruppierung der Beschäftigten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften (Teil II Abschnitt 12.1 der Entgeltordnung zum TV-L) neu justiert. Unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung hat es entschieden, dass jedenfalls der überwiegende Teil der Tätigkeiten in der Geschäftsstellenverwaltung einen „großen“ Arbeitsvorgang im Tarifsinn bildet. Damit genügen in der Regel geringe zeitliche Anteile an schwierigen Tätigkeiten im Tarifsinne für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9.
Diese Rechtsprechung kann dazu führen, dass die abgestuften tariflichen Eingruppierungen in den Geschäftsstellen zwischen den Entgeltgruppen 6, 8 und 9, jeweils abhängig von einem bestimmten zeitlichen Maß an schwierigen Tätigkeiten, nicht mehr aufrechterhalten werden können. Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften besteht jedoch ein personalpolitisches Bedürfnis, in den Geschäftsstellen durch eine Übertragung von schwierigen Tätigkeiten in unterschiedlichem zeitlichen Umfang Aufstiegsmöglichkeiten zu eröffnen. Daher sollten die Tarifvertragsparteien zeitnah geeignete Maßnahmen ergreifen, um eine Abstufung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale wiederherzustellen. Dies ist notwendig, um ein ausgewogenes Besoldungs- und Entgeltgefüge sicherzustellen und den innerbetrieblichen Frieden zu wahren.“ (Pressemitteilung Nr.: 002/2019 des LAG Sachsen-Anhalt)
Die Kombination aus einem großen Arbeitsvorgang in Verbindung mit einem nur geringen zeitlichen Anteil von schwierigen Tätigkeiten führt regelmäßig dazu, dass Beschäftigte in Serviceeinheiten in die Entgeltgruppe 9/9a TV-L einzugruppieren sind. Für Tätigkeiten, für die an sich eine Ausbildung von 2 1/2 bis 3 Jahren erforderlich ist, ist somit eine Vergütung zu zahlen, die der Ausgangsvergütungsgruppe für Tätigkeiten entspricht, die einen Bachelor-Abschluss erfordern. Für Fachhochschulabsolventen war bei Anwendung der Entgeltordnung des BAT die Eingangsvergütungsgruppe die Vergütungsgruppe Vc, so etwa für Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Eine Besonderheit ergab sich für Fachhochschulingenieure, für die wegen der Arbeitsmarktsituation die Vergütungsgruppe Vb BAT als Eingangsgruppe geschaffen wurde (BAG 28.01.2009 – 4 AZR 13/08 – juris Rn. 42). Dieses durchgängige tarifliche Regelungskonzept des BAT, wonach Tätigkeiten, die regelmäßig eine Ausbildung erfordern, den Vergütungsgruppen VII/VIb zugeordnet werden, während Tätigkeiten auf Fachhochschulniveau in die Vergütungsgruppen Vc/Vb einzugruppieren sind, wird durchbrochen. Es ist auch für die Regelungen im TV-L nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien dies wollten. Zusätzlich wird hierdurch ein Gleichlauf mit der Besoldung der Beamten im mittleren Dienst aufgelöst.
Damit wird die bisherige Hierarchie der Tätigkeitsmerkmale auf den Kopf gestellt (Natter a.a.O.). Entgeltgruppen laufen leer oder werden übersprungen (Natter/Sänger ZTR 2019, 475, 477). Die von den Tarifvertragsparteien vereinbarte Vergütungsstruktur werde „konterkariert“ (Arbeitsgericht Berlin 05.06.2019 – 60 Ca 13023/18 – juris Rn. 53). Der übereinstimmende Wille der Tarifvertragsparteien müsse aber der Ansicht des Gerichts vorgehen, jedenfalls soweit er – wie vorliegend – Ausdruck im Tariftext gefunden habe (Arbeitsgericht Berlin 24.09.2019 – 58 Ca 15019/18 – Rn. 61). Ein Anspruch auf Höhergruppierung soll aber auch dann bestehen, wenn er nicht in das Entgeltgefüge passt (ArbG Karlsruhe 29.11.2019 – 7 Ca 154/19 – juris Rn 57), was anscheinend angenommen wird. Schon früher war als Anmerkung zu einer anderen Entscheidung des BAG kritisiert worden, dass das BAG den Tarifvertragsparteien weithin die praktische Wirksamkeit ihrer Vereinbarungen vorenthalte, was im Wesentlichen mit der Ausdehnung des Begriffs des Arbeitsvorgangs begründet wurde (Geyer Anm. zu BAG 25.01.2017 – 4 AZR 579/15 – ZTR 2017,287f; ähnlich Clemens/Scheuring TV-L § 12 Rn. 409ff).
Der Vorwurf, der Wille der Tarifvertragsparteien werde nicht genügend berücksichtigt, trifft im Ergebnis allerdings auf die Entscheidung des BAG zur Tätigkeit einer Geschäftsstellenmitarbeiterin beim BVerwG nicht zu. Die Tarifvertragsparteien haben in der Protokollnotiz Nr. 2 am Ende zu der zu prüfenden Eingruppierung nach dem BAT (jetzt Protokollerklärung Nr. 1e zu Teil III/20 TV EntgO Bund) vorgesehen, dass schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals auch die Aufgaben als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle beim BVerfG, bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes und bei dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof sind. Die Geschäftsstellenordnung für das BVerwG (Vgl. BAG 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 – juris Rn. 3) sah unter anderem vor, dass die Erledigung des Schreibwerks, die Protokollführung und die Verwaltung des Schriftguts Aufgaben des Urkundsbeamten sind. Dies machte bei der dortigen Klägerin allein schon 53 % der gesamten Tätigkeit aus, so dass der Anteil der schwierigen Tätigkeiten notwendigerweise bei allen Berechnungsweisen immer 50 % erreicht hat. Bei den Instanzgerichten gelten diese Tätigkeiten jedoch nicht als schwierig. Es fehlt eine entsprechende Verweisung.
Sieht man von dieser Ausnahmekonstellation für ein Bundesobergericht ab, dann teilt die hiesige Kammer die Kritik, dass durch die bisherige Rechtsprechungslinie des BAG das tarifliche Konzept zur Vergütung von Beschäftigten in Serviceeinheiten bei den Instanzgerichten nicht ausreichend berücksichtigt wird.
All dem kann nicht entgegengehalten werden, dass jedenfalls im öffentlichen Dienst der Arbeitgeber die Möglichkeit habe, durch das gezielte Zuschneiden einzelne Arbeitsplätze und Tätigkeiten, Arbeitsvorgänge so zu bilden, dass sie unter der maßgeblichen Grenze von 50 % bleiben, so dass die Personalkosten niedrig gehalten werden können (Eylert/Kreuzberg-Kowalczyk ZfA 2019, 320, 355f). Vorliegend geht es jedoch nicht um die Organisation einzelner Arbeitsplätze, sondern um ein Arbeitsplatzkonzept, welches die Tarifvertragsparteien ausdrücklich gebilligt und ihrem Eingruppierungskonzept zugrunde gelegt haben. Es wäre allerdings durchaus möglich, die schwierigen Tätigkeiten, die zurzeit bei Beschäftigten in Serviceeinheiten ganzheitlich anfallen, jedenfalls bei größeren Gerichten z.B. bei Beamten oder bei wenigen Angestellten zu konzentrieren mit der Folge, dass der Anteil der schwierigen Tätigkeiten bei den übrigen Angestellten dann vielleicht unter das rechtlich erhebliche Maß von 10 % oder sicherheitshalber gar 5 % absinkt. Diese Ausweichempfehlung würde den Willen der Tarifvertragsparteien nicht berücksichtigen. Diese hatten in ihrem Konzept gerade typischer Weise vorgesehen, dass in Serviceeinheiten schwierige und auch nicht schwierige Tätigkeiten ganzheitlich von Angestellten ausgeübt werden sollen. Im Grunde müsste dann dieses integrative Konzept, wonach sämtliche Tätigkeiten, die nicht von Richtern/Richterinnen oder Rechtspflegern/Rechtspflegerinnen auszuüben sind, ganzheitlich bearbeitet werden, wieder aufgegeben werden. Dieses Konzept war Anfang der neunziger Jahre von Unternehmensberatungen empfohlen worden. Als Reaktion wurde der Ausbildungsberuf der Justizfachangestellten eingeführt (Natter ZTR 2018, 623, 627). Mit Wirkung zum 01.01.2001 wurde diese neue Organisationsstruktur dann von den Tarifvertragsparteien abgebildet, indem die Entgeltordnung um die Tarifmerkmale für Beschäftigte in Serviceeinheiten ergänzt wurde (Natter ZTR 2018, 623, 623). Wer aus früheren Zeiten noch die Behäbigkeit der alten Arbeitsorganisation kennt, kann in der empfohlenen Auflösung der Serviceeinheiten nur ein anachronistisches Konzept erblicken. Letztlich gilt es aber, bei Durchführung dieses Konzepts den tariflichen Willen so zu respektieren, wie er in der Entgeltordnung seinen Ausdruck gefunden hat.
Unerheblich ist auch, ob manche Beschäftigte in Serviceeinheiten auch Tätigkeiten in anderen Bereichen auszuüben haben, z.B. in einer Poststelle oder im Vorzimmer einer Gerichtsleitung. Auch diese Mischtätigkeiten betreffen nur wenige Fälle, jedenfalls nicht die hiesigen Standardfälle.
3. Will man an der bisherigen Rechtsprechung nur geringfügige Veränderungen vornehmen und gleichzeitig den Willen der Tarifvertragsparteien nach einer Hierarchisierung der Vergütung bei den Beschäftigten in Serviceeinheiten berücksichtigen, dann muss von der allgemeinen Regel abgewichen werden, wonach es für eine Höhergruppierung ausreicht, dass auch innerhalb eines großen Arbeitsvorgangs der Anteil der schwierigen Tätigkeiten nur in nicht unerheblichem Umfang vorliegen braucht. Ausnahmsweise ist stattdessen zu verlangen, dass auch innerhalb des Arbeitsvorgangs das Heraushebungsmerkmal der schwierigen Tätigkeit entsprechend der prozentualen Vorgaben der Tarifvertragsparteien vorliegen muss.
3.1 Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von § 12 Abs. 1 Satz 4 TV-L („mindestens zur Hälfte“) abweichendes zeitliches Maß bestimmt, so gilt dieses (§ 12 Abs. 1 Satz 7 TV-L). Damit wird geregelt, in welchem prozentualen Umfang Arbeitsvorgänge vorliegen müssen, die der gesamten auszuübenden Tätigkeit entsprechen. Diese Norm regelt nicht, in welchem Umfang innerhalb eines Arbeitsvorgangs ein Heraushebungsmerkmal vorhanden sein muss. Die Tarifvertragsparteien haben nicht näher bestimmt, in welcher Weise ein quantitativ bestimmtes Heraushebungsmerkmal zu realisieren ist (so BAG 19.03.1986 – 4 AZR 642/84 – juris Rn. 49 zur gleichlautenden Regelung des BAT).
3.2 Bezogen auf die Heraushebungsmerkmale „selbstständige Leistungen“ und „Schwierigkeit und Bedeutung“ hat das Bundesarbeitsgericht bis 1986 geprüft, ob die die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Angestellten ausmachenden Arbeitsvorgänge ihrerseits jeweils z.B. zu einem Drittel die Qualifizierungsmerkmale erfüllen (BAG 19.03.1986 – 4 AZR 642/84 – juris Rn. 49). Diese Rechtsprechung wurde aufgegeben. Es reiche aus, dass die Summe der Arbeitsvorgänge das von den Tarifvertragsparteien vorgegebene zeitliche Maß erreiche. Zwar sei es möglich, dass „selbstständige Leistungen“ in einem bestimmten zeitlichen Maß innerhalb der Arbeitsvorgänge erbracht werden könnten, bei der tariflichen Anforderung der „Schwierigkeit und Bedeutung“ sei dies jedoch unmöglich. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den Gesetzen der Logik sei nämlich eine menschliche Tätigkeit und insbesondere ein Arbeitsvorgang im Sinne des § 22 BAT schwierig oder nicht schwierig bzw. bedeutungsvoll oder nicht bedeutungsvoll. Ein nur teilweiser oder gar zu einem bestimmten Bruchteil schwieriger oder bedeutungsvoller Arbeitsvorgang sei begrifflich nicht vorstellbar (BAG a.a.O. Rn. 51). Diskutiert wird dann auch, dass § 22 Abs. 2 Unterabs. 3 BAT eher auf die gesamte auszuübende Tätigkeit Bezug nimmt, während Satz 2 der Protokollnotiz Nr. 1 eher das nunmehr gefundene Auslegungsergebnis stütze. Insgesamt wird die Auffassung vertreten, dass die neuere Auffassung zu vernünftigen, gerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelungen führe (BAG a.a.O. Rn 51f).
Diese Annahmen erfolgten allerdings unter der Prämisse, dass tatsächlich trennbare und vor allem tariflich unterschiedlich bewertete Tätigkeiten nicht zusammengefasst werden dürfen. Tätigkeiten, die nicht schwierig und bedeutungsvoll sind, müssen von anderen Tätigkeiten mit Schwierigkeit und Bedeutung getrennt werden, so die ausdrückliche Forderung (BAG a.a.O. Rn. 50). Auch Neumann, der damalige Vorsitzende des Vierten Senats des BAG, betont dieses Trennungsgebot. Er geht davon aus, dass die Bildung großer Arbeitsvorgänge schon aus diesen zwingenden rechtlichen Gründen ausscheide (Neumann ZTR 1987, 41, 44).
Diese Grundannahmen gelten schon lange nicht mehr. Schwierige und auch nicht schwierige Tätigkeiten werden inzwischen nach der Rechtsprechung des BAG in einem Arbeitsvorgang zusammengefasst. Der zwingende Ausschluss großer Arbeitsvorgänge ist längst Vergangenheit. Insofern hat sich der rechtliche Interpretationsrahmen durch Rechtsfortbildung des BAG verändert. Dies muss bei sachgerechten Lösungen berücksichtigt werden. Die Tarifvertragsparteien gingen noch davon aus, dass eine abgestufte Summe von Arbeitsvorgängen über die zutreffende Eingruppierung der Beschäftigten in Serviceeinheiten entscheidet. Gibt es jedoch nur einen einzigen oder einen über 49 % der gesamten Tätigkeit ausfüllenden Arbeitsvorgang, in dem schwierige und nicht schwierige Tätigkeiten zusammengefasst sind, dann spielen angedachte Summen hinsichtlich der Abstufung keine Rolle mehr. Damit „kippt“ das tarifvertragliche Konzept der Entgeltordnung. Dies kann vermieden werden, wenn der zeitliche Umfang des Heraushebungsmerkmals innerhalb des Arbeitsvorgangs erfüllt werden muss.
Zu berücksichtigen ist auch eine zeitliche Dimension. Wenn maßgeblicher Zeitpunkt für die Auslegung eines Tarifvertragsmerkmals die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Einführung des fraglichen Merkmals sind (BAG 16.03.2016 – 4 AZR 502/14 – Rn. 27), dann muss dies auch für die Einführung einer Vergütungsgruppenstruktur gelten. Als die hiesigen Tarifvertragsmerkmale im Jahre 2001 eingeführt wurden, konnten und mussten die Tarifvertragsparteien selbst zu diesem Zeitpunkt nicht antizipieren, dass entsprechende Rechtsfortbildungen durch das Bundesarbeitsgericht dazu führen würden, dass die von ihnen angedachten Abstufungen in der Vergütungsordnung irrelevant werden könnten. Hinzu kommt, dass auch im Jahr 2001 nur Abstufungsregelungen übernommen wurden, die für Geschäftsstellenverwalter schon seit dem Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom 1.8.1967 in ähnlicher Form galten. Selbst bei Schaffung der Entgeltordnung zum TV-L wurden zwar die Bewährungsaufstiege abgeschafft, im Übrigen verblieb es aber bei der Hierarchisierung nach dem zeitlichen Anteil der schwierigen Tätigkeiten. Zu keinem Zeitpunkt ist erkennbar, dass die Tarifvertragsparteien die Hierarchisierung der Vergütungsstruktur aufgeben wollten.
Insofern verhilft der hiesige Lösungsansatz dem in der Entgeltordnung zum Ausdruck kommenden Willen der Tarifvertragsparteien (Hierarchisierung der Vergütung nach Prozentanteilen der schwierigen Tätigkeiten) weiterhin zur Wirksamkeit, auch wenn dies sicherlich nicht die einzige Lösungsmöglichkeit darstellt. Die allgemeinen Regelungen zur Eingruppierung (§ 22 BAT, § 12 TV-L) und die dazugehörige Entgeltordnung bilden eine Einheit. Wenn also ganze Entgeltgruppen leerlaufen, was immer wieder eingeräumt wird, kann dies nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprechen. Es kann nicht ohne besondere Anhaltspunkte angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien irrelevante Eingruppierungstatbestände schaffen wollten.
3.3 Auch systematische Gründe sprechen für die hiesige Lösung.
Die Tarifvertragsparteien haben den überschaubaren Aufgabenbereich der Beschäftigten in Serviceeinheiten in der Art einer Dienstpostenbeschreibung (Vgl. BAG 21.02.1990 – 4 AZR 603/89 – juris Rn. 16; 24.06.1998 – 4 AZR 300/97 – juris Rn. 55; Eylert/Kreuzberg-Kowalczyk ZfA 2019, 320, 340) sehr detailliert bewertet. Ein umfangreicher Katalog von Tätigkeiten, die als schwierig eingestuft wurden, ist aufgestellt worden. All dies wäre gegenstandslos, wenn es bei Annahme eines großen Arbeitsvorgangs nur doch darauf ankommen sollte, ob schwierige Tätigkeiten in nicht nur unerheblichem Ausmaß vorliegen.
3.4 Soweit gefordert wird, die Tarifvertragsparteien sollten zeitnah geeignete Maßnahmen ergreifen, um eine Abstufung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale wiederherzustellen (Präsidentinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte auf ihrer Konferenz im Mai 2019, zitiert nach: Natter/Sänger ZTR 2019,475, 475; Natter ZTR 2018, 623, 627) spricht schon die Wortwahl eher für das hiesige Konzept.
Wiederherstellen kann man einen Zustand nur, wenn er zuvor bestanden hat. Erkennbar behauptet aber niemand, die Tarifvertragsparteien hätten durch eigene Aktivitäten diesen Zustand abgeschafft. Dies ist auch nicht ersichtlich. Da die Rechtsprechung die rechtlichen Rahmenbedingungen nach und nach verändert hat, fällt es auch in ihren Aufgabenbereich, rechtliche Bewertungen so vorzunehmen, dass sie dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprechen. Wenn es um europarechtskonforme, verfassungskonforme oder gesetzeskonforme Auslegungen geht, werden von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung durchaus große Anstrengungen unternommen, auch im Dialog mit BVerfG oder EuGH. Die gleichen Herausforderungen stellen sich bei einer tarifvertragskonformen Rechtsauslegung.
Insofern kann der Ansicht einzelner Arbeitsgerichte (Arbeitsgericht Neuruppin 10.04.2019 – 5 Ca 1217/18 – unveröffentlicht; jetzt LAG Berlin-Brandenburg – 21 Sa 1109/19; Arbeitsgericht Mannheim 23.1.2020 – 8 Ca 226/19 – juris Rn 29) nicht zugestimmt werden, wenn es dort heißt:
„Es sind die Tarifvertragsparteien, die die Entgeltgruppen 9 geschaffen und als sinnvoll bewertet haben. Die Aufgabe der Arbeitsgerichte beschränkt sich auf die Tarifauslegung und ihre Dogmatik. Es wäre im Übrigen dem tarifschließenden Besoldungsgesetzgeber ein Leichtes, den für richtig erachteten Abstand wiederherzustellen.“
Zwar wäre die Veränderung tariflicher Normen einfach zu bewerkstelligen, wenn wirklich nur ein Akteur zum Beispiel in Gestalt der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vorhanden wäre. Jedenfalls für Gewerkschaften als weiterem Akteur ist es sicherlich keine leichte Aufgabe, ihren Mitgliedern zu erklären, dass durch einvernehmliche Veränderungen im Tarifvertragstext geringere Vergütungen herbeigeführt werden sollen, obwohl nach der Rechtsprechung BAG eine Eingruppierung der Servicekräfte in die Entgeltgruppe 9 erwartet wird.
Der Hinweis, die Aufgabe der Arbeitsgerichte beschränke sich auf die Tarifauslegung und Dogmatik, ist in dieser allgemeinen Form sicherlich richtig. Zu fragen bleibt aber auch hier, ob die gefundenen oder vorgefundenen Ergebnisse mit dem erkennbaren Willen der Normgeber vereinbar sind. Dies ist nicht immer der Fall. So hatte das BAG angenommen, dass eine vorherige Beschäftigung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG dann nicht mehr vorliegt, wenn mehr als 3 Jahre vergangen waren (BAG 6.4.2011 – 7 AZR 716/09 – juris Rn 13). Damit waren aber die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben durch die Gerichte überschritten worden (BVerfG 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 – juris Rn 71). Vom generellen Verbot der vorherigen Beschäftigung werden jedoch vom BVerfG und nunmehr auch vom BAG zahlreiche Ausnahmen zugelassen (BAG 12.6.2019 – 7 AZR 477/17 –, juris Rn 18). Eine Regelungstechnik, die bei Berücksichtigung genereller Annahmen Ausnahmen zulässt, hält die hiesige Kammer vorliegend ebenfalls für geboten.
Soweit als einzige Lösungsmöglichkeit zur Wiederherstellung einer Hierarchisierung der Eingruppierungsstruktur auf ein Handeln der Tarifvertragsparteien verwiesen wird, kommt dies jedenfalls erst dann in Betracht, wenn mit den gängigen Auslegungskriterien ein anderes Ergebnis durch die Rechtsprechung nicht erzielbar wäre. Nach der hier vertretenden Ansicht ist dies aber durchaus möglich.
Die Tarifvertragsparteien sind daher nicht verpflichtet, einer differenzierten Eingruppierung „wieder zur Geltung zu verhelfen“ (Natter/Sänger ZTR 2019, 475, 478), denn die Abschaffung beruht nicht auf ihrem Handeln, sondern einer schrittweisen Veränderung der relevanten Kriterien durch die Rechtsprechung.
3.5 Soweit in der Rechtsprechung darauf verwiesen wird, dass die Tätigkeit in Serviceeinheiten zunehmend anspruchs- und verantwortungsvoller geworden sei, so dass eine Eingruppierung in eine Eingangsentgeltgruppe nicht mehr zeitgemäß sei (Arbeitsgericht Mannheim 23.1.2020 – 8 Ca 226/19 – juris Rn 28), kann offenbleiben, ob dies zutrifft. Nicht die Gerechtigkeitsvorstellungen der Rechtsprechung sind relevant, sondern diejenigen des Normgebers (BVerfG 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 – juris Rn 73), hier also die der Tarifvertragsparteien.
4. Innerhalb des einzigen hier feststellbaren Arbeitsvorgangs fallen die schwierigen Tätigkeiten nur in einem Umfang von 25 % an. Das erforderliche Maß von einem Drittel für eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 8 TV-L wird schon nicht erreicht, so dass auch eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9/9a TV-L ausscheidet. Damit verbleibt es bei der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 TV-L.
C.
Die Klägerin hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Z. 1 Arbeitsgerichtsgesetz) für die Klägerin zuzulassen, da es an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Eingruppierung von Beschäftigten in Serviceeinheiten fehlt. Im Übrigen liegt eine Abweichung zu der Entscheidung BAG 28.2.2018 – 4 AZR 816/16 – Rn 38 vor.