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Rente wegen Alters für schwerbehinderte Menschen; Auslegung eines Antrags


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 22. Senat Entscheidungsdatum 27.01.2011
Aktenzeichen L 22 R 1640/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 236a SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1942 geborene Kläger begehrt von der Beklagten einen früheren Beginn seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen, nämlich ab der Vollendung seines 60. Lebensjahres.

Auf Antrag des Klägers vom 02. November 1999 bei der Landesversicherungsanstalt Berlin, der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte), hatte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juni 2000 dem Kläger für die Zeit ab 01. November 1999 - nach einem Versicherungsfall vom 02. Juni 1998 - eine Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt; ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit war abgelehnt worden. Die Rente war für die Zeit ab 01. Dezember 1999 wegen Überschreitens des zulässigen Hinzuverdienstes (Arbeitslosengeld ab November 1999) nicht ausgezahlt worden.

Nach Beendigung seines Krankengeldbezuges (29. November 1999) hatte der Kläger ab dem 30. November 1999 Arbeitslosengeld erhalten, das er bis zum 16. Juli 2002 bezog.

Am 20. Juni 2001 erschien der Kläger in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten Berlin-Mitte und beantragte auf einem verkürzten Formvordruck eine „Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit (EM-Rente)“. Ihm wurden Vordrucke hierfür ausgehändigt.

Mit einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 25. Juni 2001 bescheinigte die Beklagte, dass der Kläger dem Grunde nach die Voraussetzungen für eine Altersrente mit einem frühest- möglichen Rentenbeginn ohne Rentenabschläge nach § 236 a SGB VI ab 01. März 2002 erfülle, da er am 16. November 2000 berufsunfähig gewesen sei.

Am 18. August 2001 ging bei der Beklagten der Formularvordruck R 100 „Antrag auf Versichertenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter“ ausgefüllt und unterschrieben vom Kläger ein. Als „Beantragte Rente“ ist in dem Vordruck „Rente wegen Erwerbsminderung“ angekreuzt, nicht die - u. a. - ebenfalls vorgesehene „Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die berufs- oder erwerbsunfähig sind“. Ein in der Rubrik „Beantragte Rente“ angekreuztes Kästchen „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres“ ist durchgestrichen. Im Übrigen sind in dem Vordruck sowohl die Fragen „Bei einem Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung“ als auch solche „Bei Antrag auf Altersrente“ durch Ankreuzen von Kästchen beantwortet. Der Kläger gab in dem Vordruck auch seinen Bezug von Arbeitslosengeld an. Die Frage, ob der Rentenantragstellung eine Aufforderung des Arbeitsamtes zugrunde liege, beantwortete er nicht.

Mit Bescheid der Beklagten vom 02. Oktober 2001 wurde der Antrag abgelehnt, weil eine volle Erwerbsminderung nicht vorliege. Es bestehe weiterhin ein Anspruch auf die bisher bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Mit dem am 29. Oktober 2001 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch bat der Kläger, „nochmals den Antrag auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu prüfen“ unter Beiziehung ärztlicher Unterlagen.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2002 informierte die Beklagte den Kläger wie folgt:

„Sie beziehen derzeit eine Rente wegen Berufsunfähigkeit und vollenden demnächst das 60. Lebensjahr. Sie haben dann möglicherweise einen - höheren - Anspruch auf vorgezogene Altersrente, wenn die Wartezeit sowie weitere persönliche und besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind und bestimmte Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die vorgezogene Altersrente wird - ggf. vermindert um einen Rentenabschlag - nur gezahlt, wenn hierfür ausdrücklich ein Rentenantrag gestellt ist. Um zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine Altersrente zu erhalten, muss der Antrag innerhalb von drei Kalendermonaten nach Erfüllung der Voraussetzungen gestellt werden, also in der Regel innerhalb von drei Kalendermonaten nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Bei späterer Antragstellung wird die Rente erst von dem Kalendermonat an geleistet, in dem sie beantragt wird. Ob die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente vorliegen und ob die Rente ggf. mit Blick auf die Anhebung der maßgebenden Altersgrenzen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente um einen Rentenabschlag zu vermindert ist, können wir anhand der uns zugänglichen Unterlagen nicht maschinell prüfen. Wir empfehlen Ihnen, sich bei unseren Auskunfts- und Beratungsstellen, unserem Versichertenältesten oder dem örtlichen Versicherungsamt oder Ihrer Stadt- oder Gemeindeverwaltung beraten zu lassen und dort ggf. einen Rentenantrag zu stellen. ...“

Mit Schreiben vom 14. Februar 2002 teilte der Kläger auf Nachfrage der Beklagten mit, dass er seinen Widerspruch aufrechterhalte und „stützende Atteste“ nachgereicht würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

In der Folgezeit kam ab dem 17. Juli 2002 - nach Erschöpfung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers - die volle Rente des Klägers wegen Berufsunfähigkeit zur Auszahlung.

Nach dem Tod seiner am 19. März 20002 verstorbenen früheren Ehefrau bezog der Kläger auf seinen Antrag vom 07. Mai 2002 für die Zeit ab 19. März 2002 große Witwerrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte.

Mit Schreiben vom 12. August 2002 wurde der Kläger vom Arbeitsamt Berlin Ost gemäß § 202 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) aufgefordert, innerhalb eines Monats Altersrente zu beantragen.

Der Kläger beantragte 29. Juli 2002 Arbeitslosenhilfe. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2002 wurde der Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt.

Am 26. Januar 2005 beantragte der Kläger ausdrücklich Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die berufsunfähig sind, und bat um Prüfung einer rückwirkenden Zahlung. Er gab an, auf das Hinweisschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2002 hin einen Antrag auf Altersrente in der Auskunfts- und Beratungsstelle Berlin-Mitte bereits gestellt und dazu noch einen Krankengeld- bzw. Arbeitslosengeldnachweis nachgereicht zu haben. Von einer Neuberechnung habe er nichts wieder gehört.

Mit Rentenbescheid vom 07. Februar 2005 gewährte die Beklagte anstelle der bisherigen Rente wegen Berufsunfähigkeit Altersrente für schwerbehinderte Menschen für die Zeit ab 01. Januar 2005. Die Anspruchsvoraussetzungen seien ab dem vollendeten 60. Lebensjahr des Klägers, also ab dem 12. Februar 2002, erfüllt. Die Rente werde aber erst vom Antragsmonat an geleistet, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden sei, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2005 zurück, da ein früherer Auszahlungsanspruch nicht gegeben sei. Hiergegen hat der Kläger am 05. September 2005 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben und sein Begehren auf Zahlung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01. März 2002 weiterverfolgt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass der Kläger im Februar oder März 2002 in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten in Berlin-Mitte die vorgezogene Altersrente beantragt habe. Daraufhin sei ihm bereits mündlich mitgeteilt worden, dass er eine solche Rente nur mit Abschlägen erhalten könne. Auf den Inhalt der Bescheinigung nach § 428 Abs. 2 SGB III zur Vorlage beim Arbeitsamt vom 25. Juni 2001, wonach die Voraussetzung für eine Altersrente ohne Rentenabschläge ab dem 01. März 2002 erfüllt seien, sei man auf Seiten der Beklagten nicht weiter eingegangen. Später hat der Kläger ergänzt, dass er anhand seines wieder aufgefundenen Kalenders nunmehr rekonstruieren könne, dass er den Antrag auf Altersrente wohl am 17. Juni 2002 in der Auskunfts- und Beratungsstelle in Berlin-Mitte abgegeben habe. Zuvor habe er angesichts des Todes seiner Frau und der beantragten Witwerrente sowie angesichts des Umstandes, dass er auch (bis 16. Juli 2002) Arbeitslosengeld bezogen habe, an die Abgabe des Antrages auf Altersrente nicht mehr gedacht. Im Sommer 2002 sei der Kläger dann von der Beklagten angeschrieben und aufgefordert worden, zur Bearbeitung seines Altersrentenantrages noch Bescheinigungen seiner Krankenkasse und des Arbeitsamtes, aus denen sich Höhe und Dauer von Leistungsbezügen ergebe, beizubringen. Zu diesem Zwecke habe er beide Stellen aufgesucht und veranlasst, dass der Beklagten entsprechende Bescheinigungen übersandt würden. Anhand seines wieder aufgefundenen Kalenders habe er weiterhin rekonstruieren können, dass er dann am 08. Mai 2003 einen vorher vereinbarten Termin um 15.00 Uhr in Raum 418 in der Beratungsstelle gehabt habe. Er habe sich bei diesem Termin erkundigt, was aus seinem Antrag auf Altersrente geworden sei, nachdem er so lange nichts mehr gehört habe. Die das Gespräch führende Sachbearbeiterin der Beklagten habe ihm die Auskunft gegeben, dass sein Antrag laut Computereintrag derzeit bearbeitet werde, dass aber eine vorgezogene Altersrente nur mit Abzügen bewilligt werden würde. Er solle jedoch erst einmal abwarten. Der Kläger habe der Sachbearbeiterin mitgeteilt, dass er eine vorgezogene Altersrente mit Abzügen nicht in Anspruch nehmen würde. Nach diesem Gespräch habe der Kläger von der Beklagten nichts mehr gehört. Da ihm zwischenzeitlich zu Ohren gekommen sei, dass eine vorgezogene Altersrente ohne Abschläge frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt würde, habe er die Sache auf sich beruhen lassen und dann im Januar 2005 erneut einen Antrag auf Altersrente gestellt.

Nachdem der Kläger erklärt hatte, dass er zur Kenntnis nehme, dass der Zugang eines gesonderten Antrages auf Altersrente nach der Aktenlage wohl nicht nachzuweisen sei, hat er die Klage insbesondere mit der Auffassung vertreten, dass der am 18. August 2001 bei der Beklagten eingegangene Antrag auf Versichertenrente auch als Antrag auf Altersrente zu deuten sei, da die Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers zu diesem Zeitpunkt kurz bevorgestanden habe. Der Kläger habe in dem Antragsformular auch Fragen zu einem Antrag auf Altersrente beantwortet. Dies müsse so ausgelegt werden, dass damit zugleich Altersrente ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt worden sei. Darüber hinaus hat sich der Kläger auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. November 2007, Az.: B 13 R 44/07 R, zur Begründung seines Begehrens bezogen. Danach könne ohne ausdrücklich erklärte Einschränkung nicht angenommen werden, dass bei der Rentenantragstellung bestimmte Rentenarten ausgeschlossen werden sollen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Antragstellung anhand eines vom Rentenversicherungsträger zur Verfügung gestellten Vordrucks erfolge und dem Versicherten möglicherweise nicht bewusst sei, dass er auch mehrere Rentenarten ankreuzen könne.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 07. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auch für den Zeitraum März 2002 bis Dezember 2004 Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass den Akten nicht entnommen werden könne, dass der Kläger im Februar/März 2002 und erneut im Herbst 2002 einen Altersrentenantrag gestellt habe. Er habe lediglich der Widerspruchsstelle mit Schreiben vom 14. Februar 2002 mitgeteilt, dass er seinen Widerspruch vom 29. Oktober 2001 aufrechterhalten würde. Nach intensiver Nachforschung nach entsprechenden Beratungsvermerken habe die Einsicht in die verfilmten Besucherlisten ergeben, dass der Kläger am 17. Juni 2002 in einer Kurzberatung zur Versicherungsnummer seiner verstorbenen Ehefrau in der – mit der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – gemeinsamen Auskunfts- und Beratungsstelle in Berlin-Mitte vorgesprochen habe. Dabei seien Unterlagen zum Witwerrentenantrag nachgereicht worden. Für eine Vorsprache am 08. Mai 2003 habe sich kein Hinweis gefunden. Um eine eventuelle Verwechslung des Datums zu vermeiden, seien auch der 07. Mai 2003, 09. Mai 2003 und der 08. Mai 2002 überprüft worden. Auch insoweit hätten sich keine Nachweise finden lassen. Am 19. Juli 2002 sei der Kläger seitens der Fachabteilung der Beklagten lediglich wegen der Überprüfung des Hinzuverdienstes bei der laufenden Berufsunfähigkeitsrente angeschrieben worden.

Die Beklagte hat die Meinung vertreten, dass der Rentenantrag vom 20. Juni 2001 nicht gleichzeitig als Antrag auf Altersrente anzusehen sei, da mit der formlosen Antragstellung am 20. Juni 2001 und dem im August 2001 nachgereichten Formantrag eindeutig nur ein Antrag auf Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit/ Erwerbsminderung gestellt worden sei. Darüber hinaus habe sich auch der mit Schreiben vom 26. Oktober 2001 eingelegte Widerspruch des Klägers lediglich gegen die Ablehnung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gerichtet. Hierbei habe der Kläger gebeten, nochmals seinen „Antrag auf Berufs-Erwerbsunfähigkeit zu prüfen“. Nach Erteilung des zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 18. April 2002 sei keine weitere Reaktion von Seiten des Klägers in Bezug auf einen möglichen Antrag auf Altersrente erfolgt. Die vom Kläger angeführte aktuelle BSG-Rechtsprechung sei hier nicht einschlägig.

Durch Urteil vom 18. August 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das Vorliegen eines Antrages auf Altersrente spätestens im Juni 2002 (§ 99 Abs. 1 SGB VI) nicht nachweisen lasse. In den Akten der Beklagten fänden sich keinerlei Anhaltspunkte für einen vom Kläger behaupteten Antrag am 17. Juni 2002 oder zu einem anderen Zeitpunkt vor Januar 2005. Der Antrag des Klägers vom 18. August 2001 sei nicht zugleich als Altersrentenantrag anzusehen. Der Kläger selbst habe ersichtlich seinen Antrag nur als einen solchen auf Erwerbsminderungsrente verstanden, wie sich aus seinem Widerspruchsschreiben sowie an seiner Behauptung zeige, im Nachgang einen gesonderten Altersrentenantrag gestellt zu haben. Eines solchen gesonderten Antrages hätte es nicht bedurft, wäre nach dem Verständnis des Klägers bereits Altersrente beantragt gewesen. Der Umstand, dass der Kläger auch Felder im Formvordruck angekreuzt habe, die nur bei einer Altersrente anzukreuzen seien, lasse nicht seinen Willen erkennen, diese Rente auch zu beantragen, sondern zeige nur, dass der Kläger insoweit das Formular der Beklagten falsch verstanden habe. An der Stelle, wo er eindeutig eine Altersrente hätte beantragen können, habe er dies nicht getan. Anschaulich habe die Kammer insoweit auch die Erläuterung der Sitzungsvertreterin der Beklagten gefunden, wonach es typisch sei, dass die Vordrucke in dieser Form ausgefüllt würden (also auch für die jeweilige Rentenart „überflüssige“ Fragen beantwortet würden). Vor diesem Hintergrund sei nach dem objektiven Empfängerhorizont keine Auslegung dahingehend möglich, dass es sich auch um einen Altersrentenantrag gehandelt haben könnte. Selbst wenn man im Übrigen der Rechtsprechung in dem Urteil des BSG vom 29. November 2007, Az.: B 13 R 44/07 R, folgte, ergäbe sich hieraus kein Rentenanspruch des Klägers für den vorliegenden streitigen Zeitraum. Zum einen dürfte das BSG-Urteil nur den Wechsel zwischen den Altersrenten betreffen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die vom BSG entwickelten Grundsätze auch für den Wechsel einer Berufsunfähigkeitsrente zu einer Altersrente einschlägig seien, sei der entscheidende Gesichtspunkt, dass im August 2001 die Voraussetzungen der Altersrente überhaupt noch nicht vorgelegen hätten. Der Rentenversicherungsträger müsse aber nach dem Urteil des BSG (bei Auslegung) nur davon ausgehen, dass der Versicherte die nach Lage des Sachverhalts günstigste Leistung („was als Leistung möglich sei“) beantragen wolle. Die günstigste Leistung in diesem Sinne sei hier im August 2001 einzig die volle Erwerbsminderungsrente ab Juni 2001 gewesen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. August 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. September 2008 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegte Berufung.

Der Kläger stützt seine Berufung insbesondere darauf, dass das SG Bedeutung und Reichweite des sozialrechtlichen Günstigkeitsprinzips und der Rechtsprechung des BSG hierzu nicht richtig erkannt habe und deshalb den auf einem Formblatt gestellten Antrag des Klägers vom 18. August 2001 nicht zugleich als Antrag auf Bewilligung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab März 2002 gewertet habe. Festzuhalten bleibe, dass in dem vom BSG am 29. November 2007 (Az.: B 13 R 44/07 R) entschiedenen Fall ebenfalls eine Antragstellung mittels Formular erfolgt sei, bevor die Voraussetzung für die günstigere Rente gegeben gewesen sei. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auch darauf, dass Rentenanträge regelmäßig gestellt würden, bevor die Voraussetzungen für die Rentengewährung vollständig vorlägen. Dennoch habe das BSG dies nicht als Hinderungsgrund dafür angesehen, den auf dem Formular ohne entsprechendes Ankreuzen gestellten Antrag als einen Antrag des Versicherten auf Bewilligung der für ihn günstigsten Rentenart - hier Rente für Schwerbehinderte ab Vollendung des 60. Lebensjahres mit dem Zugangsfaktor 1,0 - nach dem sozialrechtlichen Günstigkeitsprinzip auszulegen und der Klage stattzugeben. Der vorliegende Fall sei insofern noch eindeutiger, als der Beklagten bei Antragstellung auch bekannt gewesen sei, dass der Kläger schwerbehindert sei und die Voraussetzungen für die ungeminderte Altersrente alsbald erfüllt seien. Eine Beschränkung der Anwendung des sozialrechtlichen Günstigkeitsprinzips nur auf den Wechsel zwischen mehreren Altersrenten, wie dies wohl das SG im angefochtenen Urteil sehe, lasse sich dem Urteil des BSG jedenfalls nicht entnehmen. Auf den Aspekt der „Meistbegünstigung“ käme es vorliegend aber ohnehin nicht an, da der Kläger auch einzelne Fragen in dem Formvordruck zu einem Antrag auf Altersrente beantwortet habe, so dass vor dem Hintergrund des § 2 Abs. 2 SGB I sein Antrag ohnehin auch schon damals auf die für ihn günstigere Alterrente gerichtet gewesen sei.

Im Januar 2011 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Nachfrage des Gerichts mit, der Kläger habe vom Versorgungsamt keinen „Bescheid über die Anerkennung eines Gdb“ erhalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. August 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auch für den Zeitraum vom 01.März 2002 bis 31.Dezember 2004 Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu zahlen.

Die Beklagtebeantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Az.: ), der beigezogenen Witwerrentenakte der Deutschen Rentenversicherung Bund (Az.: ) sowie der beigezogenen Akte der Agentur für Arbeit Berlin-Lichtenberg (Kundennummer ) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01. März 2002 hat. Der Rentenbescheid der Beklagten vom 07. Februar 2005 - mit einem Rentenbeginn ab 01. Januar 2005 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005 ist rechtmäßig.

Gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI ist anzuwendende Vorschrift § 236 a SGB VI in der vor dem 01. Januar 2008 geltenden Fassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI a. F.). Dies ist unabhängig davon, ob - wie vom Kläger geltend gemacht - auf eine Antragstellung im Juni 2001 (dann § 236 a SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 40 des Gesetzes vom 20. Dezember 2000, BGBl. I S. 1827, mit Wirkung vom 01. Januar 2001) oder auf den ausdrücklichen Altersrentenantrag vom 26. Januar 2005 (dann § 236 a SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002, BGBl. I S. 754) abzustellen ist.

Nach § 236 a SGB VI haben Versicherte, die vor dem 01. Januar 1951 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie 1. das 60. Lebensjahr vollendet haben, 2. – u. a. – berufsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und 3. die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Die Altersgrenze von 60 Jahren wird für Versicherte angehoben, die nach dem 31. Dezember 1940 geboren sind. Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist möglich. Die Anhebung der Altersgrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme bestimmen sich nach Anlage 22 zum SGB VI. Die Altersgrenze von 60 Jahren wird nicht angehoben - u. a. - für Versicherte, die 1. bis zum 16. November 1950 geboren sind und 2. am 16. November 2000 berufsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren.

Diese Voraussetzungen liegen mit dem vom Kläger begehrten Rentenbeginn erstmalig am 12. März 2002 vor:

a) Der Kläger ist vor dem 01. Januar 1951, am 13. Februar 1942, geboren und hat am 12. Februar 2002 sein 60. Lebensjahr vollendet.

b) Die Wartezeit von 35 Jahren, d. h. gemäß §§ 50 Abs. 4 Nr. 2, 51 Abs. 3 SGB VI, 420 Monate mit rentenrechtlichen Zeiten, hat der Kläger schon vor dem Zeitpunkt der Vollendung seines 60. Lebensjahres erfüllt; denn ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 02. Oktober 2001 weist sein Versicherungskonto bis dahin 441 Monate allein mit Pflichtbeitragszeiten (§§ 54 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI) auf.

c) Der Kläger war beim frühestmöglichen Beginn einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen, dem 01. März 2002 (vgl. § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI), auch berufsunfähig nach dem am 01. Dezember 2000 geltenden Recht. Er bezog schon ab dem 01. November 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a.F., die nur deshalb zwischenzeitlich nicht zur Auszahlung gekommen war, weil der Kläger Einkünfte über der jeweils für ihn gültigen Hinzuverdienstgrenze bezogen hatte, nicht aber, weil er nicht mehr die sonstigen Voraussetzungen des § 43 SGB VI a.F. erfüllt hätte.

d) Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen hätte dem Kläger auch abschlagsfrei ab dem 01. März 2002 zugestanden. Denn er war bis zum 16. November 1950 geboren und hatte bereits am 01. November 1999 Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht. Insoweit war er nach der Vertrauensschutzregelung des § 236 a Satz 5 Nr. 1 SGB VI von der Anhebung der Altersgrenze für den Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen gänzlich freigestellt.

Allerdings ist ein Anspruch auf einen früheren Rentenbeginn nicht begründet.

Maßgebliche Vorschrift für den Rentenbeginn des Klägers ist § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, der auch im Rahmen von § 236 a Satz 1 Nr. 2 SGB VI a. F. Anwendung findet (BSG, Urteil vom 26. Juli 2007, B 13 R 44/06 R, zitiert nach juris). Danach wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des 3. Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.

Der Antrag hat in der Rentenversicherung anspruchsauslösende, aber keine anspruchsbegründende Funktion. Der Antrag leitet das Verwaltungsverfahren ein (§ 19 Satz 1 SGB IV, §§ 8 ff. SGB X, § 115 Abs. 1 SGB VI). Der Rentenantrag hat somit die Bedeutung, dass er beim Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen den Versicherungsträger zur Leistung verpflichtet und den Beginn der Rentenzahlung bestimmt. Der Antrag ist eine formfreie, einseitige, amtsempfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Für den angegangenen Leistungsträger muss erkennbar sein, dass und welche Sozialleistung der Antragsteller begehrt (vgl. BSGE 7,118). Ein einmal gestellter Rentenantrag ist grundsätzlich auf die dem Versicherten nach Lage des Sachverhalts günstigste Leistung gerichtet (so genanntes „Günstigkeitsprinzip“; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 29. November 2007, B 13 R 44/07 R, Rz. 23, zitiert nach juris; so auch schon BSG, Urteil vom 18. November 1960, 4 RJ 305/59, Breithaupt 1961, 342).

Auch auf die Rentenanträge in der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Regelungen des bürgerlichen Rechts über den rechtlichen Gehalt, den Inhalt und Umfang sowie Auslegung von Willenserklärungen anzuwenden, soweit nicht ausdrücklich Vorschriften etwas anderes bestimmen und soweit nicht die Eigentümlichkeiten des öffentlichen Rechts etwas anderes bewirken. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen; es ist nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -).

Bezogen auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung hat das BSG hierzu ausgeführt, dass hinsichtlich eines Leistungsbegehrens des Versicherten nicht am Wortlaut seiner Erklärung zu haften ist, sondern es müsse nach § 2 Abs. 2 Halbs. 2 SGB I stets davon ausgegangen werden, dass der Versicherte die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen wolle. Ein einmal gestellter Antrag sei also umfassend, d.h. auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen zu prüfen. Vom einzelnen Versicherten könne nicht erwarten werden, dass er über alle Rentenarten und deren Anspruchsvoraussetzungen informiert sei; daher könne ohne ausdrücklich erklärte Einschränkung nicht angenommen werden, dass er bei der Rentenantragstellung bestimmte Rentenarten ausgeschlossen wolle. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Antragstellung anhand eines vom Rentenversicherungsträger zur Verfügung gestellten Vordrucks erfolge und dem Versicherten möglicherweise nicht bewusst sei, dass er auch mehrere Rentenarten ankreuzen könne. Die Auslegung eines Leistungsantrages habe sich danach zu richten, was als Leistung möglich sei, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorlägen (Urteil des BSG vom 29. November 2007 - B 13 R 44/07 R). Wenn die ausdrücklich begehrte Rente nicht zuerkannt werden kann, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht vorliegen, soll im Allgemeinen jede andere Rente, deren Bedingungen erfüllt sind, gewährt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG kann dies jedoch nur dann in Betracht kommen, wenn es sich bei der anderen Rente um eine Leistung handelt, deren Feststellung für den Versicherten Vorteile und keine Nachteile mit sich bringt. Falls mit der Zuerkennung Nachteile verbunden wären, könne der Rentenbescheid nur dann erteilt werden, wenn der Wille des Versicherten, diese Nachteile mit in Kauf zu nehmen, mit genügender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sei (so BSG, Urteil vom 15. März 1962, 4 RJ 191/60, SozR Nr. 12 zu § 1248 RVO.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger am 20. Juni 2001/18. August 2001 keinen Antrag auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen gestellt.

Der oben genannte Hinweis des BSG, die Auslegung eines Leistungsantrages habe sich vielmehr danach zu richten, was als Leistung möglich sei, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorlägen (Urteil des BSG vom 29. November 2007- B 13 R 44/07 R), führt zu keiner anderen Beurteilung.

Der Kläger war beraten:

Er hatte drei Hinweise erhalten zu seiner Möglichkeit die Altersrente zu erhalten, gleichwohl hat er sie nicht vor 2005 beantragt. Es liegen gute Gründe vor, die deutlich machen, dass er diese Rente gerade nicht beantragen wollte.

Nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 25. Juni 2001 zur Vorlage beim Arbeitsamt beantragte er stattdessen Rente wegen Erwerbsminderung am 16. August 2001 und mit seiner am 25. September 2001 unterschriebenen Erklärung gegenüber dem Arbeitsamt Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III. Ausdrücklich heißt es in dieser Erklärung des Klägers gegenüber dem Arbeitsamt im Übrigen: „Altersrente ohne Rentenminderung kann ich frühestens erhalten ab 1.3.02“. Der Kläger wusste somit bereits zirka sieben Monate vor Vollendung seines 60. Lebensjahres und zum Zeitpunkt, als er den Formvordruck „Antrag auf Versichertenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter“ nach Vordruck „R 100“ am 16. August 2001 unterschrieb, dass er ab 01. März 2002 eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen erhalten könnte. Trotzdem hat er seinen Antrag vom 20. Juni 2001 nicht „angepasst“ und in dem Vordruck lediglich eine „Rente wegen Erwerbsminderung“ ausdrücklich angekreuzt.

Am 31. Januar 2002 erhielt er ein weiteres Hinweisschreiben der Beklagten zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Altersrente. Stattdessen beantragte er am 29. Juli 2002 beim Arbeitsamt Berlin Ost Arbeitslosenhilfe nach Wegfall seines Arbeitslosengeldanspruchs.

Am 12. August 2002 war er vom Arbeitsamt aufgefordert worden, Altersrente zu beantragen. Auf die Möglichkeit, die Rente ohne Abschlag zu erhalten, wurde er hierbei hingewiesen.

Hierauf hat er nicht - auch nicht mit einem Hinweis auf einen bereits gestellten Altersrentenantrag - geantwortet. Spätestens mit der Ablehnung von Arbeitslosenhilfe durch Bescheid des Arbeitsamtes Berlin Ost vom 29. Oktober 2002 wusste der Kläger, dass er keinen Anspruch mehr auf Leistungen der Arbeitsverwaltung hatte, so dass ihm noch die Witwerrente und die Rente wegen Berufsunfähigkeit mit monatlichen Zahlbeträgen ab August 2002 von netto 447,43 € bzw. 430,76 € verblieben.

Auch hat sich der Kläger weder nach dem Hinweisschreiben der Beklagten vom 31. Januar 2002 noch nach dem Aufforderungsschreiben des Arbeitsamtes Berlin Ost vom 12. August 2002 gegenüber der Beklagten - und/oder dem Arbeitsamt Berlin Ost - darauf berufen, dass er einen Altersrentenantrag bereits gestellt habe. Soweit der Kläger behauptet, er habe am 17. Juni 2002 oder am 08. Mai 2003 einen Antrag auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen gestellt bzw. er sei im Sommer 2002 von der Beklagten aufgefordert worden, zur Bearbeitung seines Altersrentenantrages noch Bescheinigungen seiner Krankenkasse und des Arbeitsamtes, aus denen sich Höhe und Dauer von Leistungsbezügen ergebe, beizubringen, lässt sich dies nicht nachweisen. Weder hat der Kläger entsprechende Dokumente vorgelegt noch Zeugen hierzu benannt, auch findet sich hierzu nichts in den Akten.

Nach dem gemäß § 133 BGB maßgeblichen Empfängerhorizont der Beklagten war erkennbar, dass der Kläger gerade keine Altersrente anstrebte:

Erklärtermaßen hat der Kläger sowohl in dem Kurzformularantrag vom 20. Juni 2001 wie auch in dem von ihm am 16. August 2001 unterschriebenen Antrag auf Versichertenrente nach dem Formular R 100 der Beklagten lediglich eine „Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit (EM-Rente)“ bzw. eine „Rente wegen Erwerbsminderung“ beantragt. Denn nur diese Rentenarten hat der Kläger in den jeweiligen Vordrucken angekreuzt, obwohl beide Vordrucke auch Kästchen für die weiteren Rentenarten, auch eine Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Schwerbehinderung/Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit enthalten. Ausdrücklich hat der Kläger erst am 26. Januar 2005 bei der Beklagten eine Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres bei Berufsunfähigkeit gestellt.

Den vom Kläger abgegebenen Erklärungen in den Formularvordrucken vom 20. Juni 2001 bzw. 18. August 2001 sowie den vorangegangenen Verwaltungsverfahren zwischen dem Kläger und der Beklagten und dem aktenkundigen Verhalten des Klägers danach ist eine Beschränkung auf eine bestimmte Rentenart, nämlich auf eine „medizinische“ Rente, unter Ausschluss einer vorgezogenen Altersrente (hier für schwerbehinderte Menschen) hinreichend deutlich zu entnehmen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem aktenkundigen Verhalten des Klägers, das keine andere Auslegung zulässt:

Er hat – aus der Sicht der Beklagten – konsequent sein Begehren auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit – weiter – verfolgt.

Nachdem mit Bescheid vom 29. Dezember 1999 sein Antrag vom 02. November 1999 auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit abgelehnt worden war, hatte der Kläger im Widerspruchsverfahren sein Begehren weiter verfolgt und mit Bescheid vom 28. Juni 2000 insoweit Erfolg, als ihm eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab November 1999 zuerkannt worden ist.

Am 20. Juni 2001 hat er in Verfolgung seines der Beklagten seit bereits 1999 bekannten Begehrens wiederum einen Antrag auf Rente „wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit(EM-Rente)“gestellt. Diesen Antrag hat er auf dem ihm am 20. Juni 2001 ausgehändigten Vordruck mit Unterzeichnung am 16. August 2001 wiederholt. Dies geschah, obgleich er zu dieser Zeit die Bescheinigung der Beklagten vom 25. Juni 2001 erhalten hatte, worin ihm die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente mit dem frühestmöglichen Rentenbeginn ohne Abschläge zur Vorlage beim Arbeitsamt bescheinigt worden waren. Damit wurde für die Beklagte seine Entscheidung für die Beantragung einer Rente „wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit eindeutig erkennbar.

Dabei war ersichtlich, dass er dabei auch durchaus den Blick auf eine vorgezogene Altersrente gehabt hatte, ohne dass er eine solche letztlich beantragen wollte Dies zeigt sich daran, dass er zunächst in dem Vordruck „R 100“ auch die „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres“ angekreuzt hatte, wobei dieses Kästchen dann durchgestrichen worden ist. Dieses Durchstreichen ist nur folgerichtig gewesen und lässt ebenfalls einen Schluss auf den Willen des Klägers zu, nur einen Antrag auf Rente wegen (voller) Erwerbsminderung zu stellen.

Die Tatsache, dass der Kläger nicht nur unter „sonstigen Angaben“ im Formularvordruck vom 18. August 2001 den Kästchenvordruck „Bei Antrag auf Erwerbsminderung“, sondern auch „Bei Antrag auf Altersrente“ angekreuzt hat, steht der Beschränkung des Rentenantrages auf eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung nicht entgegen. Denn der Kläger hatte zunächst eine andere Rente in Gestalt einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres im Blick, wie der zunächst angekreuzte und dann wieder durchgestrichene entsprechende Kästchenvordruck zeigt. Insoweit ist es nur folgerichtig, dass der Kläger auch Angaben zu einem Antrag auf Altersrente – hier wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres – gemacht hat. Soweit er diese stehengelassen hat, folgt hieraus kein Antrag auf Altersrente. Wenn nach der erkennbaren Streichung des Antrags auf Altersrente nur eine „Rente wegen Erwerbsminderung“ im Formvordruck angekreuzt wird, kann der Rentenversicherungsträger davon ausgehen, dass der Kläger auch nur eine Rente wegen Erwerbsminderung begehrt. Dies gilt umso mehr, als der Kläger in dem Antrag angegeben hat, Arbeitslosenhilfe zu erhalten.

Hiermit in Übereinstimmung steht das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 26. Oktober 2001. Mit diesem Schreiben bat er die Beklagte ausdrücklich nochmals, „seinen Antrag auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit“ zu prüfen. Von einer fehlenden Entscheidung der Beklagten zu einer vorgezogenen Altersrente ist keine Rede.

Auch sein weiteres Verhalten gegenüber der Beklagten stimmt hiermit überein: Auch am 21. Februar 2002 hat der Kläger gegenüber der Beklagten angegeben, dass er seinen Widerspruch aufrecht erhalte mit der Begründung, dass „neue stützende Atteste“ „nachgereicht“ würden. Auch hier ist keine Rede von einer beantragten Altersrente für schwerbehinderte Menschen, obwohl der Kläger wenige Tage zuvor seinen 60. Geburtstag vollendet hatte.

Die Äußerung von Seiten des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass der Antrag vom 18. August 2001 nicht allein vom Kläger ausgefüllt worden sei, ist rechtlich unerheblich. Der Antragsvordruck wurde vom Kläger unterzeichnet, er hat versichert, dass er sämtliche Angaben in diesem Vordruck und den dazugehörigen Anlagen nach bestem Wissen gemacht habe. Insoweit muss er sich in dem Vordruck enthaltene Erklärungen zurechnen lassen. Dass der Antrag „gefälscht“ worden sei, also Erklärungen enthielte, die der Kläger nicht abgegeben habe, wird im Übrigen weder vorgetragen noch ist dafür etwas ersichtlich.

Das „Günstigkeitsprinzip“ verhilft dem Kläger auch bereits deshalb nicht zum Erfolg, weil keinesfalls feststeht, dass die Auslegung seines Antrags als Antrag auf Altersrente nach § 236 a SGB VI für den Kläger die günstigste Variante war.

Die Bewilligung der vorgezogenen Altersrente bringt nicht nur Vorteile mit sich, sondern auch Nachteile, die aus der Sicht des Empfängers - der Beklagten - Gründe für eine Beschränkung des Antrages des Klägers auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sein durften. Denn nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI sind Personen, die eine Vollrente wegen Alters beziehen, versicherungsfrei. Bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236 a SGB VI handelt es sich um eine solche Rente. Dem Kläger wäre es somit bei Bezug einer Rente für schwerbehinderte Menschen ab 01. März 2002, nicht mehr möglich gewesen, Pflichtbeiträge aus versicherungspflichtiger Beschäftigung oder Lohnersatzleistungen, für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden, rentenerhöhend zu erwerben. Insoweit wären dem Versicherungskonto des Klägers auch keine weiteren Pflichtbeitragszeiten wegen Bezuges von Arbeitslosengeld nach dem 01. März 2002 gut geschrieben worden, wie dies ausweislich des Rentenbescheides über Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom 07. Februar 2005 beim Rentenbeginn 01. Januar 2005 rentensteigernd geschehen ist (vgl. Anlage 2 Seite 03 des Rentenbescheides: weitere Pflichtbeiträge für die Monate März, April, Mai, Juni und Juli 2002; zur Anzahl der darauf beruhenden Entgeltpunkte vgl. Anlage 3 Seite 3 des Rentenbescheides vom 07. Februar 2005: 0,0323 Entgeltpunkte für den 01. Juli bis 16. Juli 2002 und 0,3632 Entgeltpunkte für das halbe Jahr 01. Januar 2002 bis 30. Juni 2002).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Wiederherstellung seines Gestaltungsrechts, ein Recht auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu begründen, mit Wirkung für die Zeiten zwischen dem 01. März 2002 und dem 31. Dezember 2004, und deswegen einen Anspruch auf Feststellung dieses Rechts schon für Bezugszeiträume vor 2005. Die Beklagte muss ihn nicht so behandeln, als ob das Recht auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen rechtzeitig für einen Rentenbeginn am 01. März 2002 geltend gemacht worden wäre. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch verlangt, dass der Anspruchsteller ein bestimmtes soziales Recht inne hat, das sich gerade gegen den Leistungsträger richtet, von dem er Herstellung begehrt; er muss in dem sozialen Recht dadurch beeinträchtigt worden sein, dass der verpflichtete Leistungsträger durch ein ihm sozialrechtlich zuzurechnendes rechtswidriges Verhalten (Eingriff, Behinderung oder Unterlassen einer gebotenen Förderung) eine Haupt- oder Nebenpflicht aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis verletzt hat, die ihm gerade gegenüber dem Anspruchsteller zum Schutz dessen Rechts oblag; die Pflichtverletzung muss darüber hinaus die wesentliche, d. h. zumindest gleichwertige, Bedingung dafür gewesen sein, dass das beeinträchtigte Recht (ggf. für den jeweiligen Zeitraum) dem Rechtsinhaber nicht, nicht mehr oder nicht in dem vom Primärrecht bezweckten Umfang zusteht (so BSG, Urteil vom 06. März 2003, B 4 RA 38/02 R, Rz. 16, zitiert nach juris).

Es liegt kein Hinweis darauf vor, dass die Beklagte einen Beratungs- oder Auskunftsanspruch des Klägers aus §§ 14, 15 SGB I nicht oder schlecht erfüllt hätte. Vielmehr hat die Beklagte zeitnah zum streitigen Zeitraum den Kläger auf eine klar zutage liegende Dispositionsmöglichkeit im Sinne eines Antrages auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen hingewiesen. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Landesversicherungsanstalt Berlin vom 31. Januar 2002 an den Kläger. Darin ist der Kläger 14 Tage vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres darauf hingewiesen worden, dass er aufgrund des Bezuges seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit möglicherweise einen - höheren - Anspruch auf vorgezogene Altersrente habe. Damit hat die Beklagte auf die Möglichkeit des Übergangs in eine vorgezogene Alterrente hingewiesen. Darüber hinaus hat sie mitgeteilt, bei Vorliegen welcher Voraussetzungen die vorgezogene Altersrente in Anspruch genommen werden kann (Erfüllung der Wartezeit, weitere persönliche und besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen und Nichtüberschreitung der Hinzuverdienstgrenzen). Sie hat außerdem darauf hingewiesen, dass die vorgezogene Altersrente - ggf. vermindert um einen Rentenabschlag - nur gezahlt werden könne, wenn hierfür ausdrücklich ein Rentenantrag gestellt sei. Darüber hinaus hat sie darauf hingewiesen, dass ein Rechtsverlust eintritt, falls ein Rentenantrag erst mehr als drei Monate nach Erfüllung der Voraussetzung für die Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente gestellt werde. Im Übrigen hat sie ausgeführt, dass sie allein anhand des Versicherungskontos nicht erkennen kann, welche Entscheidung im Fall des Klägers günstig sei und dass es sich deshalb anbiete, sich individuell von ihr beraten und die erforderlichen Auskünfte geben zu lassen. Sie hat damit ihre sich aus dem Sozialversicherungsverhältnis mit dem Kläger hier vorliegenden Verpflichtungen zur Aufklärung und Beratung hinreichend erfüllt.

Soweit in dem Schreiben vom 31. Januar 2002 darauf hingewiesen wird, dass das Schreiben als gegenstandslos anzusehen sei, wenn in den letzten Tagen bereits ein Rentenantrag gestellt worden sein sollte, ist festzustellen, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nicht davon ausgegangen ist, einen solchen Rentenantrag bereits gestellt zu haben. Denn er hat ausgeführt, dass er einen Antrag auf vorgezogene Altersrente am 17. Juni 2002 abgegeben habe, also zirka sechs Monate nach dem Hinweisschreiben. Dies hingegen passt nicht zu seiner Erklärung im Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 29. Juli 2002. Darin hat er angegeben, dass er bei der „LVA“ eine „Witwenrente“ am „5.02“ beantragt habe (unter Punkt 4. des entsprechenden Antragsvordrucks, Bl. 42 der Arbeitsamtsakten). Tatsächlich hat der Kläger am 06. Mai 2002 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – nicht der „LVA“ – auch einen Witwerrentenantrag gestellt.

Soweit der Kläger behauptet, dass ihm bei einer Beratung durch die Beklagte im Jahre 2003 die Auskunft erteilt worden sei, dass er die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen nicht abschlagsfrei erhalten könne, macht er zwar die Verletzung einer Hinweispflicht geltend. Dies lässt sich aber - ebenfalls nach seinem eigenen Vorbringen und den Ermittlungen der Beklagten - nicht nachweisen.

Nach allem kommt ein Rentenbeginn vor dem 01. Januar 2005 nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung, die dem Ausgang des Rechtstreits entspricht, beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.