Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Ausbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz einschl. Kostenerstattung...

Ausbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz einschl. Kostenerstattung für Gehwegüberfahrten


Metadaten

Gericht VG Potsdam 12. Kammer Entscheidungsdatum 30.11.2012
Aktenzeichen 12 K 1820/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 KAG BB, § 8 KAG BB

Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Erhebung von Straßenbaubeiträgen für den Ausbau des nördlichen Gehweges in der ... -Straße in ... im Abschnitt von der ... bis zur ... . Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flur 11, Flurstück 90/2, das im ausgebauten Abschnitt anliegt.

Aufgrund der öffentlichen Beschlussfassung der Gemeindevertretung der Gemeinde ... vom 28. Februar 2008 (GV Nr. 10/63/2008; veröffentlicht im Amtsblatt der Gemeinde ... Nr. 3/2008) wurde der unstreitig 50 Jahre alte Gehweg, der zwischen 1,10 m und 1,30 m breit war und keinen Unterbau aufwies, auf 1,75 m verbreitert und mit einer regelgerechten Tragschicht (Unterbau) versehen. Die Anlieger sind auf zwei Anliegerversammlungen (4. September 2007 und 15. Juli 2008) über die Baumaßnahme informiert worden. Die Bauabnahme fand am 10. November 2008 statt.

Von den Kosten in Höhe von 80.853,78 € legte der Beklagte entsprechend seiner angewandten Straßenbaubeitragssatzung 60 % der Kosten, d. h. 48.512,27 €, auf die Anlieger um. Dabei ging er davon aus, dass es sich bei der ... -Straße um eine Anliegerstraße handelt und die Bebaubarkeit aller anliegenden Grundstücke jeweils einheitlich mit dem Faktor 1,2 zu bewerten ist.

Mit Bescheiden vom 18. Juni 2010 zog der Beklagte die Anlieger zu Straßenbaubeiträgen heran. Als Rechtsgrundlage für seine Beitragsbescheide verwies der Beklagte auf die Straßenbaubeitragssatzung vom 12. November 2009 in der Fassung der 1. Änderung vom 29. April 2010. Diese Satzung misst sich Rückwirkung bis zum 21. Mai 2008 bei. Durch diese Straßenbaubeitragssatzung wurde die vorherige Straßenbaubeitragssatzung vom 24. April 2008 dahingehend geändert, dass statt eines Anliegerbeitrages von 50 % nunmehr 60 % zu erheben sind. Des Weiteren wurde der Nutzungsfaktor 1,0 für ein und zwei Vollgeschosse in den Nutzungsfaktor 1,0 für ein Vollgeschoss und den Steigerungsfaktor von 0,2 für jedes weitere Vollgeschoss geändert.

Am 13. Juli 2010 legten die Kläger gegen ihren Beitragsbescheid Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2010 zurückwies.

Die Kläger haben am 11. Oktober 2010 Klage erhoben.

Sie sind der Ansicht, dass der Beitragsbescheid rechtswidrig sei. Die Anwendung der 2009 erlassenen rückwirkenden Straßenbaubeitragssatzung anstelle der zum Zeitpunkt der Bauabnahme geltenden Straßenbaubeitragssatzung von 2008 verstoße gegen das Schlechterstellungsverbot. Die Gebäude im Gemeindegebiet verfügten in der Regel über maximal zwei Geschosse. Diese Einfamilienhäuser seien nach ihrer typischen Konzeption als Wohngebäude für eine Familie vorgesehen. Folglich sei bei einer zweistöckigen Bebauung keine Gebrauchswertsteigerung zu erkennen, so dass die Bestimmung des Nutzungsfaktors für ein und zwei Geschosse auf 1,0 vorteilsgerecht und ermessensfehlerfrei und damit rechtmäßig gewesen sei. Der Anteilsatz von 50% sei angemessen gewesen. Eine nachträgliche Erhöhung auf 60% sei ermessensfehlerhaft. Überdies habe der Beitragssatz in der rückwirkenden Satzung genannt werden müssen, da die Maßnahme und die dadurch entstandenen Kosten bei der Beschlussfassung über die neue Satzung von 2009 schon festgestanden hätten. Die Straße sei in ihrer Funktion vom Beklagten fehlerhaft eingestuft worden. Es handele sich um eine Haupterschließungsstraße und nicht um eine Anliegerstraße. Die ursprüngliche Ausbauplanung des Gehweges von der ... bis zur Virchowstraße sei ohne weitere Anhörung der Anlieger in eine Verlängerung des Ausbaus bis zur ... geändert worden. Der Vorteil der Ausbaumaßnahme bestehe nur für die private Senioreneinrichtung des „... “ und sei insbesondere für mobilitätsbehinderte Nutzer angelegt worden. Des Weiteren sei der neue Gehweg nur vorteilhaft für das nahegelegene Gewerbegebiet und nicht für die Anwohner.

Die Kläger tragen ferner vor, dass sie nicht beitragspflichtig seien, weil sie den gegenüberliegenden Gehweg nicht benutzen könnten. Dieser sei durch einen ca. 5 m breiten Mittelstreifen mit ca. 20 bis 25 cm hohen Randsteinen getrennt. Der Gehweg sei 50 Jahre alt gewesen und habe bei normaler Pflege und Instandsetzung noch weiter benutzt werden können. Teilweise sei das aufgenommene Altmaterial wieder verwendet worden. Nur ein Teil des Gehweges sei mit neuem Pflaster versehen worden. Des Weiteren seien die der Beitragsabrechnung zugrundeliegenden Kosten überhöht. Die Planungskosten seien mit 20 % zu hoch angesetzt. Die Betonpflastersteine würden im regionalen Handel ca. 7 – 8 € pro Quadratmeter kosten, der Beklagte habe jedoch 20 € plus Steuern pro m² umgelegt. Der Belagwechsel an den Bäumen sei nicht nötig gewesen. Auch seien die Kosten des im Abschnitt ... -Straße zwischen ... und ... errichteten Gehweges und der dortigen Grünanlage nicht beitragsfähig. Es handele sich um einen Abschnitt, der auf einer gemeindlichen Grünfläche verlaufe. Kosten für die Grünflächengestaltung seien nicht beitragsfähig. Es habe eine Verrechnung mit dem in großen Mengen aufgenommenen Pflastermaterial nördlich des Gehweges erfolgen müssen. Aus den Akten ergebe sich zwar, dass dieses Pflaster auf den Bauhof verbracht werden sollte, doch habe das mit der Baumaßnahme beauftragte Generalunternehmen identische Pflasterstücke quadratmeterweise zum Verkauf angeboten. Außerdem sei der Generalunternehmer ein Garten- und Landschaftsgestaltungsunternehmen, so dass der Beklagte nicht ohne Ausschreibung ein eigenes Planungsunternehmen und andere das „Grün“ ausführende Firmen habe engagieren dürfen.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom 18. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält den Beitragsbescheid für rechtmäßig. Nach seiner Ansicht war es rechtlich geboten, die ursprüngliche Straßenbaubeitragssatzung von 2008 zu ändern, weil sie in den Teilen, in denen sie geändert worden ist, rechtlich fehlerhaft gewesen sei. Das Vertrauen der Bürger in den Fortbestand einer fehlerhaften Satzung sei rechtlich nicht geschützt. Der ursprüngliche Anliegeranteil von 50 % für Anliegerstraßen habe dem Vorteilsprinzip widersprochen. Anliegerstraßen würden nur in geringerem Umfang von der Allgemeinheit in Anspruch genommen, so dass der Anliegeranteil den Gemeindeanteil deutlich übersteigen, d. h. mindestens 60 % betragen müsse. Während eines Erörterungstermins des Verwaltungsgerichts Potsdam sei erklärt worden, dass die Zusammenfassung des ersten und zweiten Vollgeschosses mit dem Nutzungsfaktor 1,0 nicht vorteilsgerecht sei. Auch insofern habe die Notwendigkeit bestanden, rückwirkend eine fehlerfreie Satzung zu erlassen.

Der Ausbau des nach seinem Vortrag 90 Jahre alten Gehweges stelle eine Verbesserung dar und sei deshalb beitragsfähig. Keinesfalls habe der Gehweg nur deshalb verbreitert werden müssen, um mobilitätsbehinderten Nutzern des „... “ den Fußweg angenehmer zu gestalten. Schon allein in der erstmaligen Herstellung einer Tragschicht bzw. eines Unterbaus des Gehweges liege eine Verbesserung. Die Gemeinde habe im gesamten Gemeindegebiet kontinuierlich Reparaturen im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel durchgeführt. Weitere Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen des Gehweges in der ... -Straße seien nicht mehr verhältnismäßig gewesen. Die Verkehrssicherheit sei nicht mehr gewährleistet gewesen. Auch seien die Anlieger vor Beginn der Baumaßnahme umfangreich über die geplanten Maßnahmen unterrichtet worden.

Die entstandenen Kosten seien so umlagefähig, wie sie in den Beitragsbescheiden ausgewiesen seien. Die Gesamtangebotssumme sei bei der Bewertung der Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit maßgebend. Zu den „Auffälligkeiten“ einzelner Leistungspositionen des Angebots sei ein Aufklärungsgespräch geführt worden. Die Kostenzusammenstellung lasse sich anhand der vorliegenden Schlussrechnung zweifelsfrei nachvollziehen. Soweit Rechnungen verschiedene Bauvorhaben im Gemeindegebiet auswiesen, sei nur der Anteil auf die hier Beitragspflichtigen umgelegt worden, der für den Gehwegbau angefallen sei. Für die Objektplanung sei entsprechend der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen ca. 10 % geltend gemacht worden. Hinzu kämen die Planung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die ökologische Baubegleitung und die Vermessungsleistungen. An einigen Bäumen sei der Materialwechsel wegen zu hoch liegender Wurzeln erforderlich gewesen. Das aufgenommene Mosaikpflaster befinde sich im Vermögen der Gemeinde und werde auf dem Werkstatthof der Gemeinde gelagert, um es für Reparaturzwecke wieder zu verwenden. Ein Materialverkauf habe nicht stattgefunden.

Der einstweilige Rechtsschutzantrag der Kläger wurde mit rechtskräftigem Beschluss der Kammer vom 15. März 2011 (VG 12 L 353/10) zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge (drei Hefter) und das einstweilige Rechtsschutzverfahren VG 12 L 353/10 verwiesen.

Soweit sich die ursprüngliche Klage auch gegen den Gebührenbescheid gerichtet hat, wurde sich in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

Das gegen den Gebührenbescheid gerichtete Verfahren wird eingestellt, weil die Klage insoweit zurückgenommen worden ist (§ 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO)

Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid beruht auf einer wirksamen Satzungsgrundlage.

Die Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde ... vom 12. November 2009 in der Fassung der 1. Änderung vom 29. April 2010 (SABS), die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, ist wirksam. Diese Satzung erfasst in Folge ihrer Rückwirkung zum 21. Mai 2008 den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG, der durch die Bauabnahme des Gehweges am 10. November 2008 bestimmt wird. Für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei Straßenbaubeiträgen nach § 8 KAG kommt es auf die durch die Bauabnahme markierte technische Verwirklichung des Bauprogramms und nicht auf die Berechenbarkeit des Beitrags an (OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 2. August 2002 - 2 A 682/01.Z -), so dass der Eingang der letzten Unternehmerrechnung hier nicht maßgeblich ist.

Die SABS verstößt nicht gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG, selbst wenn sie keinen konkreten Satz der Abgabe enthält, obwohl der Aufwand im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Satzungsgeberin beziffert werden konnte. Da die sachliche Beitragspflicht erst im Jahr 2008 entstanden ist, ist es rechtlich ausreichend gewesen, dass die SABS in § 4 den Anteil der Gemeinde am Aufwand festgelegt hat, ohne einen konkreten Beitragssatz auszuweisen. Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 3 KAG in der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Neufassung (vgl. Neubekanntmachung vom 31. März 2004 GVBl I, 174) kann bei der Erhebung von Straßenbaubeiträgen an Stelle des Beitragssatzes nach § 8 Abs. 4 Satz 7 KAG der Gemeindeanteil am veranschlagten Beitragsaufkommen angegeben werden (vgl. zur Problematik: OVG Brandenburg, Urteil vom 23. November 2004 - 2 A 269.04 -, zitiert nach Juris).

Die Satzungsgrundlage SABS verstößt nicht gegen das sogenannte Schlechterstellungsverbot.

Die Zulässigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung einer belastenden Rechtsnorm ist an dem aus Artikel 20 und 28 des Grundgesetzes (GG) folgenden Rechtsstaatsprinzip zu messen, welches das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage schützt. Eine echte Rückwirkung tritt ein, wenn die Norm in einen abgeschlossenen Tatbestand eingreift. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt eine „echte“ Rückwirkung vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, d. h. gültig geworden ist (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 2/83 -, NJW 1987, 1749). Eine solche Rückwirkung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nur in engen Grenzen zulässig. Erfasst eine Satzung rückwirkend den Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes, wie hier, greift sie in einen abgeschlossenen Sachverhalt ein.

Eine solche Rückwirkung ist verfassungsrechtlich dann zulässig, wenn die geänderte Satzung eine unwirksame ersetzt oder eine unklare oder verworrene Regelung mit Rückwirkung ändert (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261, 271; vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 17. Mai 1990 - 2 A 500/88 -, NVwZ-RR 1991, 349, Deppe in: Bbg KAG Stand: 07/12, § 2 Rn. 153 ff., m. w. N.), denn ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand einer unwirksamen oder unklaren Regelung besteht nicht. Vielmehr muss ein Bürger mit einer rückwirkenden Regelung rechnen, die es der Gemeinde ermöglicht, von der ihr durch Gesetz eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, eine Abgabe zu erheben. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Satzungsgeber eine Abgabensatzung beschlossen und ordnungsgemäß bekannt gemacht hat, auch wenn diese formell oder materiell unwirksam war. Er hatte damit seinen Willen zur Abgabenerhebung deutlich gemacht und der Bürger kann sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen.

Allerdings darf der Satzungsgeber keine fehlerfreie Bestimmung einer Satzung rückwirkend zu Lasten von Beitragspflichtigen ändern. Mit einer derartigen, auf einem rückwirkenden Austausch beruhenden Beitragsumverteilung brauchen die betroffenen Grundstückseigentümer nicht zu rechnen. Entsprechende Bestimmungen sind nichtig (BVerwG, Urteil vom 7. April 1989 - 8 C 83/87 -, NVwZ 1990, 168, 169; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. September 2005 - OVG 9 S 11/05 -, Blatt 3 des amtlichen Entscheidungsabdrucks; vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 20. August 2002 - 15 A 583/01 -, KStZ 2003, 150). Dies war hier jedoch nicht der Fall.

Zunächst unterliegt der von der Gemeinde ... sowohl in der alten als auch in der neuen Straßenbaubeitragssatzung verwendete sogenannte kombinierte Vollgeschossmaßstab, wonach für die Bemessung des Vorteils sowohl auf die Grundstücksfläche als auch auf die Bebaubarkeit des Grundstücks abgestellt wird, grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken (vgl. zum Vollgeschossmaßstab: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. März 2011 - OVG 9 S 95.10 -, zitiert nach Juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 36 Rn. 7, § 18 Rn. 30 ff.).

Dieser Maßstab durfte hier rückwirkend zu Lasten der Beitragspflichtigen geändert werden, weil die Verteilungsregelung in § 5 Abs. 5 der Satzung von 2008 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das daraus folgende Gebot der Abgabengerechtigkeit nach § 8 Abs. 6 Satz 1 KAG verstieß.

Danach sollen die Beiträge nach den Vorteilen bemessen werden. Sie werden von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden (§ 8 Abs. 2 Satz 2 KAG). Dabei können Gruppen von Beitragspflichtigen mit annähernd gleichen Vorteilen zusammengefasst werden (§ 8 Abs. 6 Satz 2 KAG). Soweit Straßenbaubeiträge erhoben werden, sollen die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigt werden (§ 8 Abs. 6 Satz 3 KAG).

Gemessen daran war die ursprüngliche Satzung, wonach für das erste und zweite Vollgeschoss ein zusammenfassender Nutzungsfaktor von 1,0 und für das dritte und vierte Vollgeschoss ein zusammenfassender Nutzungsfaktor von 1,2 gewählt worden war, nicht vorteilsgerecht.

Die Gleichbehandlung einer Bebaubarkeit mit drei bis vier Vollgeschossen ist nicht vorteilsgerecht, denn sie bietet keine ausreichende Differenzierung nach dem Maß der baulichen Nutzung. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, wieso ein dreigeschossig bebaubares Grundstück genau denselben Ziel- und Quellverkehr auslösen soll wie ein viergeschossig bebaubares. Mit jedem weiteren Vollgeschoss in einem Mehrfamilienhaus - und um solche handelt es sich bei drei- und viergeschossigen Gebäuden in der Regel - steigt grundsätzlich die durch die Anlage vermittelte bauliche Ausnutzung des Grundstücks und damit die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Straße. Ein weiteres Vollgeschoss in einem Mehrfamilienhaus bedeutet ein Anwachsen der Bewohnerzahl; damit einhergehend vergrößert sich auch der Umfang der Inanspruchnahme der Straße (vgl. zur Zusammenfassung von vier- und fünfgeschossigen Gebäuden: OVG Bautzen, Urteil vom 22. August 2001 - 5 B 523/00 - zitiert nach beck-online; vgl. zur Staffelung von Nutzungsfaktoren in einer BauGB-Satzung: VG Potsdam, Urteil der 12. Kammer vom 2. März 2009 - 12 K 2751/05 - n. v. und n. rk.; Urteil der 12. Kammer vom 16. November 2007 - 12 K 2000/04 - n. v.).

Aber auch die Zusammenfassung des ersten und zweiten Vollgeschosses mit einem einheitlichen Nutzungsfaktor von 1,0 widerspricht in diesem konkreten Einzelfall dem Vorteilsgedanken. Zwar steht dem Satzungsgeber ein weites Ermessen für die Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen zu, das nur auf die Einhaltung der Grenzen des sachlich Vertretbaren hin überprüft werden kann (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Juni 2012 - OVG 9 B 20.11 -, Rn. 21, zitiert nach Juris). Für die hier vorliegende Gleichbehandlung ein- und zweigeschossig bebaubarer Grundstücke liegt aber kein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund vor. Zwar könnte man, ausgehend vom Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. September 2005 - OVG 9 S 11.05 - Rn. 12, zitiert nach Juris) ganz allgemein daran denken, dass in bestimmten Gemeinden aufgrund einer einheitlichen Siedlungsstruktur eine Zusammenfassung des ersten mit dem zweiten Vollgeschoss vorteilsgerecht sein könnte, zum Beispiel dann, wenn an einer Anlage nur ein- und zweigeschossige Einfamilienhäuser stünden, die eine annähernd gleiche Grundstücksfläche aufweisen und regelmäßig nur von einer Familie bewohnt würden, sodass sich die wahrscheinliche Inanspruchnahme der Anlage durch die Bewohner des Gebäudes nicht durch das zusätzliche - zweite - Vollgeschoss erhöhen würde (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 18. November 2004 - 15 A 4051/04 - , zitiert nach Juris). Doch handelt es sich vorliegend nicht um einen solchen Sachverhalt, sodass die Kammer auch insoweit nicht darüber zu entscheiden hat.

Denn aufgrund der erheblich unterschiedlichen Grundstücksflächen sind hier annährend gleiche Vorteile im Sinne einer „Gruppengerechtigkeit“ nach § 8 Abs. 6 Satz 2 KAG nicht erkennbar. Die typische vergleichbare „Einfamilienhaussituation“ scheidet hier deshalb aus, weil nach dem Verteilungsplan die Grundstücksflächen der Anlieger zwischen 523 qm und 2.361 qm differieren. Auch daran zeigt sich deutlich, dass die in der Zusammenfassung des ersten und zweiten Vollgeschosses angelegte Ungleichbehandlung eingeschossig bebaubarer Grundstücke nicht gerechtfertigt ist (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 2. November 2012 - VG 12 K 755/11 u.a., n. rk. -; zu einer Erschließungsbeitragssatzung in diesem Sinne: VG Cottbus, Urteil vom 4. April 2012 - VG 4 K 167/09 - n. rk.)

Die Zusammenfassung der Steigerungsfaktoren bei einer Bebaubarkeit mit einem und zwei Vollgeschossen sowie drei bis vier Vollgeschossen lässt sich auch nicht durch eine typisierende Betrachtungsweise rechtfertigen. Zwar ist für das Abgabenrecht anerkannt, dass Typisierungen und Pauschalierungen durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2007 - 10 B 43/06 -, Beschluss vom 8. Februar 2006 - 8 BN 3/05 -, m. w. N., zitiert nach Juris). Jedoch wird die dem Satzungsgeber für die Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen durch Art. 3 Abs. 1 GG eingeräumte weitgehende Freiheit dort überschritten, wo - unter Einschluss von Gründen der Typengerechtigkeit und der Verwaltungspraktikabilität - ein sachlich einleuchtender Grund für die Differenzierung oder Gleichbehandlung fehlt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 1996 - 8 B 31/96 -, OVG Münster, Beschluss vom 18. November 2004 - 15 A 4051/04 -, beides zitiert nach Juris). Dies ist hier der Fall.

Soweit bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes auf den Vollgeschossmaßstab zurückgegriffen wird, bedarf es bezüglich der Steigerung, die sich nach der Anzahl der Vollgeschosse richtet, keiner Typisierung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung. Denn die Anzahl der Vollgeschosse, mit der ein Grundstück bebaut ist bzw. bebaut werden kann, ist ohne weiteres feststellbar, auch wenn es für die Verwaltung manchmal mühevoll sein kann. Darin kann jedoch kein Grund für die Gleichbehandlung von einem und zwei Vollgeschossen sowie drei- mit viergeschossiger Bebauung liegen.

Außerdem dürfte hier, ausgehend vom Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, weder die Anwendung der ursprünglichen Satzung von 2008 noch die der Beitragserhebung zugrunde liegende SABS jeweils für sich allein genommen oder im Vergleich zu einem konkreten Verstoß gegen die Gleichbehandlung führen können, weil der Beklagte nämlich sämtliche Grundstücke einheitlich mit einer zulässigen Bebaubarkeit von zwei Vollgeschossen bewertet hat.

Die Erhöhung des Anteilssatzes der Anlieger für Anliegerstraßen von 50% auf 60% in § 5 Abs. 5 der SABS begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei der ... -Straße in ... um eine Anliegerstraße und nicht um eine Haupterschließungsstraße handelt, so dass sich die Änderung des Anteilssatzes in der SABS auf die Anlieger auswirkt.

Die Einstufung der ... -Straße als Anliegerstraße ist zutreffend erfolgt. Nach § 4 Abs. 6 Nr. 1 SABS, die in ihrem Wortlaut mit § 4 Abs. 6 Nr. 1 SABS 2008 identisch ist, sind Anliegerstraßen diejenigen Straßen, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücke dienen.

Die - in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung unterliegende - Bestimmung der Straßenart beurteilt sich nach ihrer Funktion. Die Einordnung hat nach der gemeindlichen Verkehrsplanung, dem aufgrund dieser Planung verwirklichten Ausbauzustand, der straßenverkehrsrechtlichen Einordnung und den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen zu erfolgen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Juni 2006 - 9 M 5.05 -, zitiert nach Juris; Urteil der Kammer vom 15. September 2008 - 12 K 2166/05 -; OVG Münster, Urteil vom 3. Oktober 1986 - 2 A 1439/83 - KStZ 1987, 116). Maßgeblich ist dabei die sich aus der Verkehrsplanung der Gemeinde und dem hierauf beruhenden Ausbauzustand ergebende Funktion. Die tatsächliche Verkehrsbelastung und die Verkehrsströme bilden dabei lediglich ein Indiz für die Qualifizierung der Straße, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse jeder Zeit ändern können (OVG Berlin-Brandenburg a. a. O. und Beschluss vom 27. Juni 2007 - 9 S 56.06 -; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 9. Juni 2004 - 6 CS 03.434 -, BayVBl. 2005, 762).

Die Verkehrsplanung der Gemeinde ... ergibt sich hier aus der Planzeichnung zur Verkehrsbedeutung Straße - Gemeindevertreterbeschluss vom 9. März 2006 (Bl. 39 R, 40 der Gerichtsakte VG 12 L 353/10), die dem Ausbau des Straßennetzes in ... und damit auch der ... -Straße zugrunde liegt. Ausgehend von dieser Planzeichnung handelt es sich bei der ... -Straße um eine Anliegerstraße mit durchschnittlicher Verkehrsbedeutung. Anhaltspunkte dafür, dass es sich trotz dieser ausdrücklichen Einstufung um eine Haupterschließungsstraße handeln könnte, sind weder erheblich von den Klägern vorgetragen worden noch offensichtlich.

Die Bestimmung der Anteile der Beitragspflichtigen - hier 60% statt vorher 50% - unterliegt als Akt der gemeindlichen Rechtsetzung nur insoweit der gerichtlichen Überprüfung, als die Gemeinde den ihr durch Gesetz und Recht (insbesondere § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG) gesteckten Rahmen ihres satzungsgeberischen Ermessens überschritten hat.

Ausgehend von diesem Prüfungsrahmen bestand für die Satzungsgeberin keine Verpflichtung ihr Ermessen dahingehend auszuüben, weniger als 60% Anliegeranteil für die Beitragserhebung bei Anliegerstraßen zu wählen, um nicht gegen das Schlechterstellungsverbot zu verstoßen. Unter dem Gesichtspunkt des Verbotes der Schlechterstellung kommt es nur auf die Einhaltung einer vertretbaren Untergrenze des Bewertungsspielraums an, nicht aber darauf, zulässige Anteilssätze bis zur Ausschöpfung der Obergrenze des betreffenden Spielraums ebenfalls gerichtlich zu überprüfen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. September 2005 - OVG 9 S 11.05 - Rn. 12, zitiert nach Juris).

Zunächst ist festzustellen, dass der ursprüngliche Anteilssatz von 50%, d. h. die gleichmäßige hälftige Teilung der Kosten einer beitragspflichtigen Baumaßnahme an einer Anliegerstraße zwischen der Allgemeinheit und den Anliegern, dem Vorteilsgedanken des Straßenbaubeitragsrechts widerspricht. Denn, wie aufgezeigt, dienen Anliegerstraßen in ihrer Funktion überwiegend dem Anliegerverkehr und nicht dem Verkehr der Allgemeinheit. Daraus folgt zur Überzeugung der erkennenden Kammer, dass der Anteilssatz an dem zu verteilenden Beitragsaufkommen jedenfalls höher als 50% liegen muss (so auch: OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 15. August 2007 - 10 LA 271/05 - und 6. Juni 2001 - 9 LA 907/01 -, zitiert nach Juris; VG Dessau, Urteile vom 14. Oktober 2005 - 3 A 300/05 - und 13. November 2003 - 2 A 2/02 -, zitiert nach Juris). Folglich war die Gemeinde ... rechtlich verpflichtet, den 50%igen Anteilssatz in ihrer Satzung von 2008 zu erhöhen.

Der von der Gemeindevertretung der Gemeinde ... gewählte Anteilssatz von 60% liegt nicht außerhalb ihres Ermessensspielraums. Sie war nicht gehalten, einen Anteilssatz unterhalb dieses Prozentwertes, d. h. zwischen 50% und 60% zu bestimmen. Bei der Festsetzung des Gemeindeanteils – und spiegelbildlich des Anliegeranteils – ist eine Vorteilsabwägung erforderlich, wobei die Gemeinde das Maß der durch den Ausbau der Anlage zu erwartenden Nutzungsvorteile der Grundstückseigentümer einerseits und der Allgemeinheit andererseits gegenüberzustellen und auf dieser Grundlage die jeweiligen gewichteten Anteilssätze festzulegen hat (vgl.z. B.OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2009 – 15 A 939/06 – Rn. 36; VG Dessau, Urteil vom 7. September 2000 - 2 A 756/99 DE -, beides zitiert nach Juris). Ermessensfehler der Gemeinde bei der Gewichtung der Anteilssätze sind nicht erkennbar.

Diese Gewichtung hat vorliegend dazu geführt, dass die Gemeinde ... von einer 60%igen Inanspruchnahme der Anliegerstraße durch die Anlieger und einer Inanspruchnahme durch die Allgemeinheit in Höhe von 40% ausgegangen ist. Dieselbe Einschätzung hatte die Gemeinde schon einmal zuvor vorgenommen; nämlich in ihrer Straßenbaubeitragssatzung vom 23. Juni 2005, die der Straßenbaubeitragssatzung von 2008 mit dem ermäßigten Anteilssatz von 50% vorausgegangen war, sodass den Anliegern dieser Anteilssatz schon vertraut gewesen sein müsste. Ausgehend davon, dass die Gemeinde ... schon zuvor den Anteilssatz von 60% für vorteilsgerecht gehalten hat, gibt es keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass sich diese ursprüngliche Einschätzung von 60% bei der erneuten Ermessenentscheidung nunmehr als fehlerhaft erweisen könnte. Überdies werden Anteilssätze von 60% für Anliegerstraßen in der Rechtsprechung und Literatur für „rechtssicher“ gehalten (vgl. Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 17; VG Magdeburg, Urt. v. 22. Januar 2004 - 2 A 224/03 -, zitiert nach Juris), so dass die Gemeindevertretung auch unter Zugrundelegung dieses Aspektes ihr Ermessen zulässigerweise hat ausüben können.

Soweit sich die Kläger gegen die Art und Weise des Ausbaus wenden, können sie damit nicht durchdringen. Dem Beklagten steht ein weites Ausbauermessen zu. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, im Rahmen der Beitragserhebung inzident zu prüfen, ob und inwieweit die Gemeinde die sinnvollste und zweckmäßigste Ausbaumaßnahme gewählt hat. Angesichts des weiten Ausbauermessens der Gemeinde ist für die gerichtliche Prüfung entscheidend, ob die konkret vorgenommene Ausbaumaßnahme im Ergebnis das gesetzliche Tatbestandsmerkmal einer Verbesserung i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG erfüllt und die dadurch ausgelöste Kostenfolge sich noch im Rahmen des sachlich Vertretbaren bewegt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Mai 2008 - OVG 9 S 11.08 - m. w. N., zitiert nach Juris). Eine Überschreitung des der Gemeinde zustehenden Spielraums mit der Folge einer mangelnden Beitragsfähigkeit der entsprechenden Maßnahme könnte allenfalls ausnahmsweise dann anzunehmen sein, wenn die Anlage ohne sachlich rechtfertigenden Grund und mithin willkürlich verbessert wird. Dies ist z.B. dann anzunehmen, wenn Teileinrichtungen angelegt werden, für die auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein von den anliegenden Grundstücken ausgehendes Bedürfnis besteht (vgl. Driehaus, a. a. O., § 33 Rn 45 m. w. N.).

Ausgehend von Vorstehendem handelt es sich bei der Baumaßnahme der Gemeinde ... um eine beitragspflichtige Verbesserung i. S. v. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG.

Von einer Verbesserung ist auszugehen, wenn die Ausstattung der Anlage entsprechend ihrer bisherigen verkehrstechnischen Konzeption hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung, der funktionalen Aufteilung der Gesamtfläche oder hinsichtlich der Art der Befestigung vorteilhaft verändert wird; die Vorteilhaftigkeit der Veränderung ist unter verkehrstechnischen Gesichtspunkten zu beurteilen, wonach zu prüfen ist, ob der Verkehr bei Zugrundelegung der bisherigen verkehrstechnischen Konzeption auf der neu gestalteten Anlage zügiger, geordneter, unbehinderter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 - zitiert nach Juris).

Der Beklagte hat den - unstreitig jedenfalls 50 Jahre alten - Gehweg, der zuvor eine Breite von ca. 1,30 m aufwies, erstmalig mit einer regelgerechten Tragschicht von 30 cm Dicke versehen und von 1,30 m auf 1,75 m verbreitert und damit bei zusammenfassender Betrachtung insgesamt verbessert. Der Fußgängerverkehr kann jetzt ungehinderter und zügiger stattfinden. Die Anlage entspricht den neueren technischen Anforderungen.

Es gibt auch keinen Anhalt für einen willkürlichen Ausbau im oben dargestellten Sinne, mit der Folge einer Ermessenüberschreitung. Ausgehend vom weiten Ausbauermessen war der Beklagte hier nicht gehindert, den Gehweg zur (noch) besseren Benutzung, auch durch mobilitätsbehinderte Nutzer, um 45 cm zu erweitern und die Gesamtstrecke des Gehwegausbaus zu bestimmen. Im Übrigen sehen sowohl die SABS als auch die SABS 2008 vor, dass Gehwege nur bis zu einer Breite von 2,50 m abrechnungsfähig sind, sodass eine „willkürliche“ Verbreiterung des Gehweges schon von vornherein nicht abrechnungsfähig wäre. Nach der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen, Ausgabe 2006 (RASt 06) liegt der Breitenbedarf im Fußgängerverkehr für dort aufgeführte unterschiedliche Mobilitätsbehinderte zwischen 0,85 m (Personen mit Stock) und 1,30 m (blinde Personen mit Begleitperson) vgl. RASt 06, Nr. 4.7 mit Tabelle 4, so dass auch die vorherige Breite des Gehweges von ca. 1,30 m für mobilitätsbehinderte Fußgänger schon ausgereicht haben dürfte. Insofern spricht nichts dafür, dass die Verbesserung des Gehweges ausschließlich den Bewohnern der privaten Senioreneinrichtung „... “ dienen sollte oder durch die nachträglich beschlossene Verlängerung der Ausbaustrecke einerseits der Vorteil für das „... “ verschleiert werden sollte und gleichzeitig weiteren privaten gewerblichen Einrichtungen Sondervorteile entstehen sollten.

Unter das weite Ausbauermessen fällt auch die teilweise Wiederverwendung des aufgenommenen „Altmaterials“. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass die Gemeinde ... im Kosteninteresse einen Teil des Gehweges neu gepflastert und einen anderen Teil mit wieder verwendbarem Altmaterial hergestellt hat. Dass sich das Altmaterial in einem Zustand befunden hätte, wonach der Wiedergebrauch unter technisch-baulichen Aspekten, auch die zukünftige Haltbarkeit betreffend, nicht angezeigt gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Es kommt auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Antragsgegner seine Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen in der Vergangenheit ordnungsgemäß durchgeführt oder aber unterlassen hat. Denn ein „aufgestauter Reparaturbedarf“ kann der Abrechenbarkeit einer Verbesserung, anders als bei einer Erneuerungsmaßnahme, nicht entgegen gehalten werden (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 2 L 119/01 - zitiert nach Juris; VG Potsdam, Urteil vom 14. Dezember 2009 - 12 K 641/06 -).

Die Kläger können auch nicht mit ihren Einwendungen gegen das Bauprogramm durchdringen.

Das Bauprogramm muss die räumliche Ausdehnung der Anlage festlegen und bestimmen, wo, was und wie ausgebaut werden soll und zwar so konkret, dass festgestellt werden kann, ob die Anlage i. S. d. § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG endgültig hergestellt ist (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 11. Juli 1996 - 15 B 1313/96 -, zitiert nach Juris).

Diesen Anforderungen entspricht der Beschluss der Gemeindevertretung der Gemeinde ... vom 28. Februar 2008 (GV Nr. 10/63/2008; veröffentlicht im Amtsblatt der Gemeinde ... Nr. 3/2008). Es wurde u. a. beschlossen, den nördlichen Gehweg an der ... -Straße zwischen der ... und der ... auf eine durchgängige Breite von 1,75 m mit einer entsprechenden Einengung im vorgefundenen Wurzelbereich der vorhandenen Bäume auszubauen. Damit war der ursprüngliche Plan, den Ausbau nur bis zur Virchowstraße durchzuführen, aufgegeben worden.

Obwohl dies für die Rechtmäßigkeit des Bescheides unerheblich wäre, weil die Beitragspflicht von Gesetzes wegen entsteht (vgl. OVG Münster, Urteil vom 5. Oktober 2006 - 15 A 2922/04 -, zitiert nach Juris) hat vor der Baumaßnahme eine Anhörung der Anlieger stattgefunden. Die Anlieger sind zunächst über die ursprünglich geplante Baumaßnahme durch eine Anliegerversammlung vom 4. September 2007 und anschließend von der veränderten Planung der Gemeinde - spätestens - durch eine zweite Anliegerversammlung vom 15. Juli 2008, die vor dem Baubeginn stattfand, informiert worden.

Nicht entscheidungserheblich ist zudem, ob jeder Anlieger vor der Beschlussfassung durch die Gemeinde auch tatsächlich von der konkreten Planung - hier insbesondere von der Verlängerung der Ausbaustrecke - Kenntnis erhalten hat. Eine individuelle Informationspflicht der Gemeinde besteht nicht.

Die in den Aufwand einbezogenen Kosten bewegen sich im Rahmen des sachlich Vertretbaren und sind erforderlich gewesen.

Dafür, dass die von dem Beklagten in den Aufwand einbezogenen Planungskosten für „Bau und Grün“, die zusammen einen Anteil von ca. 20 % der Gesamtkosten ausmachen, überhöht oder nicht erforderlich gewesen wären, gibt es keine durchgreifenden Anhaltspunkte. Dasselbe gilt für die Kosten im Zusammenhang mit den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, dem Belagwechsel an einigen Bäumen sowie in Bezug auf die Preise der Betonpflastersteine.

Auch gibt es keinen durchgreifenden Grund, warum die Kosten für einen Abschnitt des Gehweges, der auf einer gemeindlichen Grünfläche verläuft, nicht beitragsfähig sein sollten. Denn bei dem Teilstück des Gehweges handelt es sich ebenfalls um eine öffentliche Anlage i. S. d. Straßenbaubeitragsrechts, die die Gemeinde ... – in Abgrenzung zu rein privaten Wegen – für die Allgemeinheit bereitstellt.

Die Kläger können auch nicht mit ihrem Vortrag durchdringen, die Aufnahme des alten Pflastermaterials (Bernburger Mosaik) müsse sich kostenmindernd auf den Straßenbaubeitrag auswirken. Denn ihre Vermutung, der Auftragnehmer habe das Altpflaster gewinnbringend weiterverkauft, ist durch nichts belegt. Vielmehr spricht nach Aktenlage alles dafür, dass das „Altmaterial“ auf den gemeindeeigenen Werkstatthof verbracht wurde und von dort aus für „Reparaturzwecke“ der Gemeinde verwendet wurde bzw. noch lagert. Dass für die Gemeinde dadurch zusätzliche Einnahmen entstanden wären - etwa weil das Altmaterial einen ohne weiteres ermittelbaren, nicht unerheblichen wirtschaftlichen Wert hätte - ist derzeit nicht ersichtlich (vgl. zur Problematik: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - OVG 9 S 2.06 -, VG Potsdam, Urteil vom 28. Januar 2000 - 4 K 5172/98 -, Urteil vom 7. Februar 2005 - 12 K 2188/02 - , Urteil vom 20. Juli 2011 - 12 K 3780/04 - n. v.).

Schließlich ist allen Anliegern dieser Straße durch die Verbesserung des nördlichen, d.h. einseitigen Gehweges ein Gebrauchsvorteil entstanden. Denn bei einem einseitigen Gehwegausbau an einer Straße entsteht im Allgemeinen für alle Anlieger, auch denen auf der gegenüberliegenden Seite, ein Gebrauchsvorteil, so dass alle Grundstücke den umlagefähigen Aufwand anteilig zu tragen haben (vgl. Driehaus, a. a. O., § 35 Rn 28 a. E.).

Dieser Grundsatz wird hier nicht durch die Besonderheit des Einzelfalls durchbrochen. Zwar haben sich die Kläger darauf berufen, dass die südlich an der Straße anliegenden Grundstücke durch einen ca. fünf Meter breiten Mittelstreifen, versehen mit 20 – 25 cm hohen Randsteinen, von dem ausgebauten Gehweg getrennt sind, doch kommt diesem Mittelstreifen keine dergestalt trennende Wirkung zu, dass es sich bei der ... -Straße deshalb um zwei längsseitig getrennte Anlagen handelt, mit der Folge, dass allein die Grundstückseigentümer an dem ausgebauten nördlichen Gehweg an den Kosten zu beteiligen wären.

Straßen, die etwa durch einen Grün- oder Parkstreifen getrennte Richtungsfahrbahnen aufweisen, bilden danach grundsätzlich eine einheitliche Erschließungsanlage. Die Trennung durch einen Mittelstreifen macht diese Fahrbahnen nicht zu einem „augenfällig abgegrenzten“ und insoweit jeweils selbstständigen Element des öffentlichen Straßennetzes. Eine Verselbständigung der Richtungsfahrbahnen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. September 1979 - IV C 55.76 -, zitiert nach Juris) allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn sie nicht nur durch einen Grünstreifen oder Parkstreifen, sondern etwa durch ein die Fahrbahnen trennendes Gewässer oder - nach den Umständen des Einzelfalls - auch durch einen abgesonderten Schienenweg oder dergleichen voneinander abgegrenzt sind (vgl. auch Driehaus, a. a. O., § 12 Rn. 12).

Nach den vom Beklagten vorgelegten detaillierten Fotos der gesamten ca. 480 m langen Anlage im ausgebauten Abschnitt bildet die ... -Straße mit ihren beiden Richtungsfahrbahnen eine einheitliche Anlage im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts. Der zwischen den Fahrbahnen verlaufende begrünte Mittelstreifen bildet kein so „augenfälliges“ Element, dass er beide Fahrbahnen in zwei selbstständige Straßen trennen würde. Dieser angelegte Grünstreifen ist lediglich ca. 5 Meter breit und erfasst damit nur einen untergeordneten Teil der insgesamt auf ca. 24 m Breite ausgebauten Straße. Er ist fast vollständig mit Rasen bedeckt und weist keinerlei Unterholz auf. Es gibt nur einige Bäume und Sträucher. Damit ist zu jeder Jahreszeit der Blick auf die andere Straßenseite möglich. Der Streifen kann auch an fast jeder Stelle problemlos überquert werden. Die Hochborde sind, ähnlich den sonstigen Bordsteinen, die die Fahrbahn von dem Gehweg bzw. Sicherheitsstreifen trennen, gestaltet. Sie stellen kein Hindernis zur Überquerung der Straße von einer Seite zur anderen Seite dar. Die Einheitlichkeit des Eindrucks wird auch dadurch verstärkt, dass sich neben dem Grünstreifen zu beiden Seiten noch eine Fahrbahn befindet, die jeweils ca. 6 m breit und einheitlich gepflastert ist.

Auch im Übrigen hat der Beklagte alle durch die Maßnahme bevorteilten Grundstücke zutreffend erfasst. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein im Eigentum der Gemeinde stehendes Grundstück nicht an den beitragsfähigen Kosten beteiligt worden wäre.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 755,79 € festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.