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Entscheidung 7 U 75/13


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 23.07.2014
Aktenzeichen 7 U 75/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und des Drittwiderbeklagten wird das am 8. Mai 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie die Hälfte der Gerichtskos-ten zu tragen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten, die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit dem Beitritt des Drittwiderbeklagten zur Beklagten. Die Beklagte warb für die Investition in gewerblich genutzte Immobilien (im Logistikbereich) stille Gesellschafter ein.

Der Drittwiderbeklagte zeichnete am 29. November 2005 seinen Beitritt als stiller Gesell-schafter der Beklagten und zwar in der Beteiligungsform „C…“ mit einer Einmaleinlage von 50.000,00 € zzgl. 3.000,00 € Agio sowie der Beteiligungsform „S…“ mit einer Raten-einlage von 102.000,00 € zzgl. eines Agios in Höhe von 6.120,00 € (Bl. 21).

Die Beteiligung vermittelte die selbständige Vermittlerin B… K…, die für die A…A… GmbH (A…) tätig war. Die A… übernahm auf der Grundlage eines Rahmenvertrages mit der R… AG die Vermittlung atypischer stiller Gesellschafter an die Beklagte.

Die Beitrittserklärung enthielt folgenden Hinweis:

„Hinweis der G… AG: Bei diesem Angebot zur Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter an der G… AG handelt es sich nicht um eine sog. mündelsichere Kapitalanlage, sondern um eine unternehmerische Beteiligung. Daher ist für die zutreffende Beurteilung die Beachtung des im Emissionsprospekt abgedruckten Kapitels „Wesentliche tatsächliche und rechtliche Risiken“ (Seite 12 bis 16) von wesentlicher Bedeutung.“

Ferner unterzeichnete der Drittwiderbeklagte folgende Erklärung:

„Ich bestätige, dass mein nachfolgender Beitritt vorbehaltlos und ausschließlich aufgrund der Darstellungen im Prospekt und der im Prospekt enthaltenen Verträge sowie dieser Beitrittserklärung erfolgt und mir keine hiervon abweichenden oder darüber hinausgehenden Erklärungen oder Zusicherungen gegeben worden sind.

Ich, der/die Unterzeichnende, beteilige mich hiermit als atypischer stiller Gesellschafter an der G… AG. für meine Beteiligung gilt der auf den Seiten 112 bis 122 abgedruckte atypische stille Gesellschaftsvertrag.“

Streitig ist, wann der Drittwiderbeklagte den Emissionsprospekt der Beklagten erhalten hat, ob bei der Zeichnung, so die Klägerin, oder bereits zuvor.

Insgesamt zahlte der Drittwiderbeklagte € 107.400,00 an die Beklagte und erhielt Ausschüt-tungen von € 9.041,67. In Höhe der Differenz von € 98.358,33 beanspruchte er mit Schreiben vom 13.06.2012 Schadensersatz und forderte die Beklagte zur Zahlung bis zum 27.06.2012 auf (Bl. 26).

Am 12.07.2012 trat er sodann „sämtliche Schadensersatzansprüche, die ihm gegen die G… AG im Zusammenhang mit den Beteiligungen … vom 29.11.2005 ... zustehen“ an die Klägerin ab und erklärte: „Der Zedent berühmt sich aufgrund der erfolgten Abtretung keinerlei Ansprüche mehr aus den oben bezeichneten Beteiligungen gegen die G…AG.“ (Bl. 20). In zweiter Instanz trat er am 02.06.2014 ein weiteres Mal „sämtliche Scha-densersatzansprüche, die ihm gegen die G… AG im Zusammenhang mit den Beteiligungen … vom 29.11.2005 ... zustehen, insbesondere solche auf Ermittlung des Abfin-dungsguthabens der vorbenannten Beteiligung, aber auch solche auf Schadenersatz ab“ (Bl. 569).

Die Klägerin beansprucht im Wege des Schadensersatzes die Rückgängigmachung des Beitritts des Drittwiderbeklagten durch Zahlung von € 98.358,33 gegen Abtretung der stillen Beteiligung, die Freistellung von weiteren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Beklagten, entgangenen Gewinn von 3 % p.a., insgesamt € 10.326,30, sowie die Erstattung vorgericht-licher Anwaltskosten von € 2.440,69. Sie macht ausdrücklich keine Ansprüche aus Prospekt-haftung geltend.

Sie behauptet, der Drittwiderbeklagte sei bei der Zeichnung seiner Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter durch die Vermittlerin lediglich an Hand des Kurzexposés (Bl. 22) weder anleger- noch anlagegerecht beraten worden. Die Kapitalanlage habe als Vermögens-vorsorge dienen sollen. Die Vermittlerin habe ihn nicht über das Konzept mit Mitunterneh-merschaft mit dem Risiko des Totalverlustes und der Nachschusspflicht aufgeklärt. Ebenso wenig habe sie ihn auf die Höhe der weichen Kosten und Auszahlung gewinnunabhängiger Entnahmen, die das zur Verfügung stehende Investitionskapitel verringern, aufmerksam ge-macht. In Kenntnis dieser Umstände hätte er die atypische stille Beteiligung nicht gezeichnet. Die Beklagte müsse sich das Verhalten der Vermittlerin, deren Angaben Vorrang gegenüber dem Emissionsprospekt hätten, zurechnen lassen.

Da zur Beklagten eine zweigliedrige stille Gesellschaft bestehe, könne sie im Wege des Scha-densersatzes die Rückgängigmachung des Beitritts verlangen. Steuervorteile müsse sie sich hierbei nicht anrechnen lassen. Ebenso wenig sei der Anspruch verjährt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 98.358,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei dem 28.06.2012 Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche der Klägerin aus und im Zusammenhang mit deren Beteiligungen mit den Vertragsnummern … und … zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatzbetrag wegen entgangener Zinsen, mindestens jedoch einen Betrag in Höhe von € 10.326,30 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin von etwaigen Zahlungsverpflichtungen, die im Zusammenhang mit den Beteiligungen der Klägerin an der Beklagten stehen, den jeweiligen Gesellschaftern sowie Dritten gegenüber freizustellen,

4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der abgetretenen Rechte in Verzug befindet,

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere € 2.440,69 zuzüglich 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, eine Aufklärungspflichtverletzung sei nicht ersichtlich. Der Drittwider-beklagte habe sich als erfahrener Anleger bewusst für eine unternehmerische Anlage entschie-den. Der Emissionsprospekt habe ihm dabei rechtzeitig vor der Beratung durch die Vermittle-rin vorgelegen, so dass er im Vorfeld habe Kenntnis nehmen können. Das unternehmerische Risiko, die „weichen Kosten“ sowie die Voraussetzungen für eine erfolgsunabhängige Aus-zahlung hätten sich aus dem Emissionsprospekt ergeben. Durch diesen wie die Vermittlerin sei er ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Abgesehen davon müsse sie sich das Verhalten der Vermittlerin nicht zurechen lassen. Im Übrigen bestreite sie die Kausalität einer etwaigen Falschberatung für den Schaden, auf den sich die Klägerin Steuervorteile anrechnen lassen müssen. Außerdem sei ein etwaiger Schadensersatz verjährt.

Im Wege der Drittwiderklage hat die Beklagte beantragt,

festzustellen, dass dem Drittwiderbeklagten keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus und im Zusammenhang mit der Beteiligung des Drittwiderbeklagten an der Beklagten aufgrund der Beitrittserklärung vom 29.11.2005 zustehen.

Der Drittwiderbeklagte hat beantragt,

die Drittwiderklage abzuweisen.

Er hat eingewandt, der Drittwiderklage fehle das Rechtsschutzinteresse, weil sie das kontra-diktorische Gegenteil der Klage sei. Zudem sei sie rechtsmissbräuchlich, da sie allein dazu diene, den Drittwiderbeklagten als Zeugen auszuschließen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Drittwiderklage stattgegeben mit der Begründung, Schadensersatzansprüche seien zwar grundsätzlich denkbar, da es sich bei der Beteiligung des Drittwiderbeklagten um eine zweigliedrige stille Gesellschaft handle. Die Beklagte habe jedoch keine eigene Beratungsleistung erbracht und müsse sich ein etwaiges Fehlverhalten der Vermittlerin nicht zurechnen lassen, weil sie nicht für die Beklagte un-mittelbar tätig geworden und nicht ihrem Pflichtenkreis zuordenbar sei.

Gegen das am 27.05.2013 zugestellte Urteil haben die Klägerin und der Drittwiderbeklagte am 14.06.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegrün-dungsfrist am 28.08.2013 begründet.

Die Parteien vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte beantragen,

unter Abänderung des am 08.05.2013 verkündeten Urteil des LG Potsdam - 6 O 261/12 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 98.358,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei dem 28.06.2012 Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche des Drittwiderbeklagten aus und im Zusammenhang mit dessen Beteiligungen an der Beklagten zu den Vertragsnummern … und … zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz wegen entgangener Zinsen in Höhe von € 10.326,30 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszins-satz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin von etwaigen Zahlungsverpflichtungen, die im Zusammenhang mit den Beteiligungen des Drittwiderbeklagten an der Beklagten stehen, den jeweiligen Gesellschaften sowie Dritten gegenüber freizustellen,

4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der abgetretenen Rechte in Verzug befindet,

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere € 2.440,69 zuzüglich 5 Prozent-punkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

6. die Drittwiderklage abzuweisen.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

die Beklagte zu verurteilen,

1. Auskunft zu erteilen über die Höhe des Abfindungsguthabens für die Beteiligungen des Drittwiderbeklagten an der Beklagten zu den Vertragsnummern … und … zum Stichtag 31. Dezember 2011,

2. die Auskunft zu Ziff 1. an Eides Statt zu versichern,

3. das Abfindungsguthaben zuzüglich 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechts-hängigkeit an die Klägerin zu zahlen,

4. Auskunft zu erteilen über das Vermögen der Beklagten einschließlich der Höhe der Abfindungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter,

5. die Auskunft zu 4. an Eides statt zu versichern,

6. an die Klägerin € 98.358,33 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Juni 2012 zu zahlen unter Anrechnung des Abfindungs-guthabens gemäß Ziffer 1.,

7. die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin einen in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Schadensersatzbetrag wegen entgangener Zinsen, mindestens jedoch einen Betrag in Höhe von € 10.326,30 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

8. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere € 2.440,60 zuzüglich 5 Prozent-punkten über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

äußerst hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Schadensersatz zu zahlen gemäß Hilfsantrag zu 6.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wendet ergänzend ein, da es sich um eine mehrgliedrige atypische stille Gesell-schaft handle, sei nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft lediglich ein Abfin-dungsanspruch denkbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

II.

1.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache teilweise begründet. Der Klageanspruch war teils als unbegründet, teils als derzeit nicht fällig abzuweisen.

Die Klägerin kann nicht aus abgetretenem Recht im Wege des Schadensersatzes die Rückgän-gigmachung des Beitritts des Drittwiderbeklagten zur Beklagten beanspruchen. Bei der Beklagten handelt es sich um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft, weshalb es den stillen Gesellschaftern verwehrt ist, sich im Wege des Schadensersatzes wegen eines vorvertragli-chen Aufklärungsverschuldens rückwirkend von der Beteiligung zu lösen und die Rückge-währ ihrer Einlage zu verlangen.

Der stille Gesellschafter kann sich nur ex nunc von der Gesellschaft lösen. Ihm können dann ein Anspruch auf ein (etwaiges) Abfindungsguthaben nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft zustehen, ergänzt durch einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz seines durch den Abfindungsanspruch nicht ausgeglichenen Schadens, soweit das Vermögen der Gesell-schaft alle hypothetischen Abfindungsansprüche auch der übrigen Gesellschafter übersteigt. Eine Rückgängigmachung des Beitritts würde zu unerträglichen Ergebnissen führen, nachdem die Gesellschafter einer auf Dauer angelegten und tatsächlich vollzogenen Gesellschaft Bei-träge erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und gemeinschaftlich das Risiko getragen haben. Ein bereits durch Zahlung der Einlage in Vollzug gesetztes fehler-haftes Gesellschaftsverhältnis ist daher unabhängig von der individuellen Gestaltung des Einzelfalls regelmäßig wegen etwaiger anfänglicher Mängel nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar. Das gilt auch für die atypische wie typische stille Gesellschaft und den Schadens-ersatzanspruch, mit dem der Gesellschafter so gestellt werden will, als habe er sich nicht als stiller Gesellschafter beteiligt (vgl. BGH BeckRS 2013, 20423, Rn. 8, 13, 22 f.).

Im Einzelnen:

a)

Die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages der Beklagten mit des atypischen stillen Gesell-schaftern spricht für eine mehrgliedrige stille Gesellschaft (vgl. zu den Kriterien: BGH, Urteile vom 19.11.2013 - II ZR 320/12 und II ZR 383/12):

Nach § 1 Abs. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages (Bl. 199 f.) können sich weitere atypische stille Gesellschafter an der Beklagten beteiligen, die gleichermaßen an Gewinn und Verlust sowie den stillen Reserven der Vermögenssubstanz teilnehmen. Der Anteil eines jeden atypischen stillen Gesellschafters bestimmt sich gemäß § 11 Abs. 2 nach dem Verhältnis der von ihnen eingezahlten Einlagen zur Summe der eingezahlten Einlagen sämtlicher Gesell-schafter zuzüglich des am Bilanzstichtag voll eingezahlten Grundkapitals des Geschäfts-inhabers.

Die Geschäftsführung obliegt der Beklagten, wobei aber bestimmte Geschäfte nach § 6 Abs. 2 eines Gesellschafterbeschlusses bedürfen.

Die Meinungsbildung erfolgt grundsätzlich in einer Gesellschafterversammlung, in der jeder Gesellschafter nach § 7 Abs. 3 je voll eingezahlter 10 Euro seiner Einlage eine Stimme erhält. Stille Gesellschafter, die zusammen mehr als 10 Prozent des atypisch stillen Gesellschafts-kapitals repräsentieren, können unter Angabe von Gründen nach § 8 Abs. 1 eine Gesellschaf-terversammlung verlangen.

§ 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sieht einen aus drei Mitgliedern bestehenden Anlage-ausschuss vor, der durch die stillen Gesellschafter gewählt wird.

Kündigt ein atypischer stiller Gesellschafter, so besteht die Gesellschaft nach §§ 16, 17 gleichwohl fort und der ausscheidende Gesellschafter erhält als Abfindung einen Auseinan-dersetzungswert im Verhältnis seines eingezahlten Einlagebetrages zu dem Gesamtbetrag der eingezahlten Einlagen aller an der AG beteiligten Gesellschafter und des eingezahlten Grundkapitals der AG.

Im Falle der Liquidation der AG erhalten die Gesellschafter nach § 10 Abs. 1 entsprechend dem Verhältnis der von ihnen erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der erbrachten Einlagen aller an der AG beteiligten Gesellschafter zuzüglich des voll eingezahlten Grundkapitals des Geschäftsinhabers zum Zeitpunkt der Liquidation einen Anteil an dem Vermögen einschließ-lich der stillen Reserven.

Der Gesellschaftsvertrag bestimmt das Miteinander der atypischen stillen Gesellschafter und stellt immer wieder einen Bezug zur Gesamtheit der stillen Gesellschafter her. Mit einer zwei-gliedrigen atypischen stillen Gesellschaft lassen sich diese Regelungen nicht in Einklang brin-gen.

b)

Die stille Gesellschaft mit dem Drittwiderbeklagten wurde vollzogen. Sie begann nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages mit Zahlung der Einlage bei einer Einmalzahlung bzw. mit Zahlung der ersten Rate bei der Beteiligungsform „S…“.

c)

Das Schreiben des Drittwiderbeklagten vom 14.06.2012 (Bl. 26), mit dem er die Rückgängig-machung seiner Beteiligung anstrebt, ist als außerordentliche Kündigung des Gesellschafts-verhältnisses zu werten. In der Erklärung eines Gesellschafters, seinen Beitritt mit rückwir-kender Kraft beseitigen zu wollen, kommt in der Regel sein Wille zum Ausdruck, die Bin-dung an die Gesellschaft und die Mitgesellschafter jedenfalls mit sofortiger Wirkung zu beenden (vgl. BGH BeckRS 2013, 20423, Rn. 29; BGH vom 11.02.2014, II ZR 223/13, Rn. 12), so auch hier.

d)

Die fristlose Kündigung des Drittwiderbeklagten ist wirksam.

Die Voraussetzungen zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses mit sofortiger Wirkung lagen vor, weil die Beklagte den Drittwiderbeklagten bei Zeichnung seiner Beteiligung nicht ordnungsgemäß aufgeklärt hatte.

Der Inhaber eines Handelsgeschäftes, der stille Gesellschafter zur Beteiligung einwirbt, hat die Pflicht, einem Interessenten für seine Beitrittsentscheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln und ihn über alle Umstände, die für seine Anlageentschei-dung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der ange-botenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, ver-ständlich und vollständig aufzuklären. Wird dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalan-lage überreicht, kann das als Mittel der Aufklärung genügen (BGH vom 21.03.2005, II ZR 140/03, Juris Rn. 36, 39¸vom 14.05.2012, II ZR 69/12, Rn. 10). Die Beklagte behauptet, die Vermittlerin habe den Drittwiderbeklagten entsprechend dem Emissionsprospekt aufgeklärt (Bl. 67).

Der Emissionsprospekt genügt jedoch nicht durchgängig den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufklärung:

Mitunternehmereigenschaft und Risiko des Totalverlustes

Ein Aufklärungsverschulden in Bezug auf das unternehmerische Risiko einer Beteiligung als stiller Gesellschafter ist der Beklagten allerdings nicht vorzuwerfen. Die Klägerin behauptet, die Vermittlerin habe den Drittwiderbeklagten auf der Grundlage des Kurzexposés (Bl. 22) beraten. Dieses stellt den stillen Gesellschaftern zwar „hohe Mietrenditen“, „Rendite p. a. nach Steuern 12 %“ „solide Sacheinlagen, die über einen langen Zeitraum ihren Wert halten oder Wertzuwachs erzielen können“ in Aussicht und die Beklagte wirbt mit ihrer Integrität: „Für den Erfolg der G… AG stehen der Name und die Reputation unserer seit 40 Jahren erfolgreich operierenden G… Gruppe, dafür stehen wir mit unserer persönlichen Integrität“. Allein aus den Hinweisen in dem Zeichnungsschein (Bl. 21) konnte der Drittwi-derbeklagte jedoch erkennen, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt, für die immer das Risiko des Totalverlustes besteht. Dies wird weiter durch die Ausführungen in dem Emissionsprospekt auf den im Zeichnungsschein zitierten Seiten verdeutlicht:

„Ferner ist zu berücksichtigen, dass - wie bei jeder unternehmerischen Beteiligung - der Eintritt des wirtschaftlichen Erfolges der Gesellschaft und damit auch der atypischen stillen Beteiligung einschließlich der Erwartungen des Anlegers hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen und eventueller Auszahlungen nicht garantiert werden kann. …

Ein unerwartet negativer Verlauf der Investitionen, der eine Fortführung der Gesell-schaft nicht gestattet, kann zu einem Totalverlust der Kapitaleinlage des Gesellschafters führen. …

Eine Absicherung für die in diesem Prospekt angenommenen Erlös- und Kostener-wartungen oder Wertentwicklungen besteht nicht, da dies entweder nicht möglich oder wirtschaftlich nicht sinnvoll ist.“

„Weiche“ Kosten

Die Beklagte hat den Drittwiderbeklagten jedoch nicht hinreichend über die „weichen“ Kosten unterrichtet.

Ein Anleger ist über Innenprovisionen jedenfalls dann aufzuklären, wenn diese 15 % der Ein-lage überschreiten. Zu den für die Anlageentscheidung des Anlegers "bedeutsamen" Umstän-den gehört es im Hinblick auf die Verknüpfung mit der Werthaltigkeit des Objekts, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Immobilienanlage, die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken. Die übliche Provi-sionshöhe für normale Maklerleistungen von etwa 3 % bzw. 6 % stellt nicht unbedingt den für eine Übertragung auf den geschäftsmäßigen Vertrieb solcher Anlagemodelle geeigneten Ver-gleichsmaßstab dar. Mit Vertriebskosten von mehr als 15 %, die der Kapitalanlage nicht zugute kommen, muss der Anleger jedoch nicht rechnen. Bei einer Überschreitung der 15 % muss er generell unterrichtet werden, wobei bereits dann von einer objektiven Pflichtverlet-zung auszugehen ist, wenn die in den Prospekten gemachten Angaben, was die Innenprovisi-onen angeht, unvollständig (unrichtig) und irreführend waren (vgl. BGH NJW 2004, 1732, 1734 f.). Das ist vorliegend der Fall.

Für die Platzierung, also für die Einwerbung der atypischen stillen Gesellschafter, soll die R… AG 11,9 Millionen Euro „bzw. 7,5 %“ erhalten (Bl. 146). Bei der Prognose der Mittelherkunft 2001 bis 2005 geht der Emissionsprospekt von eingezahlten atypischen stillen Einlagen von € 37.472.000,00 aus, zuzüglich Agio von € 3 Millionen (Bl. 145). Die dort mit nur 7,5 % dargestellten Platzierungskosten fallen ausschließlich für die Einwerbung der stillen Gesellschafter an. Redlicherweise muss daher festgestellt werden, dass deren eingezahlte Mittel (mit Agio € 40,472 Millionen) zu € 11,9 Millionen, also zu einem Anteil von 29,5 %, nur für Vertriebskosten verbraucht wurden. Darauf muss der Anleger ausdrücklich - und im Emissionsprospekt auch an hervorgehobener Stelle - hingewiesen werden.

Daran fehlt es hier. Der Ausweis der Vertriebskosten mit 7,5 % ist zwar rechnerisch richtig, aber dennoch irreführend, weil die Vertriebskosten ins Verhältnis zur Gesamtinvestition (inklusive Bankkredite) gesetzt werden, obwohl sie nur für die Einwerbung der stillen Gesellschafter anfallen.

Hinzu kommt, dass die R… AG in jedem Fall weitere € 100.000,00 erhält. Ihr steht nach dem Dienstleistungs- und Vertriebsvertrag mit der Beklagten eine feste Vergütung von € 250.000,00 zu, auf die bis zu € 150.000,00 der späteren Vertriebsprovisionen angerechnet werden (Bl. 187). Schon allein über die Provisionen der R… hätte die Vermittlerin aufklären müssen.

Die „weichen“ Kosten erhöhten sich weiter dadurch, dass die Beklagte durch Dienstleistungs-verträge mit anderen Gesellschaften einen Teil ihrer eigenen Aufgaben entgeltlich auf Dritt-firmen verlagerte:

So beauftragte sie in einem Treuhandvertrag die Sch… GmbH …, die Erstzahlungen der Anleger inkl. Agio entgegenzunehmen und an die Beklagte weiterzuleiten. Hierfür erhielt sie eine Vergütung von 0,25 % des Gesamtzeichungsvolumens der atypischen stillen Gesellschafter zuzüglich MWSt. (Bl. 187 f.). Im Falle des Drittwiderbeklagten wurde das Entgelt nach der Gesamtzeichnungssumme von € 152.000,00 (Einmaleinlage „C…“ € 50.000,00 zzgl. der Rateneinlage „S…“ von € 102.000,00) berechnet, obwohl er zunächst nur verpflichtet war, € 75.500,00 als Ersteinlage zu zahlen.

Nach Abschluss des Vertriebs übernahm die R… GmbH die Verwaltung und Betreuung der Anleger einschließlich der Anlegerbuchhaltung und erhielt dafür auf Grund eines Betreuungsvertrages jährlich 1,3 % des gezeichneten und nicht zurückgezahlten Beteiligungskapitals zuzüglich MWSt. (Bl. 187).

Zusätzlich erhielt die Beklagte vorab eine ergebnisunabhängige Geschäftsführervergütung von 0,9 % p.a. bezogen auf das jeweils am Jahresende insgesamt gezeichnete atypische stille Beteiligungskapital (Bl. 157).

Zusammengenommen entzogen die „weichen“ Kosten dem eingezahlten Kapital deutlich über 15 %, die nicht zu Investitionen genutzt werden konnten.

Unabhängig davon, ob der Emissionsprospekt dem Drittwiderbeklagten so rechtzeitig vorlag, dass er ihn vor der Zeichnung hätte lesen können, oder die Vermittlerin den Drittwiderbe-klagten an Hand des Emissionsprospektes aufklärte (Bl. 67), ist die Angabe von 7,5 % für die Vertriebsprovision irreführend und entspricht nicht den Gegebenheiten. Der tatsächliche Umfang der „weichen“ Kosten lässt sich nur in aufwendiger Kleinarbeit aus dem 137 Seiten starken Emissionsprospekt zusammentragen. Eine wahrheitsgemäße Aufklärung unterstellt, hatte ein Interessent keinen Anlass, sich dieser Mühe zu unterziehen.

In jedem Fall muss sich die Beklagte die irreführenden Angaben zurechnen lassen. Dies gilt auch für die Angaben der Vermittlerin auf der Grundlage des Emissionsprospekts.Der Grün-dungsgesellschafter, der sich zu den vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedient und diesem oder von diesem eingeschalteten Untervermittlern die geschul-dete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, haftet über § 278 BGB für deren unrich-tige oder unzureichende Angaben. Wenn das anstelle des Gründungsgesellschafters mit den Beitrittsverhandlungen und der Aufklärung beauftragte Vertriebsunternehmen weitere Unter-vermittler zugezogen hat, führt dies zur Haftung der Gründungsgesellschafter nach § 278 BGB für ein Verschulden der Untervermittler, wenn mit ihrem Einsatz gerechnet werden musste (vgl. BGH vom 14.05.2012, II ZR 69/12, Rn. 11 ff.). So liegt der Fall hier. Die Tätig-keit der eigenständigen Vermittlerin B… K… für die A… ergab sich aus der Beitrittserklärung des Drittwiderbeklagten und wurde von der Beklagten gezeichnet (Bl. 76). Damit hat sie zugleich einer gewollte Arbeitsverlagerung und der Vermittlungstätigkeit der Vermittlerin für sich zumindest nachträglich zugestimmt (vgl. MüKom-Grundmann, BGB, 6. Aufl., § 278, R. 42).

Gewinnunabhängige Entnahmen

Der Anleger muss ferner darüber aufgeklärt werden, dass Entnahmen der gezahlten Einlagen schon ab dem Jahr nach dem Vertragsschluss zu einer Verringerung des für die Investitionen zur Verfügung stehenden Kapitals führen und sie in hohem Maße die Gefahr einer späteren Nachschusspflicht begründen (vgl. BGH vom 21.03.2005, II ZR 140/03, Juris Rn. 36).

Die Beklagte verweist darauf, dies hätte sich aus dem Emissionsprospekt ergeben (Bl. 66), was zutrifft. Atypische stille Gesellschafter haben nach § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages bei einer Einmaleinlage ab dem zweiten Jahr ihrer jeweiligen Beteiligung einen Anspruch auf Auszahlung unabhängig davon, ob der Saldo des jeweiligen Kapitalkontos positiv oder nega-tiv ist (Bl. 205). Außerdem erhält der Geschäftsinhaber, d.h. die Beklagte, einen Vorabge-winn in Höhe von 10 % des gezeichneten atypischen stillen Beteiligungskapitals, sobald die Gewinn- und Verlustkonten der atypisch stillen Gesellschafter insgesamt in ihrer Summe ausgeglichen sind (Bl. 157).

Diese Entnahmen in Verbindung mit den „weichen“ Kosten verringern aber das zur Ver-fügung stehende Investitionskapital auf unter 60 % der Einlagen der atypischen stillen Gesellschafter, was in dieser Klarheit dem Emissionsprospekt nicht zu entnehmen ist. Selbst wenn die Vermittlerin K… den Drittwiderbeklagten über die reinen Emissionskosten aufgeklärt haben sollte, wäre dies nicht ausreichend, denn erst aus dem Zusammenspiel der Emissionskosten verbunden mit den zugleich anfallenden Verwaltungskosten und der ge-winnunabhängigen Entnahmen wird das gesamte Ausmaß ersichtlich, in dem die Gesell-schaftereinlage nicht gewinnbringend angelegt werden kann und Verluste wahrscheinlich werden.

Bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die mangelhafte Prospektdarstellung oder die an ihre Stelle getretene Aufklärung der Vermittlerin entspre-chend dem Emissionsprospekt für die Anlageentscheidung ursächlich war, da eine unzutref-fende oder unvollständige Information in das Recht des Anlegers eingreift, in eigener Ent-scheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht (vgl. BGH vom 11.02.2014, II ZR 273/12, Rn. 10). Dies recht-fertigt zugleich die fristlose Kündigung (vgl. BGH vom 11.02.2014, I ZR 223/13, Rn. 10; KG NZG, 2001, 954, 955). Dem Anleger ist unter diesen Umständen nicht zuzumuten, den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abzuwarten. Diese war nach der Beitrittserklärung in Ver-bindung mit § 16 des Gesellschaftsvertrages frühestens nach 10 Jahren möglich.

Anhaltspunkte dafür, dass der Drittwiderbeklagte von seinem Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht in angemessener Zeit nach Kenntnis der Umstände geltend gemacht hat und die Kündigung verwirkt ist, hat die Beklagte nicht vorgetragen (zur Beweislast vgl. KG NZG, 2001, 954, 955).

e)

Die Klägerin ist mit den Abtretungsvereinbarungen gemäß § 398 BGB Inhaberin eines etwa-igen Anspruchs auf ein Abfindungsguthaben sowie des weitergehenden Schadenersatzan-spruches, nicht dagegen des Anspruchs auf Ermittlung des Abfindungsguthabens geworden.

Im Falle einer wirksamen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses steht dem ausschei-denden Gesellschafter nach §§ 16, 17 des Gesellschaftsvertrages ein Anspruch auf Ermittlung des Abfindungsguthabens nach den dort genannten Kriterien durch einen von der Gesellschaft zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer zu, § 17 Abs. 4. Die Abtretungsvereinbarung vom 02.06.2014 bezieht sich zwar auch auf diesen Anspruch. Forderungen sind jedoch nach § 399 BGB nicht abtretbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Davon ist bei Gesellschafterrechten auszugehen, die untrennbar mit einer Gesellschafterstellung verbunden sind. Nach § 717 S. 1 BGB sind deshalb einzelne aus der Mitgliedschaft fließende Rechte unübertragbar. Ohne Zustimmung der Gesellschafter sind außenstehenden Dritten keine weitgehenden Einsichts-rechte in die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft zu gewähren. Diese nur den Gesell-schaftern zustehenden Rechte können auch dann nicht auf Dritte übertragen werden, wenn das Gesellschaftsverhältnis zwischenzeitlich beendet worden ist. An dem Verfahren, in dem die Höhe der Abfindungsforderung ermittelt wird, ist der Zessionar dieser Forderung nicht betei-ligt, selbst dann nicht, wenn der Zedent ausgeschieden war (vgl. BGH WM 1981, 648, 649, Juris Rn. 12; OLG Hamm NZG 2006, 823).

Die Klägerin ist durch die Abtretungsvereinbarungen nicht in die Gesellschafterstellung des Drittwiderbeklagten eingetreten. Die Übertragung der Beteiligung hätte nach § 15 des Gesell-schaftsvertrages der schriftlichen Zustimmung der Beklagten bedurft, so dass die Abtretung des Anspruchs zur Ermittlung des Abfindungsguthabens nicht auf die Klägerin übergegangen ist. Aus diesem Grunde war auch der gleichgerichtete, hilfsweise geltend gemachte Aus-kunftsanspruch zur Höhe des Abfindungsguthabens abzuweisen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein Auskunftsanspruch hätte abgetreten werden können, denn dem Drittwider-beklagten stand kein Auskunftsanspruch zu, sondern allein der nicht abtretbare Anspruch auf Ermittlung eines Abfindungsguthaben durch einen Wirtschaftsprüfer nach den Kriterien des § 17 des Gesellschaftsvertrages. Ein Auskunftsanspruch unterscheidet sich davon qualitativ und ist mit den Anspruch auf Feststellung eines Abfindungsguthabens nicht zu vergleichen.

In Bezug auf Zahlung eines etwaigen Abfindungsguthabens sowie etwaiger weitergehender Schadensersatzansprüche ist die Abtretung wirksam. Sie ist hinreichend bestimmt und bezieht sich auf sämtliche Schadensersatzansprüche sowie den Anspruch auf ein Abfindungsguthaben in Zusammenhang mit der Beteiligung des Drittwiderbeklagten an der Beklagten.

f)

Allerdings sind die Zahlungsansprüche derzeit nicht fällig. Für den Abfindungsanspruch muss zunächst das Abfindungsguthaben durch einen von der Beklagten bestellten Wirtschaftsprüfer festgestellt werden. Erst danach steht die Höhe eines etwaigen Abfindungsanspruchs fest und kann die Höhe des etwa noch verbleibenden Schadensersatzanspruchs ermittelt werden.

Der Klageantrag zu 1. auf Zahlung von € 98.358,22 sowie die Hilfsanträge zu 3. und 6. auf Zahlung des Abfindungsguthabens sowie weiteren Schadensersatz waren als derzeit nicht fällig abzuweisen.

g)

Die übrigen Ansprüche sind unbegründet.

Der Klageantrag zu 2. sowie der Hilfsantrag zu 7. auf entgangenen Gewinn sind unabhängig von dem Schadensersatzanspruch in Bezug auf die Beteiligung unbegründet. Grundsätzlich ist zwar nach § 252 BGB als Teil des Schadensersatzes auch der entgangene Gewinn zu ersetzen. Dazu hätte die Klägerin aber dartun müssen, in welcher Weise der Drittwiderbeklagte die Gelder für die atypische stille Einlage anderweitig angelegt und dabei einen Gewinn in dieser Höhe erzielt hätte. Die Angaben der Klägerin sind zu pauschal, so dass ein entgangener Gewinn nicht nach § 287 Abs. 1 ZPO geschätzt werden könnte, zumal eine mündelsichere Kapitalanlage gerichtsbekannt derzeit kaum eine Rendite von 3 % p.a. erwirtschaftet.

Für den Klageantrag zu 3. auf Freistellung von weiteren Zahlungsverpflichtungen in Zusam-menhang mit der stillen Beteiligung an der Beklagten ist die Klägerin nicht aktivlegitimiert. Der Antrag bezieht sich auf die weiteren Zahlungsverpflichtungen aus der Beteiligung „S…“ sowie etwaigen Rückzahlungsverpflichtungen als Gesellschafter. Da der Anspruch untrennbar mit der Gesellschafterstellung zusammenhängt und die Klägerin nicht in die Gesellschafterstellung eingerückt ist, kann ein Schaden in Bezug auf künftige Zahlungs-verpflichtungen bei ihr nicht eintreten.

Der Klageantrag zu 4. auf Feststellung des Annahmeverzuges ist unbegründet. Der Dritt-widerbeklagte kann - wie dargetan - nicht die Rückgängigmachung seiner Beteiligung nicht im Wege des Schadensersatzes beanspruchen, sondern nur mit Wirkung ex nunc kündigen.

Der Klageantrag zu 5. sowie der Hilfsantrag zu 8. auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten sind unbegründet. Nachdem das anwaltliche Schreiben des Drittwiderbeklagten vom 13.06.2012 in erster Linie als außerordentliche Kündigung anzusehen ist, sind vorgerichtliche Anwaltskosen weder unter dem Gesichtspunkt des Verzuges noch als Schadensposition zu ersetzen.

Der Hilfsantrag zu 1. auf Auskunft über die Höhe des Abfindungsguthabens ist - wie darge-tan - unbegründet. Dies gilt auch für den Hilfsantrag zu 4. auf Auskunft über die Abfindungs-ansprüche der übrigen stillen Gesellschafter sowie die Hilfsanträge zu 2. und 4. auf Versiche-rung an Eides statt als Annex zu den Auskunftsansprüchen. Für einen Auskunftsanspruch zu den hypothetischen Abfindungsansprüchen der übrigen stillen Gesellschafter besteht kein Rechtsschutzinteresse der Klägerin. Allenfalls die Beklagte könnte einem weitergehenden Schadensersatzanspruch der Klägerin entgegenhalten, dass unter Berücksichtigung der hypo-thetischen Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter kein Vermögen der Gesellschaft verbleibt, aus dem der weitergehende Schadensersatzan-spruch befriedigt werden könnte (vgl. BGH BeckRS 2013, 20423, Rn. 27, 33).

2.

Die Drittwiderklage ist zulässig. Grundsätzlich ist eine Drittwiderklage zwar unzulässig, wenn sie sich ausschließlich gegen einen am Prozess bislang nicht beteiligten Dritten richtet. Unter Berücksichtigung des prozessökonomischen Zwecks der Widerklage, eine Vervielfälti-gung und Zersplitterung von Prozessen über einen einheitlichen Lebenssachverhalt und die damit einhergehende Gefahr sich widersprechender Entscheidungen zu vermeiden und eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung über zusammengehörende Ansprüche zu ermög-lichen, wird jedoch eine isolierten Drittwiderklage als zulässig angesehen, wenn sie sich - wie hier - gegen den Zedenten der Klageforderung richtet und die Gegenstände der Klage und der Drittwiderklage tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind. Dies ist der Fall, wenn mit der Drittwiderklage die Feststellung begehrt wird, dass dem Zedenten keine An-sprüche zustehen (vgl. BGH Entscheidungen vom 30.09.2010, Xa ARZ 191/10, Juris Rn. 7; 13.06.2008, V ZR 114/07, Juris Rn. 24 ff.).

Der Beklagten steht gegenüber dem Drittwiderbeklagten ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zur Seite, obwohl er seine Schadensersatzansprüche abgetreten hat und sich auf Grund dessen keiner Ansprüche mehr aus der Beteiligung an der Beklagten berühmt. Nur so kann die Gesellschaft sicher sein, dass er keine Ansprüche mehr geltend macht, wenn z.B. die Abtretung von vornherein nichtig war oder auf Grund einer späteren Anfechtung durch den Zedenten rückwirkend wirksam wird (vgl. BGH Urteil vom 3.06.2008, V ZR 114/07, Juris Rn. 31 ff.). Hinzu kommt, dass nicht alle Rechte aus der stillen Beteiligung des Drittwiderbeklagten an der Beklagten auf die Klägerin übergegangen sind.

In der Sache ist die Drittwiderklage derzeit unbegründet, weil noch nicht feststeht, in wel-chem Umfang ein Abfindungsanspruch und ein etwaiger übersteigender Schadensersatz-anspruch besteht (s. o.).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO.

4.

Der Streitwert für das Verfahren wird für alle Beteiligten auf bis zu € 100.000,00 festgesetzt.

Der Zahlungsantrag beläuft sich auf € 98.358,33 und bezieht sich auf den Schadensersatzan-spruch wie ein etwaiges Abfindungsguthaben, da beide denselben Streitgegenstand betreffen. Gleiches gilt nach § 44 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG auch für die insoweit hilfsweise geltend gemachten Ansprüche.

Ferner umfasst der Streitwert nach dem Gedanken des § 44 GKG auch die Klageanträge auf Auskunft sowie Versicherung an Eides statt, die zwar nicht im Stufenverhältnis geltend gemacht wurden, gleichwohl aber die Zahlungsansprüche vorbereiten sollen und deshalb durch deren Streitwert mit abgedeckt sind. Dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzu-ges kommt als Annex kein eigenständiger Streitwert zu.

Der Antrag auf Freistellung von weiteren Zahlungsverpflichtungen kann mit einem Erinne-rungswert von € 100,00 bemessen werden, da die Klägerin als Nichtgesellschafterin keine Zahlungsansprüche aus der Gesellschafterstellung des Drittwiderbeklagten treffen können und der Antrag daher nicht werthaltig ist.

Die Klageanträge auf entgangenen Gewinn sowie Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten bleiben als Nebenforderungen nach § 4 Abs. 1 ZPO bei der Streitwertfestsetzung unberück-sichtigt.

Die Drittwiderklage erhöht für die Beklagte den Streitwert nicht, da sich Klage und Drittwi-derklage auf denselben Streitgegenstand beziehen. Die Regelung des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG gilt auch für die Drittwiderklage (vgl. OLG Celle BeckRS 2010, 63; OLG München NZM 2011, 175).

Auch für den Drittwiderbeklagten war der Streitwert auf bis zu € 100.000,00 festzusetzen. Die Drittwiderklage bezieht sich auf die negative Feststellung, dass dem Drittwiderbeklagten kei-ne Schadensersatzansprüche aus der stillen Beteiligung der der Beklagten zustehen. Mögliche Schadensersatzansprüche wurden auf bis zu € 98.358,33, der Höhe der Leistung des Drittwi-derbeklagten an die Beklagte abzüglich der Ausschüttungen, beziffert. Von diesem Wert ist auszugehen. Abzüge für die Feststellung sind nicht vorzunehmen. Der Streitwert für die negative Feststellungsklage bestimmt sich wegen der vernichtenden Wirkung eines obsiegen-den Urteils nach der vollen Summe der Forderung (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3, Rn. 16 „Feststellungsklage“).