Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer | Entscheidungsdatum | 05.04.2013 | |
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Aktenzeichen | 10 Sa 2341/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 623 BGB |
Auch das Arbeitsverhältnis eines sogenannten Fremdgeschäftsführers endet in der Regel mit der Begründung des Geschäftsführer-Dienstvertrages. Dass gilt jedenfalls dann, wenn die handelnde Person für die verschiedenen Gesellschaften identisch ist.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. November 2012 - 18 Ca 5958/12 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 15.067,24 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten über die die Frage, ob ein zwischen ihnen ehemals bestandenes Arbeitsverhältnis geruht hat oder beendet worden war.
Der Kläger ist 53 Jahre alt und war seit dem 1. September 1990 bei Herrn B. E. als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Mit Wirkung ab dem 1. Februar 2000 wurde das Arbeitsverhältnis mit der B. für Berlin/Potsdam GmbH und einer Tätigkeit als Verkaufsleiter fortgesetzt. Es wurde ein monatliches Bruttogehalt von 6.500,-- EUR vereinbart. Die B. für Berlin/Potsdam GmbH mit dem Geschäftsführer B. E. war als Franchisenehmerin der B.-Gruppe durch Partnerschaftsvertrag mit der BWI GmbH verbunden und erbrachte dabei entgeltliche Dienstleistungen in Form von Wirtschaftsauskünften. Ende 2003 wurde dieser Partnerschaftsvertrag zum 31. Dezember 2004 gekündigt.
Unter dem 29. Dezember 2003 schloss der Kläger mit der E. Inkasso Verwaltungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer B. E. für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2009 einen Geschäftsführervertrag, nach dem der Kläger als Geschäftsführer mit einem monatlichen Gehalt von 3.325,-- EUR brutto/mtl. für die E. Inkasso Verwaltungs GmbH tätig werden sollte. Zusätzlich wurde eine betriebliche Altersversorgung und die Zurverfügungstellung eines Firmenwagens vereinbart.
Unter dem 30. Dezember 2004 schlossen der Kläger und die E. Inkasso Verwaltungs GmbH einen Geschäftsführungs- und Anstellungsvertrag in Person von B. E. als Gesellschafter, in welchem neben der Feststellung, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2004 Geschäftsführer des Unternehmens sei, vereinbart war, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2005 mit 3.700,- EUR brutto/mtl. unbefristet zu ansonsten unveränderten Bedingungen tätig werden sollte. Die E. Inkasso Verwaltungs GmbH war Komplementärin der E. Inkasso GmbH & Co. KG, in der der Kläger auch Kommanditist und somit mit eigenem wirtschaftlichem Interesse verbunden war.
Am 23. Dezember 2011 kündigte die E. Inkasso Verwaltungs GmbH den Vertrag vom 30. Dezember 2004 fristgerecht zum 28. Februar 2012.
Zum 31. Dezember 2004 firmierte die B. für Berlin/Potsdam GmbH in die ursprüngliche Beklagte (E. Vertriebsgesellschaft mbH) um. Deren Geschäftsführer blieb B. E.. Gegenüber der E. Vertriebsgesellschaft mbH, vertreten durch Geschäftsführer B. E., bot der Kläger unter dem 6. März 2012 seine Arbeitskraft an und verwies auf das jahrelang ruhende Arbeitsverhältnis. Mittlerweile ist die Beklagte erneut in die im Rubrum genannte Bezeichnung umfirmiert.
Nach dem Angebot der Arbeitskraft durch den Kläger kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß sowohl am 29. März 2012 wie auch am 30. März 2012, jeweils mit Schreiben vom 29. März 2012.
Der Kläger hält die Kündigungen für unwirksam und begehrt neben einem Zwischenzeugnis Vergütung für die Monate März bis Juni 2012.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 12. November 2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich ein Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen beendet werde, wenn mit dem Arbeitnehmer eine Geschäftsführertätigkeit vereinbart werde. Es müsse sich auch nicht um eine Geschäftsführertätigkeit im gleichen Unternehmen handeln, sondern diese könne auch innerhalb einer konzernabhängigen Tochtergesellschaft durchzuführen sein. Allerdings komme es dann darauf an, ob aus den Umständen des Einzelfalles auf eine Beendigung geschlossen werden könne oder ob es gerade der Tätigkeitsinhalt sei, als Geschäftsführer in anderen Unternehmen tätig zu werden. Bei einer echten Fremdgeschäftsführung wie hier komme es auf die erkennbare Interessenlage der Vertragspartner an. Dabei sei - bei einem beruflichen Aufstieg - in der Regel von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Jedenfalls mit Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrages sei der ursprüngliche Arbeitsvertrag mit der B. für Berlin/Potsdam GmbH aufgehoben worden. Der Kläger habe eine unsichere Tätigkeit für die B. für Berlin/Potsdam GmbH durch eine relativ sichere und besser bezahlte Tätigkeit für die E. Inkasso Verwaltungs GmbH ersetzt. Handelnde Person auf der Arbeitgeberseite sei immer Herr B. E. gewesen. Deshalb sei von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der B. für Berlin/Potsdam GmbH am 30. Dezember 2012 auszugehen gewesen.
Gegen dieses dem Klägervertreter am 16. November 2012 zugestellte Urteil legte dieser am 14. Dezember 2012 Berufung ein und begründete diese nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 18. Februar 2013.
Zur Begründung führt der Kläger aus, dass er nicht Geschäftsführer der Beklagten, sondern in einer anderen Gesellschaft geworden sei. Auch habe es keinerlei rechtliche Verbindung zwischen der Beklagten und der E. Inkasso Verwaltungs GmbH gegeben. Zwar solle nach der Rechtsprechung des BAG im Zweifel mit der Geschäftsführerbestellung ein Arbeitsverhältnis enden, aber dabei seien die vertraglichen Bedingungen wie beispielsweise ein deutlich höheres Gehalt zu beachten. Hier habe es sich jedenfalls nicht um einen beruflichen Aufstieg gehandelt. Dazu sei die Vergütungserhöhung viel zu gering gewesen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 2. November 2012, Aktenzeichen 18 Ca 5958/12 abzuändern und
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung vom 29. März 2012, zugegangen am selben Tag, nicht beendet wurde, sondern fortbesteht;
2.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 29. März 2012, zugegangen am selben Tag, nicht beendet wurde, sondern fortbesteht;
3.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung vom 29. März 2012, zugegangen am 30. März 2012, nicht beendet wurde, sondern fortbesteht;
4.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 29. März 2012, zugegangen am 30. März 2012, nicht beendet wurde, sondern fortbesteht;
5.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
6.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.842,74 EUR brutto abzüglich übergangener Ansprüche auf die Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 1.170,50 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2012 zu zahlen;
7.
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt;
8.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 10.575,00 EUR brutto abzüglich übergangener Ansprüche auf die Agentur für Arbeit in Höhe von 4.213,80 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Mai 2012 zu zahlen;
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und vertieft die erstinstanzlichen Ausführungen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers vom 18. Februar 2013 sowie auf die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 22. März 2013 und das Sitzungsprotokoll vom 5. April 2013 Bezug genommen.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.
II.
Die zulässige Berufung ist allerdings unbegründet. Im Ergebnis und auch in der Begründung ist keine andere Beurteilung als in erster Instanz gerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht folgt dem Arbeitsgericht Berlin hinsichtlich der Begründung und sieht insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer nur wiederholenden Begründung ab. Die Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen und geben nur Anlass zu folgenden Anmerkungen:
1.
Wie der Kläger im Ausgangspunkt zutreffend ausführt, hat es keine ausdrückliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien gegeben. Der Kläger ist weder innerhalb der Organisation der Beklagten zum Geschäftsführer befördert worden noch innerhalb einer Unternehmens- oder Konzernstruktur der Beklagten. Bei der E. Inkasso Verwaltungs GmbH handelte es sich um eine andere Gesellschaft.
Anders als der Kläger meint, ist aber seit der Rechtsprechung des BAG im Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 AZR 207/99 - davon auszugehen, dass neben der Begründung eines Geschäftsführerdienstverhältnisses im Zweifel kein ruhendes Arbeitsverhältnis mehr besteht. Das Bundesarbeitsgericht hat dieses auch für den Fall angenommen, dass ein ursprünglich bei einer Konzernobergesellschaft beschäftigter Arbeitnehmer nun bei einer Tochtergesellschaft, also einer anderen juristischen Person, zum Geschäftsführer berufen wird. In dem schriftlichen Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter liegt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Denn nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen. Dem Arbeitnehmer muss im Regelfall klar sein, dass er mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt, wenn nichts anderes vereinbart wird. Die vertraglichen Beziehungen werden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliert ihre Bedeutung. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen (BAG, Beschluss vom 3. Februar 2009 - 5 AZB 100/08).
2.
Eine solche Ausnahme ist hier nicht gegeben. Auch wenn die E. Inkasso Verwaltungs GmbH und die E. Vertriebsgesellschaft mbH in keinerlei unternehmensrechtlicher Verbindung standen, waren beide Gesellschaften faktisch doch durch Herrn B. E. verbunden. Diese durfte für beide Gesellschaften zeichnen und veranlasste den Kläger zum Wechsel zwischen den Gesellschaften mit einer entsprechenden Beförderung. Jedenfalls mit Abschluss des unbefristeten und leicht verbessert entlohnten Geschäftsführer-Dienstvertrages zum 1.1.2005 wurde das Vertragsverhältnis des Klägers mit der E. Vertriebsgesellschaft mbH beendet. Wie das Arbeitsgericht zutreffend feststellte, wechselte der Kläger von einem unsicheren Arbeitsverhältnis der Beklagten zu einem zumindest zum damaligen Zeitpunkt sicheren Arbeitsverhältnis bei der E. Inkasso Verwaltungs GmbH. Dieses steht dem vom Kläger angesprochenen deutlich höheren Gehalt gleich.
3.
Nach Ansicht der erkennenden Kammer ist es ausreichend, dass eine für mehrere Gesellschaften handelnde Person gesellschaftsübergreifend operiert. Auch in diesem Fall ist dem Arbeitnehmer klar, dass er mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt, um aus einer unsicheren in eine sichere Position zu wechseln.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO. Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 ArbGG für den Kläger zuzulassen, da es in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang noch unentschieden ist, ob die Fälle, in denen eine für mehrere Gesellschaften handelnde Person gesellschaftsübergreifend operiert, die Begründung eines Geschäftsführer-Dienstvertrages mit einer Gesellschaft zum Erlöschen des Vertragsverhältnisses als Angestellter in der anderen Gesellschaft führt.