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Zuschuss zur Krankenversicherung in der Schweiz - obligatorische Krankenversicherung - Pflichtversicherung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 16. Senat Entscheidungsdatum 13.02.2013
Aktenzeichen L 16 R 1253/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 106 Abs 1 S 1 SGB 6, § 106 Abs 1 S 2 SGB 6, Art 10 EWGV 1408/71

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des angefochtenen Urteils wie folgt neu gefasst wird: Die Bescheide vom 16. Juni 2009 und vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2010 werden teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab dem 1. Juni 2009 monatlich einen Zuschuss zu ihren Aufwendungen für die bei der G. M. bestehende Krankenversicherung zu zahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten im gesamten Verfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung eines Beitragszuschusses zu den Aufwendungen für eine in der Schweiz bestehende Krankenversicherung.

Die 1938 geborene Klägerin verzog nach Zeiten der Beschäftigung in Deutschland und England am 1964 in die Schweiz, wo sie gegenwärtig lebt.

Ihren Antrag auf Altersrente nach Vollendung des 60. Lebensjahres vom 10. Juni 1998, mit dem sie die Formularfragen, ob sie Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung/Pflegeversicherung beantrage, verneint hatte, lehnte die Beklagte mangels Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bestandskräftig ab.

Auf ihren Antrag von Januar 2001 bewilligte ihr die Beklagte ab dem 1. September 2001 Altersrente für langjährig Versicherte unter Zugrundelegung von 5,7798 Entgeltpunkten und einem Zugangsfaktor von 0,940 (Rentenbescheid vom 14. Juni 2001) in Höhe von monatlich 268,99 DM u.a. mit dem Hinweis, es sei davon auszugehen, dass sie in ihrem Wohnstaat gesetzlich krankenversichert sei, so dass kein Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag aus der Rente einbehalten würde.

Auf ihren Überprüfungsantrag von Juli 2003 stellte die Beklagte die bisherige Altersrente der Klägerin ab dem 1. Juni 2002 nach den Verordnungen (EWG) – VO (EWG) – Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 neu fest (Rentenbescheid vom 12. Oktober 2004), und zwar u.a. mit dem wiederholten Hinweis, dass kein Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag aus der Rente einbehalten würde. Der monatliche Zahlbetrag der Rente ab dem 1. Dezember 2004 betrug 167,68 EUR.

Am 8. Juni 2009 (Schreiben vom 29. Mai 2009) beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Zuschuss zu einer ausländischen freiwilligen Krankenversicherung. Sie legte dem Antrag die Kopie einer Versicherungspolice für 2009 bei, wonach sie bei dem Schweizerischen Krankenversicherungsunternehmen „“ (nachfolgend: G.M.) krankenversichert sei. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 16. Juni 2009 für die Zeit ab 1. Juni 2009 bis laufend mit der Begründung ab, die Klägerin sei in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert bzw. werde von einem Einwohnerpflichtkrankenversicherungssystem erfasst. Dies schließe vom 1. Mai 2007 an den Zuschuss zur Krankenversicherung aus.

Nach einer von der Klägerin an die Beklagte übersandten Bescheinigung der G.M. vom 8. Juni 2009 bestand die Krankenversicherung seit 1. Januar 1999; die Mitgliedschaft sei sowohl obligatorisch als auch freiwillig und umfasse unter anderem die Kosten ambulanter Arztbehandlung, stationärer Krankenhausbehandlung, Aufwendungen für Arzneien und Heilmittel sowie die zahnärztliche Behandlung bzw. Zahnersatz. Die monatliche Beitrags-/Prämienhöhe hätte im Jahr 2006 insgesamt 607,40 CHF, im Jahr 2007 610,20 CHF, im Jahr 2008 685,40 CHF und im Jahr 2009 701,60 CHF betragen. Das Versicherungsunternehmen bestätigte zugleich, dass es der Aufsicht der Schweiz unterläge und auf die Krankenversicherungsleistungen ein Rechtsanspruch bestände, der weder von der Bedürftigkeit des Versicherungsnehmers noch von der Disposition eines Dritten abhinge.

Auf ihren am 29. Juni 2009 erhobenen Widerspruch unter Hinweis auf eine Vielzahl vergleichbarer Verfahren und einen sinngemäßen Ergänzungsantrag vom 18. August 2009 sowie Überprüfungsantrag vom 24. August 2009 lehnte die Beklagte mit Ergänzungsbescheid vom 24. August 2009 den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Beitragszuschusses auch für Zeiten ab dem 1. Juni 2002 ab; ein entsprechender Anspruch könne nicht mit Erfolg auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gestützt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 16. Juni 2009 und vom 24. August 2009 zurück und lehnte die Gewährung eines Beitragszuschusses ab Rentenbeginn am 1. September 2001 ab. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, bereits seit Inkrafttreten des schweizerischen Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) und der Vorordnung über Krankenversicherung (KVV) am 1. Januar 1996, wonach grundsätzlich alle Einwohner der Schweiz, die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt für länger als drei Monate innehätten, der obligatorischen Krankenversicherung unterlägen, sei die Zahlung eines Beitragszuschusses ausgeschlossen gewesen. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache Movrin (Rs. C 73/99) folge nichts Abweichendes. Nachdem die Klägerin im Zuge der erstmaligen Beantragung ihrer deutschen Rentenansprüche im Jahr 1998 die Frage, ob sie Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung beantragen wolle, mit „nein“ beantwortet hätte, hätte sie, die Beklagte, davon ausgehen dürfen, dass der Klägerin die Wirkungen dieser Angaben im Klaren gewesen seien.

Am 7. Mai 2010 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben und geltend gemacht, die Beklagte hätte bereits eingeräumt, dass jedenfalls für den Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis zum 30. April 2007 ein Rechtsanspruch auf Zahlung eines Beitragszuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung bestanden habe. Für die Zeit danach folge ein solcher Anspruch aus der gesetzlichen Besitzstandsregelung.

Mit Urteil vom 20. Oktober 2011 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2010 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin einen Zuschuss zur Krankenversicherung für die Zeit ab 1. Juni 2009 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage hinsichtlich des Bescheides vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses zu den Krankenversicherungsbeiträgen lägen für die Zeit ab 1. Juni 2009 vor. Die Klägerin gehöre zu dem insoweit berechtigten Personenkreis und sei bei einem privatrechtlich organisierten Krankenversicherungsunternehmen krankenversichert. Dieses Unternehmen unterliege zwar nicht der deutschen Aufsicht, jedoch sei im Zuge einer europarechtskonformen Auslegung der Norm ausreichend, wenn es sich um ein ausländisches Unternehmen handele, das der Aufsicht des ausländischen Staates unterliege, für den das Recht der Europäischen Union gelte. Dies sei auch im Hinblick auf das Verhältnis zur Schweiz der Fall. Der Anspruch auf Beitragszuschuss zur Krankenversicherung unterfalle dem Schutz des Art. 10 der VO (EWG) Nr. 1408/71. Ein Ausschlusstatbestand liege nicht vor. Nur die Pflichtversicherung in einer öffentlich-rechtlich organisierten Krankenkasse schließe einen Beitragszuschuss aus. Zwar sei die Klägerin als Einwohnerin der Schweiz gesetzlich verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Diese Pflicht sei jedoch von der Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Krankenversicherung zu unterscheiden. Das Tatbestandsmerkmal der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht erfüllt, da die Klägerin bei einem privatrechtlich organisierten Unternehmen versichert sei. Im Übrigen spreche vieles dafür, dass andernfalls in europarechtskonformer Anwendung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 249a SGB V) die hälftige Tragung des Krankenversicherungsbeitrages gegebenenfalls begrenzt auf die Höhe, die in Deutschland zu leisten wäre, durch die Beklagte zu erfolgen hätte. Der Beginn des Anspruchs ab dem 1. Juni 2009 ergebe sich aus der Antragstellung der Klägerin am 8. Juni 2009. Für die Zeit vor Juni 2009 seit Beginn der Altersrente am 1. September 2001 habe die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung eines Beitragszuschusses zur Krankenversicherung. Ein solcher folge insbesondere nicht aus den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Denn insoweit fehle es insbesondere an einer Beratungspflicht, die die Beklagte der Klägerin gegenüber hätte verletzt haben müssen. Ein konkretes Beratungsbegehren habe die Klägerin an die Beklagte nicht herangetragen. Ein Sachverhalt für eine spontane Beratungspflicht der Beklagten hätte nicht vorgelegen. Ein Antrag der Klägerin liege auch für die Zeit ab dem 1. Juni 2002 nicht vor. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergebe sich auch insofern nichts Abweichendes.

Gegen das der Beklagten am 21. November 2011 zugestellte Urteil hat diese am 16. Dezember 2011 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, bei der obligatorischen schweizerischen Krankenpflegeversicherung (OKP) auf der Rechtsgrundlage des schweizerischen KVG handle es sich um eine gesetzliche Pflichtversicherung, die mit der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland vergleichbar sei. Das Krankenversicherungsrecht der Schweiz unterscheide die gesetzliche Pflichtversicherung im Rahmen des KVG von der Möglichkeit der freiwilligen Zusatzversicherung, für die nicht das KVG, sondern das schweizerische Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gelte. Während die Pflichtversicherung nach dem KVG eine Grund- bzw. Basisversicherung gewährleiste, die für alle Einwohner der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben sei, könnten durch privatrechtliche Zusatzversicherungen von der Basisversicherung nicht erfasste Risiken abgesichert werden. Die Tatsache, dass die obligatorische Krankenversicherung (KV-Obligatorium) in der Schweiz zum Teil durch private Krankenversicherungsunternehmen durchgeführt werde, führe nicht dazu, dass das KV-Obligatorium seinen Charakter als Teil der schweizerischen Sozialversicherung verliere, das dem Bereich des öffentlichen Rechts zuzuordnen sei. Die Krankenversicherer in der Schweiz könnten zwar in Form von Vereinen, Stiftungen, Genossenschaften oder auch als Aktiengesellschaften privatrechtlich organisiert sein. Das KVG schreibe ihnen aber für die obligatorische Versicherung das Ausgaben-Umlageverfahren und die Bildung von Reserven und Rückstellungen vor. Auch die übrigen Details sprächen für eine Gleichsetzung der schweizerischen OKp mit der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung. So werde durch die OKp nicht lediglich eine gesetzliche Versicherungspflicht begründet, vielmehr bewirke diese eine der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbare gesetzliche Pflichtkrankenversicherung. Wenn die Klägerin hiernach in einer gesetzlichen Pflichtkrankenversicherung versichert sei, sei ein Zuschuss nach dem deutschen Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen. Auch eine Beteiligung an den Beiträgen zur Krankenversicherung entsprechend dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache Movrin in Verbindung mit dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 249a SGB V) komme nicht in Betracht. Voraussetzung für die Beteiligung der deutschen Versicherungsträger an den Beiträgen, die Rentner zu einer Pflichtkrankenversicherung in einem anderen Mitgliedstaat zu zahlen hätten, sei, dass Krankenversicherungsbeiträge aus der deutschen Rente erhoben würden. Die Zulage entsprechend § 249a SGB V bemesse sich nach der Höhe der an die Krankenversicherung gezahlten Beiträge aufgrund des Rentenbezuges. In der Schweiz würden die Beiträge jedoch in Form einer so genannten Kopfprämie unabhängig von der Höhe des Einkommens erhoben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 2011 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezweifelt bereits die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten und trägt im Übrigen unter Bezugnahme auf Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 14. April 2011 – L 10 R 5221/07 –; juris; Revision anhängig zum Az.:B 12 R 13/11 R) und des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 9. Juni 201 – L 4 R 583/06 – juris) vor, ihr Anspruch auf einen Beitragszuschuss seit dem 1. Juni 2009 sei nicht ausgeschlossen, da die OKP keine gleichzeitige Pflichtversicherung in einer ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung darstelle. Sie teilt ferner unter Bezugnahme auf entsprechende Versicherungspolicen der G.M. mit, dass die gegenständliche Krankenversicherung auch in den Jahren 2010 bis 2012 bestanden habe und im Jahr 2013 fortbestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, mit der diese sich gegen das Urteil des Sozialgerichts wendet, soweit sie unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2010 verurteilt worden ist, der Klägerin einen Zuschuss zur Krankenversicherung für die Zeit ab 1. Juni 2009 zu gewähren, ist nicht begründet. Das Urteil ist insoweit nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat hinsichtlich des allein noch streitgegenständlichen Zeitraums seit dem 1. Juni 2009 – gegenständlich sind insoweit, anders als vom Sozialgericht tenoriert, die Bescheide vom 16. Juni 2009 und vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2010, welches im Urteilsausspruch entsprechend klarzustellen war – dem Grunde nach (vgl. § 130 SGG) einen im Wege der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässigerweise verfolgten Anspruch (vgl. §§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) auf Gewährung eines Zuschusses zu ihren Krankenversicherungsaufwendungen bei der G.M. Die Bescheide sind insofern rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Im Übrigen, soweit das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, haben die Beteiligten Rechtsmittel nicht eingelegt, so dass das Urteil des Sozialgerichts in Bezug auf den vormals ebenfalls streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 31. Mai 2009 in Rechtskraft erwachsen ist.

Nach § 106 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) in der Fassung des Gesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, das der deutschen Aufsicht unterliegt, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Dies gilt nicht, wenn sie gleichzeitig in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Dieser Zuschuss wird gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe e Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB I) von den Rentenversicherungsträgern auf Antrag (§ 19 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – [SGB IV]) gezahlt, da es sich hierbei um eine Zusatzleistung zur Rente handelt. Die Voraussetzungen für einen von der Beklagten hiernach zu gewährenden Zuschuss liegen ab 1. Juni 2009 vor.

Die Klägerin gehört zu dem von § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI begünstigten Personenkreis, da sie seit dem 1. September 2001 von der Beklagten eine Altersrente bezieht. Sie hat auch am 8. Juni 2009 einen Beitragszuschuss zu ihren Krankenversicherungsaufwendungen beantragt (§ 108 i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Sie war zwar im streitgegenständlichen Zeitraum nicht freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert. Da das die Klägerin versichernde Krankenversicherungsunternehmen G.M. jedoch der schweizerischen Aufsicht unterliegt, wie seitens des Krankenversicherungsunternehmens unter dem 8. Juni 2009 bestätigt und von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen wird, steht es einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, gleich. Auch nach der Rechtsauffassung der Beklagten selbst (vgl. hierzu Deutsche Rentenversicherung, SGB VI, 15. Auflage 2011, § 106 Ziffer 3) entspricht die Aufsicht eines Staates, in dem Europarecht gilt – in Bezug auf die Schweiz seit dem 1. Juni 2002 – der deutschen Aufsicht im Sinne des § 106 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VI (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Dezember 2012 – L 3 R 1250/11 – juris Rn. 32; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. April 2011 – L 10 R 5221/07 – juris Rn. 27; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Juni 2010 – L 4 R 583/06 – juris Rn. 25; Peters, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 75. Ergl. 2012, § 106 SGB VI, Rn. 12 m.w.N.). Wie sich aus Art. 10 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 (konsolidierte Fassung, Amtsblatt EG L 28 vom 30. Januar 1997) ergibt, der gemäß Art. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 i.V.m. Art. 1 Anhang II – Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit – (BGBl. 2001 II, S. 811) seit dem 1. Juni 2002 auch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz gilt, dürfen Geldleistungen bei Alter nicht gekürzt, geändert oder entzogen werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat (vgl. auch § 30 Abs. 2 SGB I, wonach die Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt bleiben). Dies betrifft auch den im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen Zuschuss zu den Kosten der Krankenversicherung, der von den Rentenversicherungsträgern gewährt wird. Der Europäische Gerichtshof hat in dem bereits von der Beklagten zitierten Verfahren betreffend einen Zuschuss zu einer niederländischen Pflichtversicherung ausgeführt, dass ein im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehener Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung, der auf eine Erhöhung des Rentenbetrags hinauslaufe, eine Geldleistung bei Alter im Sinne des Art. 10 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1408/71 sei, auf die der Bezieher einer nach dem Recht eines Staates zu zahlenden Rente auch dann Anspruch habe, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat wohne und dort der Krankenversicherungspflicht unterliege (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Juli 2000 – C-73/99 – Rs. Movrin, juris Rn. 44 ff., 52). Dies gilt nach Maßgabe des Deutsch-Schweizerischen Sozialversicherungsabkommens auch im Verhältnis zur Schweiz (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 27; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Dezember 2012, a.a.O. Rn. 32 und Urteil vom 9. Juni 2010, a.a.O. Rn. 26 sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Dezember 2012 – L 11 R 3594/11 – bisher unveröffentlicht; Gerichtsakte Bl. 167 ff.). Hieraus folgt, dass dem Anspruch auf Gewährung eines Beitragszuschusses auch nicht der gewöhnliche Aufenthalt der Klägerin in der Schweiz entgegen steht (vgl. § 111 Abs. 2 i.V.m. § 110 Abs. 3 SGB VI).

Darauf, ob sich die Klägerin freiwillig oder aufgrund der sich nach schweizerischem Bundesrecht gemäß Art. 3 KVG ergebenden Verpflichtung, wonach sich jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz innerhalb von drei Monaten nach der Wohnsitznahme oder Geburt in der Schweiz für Krankenpflege versichern bzw. versichern lassen muss, bei dem Krankenversicherungsunternehmen krankenversichert hat, kommt es nicht an. Denn das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit in § 106 Abs. 1 SGB VI bezieht sich ausschließlich auf eine freiwillige Mitgliedschaft in einer (inländischen) gesetzlichen Krankenversicherung, nicht hingegen auf den Fall einer Versicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen im Sinne der zweiten Alternative des § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 27; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Dezember 2012, a.a.O. Rn. 33 und Urteil vom 9. Juni 2010, a.a.O. Rn. 26).

Dahinstehen kann hiernach auch, ob darüber hinaus eine Vergleichbarkeit des Versicherungsschutzes mit der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich ist (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O. Rn 28 m.w.N.). Denn eine solche Vergleichbarkeit ist jedenfalls in Bezug auf den Versicherungsschutz der Klägerin gegeben, weil ausweislich der schriftlichen Bestätigung der G.M. vom 8. Juni 2009 u.a. die Kosten für ambulante Arztbehandlung, stationäre Krankenhausbehandlung, Arznei und Heilmittel sowie zahnärztliche Behandlung bzw. Zahnersatz seit Versicherungsbeginn im Jahr 1999 versichert sind.

Der Anspruch der Klägerin auf einen Beitragszuschuss ist nicht gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ausgeschlossen. Danach gilt § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht, wenn die Rentenbezieher gleichzeitig in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Solches ist bei der Klägerin nicht der Fall. Das Versicherungsverhältnis in der OKP begründet keine gleichzeitige Pflichtversicherung in einer in- oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung. Das LSG Baden-Württemberg hat mit seinem Urteil vom 4. Dezember 2012 (a.a.O.) hierzu ausgeführt, aus dem Wort „gleichzeitig“ folge, dass zeitgleich mit dem Versicherungsverhältnis, für das ein Zuschuss begehrt wird, ein Pflichtversicherungsverhältnis in einer (in- oder ausländischen) gesetzlichen Krankenversicherung bestehen müsse (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. April 2011, a.a.O. Rn. 33). Der Ausschluss greife daher nur dann, wenn neben einer bestehenden Pflichtversicherung ein Zuschuss zu einer weiteren privaten Zusatzkrankenversicherung begehrt werde. Denn, nachdem die Vorschrift in ihrer Vorläuferfassung noch allein darauf abstellte, ob die Rentenbezieher „gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert“ seien, sei Anlass für die Gesetzesänderung zum 1. Mai 2007 die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 30. Juni 1983 – 11 RAz 1/82 – SozR 2200 § 1304e Nr. 15, vom 2. August 1989 – 1 RA 33/88 – SozR 220 § 1304e Nr. 21 und vom 20. März 1980 – 11 RJz 7/70 – SozR 220 § 1304e Nr. 5) gewesen, wonach eine ausländische gesetzliche Krankenversicherung nur dann eine den Beitragszuschuss zur privaten Zusatzversicherung ausschließende Pflichtkrankenversicherung darstelle, wenn deren Leistungen im Wesentlichen denen der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung glichen (BT-Drs. 16/3794, S. 37 f.). Aufgrund des mit der Prüfung der Vergleichbarkeit der Krankenversicherungssysteme verbundenen Verwaltungsaufwands und der damit einher gehenden Rechtsstreitigkeiten hätte die deutsche Rentenversicherung in der Vergangenheit Beitragszuschüsse zu ergänzenden privaten Versicherungen gewährt. Der Gesetzgeber hätte darin eine Ungleichbehandlung zu im Ausland lebenden, aber in der deutschen Pflichtkrankenversicherung versicherten Rentnern gesehen. Aus Gründen der Gleichbehandlung und der Verwaltungspraktikabilität hätte der Gesetzgeber deshalb geregelt, dass auch eine ausländische Pflichtkrankenversicherung die Zahlung eines Zuschusses zu einer privaten Versicherung ausschließe (BT-Drs. 16/3794, S. 37 f.). Ein solcher Fall liege hier jedoch nicht vor. Denn auch der Kläger jenes Verfahrens hätte keinen Zuschuss zu seinen Aufwendungen für eine private Zusatzkrankenversicherung sondern für seinen originären Krankenversicherungsschutz in der Schweiz begehrt. Die Ausschlussregelung des § 106 Abs. 1 S. 2 SGB VI fände daher keine Anwendung.

Im Übrigen, so das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 14. April 2011 (a.a.O. Rn. 35 ff.), habe die Regelung allein den Zweck, pflichtversicherte Rentner von der Gewährung eines Zuschusses zu den Prämien einer gleichzeitigen privaten Krankenversicherung auszuschließen. Denn der Rentenversicherungsträger hat nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 249a SGB V) bei den in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Rentnern einen auf die Rente entfallenden Beitragsanteil zu tragen. Der Ausschluss nach § 106 Abs. 1 Satz 2 SGB VI verhindere, dass Rentenbezieher, die Pflichtmitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung seien und sich zusätzlich privat krankenversichert hätten, zu ihren Prämien in der privaten Krankenversicherung einen Beitrag erhielten. § 106 Abs. 1 SGB VI werde hiermit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie (vgl. BVerfG, Urteil vom 16. Juli 1985 – 1 BvL 5/80 u.a., juris Rn. 117 zur durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten rentenversicherungsrechtlichen Position des Versicherten aus § 1235 Nr. 5 RVO = § 12 Nr. 5 AVG, wonach der Rentenversicherungsträger Beiträge oder Zuschüsse für die Krankenversicherung der Rentner zu zahlen hatte) und Gleichbehandlung der Rentner gerecht. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, wonach die in der Schweiz begründete obligatorische Krankenpflegeversicherung die Gewährung eines Zuschusses ausschließe, lasse sich mit Sinn und Zweck dieser Regelung somit nicht vereinbaren. Denn zweifellos begründe diese Versicherung, selbst wenn man sie im Sinne der Auffassung der Beklagten als Pflichtversicherung ansehen wollte, keinen Anspruch des Rentenbeziehers auf Übernahme eines Beitragsanteils nach § 249a SGB V, wie dies unter der Voraussetzung einer im Inland bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung der Fall wäre. Damit wäre der Rentenbezieher trotz seiner eigentumsrechtlich geschützten Position auf Beteiligung der Beklagten an den Aufwendungen für seine Krankenversicherung von einer entsprechenden Leistung gänzlich ausgeschlossen. Anders, als § 106 Abs. 1 S. 2 SGB VI dies voraussetze, wäre der Rentenbezieher von dem Zuschuss aber nicht deshalb ausgenommen, weil er „gleichzeitig“ in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert wäre, sondern vielmehr gerade wegen der gegebenen Pflichtversicherung. Schließlich müsse differenziert werden, ob jemand lediglich verpflichtet sei, einen Krankenversicherungsschutz zu begründen, oder ob jemand aufgrund gesetzlicher Vorschriften automatisch in einer gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei (mit Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. Juni 2010, a.a.O.). Ebenso wenig wie die seit dem 1. Januar 2009 in der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 193 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) bestehende Verpflichtung für alle Personen mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, zumindest eine Krankenversicherung mit einem privaten Versicherungsunternehmen nach dem so genannten Basistarif abzuschließen, eine gesetzliche Krankenversicherung darstelle, handele es sich bei den Pflichten zum Abschluss von Versicherungsverträgen nach den schweizerischen Rechtsvorschriften um eine gesetzliche Krankenpflichtversicherung. Die vorstehenden Ausführungen treffen auch für das vorliegende Verfahren zu.

Bei dieser Sachlage ist vom Senat nicht weiter aufzuklären, in welchem Umfang der Versicherungsschutz der Klägerin auf der obligatorischen oder auf einer freiwilligen Versicherung beruht. Dies ist auch für die Höhe des Zahlungsanspruchs der Klägerin nicht von Bedeutung. Denn gemäß § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB VI wird für Rentenbezieher, die bei einem – der deutschen Aufsicht gleichstehenden – Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, der monatliche Zuschuss in Höhe des halben Beitrags geleistet, der sich aus der Anwendung des um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Zahlbetrag der Rente ergibt. Er wird zwar nach Satz 2 der Vorschrift auf die Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen für die Krankenversicherung begrenzt. Dafür, dass die Aufwendungen der Klägerin unter dem sich nach Satz 1 ergebenden Zuschuss liegen könnten, bestehen jedoch nach dem Bestätigungsschreiben der G.M. vom 8. Juni 2009 sowie den Versicherungspolicen für die nachfolgenden Jahre auch im Falle der Beschränkung auf den obligatorischen Teil keine Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.