Gericht | VG Cottbus 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 21.10.2010 | |
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Aktenzeichen | VG 4 K 1103/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 21 Abs 1 GG, Art 28 Abs 1 GG, Art 38 Abs 1 GG, § 17 Abs 4 WahlG BB, § 50 Nr 18 WahlG BB, § 23 Abs 4 KomWG BB, § 55 Abs 2 KomWG BB, § 64 Abs 2 KomWG BB, § 74 Abs 1 S 2 KomWG BB, § 74 Abs 2 KomWG BB, § 74 Abs 3 KomWG BB, § 80 Abs 1 Nr 2 KomWG BB, § 82 Abs 2 S 1 Nr 4 KomWG BB, § 97 Abs 2 KomWG BB |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Gläubigerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Der Kläger ficht die am 27. September/11. Oktober 2009 durchgeführte Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters der Stadt S. an, bei der der Beigeladene in der Stichwahl zum Bürgermeister gewählt wurde.
Der Amtsvorgänger des Beigeladenen, Bürgermeister X, hatte sein Amt am 1. März 2002 angetreten, dessen reguläre achtjährige Amtszeit hätte dem gemäß am 28. Februar 2010 geendet. Herr X kandidierte auf Listenplatz 4 der Landesliste der Partei Y für die Wahl zum 5. Landtag Brandenburg am 27. September 2009.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2009 wandte sich der Wahlleiter der Stadt S. an den Landrat des Landkreises L als Kommunalaufsichtsbehörde mit der Überlegung, den nächsten Bürgermeister der Stadt am Tag der Bundestags- und Landtagswahl am 27. September 2009 wählen zu lassen, und gab an, nachdrücklich um die Festsetzung des Termins zu bitten, wenn dadurch die Ernennung des neuen Bürgermeisters deutlich vor dem 1. März 2010 möglich würde; er bat um Unterstützung bei der Klärung des frühestens möglichen Ernennungstermins. Daraufhin richtete der Landrat noch am gleichen Tag eine Anfrage an das Ministerium des Innern zur Frage des frühesten Termins der Ernennung des neuen hauptamtlichen Bürgermeisters der Stadt S. Mit Schreiben vom 30. Januar 2009 baten die Fraktionen von SPD/Grüne, CDU/FDP und BB/UFL der beklagten Stadtverordnetenversammlung den Landrat, den Tag der Bürgermeisterwahl auf den 27. September 2009 festzusetzen.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2009 teilte der Landrat des Landkreises L dem Bürgermeister der Stadt S. mit, dass er beabsichtige, als Tag der Wahl des Bürgermeisters den 27. September 2009 festzusetzen, um eine möglichst große Legitimation des neuen Bürgermeisters durch eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen. Für ein Zusammenlegen der Bürgermeisterwahl mit den Bundestags- und Landtagswahlen sprächen Kostengründe, da die Wahlvorstände nur an einem Tag arbeiten und die Wahllokale nur einmal hergerichtet werden müssten, zudem würden die Bürger nur einmal an die Wahlurne gebeten. Die Wahlbeteiligung dürfte wegen der beiden anderen Wahlen auch wesentlich höher sein. Daraufhin teilte der Bürgermeister dem Landrat mit Schreiben vom 12. Februar 2009 mit, dass die Abwägungsgründe für die Festsetzung des Wahltages auf den 27. September 2009 offensichtlich seien und ihnen nicht zu widersprechen sei; allerdings sei zu bedenken, dass die Wahlvorstände zeitlich und psychisch sehr stark beansprucht würden. Der auch vorgetragenen Sorge einer möglichen Benachteiligung von Einzelbewerbern wegen der stark durch die Parteien geprägten Wahlen zum Bundestag und Landtag könne er nicht folgen. Der Bürgermeister gab ferner an, er würde die Festlegung des Wahltermins ausdrücklich unterstützen, wenn dadurch die Ernennung des neuen Bürgermeisters vor dem 1. März 2010 möglich würde, und bat, die Entscheidung über den Wahltermin bis zur Klärung des Sachverhalts zurückzustellen. In einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Kommunalaufsichtsbehörde sprach sich der Wahlleiter der Stadt S. am 23. Februar 2009 unter Hinweis auf erhebliche Kosteneinsparungen, die insgesamt geringere Belastung der Mitarbeiter und die zu erwartende höhere Wahlbeteiligung und damit größere demokratische Legitimation des künftigen Bürgermeisters für den Wahltag 27. September 2009 aus. Mit Schreiben vom 26. Februar 2009 bestimmte der Landrat daraufhin gegenüber dem Wahlleiter den 27. September 2009 zum Wahltag und den 11. Oktober 2009 zum Tag für eine etwa notwendig werdende Stichwahl. In einem Begleitschreiben gleichen Datums an den Bürgermeister der Stadt führte der Landrat aus, eine Klärung der mit dessen Wahl zum Mitglied des Landtags verbundenen beamten- und wahlrechtlichen Fragen durch das Land sei in Kürze nicht zu erwarten; letztlich könne dies auch dahinstehen, die Zulässigkeit der Festsetzung des 27. September 2009 als Tag der Wahl des Bürgermeisters zu beurteilen. Aufgrund erfolgter Rücksprache mit dem Wahlleiter der Stadt und unter Berücksichtigung des Schreibens der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung vom 30. Januar 2009 habe er den 27. September 2009 zum Tag der Bürgermeisterwahl bestimmt; diese Bestimmung sei aufgrund der Soll-Vorschrift des § 74 Abs. 1 Satz 2 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes (BbgKWahlG) zulässig. Die Bestimmung der Wahltage wurde mit Bekanntmachung des Wahlleiters vom 17. April 2009 im Amtsblatt für die Stadt S. vom 29. April 2009 veröffentlicht.
Mit an den Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald gerichtetem Schreiben vom 27. Februar 2009 nahm das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg zur Frage der Zulässigkeit der Zusammenlegung der Neuwahl des hauptamtlichen Bürgermeisters der Stadt S. mit den Bundestags- und Landtagswahlen am 27. September 2009 dahingehend Stellung, dass die Soll-Vorschrift des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG nur in Ausnahmefällen (atypischen Fällen) ein Abgehen von der eine Neuwahl innerhalb der letzten vier Monate der Amtszeit des Amtsinhabers vorsehenden Norm gestatte. Voraussetzung sei, dass hierfür besondere, überwiegende Gründe vorlägen. Ein solcher Grund könne grundsätzlich auch die Zusammenlegung der Neuwahlen mit einer anderen zeitnahen Wahl sein, um bei den Wahlen eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu befördern sowie die Wahlkosten zu vermindern. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass der Amtsinhaber mit einer Wahrscheinlichkeit, die an Sicherheit grenze, im Herbst 2009 zum Abgeordneten des 5. Landtages Brandenburg gewählt werde und beabsichtige, das Mandat anzunehmen, so dass er aller Voraussicht nach spätestens Ende Oktober 2009 aus seinem Amt ausscheiden werde. Für das Abgehen von der Norm spreche vorliegend also auch das Ziel, ein Interregnum zu vermeiden. Im vorliegenden Falle bestünden mithin keine durchgreifenden Einwände gegen die Zusammenlegung der Bürgermeisterwahl mit den Parlamentswahlen am 27. September 2009.
Mit Bekanntmachung vom 21. August 2009 ließ der Wahlleiter im Amtsblatt für die Stadt S. vom 26. August 2009 die folgenden vier zugelassenen Wahlvorschläge für die Bürgermeisterwahl veröffentlichen: R. (Die Linke), der Beigeladene (SPD), W. (Bürgerbündnis freier Wähler e. V.) und K. (NPD). Gemäß der Bekanntmachung des Wahlleiters vom 29. September 2009 stellte der Wahlausschuss der Stadt S. in seiner Sitzung am selben Tag folgendes Wahlergebnis der Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters am 27. September 2009 fest: Von 28.669 Wahlberechtigten nahmen 19.370 Wähler an der Wahl teil; von den 18.987 gültigen Stimmen entfielen auf den Kandidaten R. 6.565, den Beigeladenen 7.557, die Kandidatin W. 4.105 und den Kandidaten K. 760 Stimmen, so dass eine Stichwahl zwischen dem Beigeladenen und dem Kandidaten R. erforderlich wurde.
Mit am 9. Oktober 2009 beim Wahlleiter eingegangenem Schreiben vom 8. Oktober 2009 erhob der Kläger einen gegen die Bürgermeisterwahl am 27. September 2009 gerichteten ersten Wahleinspruch.
Bei der Stichwahl am 11. Oktober 2009 wurde bei einer Wahlbeteiligung von 10.296 Wählern der Beigeladene mit 5.616 Stimmen zum Bürgermeister gewählt, auf den Kandidaten R. entfielen 4.612 Stimmen.
Zur Begründung seines am 13. Oktober 2009 eingegangenen Wahleinspruchs vom 12. Oktober 2009 gegen die am 11. Oktober 2009 stattgefundene Bürgermeisterwahl gab der Kläger im Wesentlichen an: Die Festlegung des Wahltermins auf den 27. September 2009 sei unter bewusster Missachtung des Demokratieprinzips und verschiedener der Sicherung dieses Prinzips dienender Bestimmungen des geltenden Rechts erfolgt. Die gleichzeitige Durchführung der Kommunalwahl mit der Wahl zum Landtag sei in der Kommunalwahlverordnung nicht vorgesehen. Die Kommunalwahlverordnung kenne nur eine Zusammenlegung mit der Europawahl oder der Bundestagswahl. Außerdem hätten im Falle der gleichzeitigen Durchführung der Kommunalwahl mit der Wahl des Deutschen Bundestages nach den Bestimmungen des § 104 der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung (BbgKWahlV) die Bekanntmachungen miteinander verbunden werden sollen; darüber hinaus sei in der Bekanntmachung auf die in § 104 Abs. 1 und 2 BbgKWahlV genannten Fakten hinzuweisen, was in den Amtsblättern der Stadt S. nicht bzw. nicht durchgängig geschehen sei. Ferner sei mit der Bestimmung des Wahltags gegen § 74 BbgKWahlG verstoßen worden, da die dort bestimmte Vier-Monats-Frist um einen Monat und vier Tage überzogen worden sei, ohne dass dies rechtfertigende Gründe vorlägen. Ferner sei die im Grundgesetz verbürgte Chancengleichheit von Einzelbewerbern bei den drei gleichzeitig durchgeführten Wahlen nicht mehr gegeben. Die Zusammenlegung der Bürgermeisterwahl mit der Bundestags- und Landtagswahl beeinträchtige insbesondere parteilose Einzelbewerber, das Eigengewicht der Kommunalwahl sei in diesem Zusammenhang durch die dominante Wahlwerbung der Parteien nicht gegeben gewesen.
Der Beigeladene nahm am 15. Oktober 2009 die Wahl zum hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt S. an. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte ihm der Wahlleiter der Stadt mit, dass seine Amtszeit am Tage nach der Annahme der Wahl, jedoch nicht vor Ablauf der Amtszeit des bisherigen Amtsinhabers beginne. Dessen Amtszeit ende vorzeitig vom Tage der Annahme der Wahl zum Abgeordneten des 5. Landtages Brandenburg. Herr X habe erklärt, dass er am 16. Oktober 2009 die Wahl zum Abgeordneten annehmen werde; somit ende seine Amtszeit am 15. Oktober 2009. Die Amtszeit des Beigeladenen beginne unter den genannten Voraussetzungen am 16. Oktober 2009.
In ihrer Sitzung am 14. Dezember 2009 beschloss die beklagte Stadtverordnetenversammlung, die Einwendungen des Klägers hinsichtlich des ersten Wahleinspruchs als unzulässig, hinsichtlich des zweiten Wahleinspruchs als unbegründet zurückzuweisen; ferner stellte sie fest, dass die Wahl gültig sei. Mit zwei Schreiben vom 15. Dezember 2009 teilte der Wahlleiter der Stadt S. dem Kläger mit, dass die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 14. Dezember 2009 dessen Wahleinsprüche hinsichtlich des ersten Wahleinspruchs als unzulässig, hinsichtlich des zweiten Wahleinspruchs als unbegründet zurückgewiesen habe. Der erste Wahleinspruch sei unzulässig, da gemäß § 79 BbgKWahlG für den Fall, dass eine Stichwahl stattfinde, frühestens am Tage der Stichwahl Einspruch erhoben werden könne. Der zweite Wahleinspruch sei unbegründet, da der Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald den Termin der Bürgermeisterwahl nach pflichtgemäßem Ermessen festgelegt und sich bei der Abweichung von der Sollvorschrift des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG um knapp einen Monat insbesondere davon habe leiten lassen, dass durch die Zusammenlegung mit anderen Wahlen die Wahlbeteiligung und damit die demokratische Legitimation erhöht und die Kosten der Wahl minimiert werden könnten. Die Wahl eines Hauptverwaltungsbeamten fünf Monate vor dem Amtsantritt sei auch ansonsten in Brandenburg durchaus möglich, da bis zum 31. Dezember 2009 Landräte bereits sechs Monate vor dem Freiwerden der Stelle hätten gewählt werden können. Die Schreiben vom 15. Dezember 2009 wurden dem Kläger am 16. Dezember 2009 zugestellt.
Der Kläger hat am 30. Dezember 2009 Klage erhoben. Zur Begründung lässt er im Wesentlichen vortragen: Die Wahl sei für ungültig zu erklären, da sie gegen wesentliche Wahlvorschriften und den Grundsatz der Chancengleichheit verstoßen habe; vorliegend seien wesentliche Wahlvorschriften, die die allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und geheime Wahl im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) sichern sollen, verletzt worden. Die Bestimmung des Wahltermins auf den 27. September 2009 sei in verschiedener Hinsicht rechtsfehlerhaft erfolgt. Im vorliegenden Fall sei der Wahltermin allein nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG zu bestimmen gewesen. Die Voraussetzungen für eine Abweichung von dieser Regelung, der gemäß der Wahltag innerhalb der letzten vier Monate der Amtszeit des vorherigen Bürgermeisters liegen soll, seien vorliegend nicht erfüllt. Die Systematik des § 74 BbgKWahlG und der Wortlaut von dessen Absätzen 2 und 3 lasse allein den Schluss zu, dass die Bestimmung eines abweichenden Wahltermins nach § 74 Abs. 2 BbgKWahlG das Ende der Amtszeit bereits voraussetze und dass die Bestimmung eines abweichenden Wahltermins nach § 74 Abs. 3 BbgKWahlG erfordere, dass ein vorzeitiges Ende der Amtszeit des hauptamtlichen Bürgermeisters feststehe. Beides sei nicht der Fall gewesen. Ein Ausscheiden des früheren Amtsinhabers vor dem Ende von dessen regulärer Amtszeit am 28. Februar 2010 habe nicht festgestanden. Allein die Kandidatur für den Landtag auf einem zweifellos aussichtsreichen Listenplatz genüge hierfür nicht. Es sei unbestreitbares Wesensmerkmal demokratischer Wahlen, dass ihr Ergebnis erst mit der bestandskräftigen Feststellung des Wahlergebnisses feststehe. Jede hiervon abweichende Interpretation verstoße gegen das Demokratieprinzip. Ein besonders gelagerter Ausnahmefall zur Rechtfertigung einer Abweichung von der Soll-Bestimmung habe nicht vorgelegen. Am Sinn und Zweck von Wahlen orientiert seien die im Schreiben des Landrates als maßgeblich angeführten Kostengründe für die Begründung einer Ausnahme von vornherein nicht zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die Absicht, eine möglichst hohe Wahlbeteiligung durch die Verbindung mit der Bundestagswahl zu erreichen. Der Sicherung der Wahlbeteiligung diene abschließend § 64 Abs. 1 BbgKWahlG, dem gemäß die Wahl an einem Sonntag oder einem gesetzlichen Feiertag stattfinde und die Wahl mit der Bundestagswahl oder der Europawahl zusammengelegt werden könne. Zudem habe der Landrat die seiner Argumentation zu Grunde gelegte Behauptung der Wahlmüdigkeit in keiner Weise belegt. Die geringe Wahlbeteiligung bei der neu eingeführten und demgemäß im Gegensatz zu Bürgermeisterwahlen keine Tradition aufweisenden Direktwahl der Landräte habe für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung. Die gleichzeitige Durchführung der Kommunalwahlen mit der Wahl zum Landtag sei in der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung nicht vorgesehen. Im Abschnitt 8 sei allein die gleichzeitige Durchführung der Kommunalwahlen mit der Wahl des Deutschen Bundestages oder zum Europäischen Parlament geregelt.
Die Zusammenlegung von Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen begegne erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie gefährde die Eigenständigkeit der Kommunalwahlen durch die Überlagerung kommunalpolitischer Themen durch die Bundes- und Landpolitik und die Kanzlerfrage und stelle damit eine Verletzung der Wettbewerbs- und Chancengleichheit von Wählergruppen und Einzelbewerbern gegenüber Parteien dar. Dies bestätige sich in der Bekanntmachung über die zugelassenen Wahlverschläge zur streitgegenständlichen Bürgermeisterwahl, der zufolge kein einziger freier Kandidat angetreten sei. Auch wenn die Zusammenlegung von Bundestags- und Kommunalwahlen in § 23 Abs. 4 BbgKWahlG ausdrücklich erwähnt sei, gebe es jedenfalls keine Grundlage für eine Verbindung mit der Landtagswahl; die Überlagerung kommunalpolitischer Themen durch die Landespolitik begründe durchaus eine Gefahr für die Wettbewerbs- und Chancengleichheit von Wählergruppen und Einzelbewerbern gegenüber politischen Parteien. Die zeitgleiche Durchführung der drei Wahlen habe zu einer Verschärfung dahingehend geführt, dass die vorgegebene Wettbewerbslage zwischen den Parteien und den Wählervereinigungen in ernsthaft ins Gewicht fallender Weise verändert worden sei; die Stadt sei zum maßgeblichen Zeitpunkt mit Wahlplakaten „überflutet“ gewesen, auf denen der beigeladene Bürgermeisterkandidat, der Ministerpräsident Platzeck und der Kanzlerkandidat der SPD abgebildet gewesen seien. Eine Zusammenlegung von Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen habe bislang noch nirgendwo sonst stattgefunden. Die in § 17 Abs. 3 des Brandenburgischen Landeswahlgesetzes (BbgLWahlG) angesprochene Möglichkeit einer Zusammenfassung von Landtagswahl und Bundestags- oder Europawahl rechtfertige nicht eine Zusammenfassung von zwei dieser Wahlen mit einer Kommunalwahl; die Regelung könne im Übrigen nicht berücksichtigt werden, da sie erst am 4. Juni 2009 und damit nach der Festsetzung des Wahltermins durch den Landrat in Kraft getreten sei. Zudem habe es sich zum Zeitpunkt der Bestimmung des Wahltermins um eine „Vorratswahl“ gehandelt, die beamtenrechtlich noch dazu hätte führen können, dass im Fall einer nicht gänzlich auszuschließenden Nichtwahl des bisherigen Bürgermeisters in den Landtag dieser beamtenrechtlich seinen Status verloren hätte.
Schließlich seien auch die Bestimmungen von § 104 BbgKWahlV über die Bekanntmachung nicht eingehalten worden.
Bei einer an der Rechtslage, nicht an politischen Interessen der großen Parteien orientierten einwandfreien Festlegung und Bekanntmachung des Wahltermins sei bei einer sicherlich nicht so hohen Wahlbeteiligung wie am 27. September 2009 mit einem wesentlich anderen Wahlergebnis zu rechnen gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Wahlprüfungsentscheidung der Beklagten vom 14. Dezember 2009 aufzuheben und die Wahl des Beigeladenen zum Bürgermeister der Stadt S. vom 11. Oktober 2009 für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen ausführen: Die Wahlprüfungsentscheidung sei rechtmäßig. Zum einen fehle es bereits in einem Wahlrechtsverstoß, zum anderen spreche nichts für die Annahme, dass ein anderer Wahlausgang zu erwarten gewesen wäre, wenn man dem Rechtsverständnis des Klägers gefolgt wäre. Ein Verstoß gegen die Sollvorschrift des § 74 Abs. 2 Satz 1 BbgKWahlG liege nicht vor. Zeitliche Abweichungen von der Vier-Monats-Frist seien gerade dann denkbar, wenn durch eine Zusammenlegung mit anderen Wahlen eine höhere Wahlbeteiligung erreicht werden solle; darum sei es im konkreten Fall gegangen. Jegliche organisatorische Wahlvorbereitung kostet Zeit und Geld; Kostengesichtspunkte könnten bei der Festlegung des Wahltermins berücksichtigt werden, da die öffentliche Verwaltung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Umgang mit Finanzmitteln beachten müsse. Vor diesem Hintergrund sei es rechtlich nicht zu beanstanden, die Wahltermine zusammenzulegen. Dass diese Erwägungen sinnvoll seien, bestätigten auch die in letzter Zeit an hinreichender Wahlbeteiligung gescheiterten Direktwahlen von Landräten.
Die Zusammenlegung der Bürgermeisterwahl mit anderen Wahlen sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Annahme, die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung könne bei der Zusammenlegung von Kommunal- und Bundestagswahlen nicht ausgeschlossen werden, verkenne, dass die Zusammenlegung von Wahlen mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme sei; zudem seien bei der Zusammenlegung von Bürgermeister- und Bundestagswahlen gravierende Unterschiede gegenüber der Zusammenlegung anderer Wahlen zu beachten, die eine Wettbewerbsverzerrung nicht zwingend zur Folge hätten. Während Bundestags- und Landtagswahlen eher programmorientiert erfolgten, gestalteten sich Bürgermeisterwahlen regelmäßig personenorientiert, was im konkreten Fall durch den Umstand belegt werden könne, dass trotz heftiger Gegnerschaft im Bundestagswahlkampf CDU und SPD sich für die Bürgermeisterwahl auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt hätten. Soweit der Kläger darauf abstelle, dass der Beigeladene mit dem Ministerpräsidenten auf einem Wahlplakat zu sehen gewesen sei, liege darin keine unzulässige Beeinflussung der Kommunalwahl; denn es sei angesichts der mittlerweile verbreiteten Praxis, mit bekannten Bundes- und Landespolitikern auch bei Kommunalwahlen zu werben, nicht ausgeschlossen, dass der Ministerpräsident auch ohne eine zeitgleiche Bundestags- und Landtagswahl für eine gemeinsame Wahlwerbung zur Verfügung gestanden hätte. Im Übrigen könne nicht jede Verschärfung von vorgegebenen Unterschieden zwischen Parteien, Wählergruppen und Wahlbewerbern genügen, um von einer Beeinträchtigung des aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG hergeleiteten Grundsatzes kommunaler Chancengleichheit ausgehen zu können; vielmehr müsse durch die zeitgleiche Durchführung mehrerer Wahlen eine Verschärfung dahingehend eintreten, dass die vorgesehene Wettbewerbslage zwischen den Parteien und – bei den Kommunalwahlen – Wählervereinigung in ernsthaft ins Gewicht fallender Weise verändert werde. Schon davon könne hier keine Rede sein, da mit der Kandidatin W. eine Bewerberin zur Wahl gestanden habe, die keiner überregional agierenden Partei angehöre und somit auch nicht von einer – durch den Bundestagswahlkampf begünstigten – überregionalen Wahlwerbung habe profitieren können, aber trotzdem ein beachtliches Ergebnis erzielt habe. Vor diesem Hintergrund könne von einer Wettbewerbsverzerrung keine Rede sein.
Nach brandenburgischem Landesrecht sei die Zusammenlegung von kommunalen Wahlen mit Europa- oder Bundestagswahlen zulässig. Dies ergebe sich zwar nicht aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, sei allerdings aus dem Zusammenspiel verschiedener Vorschriften abzuleiten. Wenn der Gesetzgeber in § 23 Abs. 4 BbgKWahlG anordne, was in Bezug auf Wählerverzeichnisse zu gelten habe, wenn die Kommunalwahlen gleichzeitig mit der Bundestags- oder Europawahl stattfinden, lasse dies einen Rückschluss auf den gesetzgeberischen Willen zu. Der Gesetzgeber habe offenbar die Möglichkeit gleichzeitiger Wahldurchführung sozusagen stillschweigend vorausgesetzt. Dass § 23 Abs. 4 BbgKWahlG die Zulässigkeit einer Zusammenlegung mit einer Landtagswahl nicht erwähne, sei ohne Belang. Einer ausdrücklichen Regelung habe es schon deswegen nicht bedurft, weil die Bestimmungen der §§ 17 Abs. 3 BbgLWahlG, 23 Abs. 4 BbgKWahlG identisch seien und sich insoweit nicht unterschieden. Eine Zusammenschau der §§ 17 Abs. 3 BbgLWahlG und 23 Abs. 4 BbgKWahlG bedeute letztlich nichts anderes, als dass auch die gemeinsame Durchführung von Kommunal-, Bundestags- und Landtagswahlen möglich sein müsse; andernfalls würden sich die Vorschriften der § 17 Abs. 3 BbgLWahlG und § 23 Abs. 4 BbgKWahlG gegenseitig ausschließen, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sein könne.
Im Übrigen sei nicht davon auszugehen, dass bei Durchführung der Wahl zu einem anderen Zeitpunkt ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Grundsätze der Wahlerheblichkeit seien berührt, wenn ohne die beanstandeten Mängel eine andere Person als die nach der endgültigen Feststellung des Wahlergebnisses gewählte möglicherweise gewählt worden wäre. Notwendig sei die reale Möglichkeit einer anderen Wahl. Es müsse eine konkrete, nach der Lebenserfahrung wahrscheinliche und in greifbare Nähe hierfür gerückte Möglichkeit bestehen; die Ungültigerklärung einer gesamten Wahl setze einen erheblichen Wahlfehler von solchem Gewicht voraus, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Person unerträglich erschiene. Eine solche Möglichkeit sei nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Da der Kläger selbst nicht angetreten sei, verbiete sich eine hypothetische Betrachtung schon von sich aus. Der Kläger könne auch nicht geltend machen, dass andere Kandidaten die reale Möglichkeit der Wahl gehabt hätten; es könne nicht festgestellt werden, dass es bei einem anderen Wahltermin gelungen wäre, den erfolgreichen Bewerber mit 7.557 Stimmen zu „überrunden“. Es widerspreche der Lebenserfahrung anzunehmen, dass mehr als 3.000 Bürger zugunsten eines anderen Kandidaten gestimmt hätten, wenn es einen von Bundes- oder Landtagswahlen getrennten Wahltermin gegeben hätte.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Stadt S. und des Landrates des Landkreises L Bezug genommen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Sie ist zulässig. Die Wahlprüfungsklage gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 BbgKWahlG ist als Gestaltungsklage eigener Art statthaft (s. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 20. September 2001 – 1 A 15/00 – juris, Rn. 39 m.w.N.). Sie zielt neben der Aufhebung der Wahlprüfungsentscheidung der Beklagten darauf, dass das Gericht die Wahl vom 27. September/11. Oktober 2009 rechtsgestaltend für unwirksam erklärt. Diese Befugnis des Verwaltungsgerichts kommt in § 82 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BbgKWahlG zum Ausdruck, wonach ein hauptamtlicher Bürgermeister sein Amt durch eine Entscheidung im Wahlprüfungsverfahren oder durch eine gerichtliche Entscheidung, nach der die Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters ungültig ist, verliert. Der Kläger ist als Wahlberechtigter klagebefugt. Er hat auch zuvor einen Wahleinspruch erhoben (vgl. zu diesem Erfordernis aus einem Umkehrschluss aus § 58 Abs. 2 Satz 3 BbgKWahlG: Schumacher u. a., Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Stand: Juni 2010, § 58 BbgKWahlG, Anm. 5.4). Die Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe der Wahlprüfungsentscheidung der Stadtverordnetenversammlung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 BbgKWahlG ist gewahrt. Ferner ist die Klage auch zu Recht gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 BbgKWahlG gegen die Stadtverordnetenversammlung, die von ihrem Vorsitzenden vertreten wird (vgl. Schumacher u. a., a. a. O., § 58 BbgKWahlG, Anm. 4, m. w. N.), gerichtet.
Die Klage ist aber unbegründet. Die Wahlprüfungsentscheidung der Beklagten vom 14. Dezember 2009 ist nicht aufzuheben und die Wahl des Beigeladenen zum Bürgermeister der Stadt S. nicht für ungültig zu erklären, weil die Einwendungen des Klägers gegen die Wahl durch die Wahlprüfungsentscheidung zu Recht gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 BbgKWahlG teils als unzulässig, teils als nicht begründet zurückgewiesen wurden und die Wahl zu Recht für gültig erklärt wurde.
Der am 9. Oktober 2009 beim Wahlleiter eingegangene erste Wahleinspruch des Klägers war unzulässig, weil im Falle einer Stichwahl um ein Bürgermeisteramt gemäß § 79 Satz 2 BbgKWahlG der Einspruch frühestens am Tag der Stichwahl – hier also am 11. Oktober 2009 - erhoben werden konnte. Dagegen war der am 13. Oktober 2009 eingegangene zweite Wahleinspruch des Klägers zulässig, da er innerhalb der gemäß §§ 55 Abs. 2, 79 Satz 2 BbgKWahlG am Tag der Stichwahl beginnenden Zwei-Wochen-Frist erhoben wurde und dabei die gesetzlichen Form- und Begründungserfordernisse des § 55 Abs. 2 BbgKWahlG eingehalten wurden; ob die recht pauschal gehaltene Rüge einer Verletzung der Bekanntmachungsregelungen des § 104 Abs. 1 und 2 BbgKWahlV den Substantiierungsanforderungen der Begründungspflicht (s. dazu Schumacher u. a., a.a.O., § 55 Anm. 5 BbgKWahlG) entspricht, kann dahinstehen, da diese Rüge gemäß den nachstehenden Ausführungen jedenfalls nicht zur Begründetheit der Wahlprüfungsklage führt. Als wahlberechtigte Person war der Kläger gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 BbgKWahlG auch einspruchsbefugt.
Der Wahleinspruch des Klägers ist nicht begründet. Ein Wahleinspruch ist begründet, wenn die Wahl nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorbereitet oder durchgeführt oder in anderer unzulässiger Weise in ihrem Ergebnis beeinflusst worden ist (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1, § 63 BbgKWahlG). Dem gemäß kann im Wahlprüfungsverfahren auch gerügt werden, dass bei der Bestimmung des Wahltages gegen Regelungen des § 74 BbgKWahlG, das im Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbürgte Willkürverbot, den Grundsatz der Chancengleichheit bzw. den Grundsatz der gleichen Wahl, der in Bezug auf Wahlen der Bürgermeister in Art. 22 Abs. 3 Satz 1 BbgVerf verankert ist, verstoßen wurde (vgl. bereits Beschluss der Kammer vom 23. September 2009 – 4 L 281/09 –, LKV 2010, 239, 240). Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 BbgKWahlG ist die Wahl eines Bürgermeisters für ungültig zu erklären, wenn der gewählte Bewerber nicht wählbar war oder die den begründeten Einwendungen zu Grunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einer einwandfreien Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zu Stande gekommen oder festgestellt worden wäre, oder die Neufeststellung des Wahlergebnisses dazu führt, dass kein Bewerber gewählt ist, oder die Stichwahl nicht mit den beiden Bewerbern mit den höchsten Stimmenzahlen durchgeführt worden ist.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Bestimmung des Wahltages für die Wahl des hauptamtlichen Bürgermeisters durch den Landrat des Landkreises L entspricht den gesetzlichen Vorschriften. Gemäß § 64 Abs. 2 BbgKWahlG bestimmt die Aufsichtsbehörde spätestens am 70. Tag vor der Wahl den Wahltag, den Tag einer etwa notwendig werdenden Stichwahl und die Wahlzeit, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist oder der Minister des Innern nicht durch Rechtsverordnung abweichende Regelungen trifft. Der Wahltag soll innerhalb der letzten vier Monate der Amtszeit des vorherigen Bürgermeisters liegen (§ 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG). Durch §§ 64 Abs. 2, 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG ist die Bestimmung des konkreten Wahltermins in das Ermessen der Aufsichtsbehörde gestellt, sofern diese einen Termin innerhalb der Vier-Monats-Frist des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG festsetzt; für die Festsetzung eines Wahltermins außerhalb dieses Zeitraums ist ein Ermessen der Aufsichtsbehörde dagegen nur dann eröffnet, wenn ein atypischer Fall vorliegt. § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG ist als eine Soll-Vorschrift ausgestaltet. Derartige Normen sind im Regelfall für die mit ihrer Durchführung betrauten Behörden rechtlich zwingend und verpflichten sie, grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Eine Soll-Vorschrift gibt mithin die im Regelfall zu fällende Entscheidung vor, räumt jedoch gleichzeitig die Möglichkeit ein, im atypischen Fall davon abzuweichen (allgemeine Auffassung, vgl. nur: Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage, § 114 Rn. 138 m. w. N.). Das durch eine Soll-Vorschrift eingeräumte Ermessen beschränkt sich grundsätzlich auf die Frage, was im Ausnahmefall zu geschehen hat; ob ein atypischer Fall vorliegt, der eine solche Ermessensentscheidung ermöglicht und gebietet, ist dagegen als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 – 5 C 39.90 – BVerwGE 90, 275, 280 m.w.N.). Ob ein atypischer Fall anzunehmen ist, hängt davon ab, wie das Gesetz, sei es ausdrücklich oder konkludent, den Regelfall fasst; maßgeblich ist hier in aller Regel der erkennbare Gesetzeszweck (Wolff, a. a. O., § 114 VwGO Rn. 141 m. w. N.).
Ein die Abweichung von der in § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG genannten Zeitspanne rechtfertigender atypischer Fall ist nach Überzeugung der Kammer hier anzunehmen. Die Möglichkeit der Verbindung der Bürgermeisterwahl mit einer etwas mehr als einen Monat vor Beginn des Vier-Monats-Zeitraums liegenden Bundestags- und Landtagswahl begründet eine atypische, die Abweichung von der Regel des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG rechtfertigende Situation (vgl. Schumacher, a.a.O., § 74 Anm. 6.2, der geringfügige Abweichungen für denkbar hält, um durch eine Zusammenlegung von Wahlen eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen). Mit Blick auf die (sich auf vier, fünf und acht Jahre erstreckenden) Wahlperioden des Bundestags, des Landtags Brandenburg und der hauptamtlichen Bürgermeister, die typischerweise einen großen Abstand zwischen verschiedenen Wahlterminen ermöglichen und nur sehr selten einen so engen zeitlichen Zusammenhang zwischen diesen drei Wahlen, wie er im Jahr 2009 gegeben war, begründen, liegt hier eine außergewöhnliche Konstellation vor, bei der zudem zu berücksichtigen ist, dass am 7. Juni 2009 bereits Europawahlen stattgefunden hatten. Die Erwägung, durch ein Abweichen vom in § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG genannten Regelzeitraum eine höhere Wahlbeteiligung zu erzielen, steht im Einklang mit den Regelungen des Kommunalwahlgesetzes über die Direktwahl der hauptamtlichen Bürgermeister, in denen - mit dem Quorum von 15 vom Hundert der Wahlberechtigten als Voraussetzung einer erfolgreichen Wahl (§ 72 Abs. 2 Sätze 1 und 4 BbgKWahlG) – der Gesichtspunkt einer ausreichenden demokratischen Legitimation des Bürgermeisters durch die Zahl der Wähler angesprochen ist; mit der Erhöhung der Wahlbeteiligung geht eine Stärkung der demokratischen Legitimation einher (vgl. VerfGH NW, Urteil vom 18. Februar 2009 – 24/08 – DVBl. 2009. 516, 518). Die „Vorverlegung“ des Wahltermins ist auch mit dem Zweck des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG vereinbar; die Regelung soll verhindern, dass die Stelle des hauptamtlichen Bürgermeisters zu lange unbesetzt bleibt (Schumacher, u. a., a. a. O., § 74 Anm. 6.2). Angesichts dieses Gesetzeszwecks, Vakanzen zu vermeiden, sind Abweichungen von dem gesetzlichen Regelzeitraum nach „vorn“ - anders als solche im Zeitraum nach Ablauf der regulären Amtszeit des bisherigen Bürgermeisters – unbedenklich. Die Abweichung um etwas mehr als einen Monat erscheint mit Blick auf die Dauer der Regelfrist auch nicht als unangemessen groß, zumal bei Hauptverwaltungsbeamten ein Zeitablauf von bis zu sechs Monaten zwischen Wahl und Amtsantritt noch in der Bandbreite üblicher Regelungen liegt (vgl. Droege, DÖV 2009, 649, 652).
Für das Vorliegen einer atypischen Situation spricht hier zudem, dass mit Blick auf die Kandidatur des bisherigen Bürgermeisters auf einem als „sicher“ anzusehenden Listenplatz zur Landtagswahl bereits im Oktober 2009 mit - durch die tatsächlich eingetretene Entwicklung bestätigter – hoher Wahrscheinlichkeit eine Vakanz im Bürgermeisteramt zu besorgen war. Die speziellen Regelungen im § 74 Abs. 2 und 3 BbgKWahlG für den Fall einer vorzeitigen Beendigung der Amtszeit des Bürgermeisters schließen es nicht aus, eine höchst wahrscheinlich eintretende vorzeitige Beendigung der Amtszeit auch als ergänzenden Aspekt für die Annahme einer atypischen Situation im Kontext des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG heranzuziehen; entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich insbesondere aus der Regelung des § 74 Abs. 3 BbgKWahlG die auch bei der Interpretation des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG zu berücksichtigende eindeutige Intention des Gesetzgebers, eine Wahl möglichst noch innerhalb der Amtszeit des bisherigen Amtsinhabers durchzuführen, um eine Vakanz zu vermeiden (s. die Gesetzesbegründung, LT-Drucks 1/1652, S.125 f.:„Ist das Ausscheiden des Amtsinhabers vorhersehbar, etwa wegen der Übernahme eines anderen Amtes, hat die Aufsichtsbehörde noch während der letzten vier Monate des Vorgängers einen Neuwahltermin zu bestimmen“).
Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt auch nicht bereits eine Rechtsgrundlage für die Verbindung einer Bürgermeisterwahl mit einer Bundestags- und Landtagswahl. Mit Blick auf die §§ 23 Abs. 4, 88 Abs. 2 (jetzt: 97 Abs. 2) BbgKWahlG existiert eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Verbindung von Kommunalwahlen und anderen Wahlen. § 23 Abs. 4 BbgKWahlG enthält implizit die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Kommunalwahlen gleichzeitig mit der Bundestags- oder Europawahl stattfinden dürfen, da er für diesen Fall bestimmt, dass sich der Zeitraum, in dem das Wählerverzeichnis eingesehen werden kann, nach den Regelungen des Bundeswahlgesetzes bemisst. Eine darüber hinausgehende Entscheidung, dass die Verbindung von Kommunalwahlen mit anderen Wahlen grundsätzlich zulässig ist, enthält § 88 Abs 2 BbgKWahlG a.F./§ 97 Abs. 2 BbgKWahlG n.F.; demnach sind in der Kommunalwahlordnung besondere Bestimmungen für verbundene Wahlen und Abstimmungen zu treffen, um insbesondere die gemeinsame Benutzung von Wahl- und Abstimmungsunterlagen und die Zusammenarbeit der Wahl- und Abstimmungsorgane sicherzustellen. Derartige Regelungen sind im 8. Abschnitt der BbgKWahlV hinsichtlich der Verbindung von Kommunal- mit Bundestags- oder Europawahlen getroffen worden. Hieraus lässt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht herleiten, dass eine Verbindung von Kommunal- und Bundestagswahl nicht zulässig sei, wenn diese gleichzeitig mit der Landtagswahl stattfinden. Auch in § 50 Nr. 18 BbgLWahlG war – bereits vor Einfügung des § 17 Abs. 4 BbgLWahlG aus Anlass der bei regulärer Dauer der Wahlperioden nur alle 20 Jahre in Betracht kommenden, seit 1990 erstmals im Jahr 2009 praktizierten Verbindung von Bundestags- und Landtagswahl – vorausgesetzt, dass verschiedene Wahlen miteinander verbunden werden können, da der Minister des Inneren darin ermächtigt wird, durch Rechtsverordnungen insbesondere Regelungen über verbundene Wahlen und Abstimmungen zu treffen. Ein besonderer Koordinierungsbedarf besteht sowohl im Kommunal- als auch im Landtagswahlrecht nur gegenüber dem bei Bundestags- und Europawahlen zu beachtenden Recht, da es sich hierbei um bundesrechtliche Bestimmungen handelt, an die die landeswahlrechtlichen Regelungen bei gemeinsamer Wahldurchführung angepasst werden müssen, während für das Landtags- und Kommunalwahlrecht der Landesgesetzgeber und das Ministerium des Innern als Verordnungsgeber es von vornherein selbst in der Hand haben, einheitliche bzw. kompatible Regelungen für verbundene Landtags- und Kommunalwahlen zu treffen.
Die Bestimmung des Wahltages weist auch keine Ermessensfehler auf. Die Aufsichtsbehörde hat bei ihrer Entscheidung weder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Die Entscheidung über die Bestimmung des Wahltermins steht im Einklang mit dem Gesetzeszweck des § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG sowie dem des Kommunalwahlgesetzes insgesamt und verstößt nicht gegen die Grundsätze der Chancengleichheit und der gleichen Wahl. Die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gelten kraft Bundesrechts auch für Bürgermeisterwahlen im Land Brandenburg, da ein Bundesland den Maßstäben des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch dann unterliegt, wenn es autonom die – bundesverfassungsrechtlich nicht erforderliche - Direktwahl der Bürgermeister vorschreibt (BVerwG, Urteil vom 8. April 2003 – 8 C 14/02 – BVerwGE 118, 101 und Urteil vom 30. Juli 2003 – 8 C 16/02 – juris Rn. 23).; die Übernahme der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für die Wahlen in den Kreisen und Gemeinden soll sicherstellen, dass die Grundentscheidungen der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und Demokratie sowie für ein demokratisches Wahlverfahren in den Gemeinden und Gemeindeverbänden ebenfalls gelten (vgl. BVerwG, a. a. O.). Landesverfassungsrechtlich sind diese Grundsätze für die Wahlen der Bürgermeister – wie bereits erwähnt – in Art. 22 Abs. 3 Satz 1 BbgVerf verankert. Die Verfassung gewährleistet für den Sachbereich der Wahlen, dass jedermann seine staatsbürgerlichen Rechte in formal möglichst gleicher Weise ausüben kann (Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Gleichheit im Bereich der politischen Willensbildung bei Wahlen ist für die Verwirklichung des Demokratieprinzips elementar; sie muss daher ebenso strikt und formal sein wie die durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl verbürgte Gleichbehandlung der Wähler selbst (BVerfG, Beschluss vom 29. September 1998 – 2 BvL 64/93 – NVwZ 1999, 400). Dem Gesetzgeber sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Regelung der politischen Willensbildung bei Wahlen besonders enge Grenzen gezogen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch einen zwingenden Grund. In diesem Gebot wurzeln der Grundsatz der Chancengleichheit der Bewerber und das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung (vgl. BVerfG, a. a. O. m. w. N.). Diese Grundsätze gelten nicht nur für politischen Parteien, sondern auch für andere Gruppen oder Bewerber, die mit ihnen in den Wettbewerb um Wählerstimmen treten, mithin auf kommunaler Ebene auch für die örtlich gebundenen Wählervereinigungen; sie betreffen nicht nur den Wahlvorgang selbst, sondern auch dessen Vorfeld, insbesondere staatliche Finanzierungshilfen zu Gunsten der politischen Parteien und der mit ihnen auf kommunaler Ebene konkurrierenden Gruppen (BVerfG, Urteil vom 24. Juni 1958 – 2 BvF 1/57 – BverfGE 8, 51, 63 f.; BVerfG, Beschluss vom 29. September 1998, a. a. O.). Inhaltlich verlangt der Grundsatz der Chancengleichheit, dass jeder Partei, jeder Wählergruppe und ihren Wahlbewerbern grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im gesamten Wahlverfahren und damit gleiche Chancen bei der Verteilung der Sitze eingeräumt werden. Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit bei Wahlen folgt auf Landesebene aus ihrem in Art. 21 Abs. 1 GG umschriebenen verfassungsrechtlichen Status, der unmittelbar auch für die Länder gilt und Bestandtandteil der Landesverfassungen ist, für freie Wählervereinigungen und Einzelbewerber aus Art. 3 Abs. 1 i. V. m. 28 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfG, a. a. O. sowie Urteil vom 13. Februar 2008 – 2 BvK 1/07 -, BVerfGE 120, 82, 104 f.). Allerdings verbietet der Grundsatz der Chancengleichheit dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung zwischen konkurrierenden politischen Organisationen; insbesondere braucht er vorgegebene Unterschiede zwischen den konkurrierenden Bewerbern und Bewerbergruppen nicht auszugleichen (BVerfG, Beschluss vom 29. September 1998, a. a. O.).
Die Festsetzung des Wahltermins durch die Aufsichtsbehörde verstößt nicht gegen den Grundsatz der Chancengleichheit bzw. den Grundsatz der gleichen Wahl. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass diese Grundsätze auch für die Bestimmung von Wahlterminen, insbesondere bei der Zusammenlegung verschiedener Wahlen an einem Wahltag, von Bedeutung sind. Die Frage, ob, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit diese Grundsätze einer Verbindung von Wahlen entgegen stehen, wird in der in diesem Zusammenhang veröffentlichten Rechtsprechung mit unterschiedlichen Akzenten behandelt. So hat zuletzt der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die „divergierende Rechtsprechung“, wonach gerade die Zusammenlegung von Kommunal- und Bundestagswahlen unter dem Gesichtpunkt der Chancengleichheit „problematisch“ sei, es als verfassungsgemäß angesehen, dass in Nordrhein-Westfalen die allgemeinen Kommunalwahlen 2009 einen Monat vor dem Tag der Bundestagswahl angesetzt wurden (Urteil vom 26. Mai 2009 – VerfGH 3/09 -, NVwZ 2009, 1101, 1102 f.) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 18. Juli 1994 – 1 S 1885/94 – NVwZ 1994, 1231 f.) kann die Zusammenlegung einer Bundestagswahl und einer nachzuholenden Kommunalwahl die Chancengleichheit der Parteien, der freien Wählervereinigungen und der unabhängigen Kandidaten beeinträchtigen; eine Entscheidung über die Zusammenlegung bedarf in Baden-Württemberg nach dieser Rechtsprechung zudem einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Der Grundsatz der Chancengleichheit setze den Regelungen auf den Gebieten des Wahlrechts eng bemessene Grenzen, d. h., ohne besonderen rechtfertigenden zwingenden Grund dürften vom Gesetzgeber keine Regelungen getroffen werden, die die vorgegebenen Unterschiede auch nur verschärfen; dabei genüge jedoch nicht jede Verschärfung, sondern grundsätzlich nur eine solche, die ein Ausmaß erreiche, das geeignet sei, die vorgesehene Wettbewerbslage zwischen den Parteien und – bei Kommunalwahlen – den Wählervereinigungen in ernsthaft ins Gewicht fallender Weise zu verändern. Die Zusammenlegung der Bundestagswahl mit einer Kommunalwahl sei grundsätzlich geeignet, eine solche maßgebliche Verschiebung der Wettbewerbslage herbeizuführen. Wegen der allgemeinen und damit größeren Bedeutung der Bundestagswahlen trete die Bedeutung der Kommunalwahlen insoweit zurück. Insbesondere könnten sich dadurch Nachteile für die kommunalen Wählervereinigungen ergeben, weil sich der Wahlkampf auf kommunaler Ebene nicht vom Bundestagswahlkampf klar trennen lasse. Es bestehe die Gefahr, dass die kommunalpolitischen Themen hinter dem Bundestagswahlkampf zurückträten, zumal auch in den Medien den polischen Parteien – anders als den freien Wählervereinigungen – während des Bundestagswahlkampfs Sendezeiten eingeräumt würden, die Gewichte zu Ungunsten der freien Wählervereinigungen verschieben könnten. Wegen des Umstands, dass durch eine Zusammenlegung von Wahlen die Chancengleichheit der Parteien und der Wählervereinigungen beeinträchtigt werden könne, bedürften Regelungen, die die Zusammenlegung von Wahlen gestatteten, prinzipiell einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Andererseits wird in der landesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auch anerkannt, dass das Ziel der Erhöhung der Wahlbeteiligung durch das Zusammenlegen von Kommunalwahlen mit anderen Wahlen wegen der gewünschten Stärkung demokratischer Legitimation gleichfalls Verfassungsrang beizumessen ist (Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Februar 2009 – 24/08 – DVBl 2009, 516, 518). Es sei ein von Verfassungs wegen allgemein anerkannter Wahlrechtsgrundsatz, dass Wahlen zu verschiedenen Körperschaften am selben Tag abgehalten werden können (Verfassungsgerichtshof Reinland-Pfalz, Entscheidung vom 29. November 1983, NVwZ 1984, 574, 576); dem gemäß sei sogar die Verlegung eines einmal bestimmten Wahltages mit dem Ziel, einem aufgrund bestimmter Umstände befürchteten Rückgang der Wahlbeteiligung entgegenzuwirken, mit dem Willkürverbot und dem Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien vereinbar. Ebenso hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ausgesprochen, dass die Bestimmung des Wahltags für die Kommunalwahlen in Niedersachsen 1976 auf den Wahltag für die Bundestagswahlen nicht den Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen der politischen Parteien und Wählergruppen verletzt habe (Urteil vom 14. Dezember 1979, OVGE 35, 420).
Die die Entscheidung der Aufsichtsbehörde tragende, bereits im Schreiben vom 4. Februar 2009 deutlich zum Ausdruck gebrachte Erwägung („Daher beabsichtige ich als Tag der Wahl des Bürgermeisters ... den 27.09.2009 festzusetzen, um eine möglichst große Legitimation des neuen Bürgermeisters durch eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen“), durch die Verbindung der Wahlen eine höhere Wahlbeteiligung und damit eine stärkere demokratische Legitimation im Rahmen der Bürgermeisterwahlen zu erzielen, erweist sich unter den vorliegend gegebenen Umständen nicht als ermessensfehlerhaft; auch das zusätzlich mit der Zusammenlegung der Wahlen verfolgte Ziel, angesichts des mit Wahlen verbundenen personellen und finanziellen Aufwands unnötige Doppelbelastungen der ehrenamtlichen Wahlhelfer und weitere Kosten zu vermeiden, ist eine durchaus sachgerechte ergänzende Ermessenserwägung (RhPfVerfGH, a.a.O., S. 575). Die Absicht, zu einer möglichst hohen Wahlbeteiligung bei der Bürgermeisterwahl beizutragen, hat erhebliches Gewicht, da ihr wegen der gewünschten Stärkung der demokratischen Legitimation ebenso wie den Grundsätzen der Chancengleichheit und der Gleichheit der Wahl mit dem Bezug zu Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG Verfassungsrang zukommt (Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Februar 2009 – 24/08 – DVBl 2009, 516, 518; OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Dezember 1979, OVGE 35, 420, 425). Der Gesichtspunkt der Stärkung der demokratischen Legitimation des Bürgermeisters hat mit dem Quorum von 15 vom Hundert der Wahlberechtigten als Voraussetzung einer erfolgreichen Wahl (§ 72 Abs. 2 Sätze 1 und 4 BbgKWahlG) auch ausdrücklich Eingang in das Kommunalwahlrecht des Landes Brandenburg gefunden. Dieses Quorum soll sichern, dass der Bürgermeister über eine ausreichende demokratische Legitimation verfügt; denn in der Regel erreicht die Wahlbeteiligung bei den Wahlen zu den Gemeindevertretungen, die an landesweit einheitlichen Terminen stattfinden, mehr als 30 vom Hundert der Wahlberechtigten (Schumacher, a.a.O., § 72 BbgKWahlG, Anm. 2). Der hauptamtliche Bürgermeister ist in vielen Fällen auf eine ausreichende politische Legitimation angewiesen, um gegenüber der Vertretung ein ausreichendes politisches Gewicht geltend zu machen und so seine Funktion erfolgreich wahrnehmen zu können (Schumacher, ebd.).
Der vom Kläger geltend gemachte Grundsatz der Chancengleichheit wird durch die Festsetzung des Termins der Bürgermeisterwahl nicht verletzt. Hierfür genügt nicht jede Verschärfung der vorgegebenen Unterschiede zwischen parteigebundenen und parteiunabhängigen Wahlbewerbern, sondern grundsätzlich nur eine solche, die ein Ausmaß erreicht, das geeignet ist, die vorgegebene Wettbewerbslage zwischen Parteien und – bei Kommunalwahlen – den Wählervereinigungen in ernsthaft ins Gewicht fallender Weise zu verändern (VGH Baden-Württemberg, a.a.O., S. 1232; OVG Lüneburg, a.a.O., S. 422). Dies ist hier schon nicht der Fall. Dabei kann die Kammer offen lassen, ob die Zusammenlegung der Bundestagswahl mit einer Kommunalwahl grundsätzlich geeignet ist, eine solche maßgebliche Verschiebung der Wettbewerbslage herbeizuführen (so VGH Baden-Württemberg, a.a.O.; zweifelnd OVG Lüneburg, a.a.O., S. 424). Vorliegend besteht gegenüber den bisher entschiedenen Fällen die Besonderheit, dass es weder um eine allgemeine landesweite Kommunalwahl noch nur um die Wahl einer Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung geht. Die Direktwahl der hauptamtlichen Bürgermeister ist traditionell noch stärker als die Wahl von Kommunalvertretungen durch die Persönlichkeiten der Bürgermeisterkandidaten geprägt. Eine „Überlagerung“ der Wahlentscheidung durch bundes- oder landespolitische Aspekte hat hier eine geringere Bedeutung als bei den allgemeinen Kommunalwahlen, da die Bürger in der Regel die direkte Bürgermeisterwahl als Persönlichkeitswahl richtig einzuordnen verstehen und für das Bürgermeisteramt häufig nicht allein nach den für Bundes- oder Landtagswahlen maßgeblichen parteipolitischen Präferenzen sondern unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und Überzeugungskraft der Bürgermeisterkandidaten votieren. Die Verbindung mit Bundes- und Landtagswahlen mag zwar eine gewisse Verstärkung parteipolitischer Tendenzen auch bei der Bürgermeisterwahl bewirken; dem steht allerdings ein Trend zu einem allgemein stärkeren politischen Interesse in Wahlzeiten gegenüber, aus dem auch ein verstärktes kommunalpolitisches Interesse und eine größere Beteiligung an der Bürgermeisterwahl resultieren kann, welche letztlich allen Kandidaten zugute kommt. Alles in allem lassen sich keine einigermaßen sicheren Rückschlüsse auf eine maßgebliche Verschiebung der Wettbewerbslage parteiunabhängiger Bürgermeisterkandidaten ziehen. Einen „Anspruch“ auf eine geringere Wahlbeteiligung besitzen sie jedenfalls nicht (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., S. 423).
Auch wenn man eine gewisse Beeinträchtigung der Wettbewerbsposition der freien Bewerber unterstellt, so wäre diese durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Falle einer Trennung der Wahltermine und Festsetzung der Bürgermeisterwahl innerhalb des in § 74 Abs. 1 Satz 2 BbgKWahlG genannten Zeitraums dem Gesetzeszweck, eine Vakanz zu vermeiden bzw. diese möglichst kurz zu halten, nur durch eine Bestimmung des Wahltermins zum Beginn des Vier-Monats-Zeitraums mit der Folge hätte entsprochen werden können, dass die Wähler innerhalb relativ kurzer Zeit drei Mal – einschließlich der bei Bürgermeisterwahlen den Regelfall bildenden Stichwahl – zur Wahl aufgerufen worden wären (Ende September Bundestags- und Landtagswahl, Anfang und Mitte November Bürgermeisterwahl). Dass dies – zumindest bei einer erforderlich werdenden Stichwahl – erhebliche negative Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung mit der möglichen Folge gehabt hätte, dass eine Direktwahl des Bürgermeisters nicht zustande gekommen wäre, liegt auf der Hand. Demgemäß hat die Aufsichtsbehörde im Einklang mit der verfassungsrechtlichen Verankerung im Demokratieprinzip zu Recht dem Gedanken einer Stärkung der Wahlbeteiligung und demokratischen Legitimation des zu wählenden Bürgermeisters durch die Verbindung der Wahltermine Rechnung getragen.
Da die Festsetzung des Termins der Bürgermeisterwahl auf den Tag der Bundestags- und Landtagswahl demnach zulässig und nicht ermessensfehlerhaft gewesen ist, mithin kein Wahlfehler vorliegt, kann dahinstehen, ob bei der Durchführung der Wahl an einem anderen Tag ein wesentlich anderes Wahlergebnis im Sinne von § 80 Abs. 1 Nr. 4 BbgKWahlG zustande gekommen wäre. Angesichts des – auch in der Stichwahl annähernd gleich großen – Abstands des Beigeladenen gegenüber dem zweitplazierten Bewerber von ca. 1.000 Stimmen und des Zweitplazierten gegenüber der Drittplazierten von 2.460 Stimmen erscheint dies eher fernliegend.
Eindeutig kein gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 BbgKWahlG potentiell ergebnisrelevanter Verstoß gegen die bei der Vorbereitung der Wahl zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften liegt aber insoweit vor, als der Kläger – ohne nähere Substantiierung – rügt, dass die Bestimmungen des § 104 der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung (BbgKWahlV) hinsichtlich von Bekanntmachungen nicht vollständig beachtet worden seien. Soweit ersichtlich entsprechen die Wahlbekanntmachungen vom 10. August 2009 im Amtsblatt vom 28. August 2009 sowie vom 28. August 2009 im Amtsblatt vom 16. September 2009 den in §§ 18, 104 Abs. 1 und 42, 104 Abs. 1 Satz 1 BbgKWahlV aufgestellten Anforderungen. Lediglich dem Erfordernis des § 104 Abs. 2 Satz 2 BbgKWahlV, dass der Wahlbekanntmachung je ein Stimmzettel für die Wahlen beizufügen ist, ist bei der Veröffentlichung im Amtsblatt nicht genüge getan worden. Angesichts der jeweils deutliche Abstände zwischen den Bewerbern aufweisenden Wahlergebnisse ist ausgeschlossen, dass ein Verstoß gegen formelle Vorschriften des § 104 BbgKWahlV Einfluss auf das Ergebnis der Bürgermeisterwahl gehabt haben könnte; angesichts der Einzelwahl mit einem sehr „übersichtlichen“, lediglich vier Personen, deren Namen veröffentlicht worden waren, umfassenden Bewerberfeld ist der Umstand, dass die Wähler sich mangels Veröffentlichung nicht frühzeitig mit dem Stimmzettel haben vertraut machen können, ohne Bedeutung für das Wahlergebnis geblieben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs 3 VwGO; die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht aus Gründen der Billigkeit dem Kläger aufzuerlegen, da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.