Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 21.09.2018 | |
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Aktenzeichen | 3 K 662/15 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2018:0921.3K662.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | 44 Abs. 1 BbgBKG §, 45 Abs. 1 Nr. 2 BbgBKG §, 45 Abs. 4 BbgBKG § |
Der Kostenerstattungsbescheid des Beklagten vom 26. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2015 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger wendet sich gegen eine Kostenforderung des Beklagten für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr in der Folge eines Verkehrsunfalles.
In der Satzung über die Erhebung von Kostenersatz und Entgelten für die Inanspruchnahme von Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Großräschen vom 15. Mai 2014 (Amtsblatt der Stadt Großräschen Nr. 03/14 S. 7 [im Folgenden: Feuerwehrkostensatzung - FwKS]) finden sich folgende Bestimmungen:
§ 1 Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr
(1) Die Stadt Großräschen unterhält eine Freiwillige Feuerwehr mit ehrenamtlichen Kräften gemäß der ihr nach § 3 Abs.1 BbgBKG übertragenen Aufgaben.
(2) In erster Linie besteht ihre Aufgabe darin, Schadenfeuer zu bekämpfen sowie bei Unglücksfällen, aber auch bei öffentlichen Notständen, die durch Naturereignisse, Explosionen und ähnliche Vorkommnisse verursacht werden, Hilfe zu leisten.
(3) Darüber hinaus kann die Freiwillige Feuerwehr Leistungen erbringen, die über die im BbgBKG geregelten Aufgaben hinausgehen. Ein Rechtsanspruch auf die Durchführung solcher - freiwilligen - Leistungen besteht nicht.
§ 2 Kostenersatz
(1) Die Einsätze der Feuerwehr im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 1 Abs. 2 dieser Satzung sind unentgeltlich, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.
(2) Bei Hilfeleistungen nach § 3 Abs. 3 BbgBKG in Verbindung mit § 44 Abs. 2 BbgBKG hat der Aufgabenträger, dem Hilfe geleistet wurde, die tatsächlich entstandenen Sach- und Personalkosten zu tragen.
(3) Nach § 45 Abs. 1 BbgBKG ist zum Ersatz der beim Einsatz der Feuerwehr entstanden Kosten verpflichtet, wer:
a) ...
b) ein Fahrzeug hält, wenn die Gefahr oder der Schaden beim Betrieb von Kraft-, Schienen-, Luft,- oder Wasserfahrzeugen ausgegangen ist, oder wer in sonstigen Fällen der Gefährdungshaftung verantwortlich ist;
c) ...
(5) Die Höhe des Kostenersatzes nach Abs. (3) bestimmt sich nach der Kostenerstattungs- und Entgeltordnung, die Anlage und Bestandteil dieser Satzung ist.
(6) Die Zeit der Inanspruchnahme der Leistungen bestimmt sich von der Alarmierung der Feuerwehr bis zur Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft.
(7) Die Berechnung zur Erhebung des Kostenersatzes für die Inanspruchnahme der Freiwilligen Feuerwehr Großräschen erfolgt minutengenau.
(8) Über die Anzahl der einzusetzenden Kräfte sowie die Art und Anzahl der Fahrzeuge entscheidet der Einsatzleiter der Feuerwehr nach pflichtgemäßem Ermessen, entsprechend den zugewiesenen Aufgaben sowie entsprechend der Alarm- und Ausrückordnung für die Freiwillige Feuerwehr Großräschen.
(9) Für erforderliche längere Reinigungszeiten von Fahrzeugen und Geräten, zur Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft, werden entsprechend anfallende Kosten erhoben. Ist eine Spezialreinigung durch eine Firma notwendig, werden diese Kosten dem Zahlungspflichtigen in Rechnung gestellt.
(10) Müssen Gerätschaften einsatzbedingt am Einsatzort verbleiben, so wird ein Kostensatz entsprechend der Kostenersatz- und Entgeltordnung fällig. Sollten Geräte und Ausstattungen während der Überlassung unbrauchbar geworden sein, werden die Reparatur oder der Wiederbeschaffungswert in Rechnung gestellt.
(11) Wird von privaten Arbeitgebern Verdienstausfall geltend gemacht, werden diese in tatsächlicher Höhe dem Zahlungspflichtigen in Rechnung gestellt.
(12) In den Stundensätzen für Lösch- und Sonderfahrzeuge sind die Kosten für die mitgeführten Geräte, mit Ausnahme der Lösch- und Verbrauchsmittel, enthalten. Für Lösch- und Verbrauchsmittel einschließlich der Entsorgung werden die tatsächlich anfallenden Kosten berechnet.
...
Anlage zur Satzung über die Erhebung von Kostenersatz und Entgelten für die Inanspruchnahme von Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Großräschen
Kostenerstattungs- und Entgeltordnung
Kostenersatztarife für Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr
Nr.
Leistung
1.
Fahrzeuge
1.1
Drehleiter (DLAK 23/12)
637,00 €/h
10,61 €/min
1.2
Einsatzleitwagen (ELW 1)
162,00 €/h
2,69 €/min
1.3
Löschgruppenfahrzeuge (LF)
248,00 €/h
4,13 €/min
1.4
Tanklöschfahrzeuge (TLF)
50,00 €/h
0,84 €/min
1.5
(TSF, TSFW u. KLF)
236,00 €/h
3,92 €/min
2.
Personalentgelte
2.1
freiwillige Einsatzkräfte
20,00 €/h
0,33 €/min
Am 11. Januar 2015 verunfallte der Kläger mit seinem Pkw auf der Bundesautobahn 13 an der Ausfahrt Großräschen in Fahrtrichtung Berlin. Dabei überschlug sich der Wagen beim Abfahren von der Autobahn und kam auf der Grünfläche neben der Abfahrtspur zum Liegen.
Nach dem Einsatzprotokoll kamen von der Freiwilligen Feuerwehr Großräschen die Ortswehren Großräschen-Nord und Freienhufen bei diesem Notfall zum Einsatz. In der Alarmierung der Leitstelle Lausitz ist ein Verkehrsunfall mit eingeklemmten Personen benannt. Der Einsatz dauerte von 12:44 Uhr bis 14:25 Uhr. Beteiligt waren ein Löschfahrzeug (LF 16/12) mit neun Mann Besatzung, ein Tanklöschfahrzeug (TLF 25) mit sechs Mann Besatzung sowie eine weiteres Tanklöschfahrzeug (TLF 16) mit vier Mann Besatzung. Seitens der Feuerwehr erfolgte die Absicherung der Einsatzstelle und zur Eigensicherung das Abklemmen der Autobatterie. Beim Eintreffen war keine Person mehr eingeklemmt.
Mit Kostenerstattungsbescheid vom 26. März 2015 machte der Beklagte für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr am 11. Januar 2015 einen Kostenersatz von 1.225,48 € geltend. Den Betrag errechnete er unter Zugrundelegung der minutengenauen Einsatzzeiten und "Entgelt/Stunde" für das Löschfahrzeug von 248,00 €, für die beiden Tanklöschfahrzeuge von jeweils 50,00 € sowie für die 19 Einsatzkräfte von 20,00 €.
Der Beklagte wies den durch die Ergo Versicherung AG unter Verweis auf die Bevollmächtigung nach Nr. 1.1.4. AKB für den Kläger erhobenen Widerspruch vom 2. April 2015 mit Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2015 zurück. Die Freiwillige Feuerwehr Großräschen sei durch die Leitstelle Cottbus zum Einsatz an der Bundesautobahn zu einem Verkehrsunfall mit eingeklemmten Personen gerufen worden. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 BbgBKG sei der Halter zum Ersatz der entstandenen Kosten verpflichtet.
Der Kläger hat am 22. Mai 2015 Klage erhoben. Der Beklagte könne keine Kostenerstattung vom Kläger unter Verweis auf § 45 Abs. 1 Nr. 2 BbgBKG und eine Satzung verlangen, da § 44 Abs. 1 BbgBKG die Kostentragung für die Aufgabenwahrnehmung abschließend regele und folglich andere Kostenerstattungsansprüche ausschließe. Ungeachtet dessen sei die Kostenforderung nicht berechtigt. Es sei nicht ersichtlich, dass das einzig dokumentierte Abklemmen der Batterie wie von § 45 Abs. 1 Nr. 2 BbgBKG gefordert durch den Betrieb des Pkw veranlasst worden sei. Es fehle an dem hierfür erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Schaden, der zum Feuerwehreinsatz geführt habe, und dem Betrieb des Kfz. Der Bescheid lasse nicht erkennen, dass er als Halter des verunfallten Pkw herangezogen werde. Eine Inanspruchnahme als Halter für den Einsatz der Feuerwehr wäre auch nur gerechtfertigt, wenn sich die Betriebsgefahr des Fahrzeugs tatsächlich verwirklichte. Ein Brand sei von dem verunfallten Fahrzeug nicht ausgegangen. Der Einsatzbericht offenbare nur, dass die Batterie abgeklemmt worden sei. Was hierfür 19 Einsatzkräfte insgesamt 101 Minuten taten, erschließe sich nicht. Daher fehle es dem Bescheid auch an Erwägungen, die Kostenforderung angesichts besonderer Umstände angemessen zu reduzieren. Auch sei zweifelhaft, dass die Satzung des Stadt Großräschen über die Erhebung von Kostenersatz für die Inanspruchnahme der Freiwilligen Feuerwehr wirksam sei. Die Bestimmung der für die Abrechnung maßgeblichen Einsatzzeit nach § 2 Abs. 6 von der Alarmierung der Feuerwehr bis zur Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft sei mit dem Gleichheitssatz unvereinbar. Dies erhöhe etwaige Kosten immens, ohne dass der vermeintliche Schädiger irgendeinen Einfluss darauf habe.
Der Kläger beantragt,
den Kostenerstattungsbescheid vom 26. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2015 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt an, dass sich die Heranziehung des Klägers als Halter des verunfallten Fahrzeugs schon aus der Anhörung vom 17. März 2015 ergebe. Zudem stelle der Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2015 ausdrücklich auf die Halterverantwortlichkeit ab. In dem Verkehrsunfall habe sich die Betriebsgefahr des verunfallten Fahrzeugs verwirklicht. Der Einsatz der Feuerwehr am 11. Januar 2015 zur Absicherung der Unfallstelle und zum Abklemmen der Batterie des Unfallfahrzeugs sei klar unter den "weiten" Betriebsbegriff zu fassen. Der Einsatz sei im erfolgten Umfang gerechtfertigt gewesen. Die Einsatzmeldung habe darauf schließen lassen, dass Personen nach einem Verkehrsunfall in einem Fahrzeug eingeklemmt seien. Der Leitstellendisponent habe sich aufgrund des Notrufes für das Einsatzstichwort "VU klemm" entschieden. Ausweislich der Alarm- und Ausrückeordnung für den streitgegenständlichen Autobahnabschnitt sei klar definiert, dass bei einem Unfall mit vermuteter eingeklemmter Person ein Einsatzleitwagen, zwei Tanklöschfahrzeuge und ein Löschgruppenfahrzeug mit entsprechender Besatzung ausrücke. Die Notwendigkeit sei aus der gebotenen ex-ante-Sicht zu beurteilen. Es komme gerade nicht entscheidend darauf an, welche Arbeiten letztlich vor Ort durch die Feuerwehr ausgeführt worden seien. Besondere Umstände - wie z.B. vermeidbare Verzögerungen oder eine ungewöhnlich lange, sachlich nicht begründbare Verweildauer der Feuerwehr an der Unfallstelle -, die im Ausnahmefall möglicherweise eine Reduzierung des Kostensatzes gebieten könnten, seien hier aufgrund der Kürze des Einsatzes von 101 Minuten nicht erkennbar. Die in § 2 Abs. 6 der Satzung normierte minutengenaue Abrechnung von der Alarmierung der Feuerwehr bis zur Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15. Mai 2018 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26. März 2015 über die Erstattung der der Stadt Großräschen infolge des Einsatzes der freiwilligen Feuerwehr am 11. Januar 2015 entstandenen Kosten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Mai 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).
Ungeachtet der vom Kläger erhobenen Einwendungen fehlt es dem Kostenerstattungsbescheid des Beklagten bereits an einer tragfähigen Rechtsgrundlage. Die Bestimmungen der § 2 Abs. 3 Buchst. b), Abs. 5 bis 7 FwKS sind in Verbindung mit den Nummern 1.3, 1.4 und 2.1 der Kostenerstattungs- und Entgeltordnung keine taugliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid. Denn sie halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Sie sind unwirksam, weil sie mit den Vorgaben des § 45 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz - BbgBKG) vom 24. Mai 2004 (GVBl. I S. 197), im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. September 2008 (GVBl. I S. 202), nicht im Einklang stehen.
Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 BbgBKG kann der Kostenersatz nach dem Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz durch Satzung geregelt werden, wobei insoweit Pauschalbeträge festgelegt werden können. In welchen Fällen und in welchem Umfang Kostenersatz nach dem Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetz verlangt werden kann, bestimmt § 45 Abs. 1 BbgBKG. Danach ist dem Aufgabenträger gegenüber zum Ersatz der durch Einsätze der Feuerwehr entstandenen Kosten verpflichtet, wer aus den dort im Einzelnen - enumerativ - aufgezählten Gründen (u.a. als Fahrzeughalter, wenn die Gefahr oder der Schaden beim Betrieb von Kraftfahrzeugen ausgegangen ist) für den Einsatz verantwortlich ist. Diesen Vorgaben genügt die Satzung des Beklagten nicht. Denn bei den durch diese Satzung in der Kostenerstattungs- und Entgeltordnung festgelegten Pauschalbeträgen handelt es sich nicht (nur) um "durch Einsätze entstandene ... Kosten" im Sinne des § 45 Abs. 1 BbgBKG.
Mit dieser Beschränkung der Ersatzverpflichtung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass nur solche Kosten abgerechnet werden dürfen, die durch den konkreten Feuerwehreinsatz bedingt sind. Der Kostenersatzanspruch zielt auch in seiner (im Sinne des § 45 Abs. 4 Satz 1 Hs. 2 BbgBKG) pauschalierten Form lediglich auf den Ersatz derjenigen Sach- und Personalaufwendungen sowie sonstigen Kosten, die bei dem jeweiligen Feuerwehreinsatz tatsächlich entstanden sind, und lässt eine "Überdeckung" nicht zu. Erforderlich ist somit ein hinreichend enger Kausalzusammenhang der geltend gemachten Kostenpositionen zu dem fraglichen Einsatz (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2014 - OVG 1 B 6.12 -, S. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Januar 2014 - 9 A 5/12 -, juris Rn. 8; Sächsisches OVG, Beschluss vom 4. Oktober 2013 - 5 A 209/12 -, juris Rn. 13; Bayerischer VGH, Urteil vom 18. Juli 2008 - 4 B 06.1839 -, juris Rn. 26; Hessischer VGH, Urteil vom 22. August 2007 - 5 UE 1734/06 -, juris Rn. 29; Beschluss vom 22. Juli 2008 - 5 B 6/08 -, juris Rn. 4; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. November 2004 - 12 A 11382/04 -, juris Rn. 17; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. November 2011 - 1 L 93/08 -, juris Rn. 38).
Dies gründet in der systematischen Struktur der Bestimmungen des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes über die Verteilung der Kostenlasten der Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz. Das Gesetz unterscheidet in § 44 und § 45 BbgBKG zwischen der allgemeinen Kostentragungspflicht im Verhältnis zwischen dem Land und den Kommunen im Rahmen der Aufgabenstellung (vgl. § 44 BbgBKG) und einer Kostenersatzregelung "bei Einsatz der Feuerwehr" (vgl. § 45 BbgBKG). Die Kostentragungspflicht nach § 44 BbgBKG ist allumfassend (soweit das Land nicht nach § 44 Abs. 3 und 4 BbgBKG die Kosten übernimmt oder Zuschüsse gewährt). § 44 Abs. 1 BbgBKG bezieht sich auf die der Gemeinde nach § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 BbgBKG obliegenden Aufgaben. Die Kostentragungspflicht für die gesamten Aufgaben obliegt danach der Gemeinde unabhängig davon, ob die Feuerwehr zu Einsätzen ausrückt oder nicht. Die Kostenersatzmöglichkeit nach § 45 BbgBKG bezieht sich demgegenüber nur auf bestimmte Einsätze der Feuerwehr, nämlich die in § 45 Abs. 1 bis 3 BbgBKG enumerativ geregelten Fälle, während die übrigen Pflichteinsätze der Feuerwehr unentgeltlich sind, d.h. die durch diese Pflichteinsätze entstandenen Kosten trägt die Gemeinde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2014 - OVG 1 B 6.12 -, S. 10).
Aufgrund dieser Gestaltung der Kostentragungspflicht ist zwischen zwei Kostengruppen zu unterscheiden:
- Zum einen sind Kosten zu verzeichnen, die unmittelbar Folge konkreter Feuerwehreinsätze sind, also die tatsächlich bei einem konkreten Feuerwehreinsatz angefallenen Personal- und Sachkosten wie Kraftstoffverbrauch, Reinigung, Entsorgung und Ersatz für verbrauchtes Material bzw. beschädigte oder unbrauchbar gewordene Geräte usw.
- Die andere Kostengruppe bilden die Kosten, die unabhängig von konkreten Feuerwehreinsätzen "generell" anfallen, die folglich als so genannte Vorhaltekosten für die Sachgüter sowie durch Aufwendungen für die Feuerwehreinsatzkräfte, die nicht einsatzbezogen, sondern als pauschalierte Aufwandentschädigungen nach § 27 Abs. 4 Satz 2 BbgBKG monatlich oder jährlich geleistet werden, entstehen und die gleichmäßig das ganze Jahr unabhängig davon, ob es zu Einsätzen der Feuerwehr kommt oder nicht, anfallen, um die öffentliche Einrichtung "Feuerwehr" vorzuhalten.
Auch diese letztgenannten Vorhaltekosten können zwar in die Berechnung des pauschalierten Kostenerstattungstarifs einbezogen werden, denn auch diese sind für den Zeitraum, in dem kostenerstattungsfähige Einsätze gefahren werden, durch den Einsatz verursacht, da die eingesetzten Sachgüter oder Personen für diesen Zeitraum nicht für die sonstigen Pflichteinsätze der Feuerwehr sowie für die allgemeine Bereitstellung im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach § 44 BbgBKG zur Verfügung stehen. Darauf ist eine Umlage auf den Kostenersatzpflichtigen aber zugleich auch beschränkt. Eine weitergehende, über den Zeitraum, in dem kostenerstattungsfähige Einsätze gefahren werden, hinausgehende Beteiligung an den durch das ständige Vorhalten der Feuerwehreinrichtung und -kräfte bedingten Kosten scheidet aus. Vorhaltekosten können bei der Abrechnung der Kosten eines Feuerwehreinsatzes nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie zum Werteverbrauch zählen, der konkret mit der Leistungserbringung des einzelnen Feuerwehreinsatzes verbunden ist. Anderenfalls würde der Kostenersatzpflichtige unzulässigerweise mit Kosten belastet, die unabhängig von den von ihm zu verantwortenden Einsatz entstanden sind; er würde insoweit zur Finanzierung der Kosten für die Vorhaltung einer den örtlichen Verhältnissen entsprechenden leistungsfähigen Feuerwehr herangezogen, obwohl die Gemeinden diese Kosten nach der gesetzlichen Konzeption gemäß den §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 44 Abs. 1 BbgBKG selbst zu tragen haben. Als Teil der durch den konkreten Leistungsverbrauch während des Feuerwehreinsatzes verursachten "verbrauchsabhängigen" Kosten ist also nur der Anteil der Vorhaltekosten ansatzfähig, der auf die konkrete Leistungserbringung entfällt. Daraus leitet sich die Vorgabe ab, dass einer Aufteilung der Vorhaltekosten nur nach dem Verhältnis der Jahresstunden zur einzelnen Einsatzstunde (1 : [24 x 365]) in Betracht kommt. Eine Kalkulation der Kostenersatzsätze, in denen einsatzunabhängige Vorhaltekosten nur auf die Jahreseinsatzstunden und nicht auf die gesamten Jahresstunden umgelegt worden sind, entspricht hingegen nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 45 Abs. 1 BbgBKG (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2014 - OVG 1 B 6.12 -, S. 12; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Oktober 1994 - 9 A 780/93 -, juris Rn. 12; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. November 2010 - 1 S 2402/09 -, juris Rn. 16; Hessischer VGH, Urteil vom 22. August 2007 - 5 UE 1734/06 -, juris Rn. 32; Beschluss vom 22. Juli 2008 - 5 B 6/08 -, juris Rn. 5; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. November 2011 - 1 L 93/08 -, juris Rn. 40; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. November 2004 - 12 A 11382/04 -, juris Rn. 17; anders wegen abweichender landesrechtlicher Regelung Bayerischer VGH, Urteil vom 18. Juli 2008 - 4 B 06.1839 -, juris Rn. 25; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 28. Juni 2012 - 11 LC 234/11 -, juris Rn. 60).
Dabei rechtfertigt auch der Umstand, dass bei einer Umlegung der einsatzunabhängigen Vorhaltekosten auf die Jahresstunden nur ein sehr geringer Betrag als Kostenersatz geltend gemacht werden könnte, keine andere Entscheidung. Er verkennt, dass sich die aufgezeigte Beschränkung der Umlagefähigkeit nur auf solche Vorhaltekosten bezieht, die unabhängig vom fraglichen Einsatz gleichmäßig das ganze Jahr anfallen. Gegen die Einstellung von Kosten, die sich unmittelbar dem fraglichen Einsatz zuordnen lassen, bestehen die genannten Bedenken nicht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2014 - OVG 1 B 6.12 -, S. 12 f.).
Diesen Vorgaben entspricht die Ermittlung der Kostensätze nach der Kostenerstattungs- und Entgeltordnung der Feuerwehrkostensatzung der Stadt Großräschen nicht. Nach den zuletzt am 20. September 2018 eingereichten Unterlagen zum Satzungsgebungsprozess wurden die "anrechenbaren Kosten ... durch die Kostenträger, die Jahreseinsatzstunden, dividiert", wobei "für die Jahreseinsatzstunden der einzelnen Fahrzeuge bzw. der freiwilligen Einsatzkräfte ein Durchschnittswert über einen Erfassungszeitraum von drei Jahren ... gebildet" wurde. Dies spiegelt sich auch im tabellarischen "Betriebsabrechnungsbogen zur Kostenkalkulation für Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr" wieder. Somit wurden sämtliche Kosten ohne Differenzierung zwischen den konkreten Einsatzkosten und den Vorhaltekosten im vorbeschriebene Sinn allein auf die jährlichen Einsatzstunden bezogen berechnet. Die Vorhaltekosten wurden somit nicht zu den Jahresstunden in das Verhältnis gesetzt, so dass die Kostenerstattungspflichtigen in überhöhtem Umfang mit einsatzunabhängigen Kosten herangezogen werden.
Der vom Beklagten erlassene Bescheid kann auch nicht unmittelbar auf § 45 Abs. 1 BbgBKG gestützt werden. Dem steht bereits der Wortlaut der Norm entgegen. Zwar statuiert § 45 Abs. 1 BbgBKG eine unbedingte Kostenpflicht der Betroffenen in den dort genannten Fällen. Er bildet jedoch keine Rechtsgrundlage für den Erlass eines Kostenersatzbescheides der hier in Rede stehenden Art. Denn er enthält seinem Wortlaut nach keine Handlungsbefugnis für die betroffenen Behörden in Gestalt einer Verwaltungsaktbefugnis, ermächtigt die betroffenen Behörden mithin nicht zum Erlass von Bescheiden. Eine Handlungsbefugnis enthält vielmehr erst § 45 Abs. 4 Satz 1 BbgBKG, der indes nur zum Erlass einer Satzung ermächtigt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2014 - OVG 1 B 6.12 -, S. 12 f.; Urteil vom 14. August 2015 - OVG 1 B 60.11 -, S. 9 f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.