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Internetliste "Sicher essen in Berlin"; Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz; lebensmittelrechtliche Betriebskontrolle; Bewertung; Benotung; Antrag auf Zulassung der Berufung; keine ernstlichen Richtigkeitszweifel; keine Darlegung rechtsgrundsätzlicher Bedeutung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 03.06.2014
Aktenzeichen OVG 5 N 2.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 12 Abs 1 GG, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 124a Abs 5 S 2 VwGO, § 1 VIG, § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 VIG, § 6 Abs 1 S 3 VIG

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. November 2012 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5 000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger betreibt im Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin eine Speisegaststätte. Dort wurden bei einer Betriebskontrolle am 3. August 2011 durch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin mehrere lebensmittel- und hygienerechtliche Mängel festgestellt. Auf der Grundlage dieser Kontrolle veranlasste das Bezirksamt nach Anhörung des Klägers und gegen dessen Willen, dass die Speisegaststätte im November 2011 in der bei der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz geführten und im Internet unter der Webseite  zugänglichen „Liste der kontrollierten Gaststätten und Schankwirtschaften“ mit der Minuspunktzahl 34 sowie der Note „zufriedenstellend“ aufgenommen wurde.

Hiergegen hat der Kläger am 21. März 2012 Klage erhoben, mit der er die Löschung der Internetmitteilung begehrt. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 28. November 2012 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, die Erwähnung der Speisegaststätte des Klägers in der Liste der kontrollierten Gaststätten und Schankwirtschaften im Internet beseitigen zu lassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Internetveröffentlichung einen Akt staatlicher Lenkung darstelle, der unmittelbar die Chancen des Klägers am Markt beeinflusse und seinen Ruf als Gastronom berühre. Für diesen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit sei eine gesetzliche Grundlage erforderlich, die dem Beklagten nicht zur Seite stehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung.

II.

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg. Das Vorbringen des Beklagten, das den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht.

1. Die Einwendungen des Beklagten begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Sie sind nicht geeignet, einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen.

Das Verwaltungsgericht hat unter Würdigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - „Glykolwarnung“, juris Rn. 49, sowie Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - „Psychosekte, Oshobewegung“, juris Rn. 72), die Auffassung vertreten, dass zwar nicht jede im Ergebnis wettbewerbsrelevante staatliche Information bereits zu einer Beeinträchtigung der über Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit führe und nach einer speziellen gesetzlichen Grundlage im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verlange, vielmehr der Aufgabe der Staatsleitung auch die Ermächtigung zum Informationshandeln zugeordnet werde. Jedoch könne sich der Beklagte auf diese Freistellung von gesetzgeberischen Vorgaben nicht berufen. Zum einen sei der Bereich staatlicher Informationen im Lebensmittelsektor inzwischen durch das Verbraucherinformationsgesetz - VIG - sowie das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB - vom Gesetzgeber im Einzelnen geregelt worden. Der Bürger könne beanspruchen, jenseits dieser Gesetze nicht durch Informationsakte belastet zu werden. Zum anderen habe das Bundesverfassungsgericht in den genannten Entscheidungen betont, dass die staatliche Informationstätigkeit dann zu einer Grundrechtsbeeinträchtigung führen könne, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme sei, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Durch die Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs könnten die besonderen Bindungen der Rechtsordnung nicht umgangen werden; vielmehr müssten die für Grundrechtseingriffe maßgeblichen Anforderungen erfüllt sein. So liege der Fall hier. Die Veröffentlichung im Internet habe eine Wirkung, die denen eines ordnungsrechtlichen Instruments entspreche. Der betroffene Unternehmer werde dadurch an den „elektronischen Pranger“ gestellt, was für ihn deutlich belastender als eine ordnungsbehördliche Aufforderung zur Beseitigung der monierten Mängel sei. Damit liege auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrechtseingriff vor, der einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe.

Soweit der Beklagte einwendet, es habe für die in Rede stehende Veröffentlichung der nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung lebensmittelrechtlicher, futtermittelrechtlicher und tabakmittelrechtlicher Vorschriften des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 3. Juni 2008 - AVV RÜb - (GMBl. Nr. 22, S. 435) ermittelten Minuspunkte in der betreffenden Internetliste keiner gesetzlichen Grundlage bedurft, weil sie lediglich eine Information für den autonom entscheidenden Verbraucher darstelle und selbständig neben der Möglichkeit der Behörde stehe, ordnungsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, vermag dies dem Antrag nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die streitige Internetveröffentlichung stellt - anders als in den genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - nicht eine sich typischerweise einer Normierung entziehende Informationstätigkeit der Regierung dar, die auf die verfassungsunmittelbare Aufgabe der Staatsleitung gestützt werden kann und erst auf Grund der Reaktionen der Bürger zu mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen führt (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - „Psychosekte, Oshobewegung“, juris Rn. 76 ff.). Sie erschöpft sich auch nicht darin, die Öffentlichkeit allgemein durch rechtzeitige öffentliche Information auf bestimmte Entwicklungen hinzuweisen oder einer kurzfristig auftretenden Herausforderung im Wege der Krisenbewältigung entgegenzutreten (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - „Glykolwarnung“, juris Rn. 54), sondern ist ein Akt staatlicher Wirtschaftslenkung, der in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie unternehmerische Betätigung des Klägers eingreift. Die Internetveröffentlichung beinhaltet eine in Anlehnung an das dänische Smiley-Projekt vorgenommene behördliche Bewertung der Speisegaststätte des Klägers, die auf einer Risikoeinstufung des Betriebes und den bei der Kontrolle vergebenen Minuspunkten basiert (vgl. hierzu die Internetliste „Smileys für Gaststätten in Tempelhof-Schöneberg“  Stand: 26. Mai 2014). Die Bewertung wirkt auch nachhaltig, weil sie bis zur nächsten behördlichen Kontrolle Bestand hat und mit ihrer Einstellung ins Internet nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Damit gehen derartige Internetveröffentlichungen über die Schaffung einer bloßen Informationsgrundlage für eine eigenständige Entscheidung der Bürger als Marktteilnehmer deutlich hinaus. Denn sie enthalten ein mit amtlicher Autorität ausgestattetes Werturteil über die unternehmerische Betätigung der Gaststättenbetreiber aus hygiene- und lebensmittelrechtlicher Sicht, das unmittelbar die Absatzmöglichkeiten der betroffenen Unternehmer sowie deren Ruf beeinflusst und somit deren grundrechtlich geschützte Freiheit beeinträchtigt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. April 1985 - BVerwG 3 C 34.84 -, juris Rn. 47 „Arzneimittel-Transparenzliste“, sowie Urteil vom 7. Dezember 1995 - BVerwG 3 C 23.94 -, juris Rn. 22, zu einem behördlichen Warentest). Solche Werturteile weisen eine berufsregelnde Tendenz auf, weil sie die Rahmenbedingungen für Gaststätten im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ändern, um zu Lasten bestimmter Unternehmer einen wirtschaftspolitisch erwünschten Zustand, nämlich die Stärkung des Verbraucherschutzes, herbeizuführen (vgl. zur „Arzneimittel-Transparenzliste“ Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 18. April 1985, a.a.O., juris Rn. 38). Dass es dem Verbraucher letztlich allein überlassen bleibt, seine Schlüsse aus der Internetveröffentlichung zu ziehen, ändert an dem administrativen Eingriff in das Marktgeschehen nichts. Vielmehr ist mit dem damit verbundenen Werturteil und insbesondere der darin enthaltenen Benotung eine Lenkung des Verbraucherverhaltens intendiert. Der Verbraucher soll durch diese zwar nicht davon abgehalten werden, bestimmte Gaststätten aufzusuchen. Es liegt aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf der Hand, dass er tendenziell eher einen gut bewerteten Betrieb als nur mittelmäßig oder gar negativ bewertete Betriebe bevorzugen wird. Die sich für Letztere daraus ergebende Nachteile treten nicht nur mehr oder weniger zufällig oder nebenbei ein, sondern sind das vom Beklagten zumindest in Kauf genommene zwangsläufige und sichere Ergebnis, gleichsam die „Kehrseite“ der erstrebten Beeinflussung der Öffentlichkeit (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. März 1992 - BVerwG 7 C 21.90 -, juris Rn. 31). Angesichts dieser Eingriffswirkung bedarf die in Rede stehende Internetveröffentlichung einer über die Aufgabenzuweisung hinausgehenden gesetzlichen Grundlage, deren Schaffung dem Beklagten angesichts der Finalität seines Handelns auch möglich ist.

Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage für die Internetveröffentlichung ergibt sich zudem daraus, dass sie auch eine Verhaltenslenkung der Gaststätten-betreiber intendiert. Nach der Eigendarstellung der Bezirksamts dienen die anlässlich der Lebensmittelkontrollen vorgenommenen und im Internet veröffentlichten Bewertungen dazu, dass „minder gute Zustände verbessert werden“, wobei ausdrücklich jedem Betreiber die „Chance“ eingeräumt wird, „sich zu verbessern“ (vgl.  Stand: 26. Mai 2014). Die Veröffentlichung der Bewertungen im Internet soll damit nach ihrer Zielsetzung und Wirkung das herkömmliche ordnungsrechtliche Instrumentarium des Beklagten zumindest teilweise ersetzen. Denn die Vergabe der Minuspunkte für den kontrollierten Betrieb beruht ebenso wie die behördliche Kontrollintensität auf dem risikoorientierten Bewertungsmodell des § 6 AVV RÜb. Danach werden die Zahl der Minuspunkte sowie das Kontrollintervall maßgeblich durch die Häufigkeit und Schwere der festgestellten Mängel bestimmt. Nehmen diese ab, weil der Gaststättenbetreiber unter dem Eindruck der Internetveröffentlichung sein Verhalten darauf ausrichtet, Beanstandungen bei den Hygiene- und Lebensmittelkontrollen zu vermeiden, reduziert sich nicht nur die Zahl der Minuspunkte, sondern auch die Notwendigkeit behördlicher Kontrollen. Insoweit ersetzt die Internetveröffentlichung die behördliche Kontrolltätigkeit und erzeugt damit Wirkungen, die denen eines ordnungsrechtlichen Instruments entsprechen. Durch die Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents kann indes nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Erfordernis einer besonderen gesetzlichen Grundlage nicht umgangen werden (Urteil vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 u.a. - „Glykolwarnung“, juris Rn. 62, sowie Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - „Psychosekte, Oshobewegung“, juris Rn. 76).

Gemessen an dem Vorbringen des Beklagten begegnet auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass es an einer gesetzlichen Grundlage für die den Kläger belastende Internetveröffentlichung fehle, keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln. Soweit der Beklagte meint, dass die Maßnahme durch § 6 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gedeckt sei, dringt er damit nicht durch. Sein Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass sich der Gesetzgeber mit dem Begriff des „Erzeugnisses“ in § 1 Nr. 1 VIG für einen weiten Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes zu Gunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher entschieden habe, übersieht, dass das Verwaltungsgericht es ausdrücklich offen gelassen hat, inwieweit § 1 VIG bei der Auslegung der nachfolgenden Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes heranzuziehen sei, weil unabhängig hiervon jedenfalls die Voraussetzungen nach § 6 VIG für die fragliche Veröffentlichung im Internet nicht erfüllt seien. Letzteres hat das Verwaltungsgericht unter anderem selbständig tragend damit begründet, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG zwar den freien Zugang des Verbrauchers zu allen dort genannten Daten gewährleiste, die veröffentlichten Minuspunkte jedoch den Charakter einer reinen Bewertung hätten und daher keine Daten im Sinne der Vorschrift darstellten. Dem vermag der Beklagte nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, dass die veröffentlichten Minuspunkte keineswegs eine reine Bewertung enthielten, sondern das Gesamtergebnis der tatsächlichen Feststellungen widerspiegelten, mithin diese in geeigneter und für den Verbraucher nachvollziehbarer Weise nach einheitlichen Kriterien zusammenfassen würden.

Nach der von dem Beklagten als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Internetveröffentlichung herangezogenen § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG kann die informationspflichtige Stelle Informationen, zu denen Zugang zu gewähren ist, auch unabhängig von einem Antrag über das Internet oder in sonstiger öffentlich zugänglicher Weise zugänglich machen. Mit der Wendung „Informationen, zu denen Zugang zu gewähren ist“ nimmt das Gesetz Bezug auf die Definition der Informationen in § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen a) des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, c) unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind.

Unter „Daten“ versteht man im Allgemeinen durch Beobachtungen, Messungen, statistische Erhebungen u.a. gewonnene Angaben, (Zahlen-)Werte oder formu-lierbare Befunde (vgl. Duden [online]). In der Umgangssprache versteht man darunter Gegebenheiten, Tatsachen, Ereignisse (wikipedia zum Stichwort Daten). Das von dem Beklagten über das Internet zugänglich gemachte Ergebnis der lebensmittelrechtlichen Betriebskontrolle beschränkt sich auf die bloße Wiedergabe der ermittelten Minuspunkte sowie einer darauf aufbauenden Benotung der Speisegaststätte des Klägers. Damit erschöpft sich die Internetveröffentlichung in einer Bewertung, die offensichtlich nicht den Begriff des „Datums“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG erfüllt. Vielmehr wird das Ergebnis der Betriebskontrolle - ohne dass der Verbraucher dies nachvollziehen könnte - in ein „risikoorientiertes Beurteilungssystem“ eingeordnet und durch Aufnahme in die Internetliste zu ebensolchen Bewertungen anderer kontrollierter Gaststätten und Schankwirtschaften, die mit dem Kläger konkurrieren, in ein vergleichendes Verhältnis gesetzt.

Das „risikoorientierte Beurteilungssystem“ folgt dabei dem Muster des Beispielmodells zur risikoorientierten Beurteilung von Betrieben nach Nr. 5 der Anlage 1 zu § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AVV Rüb. Zweck dieses „risikoorientierten Beurteilungssystems“ ist es, zu kontrollierende Betriebe in Risikokategorien einzustufen und die Kontrollhäufigkeit dieser Betriebe zu bestimmen. Dabei richtet sich die Häufigkeit nach der Betriebsart, dem Verhalten des Lebensmittelunternehmers, der Verlässlichkeit der Eigenkontrollen und dem Hygienemanagement.

In der Anlage 1 und dem Leitfaden zu § 6 AVV RÜb werden zwar die Merkmale für die Einstufung eines Betriebes vorgegeben, die Einstufung nach Noten oder Punkten ist aber weitgehend dem Beurteilungsspielraum der Kontrollperson vorbehalten. Die Einstufung der einzelnen Beurteilungsmerkmale - z.B. Beurteilung der Abfallbeseitigung danach, ob Schutz vor Kontamination umfassend gewährleistet ist - soll - wie in einem Zensurenschema - in fünf Stufen erfolgen:

1.Anforderungen voll eingehalten; sehr gut; Mängel: keine,

2.Anforderungen weitgehend eingehalten; gut; Mängel: geringfügig,

3.Anforderungen überwgd. eingehalten; zufriedenstellend; Mängel: mittelgradig,

4.Anforderungen teilweise eingehalten; ausreichend; Mängel: noch tolerierbar,

5.Anforderungen nicht eingehalten; nicht ausreichend; Mängel: nicht tolerierbar.

Die Einordnung der Ergebnisse der Betriebsprüfung in dieses Bewertungsschema ist den verantwortlichen Kontrollpersonen überlassen. Die Punkt- oder Notenbewertung der Betriebe entspricht der Bewertung im Rahmen eines „Tests“ der Betriebe. Da es für den Verbraucher nicht nachvollziehbar ist, wie die Bewertung zustande kommt, stellt sich die Liste für ihn als Ergebnis eines solchen Testverfahrens dar.

Nicht überzeugend ist der Einwand des Beklagten, die veröffentlichten Minuspunkte spiegelten das Gesamtergebnis der tatsächlichen Feststellungen wider. Die festgestellten Mängel werden gerade nicht benannt, sondern durch die Angabe von Minuspunkten ersetzt, was sich für den Leser zwangsläufig als Bewertung darstellt. Nur aus dem Protokoll der Betriebskontrolle könnte sich erschließen, welche Mängel vorliegen und wie diese durch die Vergabe von Minuspunkten bewertet worden sind. Ohne diese Kenntnis reduziert sich für den Leser der Internetliste die „Information“ auf eine reine Bewertung nach ihm nicht bekanntgegebenen Kriterien.

2. Die weiterhin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO läge nur dann vor, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwürfe, die sich auch in dem erstrebten Rechtsmittelverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer obergerichtlichen Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfte. Demgemäß fordert die Darlegung dieses Zulassungsgrundes prinzipiell die Formulierung einer konkreten, entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und im obergerichtlichen Verfahren klärungsfähigen Rechts- oder Tatfrage von fallübergreifender Bedeutung (vgl. etwa Beschluss des Senats vom 20. September 2011 - OVG 5 N 25.08 -, juris Rn. 20). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht. Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, „ob es für die Veröffentlichung in der vorliegenden Form überhaupt einer Ermächtigungsgrundlage bedarf und ob erforderlichenfalls § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG diese gesetzliche Grundlage darstellt“ ist nicht klärungsbedürftig, da sie auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens aus den unter 1. genannten Gründen ohne Weiteres im für den Zulassungsantrag negativen Sinne beantwortet werden kann. Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich schließlich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht ausdrücklich die Möglichkeit in den Raum gestellt habe, „dass § 1 VIG lediglich Definitionen für § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 ff. VIG enthält“. Insoweit fehlt es bereits an der Entscheidungserheblichkeit, weil das Verwaltungsgericht der Bedeutung des § 1 VIG für die Auslegung der nachfolgenden Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes kein entscheidungstragendes Gewicht beigemessen hat, ohne dass dies vom Senat im Ergebnis beanstandet werden könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).