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Berufskrankheit - Asthma bronchiale - Unterlassungszwang - Allergie - Latex - Handschuhe - hinreichende Wahrscheinlichkeit


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 15.03.2012
Aktenzeichen L 3 U 58/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 SGB 7, § 7 SGB 7, § 9 SGB 7, Nr 4301 Anl 1 BKV

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 04. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung ihrer Atemwegserkrankung als Berufskrankheit Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen <einschließlich Rhinopathie>, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können – BK 4301).

Die 1944 geborene Klägerin arbeitete von 1964 bis Ende 2002 als medizinisch-technische Assistentin (MTA) am C-Klinikum (CTK). Am 02. Mai 2002 beantragte sie unter Hinweis auf bei ihr bestehende Allergien an den Händen, ständigen Reizhusten und häufige Bronchitis bei der Beklagten die Anerkennung einer BK. 1994 und 1997 seien Hauttestungen mit der Feststellung allergischer Reaktionen auf Latex vorgenommen worden, weshalb sie latexfreie Handschuhe erhalten habe, woraufhin die Hauterscheinungen zurückgegangen seien und der ständige Reizhusten und häufige Bronchitis geblieben seien. Im Jahr 2000 sei ein allergisches Asthma bronchiale diagnostiziert worden, unter welchem sie trotz Behandlung mit einem Junik Autohaler sehr leide.

Die Beklagte ließ im Rahmen eigener Ermittlungen die Klägerin einen von ihr zur Verfügung gestellten Fragebogen ausfüllen und holte Befundberichte bei den die Klägerin behandelnden Ärzten ein. Der Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. G gab unter dem 13. Juni 2002 an, die Klägerin erstmals unter der Diagnose allergisches Asthma bronchiale am 22. Dezember 2000 behandelt zu haben. Die Klägerin sei seit Januar 2002 wegen eines neurologischen Leidens arbeitsunfähig. Die Fachärztin für Dermatologie/ Venerologie Dr. T legte der Beklagten mit ihrem Befundbericht vom 24. Juni 2002 einen undatierten Allergie-Testbogen vor (Reaktion auf Thiuram-Mix und Fingerhandschuhe, keine Reaktion u.a. auf gepuderte Fingerhandschuhe und solche des Typs Regent Biogel), wonach bei der erstmaligen Vorstellung der Klägerin am 02. Februar 1994 ein Ekzem an beiden Handrücken und Fingerspitzen mit einer Streuung ins Gesicht festgestellt worden sei, ferner im März 1995 ein Rezidiv mit einem leicht synamösen Ekzem im Gesicht und am 07. Juni 1996 ein Rezidiv mit einem Ekzem an Händen und im Gesicht. Unter Einsatz einer leicht kortisonhaltigen Salbe sei es jeweils zu einer prompten Abeilung gekommen.

Die Fachärztin für Hautkrankheiten/ Allergologie Dr. V, seinerzeit beim CTK beschäftigt, berichtete der Beklagten unter dem 04. August 2002 unter Vorlage von Allergie-Testbögen vom 25. August 1997, dass bei der Klägerin eine kombinierte Typ-IV- und Typ-I-Allergie (allergisches Kontaktekzem der Arbeitshände auf Thiurame in Latexhandschuhen sowie eine Kontakturticaria sowie sehr wahrscheinlich auch Rhinitis und asthmoide Beschwerden aufgrund einer Typ-I-Allergie gegen Naturlatexhandschuhe) ausgehend von einer erstmaligen Vorstellung am 24. Mai 1996 festgestellt worden sei. An den Fingerspitzen, den Beugeseiten der Fingerendglieder sowie im Daumen- und Kleinfingerballenbereich beider Hände (rechts gering stärker als links) hätten sich mäßige Rötung, feinlamellöse Schuppung, partiell vergröberte Hautfelderung und diskrete Rissbildungen gefunden. Nach einer Umstellung auf thiuram- und puderfreie Arbeitsschutzhandschuhe (Regent Biogel) sei zunächst eine Befundbesserung eingetreten. Am 09. Juli 1997 habe die Klägerin berichtet, dass nach kurzfristigem Tragen dieser Handschuhe an beiden Handrücken „Friesel“ und Juckreiz aufträten. Die anschließende Allergietestung habe eine mittelstarke Typ-IV-Allergie auf Duftstoffe und auf Biogel-Handschuhlösung ergeben; ein Handschuh-Trageversuch sei positiv verlaufen (Rötung und diskrete pflastersteinartige Schwellung am Handrücken in Daumennähe). Bei einer erneuten Konsultation am 23. Dezember 1998 habe die Klägerin neben gelegentlichen Juckreizattacken in unterschiedlicher Lokalisation über Reizhusten, Rhinitis und asthmoide Beschwerden geklagt. Krankhafte Hauterscheinungen seien damals nicht befundet worden. Es sei nun eine betriebliche Prävention intensiviert worden (engere Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt, konsequente Umstellung auf ungepuderte Naturlatexhandschuhe in der gesamten Abteilung <Arbeitsplatz der Klägerin>). Eine BK-Meldung habe die Klägerin damals nicht gewünscht. Bei einer Konsultation am 26. September 2001 hätten keine Zeichen eines allergischen Kontaktekzems bestanden und habe die Klägerin über eine deutliche Besserung der laryngopharyngalen Beschwerden während Urlaub, Kur und Krankschreibung berichtet. Seit dem 17. September 2001 sei sie krankgeschrieben. Während der Kur habe sie an den Kontaktstellen eines zur Therapie eingesetzten Gummibandes Bläschenbildung festgestellt. Zum Zeitpunkt der Vorstellung am 26. September 2001 seien die verordneten Präventionsmaßnahmen glaubhaft diszipliniert eingehalten worden. Laut von Dr. V vorgelegtem ärztlichen Kurzbericht der Ärztin für Dermatologie K vom 18. Februar 1999 bestanden bei der Klägerin ein Kontaktekzem auf Gummihandschuhe einschließlich Regent Biogel und eine Latexsensibilisierung mit offenbar zunehmenden Beschwerden seit August 1997. Nach dem Kurzbericht sollte für die Klägerin wegen Juckreiz, Rhinitis und asthmoiden Beschwerden eine puderfreie Abteilung angestrebt werden.

Die Beklagte ließ sich von der Oklinik den Reha-Entlassungsbericht über eine von 20. Februar bis zum 20. März 2001 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme übersenden, wonach seit dem 27. Oktober 2000 ununterbrochen Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Rückenbeschwerden und Atemnotbeschwerden bestand. Eine Lungenfunktionsprüfung habe keinen Nachweis einer obstruktiven bzw. restriktiven Lungenventilationsstörung unter Medikation mit Junik Autohaler 2 x 2 Hübe/ täglich, jedoch Hinweise auf ein beginnendes Emphysem ergeben. Die Klägerin sei am 20. März 2001 arbeitsfähig entlassen worden.

Die Beklagte holte eine Unternehmerauskunft beim CTK ein, welche unter dem 07. August 2002 von der Fachärztin für Innere Medizin Dr. E erstellt wurde, wonach im Arbeitsbereich der Klägerin nur latexfreie Handschuhe verwendet werden. Das CTK erstattete unter dem 01. August 2002 eine BK-Anzeige wegen eines auf eine Latexallergie zurückzuführenden Asthma bronchiale und berichtete unter dem 29. August 2002, dass bis vor etwa zwei Jahren im Labor gepuderte Latexhandschuhe benutzt worden seien und inzwischen vollständig auf ungepuderte Latexhandschuhe umgestellt worden sei. Die Beklagte holte Vorerkrankungsverzeichnisse der Krankenkasse der Klägerin vom 28. August 2002, 12. März 2003 und 25. März 2003 sowie einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. G vom 30. Dezember 2002 ein und zog die die Klägerin betreffenden Patientenunterlagen des CTK bei.

Laut auf Arbeitsplatzanalysen beruhender Auskünfte des technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten (TAD) vom 13. Januar und 21. Februar 2003 lag nach dem Tätigkeitsbild der Klägerin eine berufliche Exposition vor, die geeignet gewesen sei, eine BK 4301 auszulösen. Für Arbeiten in Laboratorien des CTK seien aus hygienischen Gründen zunächst gepuderte Latexhandschuhe den Beschäftigten zur Verfügung gestellt worden; diese seien etwa im Jahr 2000 durch ungepuderte, im Arbeitsbereich der Klägerin sogar gegen latexfreie Handschuhe ersetzt worden. Dennoch sei offenkundig ein Kontakt gegenüber Allergenen über die Atemluft gegeben, wenn die Versicherte vertretungsweise in anderen Bereichen tätig geworden sei. Nach Angaben der Klägerin sei die gesamte Krankenhausluft mit Abrieb der Latexhandschuhe versetzt gewesen, weil in allen anderen Bereichen nach wie vor latexhaltige Handschuhe eingesetzt worden seien.

Im Auftrag der Beklagten erstellte der Internist, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie und Umweltmedizin Dr. S am 06. April 2004 nach ambulanten Untersuchungen der Klägerin am 10. und 25. März 2004 ein pneumologisch-allergologisches Gutachten. Danach war die Klägerin 1961/ 62 an einer bilateralen Lungentuberkulose erkrankt gewesen, die entsprechend medikamentös behandelt worden sei und zu keiner Exazerbation geführt habe. Es liege ein leichtgradiges, therapiepflichtiges Asthma bronchiale mit normaler ventilatorischer Funktion bei fortlaufender Therapie mit Steroiden vor. Es bestehe eine deutliche kutane und serologische Sensibilisierung gegen viele Pollen und eine serologische, nicht aber kutane Sensibilisierung gegen Latex. Angesichts der Häufigkeit des Asthma bronchiale in der allgemeinen Bevölkerung und der bei der Klägerin nachweisbaren übrigen polyvalenten Sensibilisierung sei die alleinige ursächliche Bedeutung der Arbeitsplatzeinflüsse auf das Asthmaleiden oder eine dadurch einhergehende richtungweisende Verschlimmerung nicht hinreichend wahrscheinlich. Eine BK 4301 werde nicht angenommen. Die Befundkonstellation spreche aus pneumologisch-allergologischer Sicht nicht gegen die Wiederaufnahme der Tätigkeit als MTA bei Verwendung nicht latexhaltiger Schutzhandschuhe und Abwesenheit unspezifischer inhalativer Belastungen.

Die Beklagte lehnte nach Einholung einer gewerbeärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für HNO-Krankheiten und Arbeitsmedizin O vom 04. Juni 2004 die Anerkennung der BK 4301 mit Bescheid vom 01. Juli 2004 ab und verwies ausgehend von der Begutachtung von Dr. S auf das Fortbestehen des asthmatischen Leidens nach Arbeitsaufgabe der Klägerin, ihre Arbeitsunfähigkeitszeiten und das Fehlen eines Unterlassungszwangs. Die Klägerin erhob am 19. Juli 2004 Widerspruch und rügte, dass die Hauterkrankung nicht in die Prüfung miteinbezogen worden sei.

Die Beklagte leitete nun Ermittlungen zum Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 der BKV (schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - BK 5101) ein und wies den Widerspruch gegen die abgelehnte Anerkennung der BK 4301 mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2005 zurück.

Die Klägerin hat ihr auf Anerkennung der BK 4301 gerichtetes Begehren mit der am 05. Oktober 2005 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt und behauptet, dass ihre allergiebedingten Atemwegs- und Hauterkrankungen wesentliche Folge einer mehr als dreißigjährigen Tätigkeit als MTA seien. Dass die erworbenen Allergien auch nach Ende des Arbeitsprozesses eine starke Beeinträchtigung des alltäglichen Lebens bedeuteten und einer ständigen Therapie bedürften, stütze die Klage. Das SG hat u.a. nach ambulanten Untersuchungen der Klägerin erstellte sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) vom 21. Dezember 2000, 22. Juli 2002 und 07. Januar 2003, ferner Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und einen Reha-Entlassungsbericht der B-Klinik über eine vom 12. September 2002 bis zum 10. Oktober 2002 durchgeführte stationäre Rehabiliationsmaßnahme nebst einem psychiatrischen Befund der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P vom 25. August und einem Bericht der Abteilung Psychosomatik/ Psychotherapie der B-Klinik vom 25. Oktober 2002 beigezogen.

Das SG hat aufgrund Beweisanordnung vom 21. Februar 2007 das vom Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie und Umweltmedizin Dr. Sch am 09. Januar 2008 erstellte schriftliche Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige ist zum Ergebnis gelangt, dass eine BK 4301 bestehe, indem die Klägerin berufsbedingt an einem allergischen Asthma bronchiale sowie einer allergischen Rhinopathie infolge einer Sensibilisierung gegenüber Latexantigen leide. Als BK-Folge bestehe eine schwere, behandlungsbedürftige bronchiale Hyperreaktivität, welche eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v.H.) mit sich bringe. Die Beklagte ist dem Gutachten mit einer gewerbeärztlichen Äußerung der Fachärztin für Arbeitsmedizin und HNO-Krankheiten O vom 15. Juli 2008 entgegen getreten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 04. Dezember 2008 abgewiesen und sich im Ergebnis der von Dr. S vorgenommenen Begutachtung angeschlossen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 14. Februar 2009 zugestellte Urteil am 12. März 2009 Berufung eingelegt. Sie hält an ihrem bisherigen Vorbringen fest und behauptet, dass sie ihre Tätigkeit im Klinikum auf jeden Fall hätte aufgeben müssen, weil dort mit Sicherheit in irgendeiner Form eine Exposition mit latexhaltigen Gegenständen zu befürchten gewesen wäre. Denn sie entwickle auch jetzt noch beispielsweise bei der Krankengymnastik oder auch im Bus Beschwerden, weil sie dort latexhaltigen Gegenständen ausgesetzt sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 04. Dezember 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01. Juli 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. September 2005 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihr die Berufskrankheit Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Aktenauszüge aus dem Verfahren L 3 U 55/09 zu den Gerichtsakten genommen, insbesondere eine Arbeitgeberauskunft des CTK vom 01. Februar 2010 nebst Anlagen, wonach unter Bezugnahme auf die der Beklagten unter dem 29. August 2002 erteilte Auskunft nach Angaben langjähriger Mitarbeiterinnen zur fraglichen Zeit die Umstellung auf puderfreie Latexhandschuhe im Klinikum abgeschlossen gewesen sei. Die Klägerin habe auf eine betriebsärztliche Empfehlung hin latexfreie Handschuhe erhalten. Da nach Aussage der Mitarbeiterinnen die Klägerin wegen ihrer häufigen Ausfälle sehr selten anwesend gewesen sei, habe sie keinen ständigen eigenen Arbeitsbereich mehr gehabt. Es werde berichtet, dass es gelegentlich zu Beschwerden von ihrer Seite gekommen sei, wenn andere Kolleginnen in ihrer Nähe mit Latexhandschuhen gearbeitet hätten.

Der Senat hat von Dr. Sch die ergänzende sachverständige Stellungnahme vom 30. Dezember 2010 fertigen lassen, in welcher er zum Ergebnis gelangt, dass ausgehend von den Arbeitsplatzanalysen des TAD eine flächendeckende Versorgung der gesamten Klinik mit latexfreien Handschuhen noch nicht erfolgt gewesen sei. Bereits in den angrenzenden Abteilungen des Krankenhauslabors seien nach Angaben der Klägerin latexhaltige Handschuhe getragen worden. Es sei daher nicht verwunderlich, dass es seit der Versorgung der Klägerin mit latexfreien Handschuhen im Februar 1999 bis zu ihrem letzten Arbeitstag am 17. September 2001 nicht zu einer durchgreifenden Besserung der Fließschnupfen- und Husten- sowie Atemnotbeschwerden gekommen sei, welche zu beständigen Krankschreibungen wegen Erkrankungen der oberen bzw. tieferen Atemwege zwischen November 1998 bis September/ Oktober 2001 geführt hätten. Es habe so angesichts der seinerzeit (September 2001) bestandenen unzureichenden Schutzmaßnahmen für die Klägerin der medizinisch begründete objektive Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit als MTA im Labor des CTK bestanden, weil die weitere Arbeit in diesem Bereich wegen der seinerzeit noch unzureichenden Schutzmaßnahmen gegenüber Latexantigen und der hierdurch bedingten Kontamination der Atemluft am Arbeitsplatz mit Latexpartikeln zu einer weiteren Verschlimmerung der bestehenden Rhinopathie bzw. Asthmaerkrankung geführt hätte.

Ferner hat der Senat die Patientenakte des CTK beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Gerichtsakten zum Verfahren L 3 U 55/09, die Verwaltungsakten der Beklagten und Patientenakten des CTK verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Bei ihr lässt sich das Vorliegen der BK 4301 nicht feststellen.

Als Versicherungsfall gilt nach § 7 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet, § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die versicherten Tätigkeiten ergeben sich aus §§ 2, 4 und 6 SGB VII, wozu nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor allem die Beschäftigung gehört. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen. Der Tatbestand der BK 4301 umfasst die durch allergisierend wirkende Stoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie), welche zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Gemäß diesen Vorgaben lassen sich folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).

Dies zugrunde gelegt erscheint es nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen zunächst nicht zweifelhaft, dass die Klägerin als im CTK beschäftigte MTA einer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit nachging.

Hierbei war die Klägerin nach den auf Arbeitsplatzanalysen beruhenden Feststellungen des TAD und den Auskünften des CTK auch der Einwirkung durch Latexantigen ausgesetzt, welches in latexhaltigen Operationshandschuhen, wie sie auch im CTK benutzt wurden, enthalten ist und als allergischer Stoff als Ursache berufsbedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen in Betracht kommt (vgl. etwa Liste bei Mehrtens/ Brandenburg, BKV – Kommentar, Lieferung 2/11, M 4301 Rn. 4). Das CTK selbst erstattete unter dem 01. August 2002 eine BK-Anzeige wegen eines auf eine Latexallergie zurückzuführenden Asthma bronchiale und berichtete unter dem 29. August 2002, dass bis vor etwa zwei Jahren im Labor gepuderte Latexhandschuhe benutzt worden seien und inzwischen vollständig auf ungepuderte Latexhandschuhe umgestellt worden sei. Laut der auf Arbeitsplatzanalysen beruhenden Auskünfte des TAD vom 13. Januar und 21. Februar 2003 lag nach dem Tätigkeitsbild der Klägerin eine berufliche Exposition vor, die geeignet war, eine BK 4301 auszulösen. Für Arbeiten in Laboratorien des CTK wurden den Beschäftigten aus hygienischen Gründen zunächst gepuderte Latexhandschuhe zur Verfügung gestellt; diese wurden erst etwa im Jahr 2000 durch ungepuderte, im Arbeitsbereich der Klägerin sogar durch latexfreie Handschuhe ersetzt. Hieraus zieht der TAD den zutreffenden Schluss, dass offenkundig ein Kontakt gegenüber Allergenen über die Atemluft bestand, wenn die Klägerin vertretungsweise – wie es am Ende ihrer durch viele Arbeitsunfähigkeitszeiten unterbrochenen beruflichen Tätigkeit mangels eines für sie vorgehaltenen festen Laborplatzes häufig vorkam (vgl. Auskunft des CTK vom 29. Juli 2009) - in anderen Bereichen tätig wurde.

Zweifelhaft erscheint auch nicht, dass die Klägerin tatsächlich unter einer obstruktiven Atemwegserkrankung leidet. Im erstinstanzlich eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten Dr. Schs wird davon ausgegangen, dass ein (allergisches) Asthma bronchiale vorliegt, welches nach dem einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum dem Krankheitsbild der BK 4301 entspricht (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 17.13.3, S. 1058). Die Diagnose eines Asthma bronchiale hatte auch bereits Dr. S in seinem am 06. April 2004 für die Beklagte erstellten Gutachten gestellt. Der die Klägerin ab Dezember 2000 behandelnde Dr. G kam ebenfalls zur Diagnose eines (allergischen) Asthma bronchiale, vgl. dessen Befundbericht vom 13. Juni 2002.

Es steht jedoch nicht im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) fest, dass das Asthma bronchiale eine „durch allergisierende Stoffe verursachte“ Erkrankung ist, auch wenn ein Asthma bronchiale grundsätzlich allergischer Genese sein kann, aber nicht muss (vgl. etwa Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O., Rn. 2). Eine hinreichend wahrscheinliche berufliche Verursachung lässt sich nicht annehmen. Der Beweis ist insbesondere nicht durch das schriftliche Sachverständigengutachten erster Instanz und die im Berufungsverfahren eingeholte ergänzende Stellungnahme Dr. Schs erbracht. Dr. Sch berücksichtigt in seinen Kausalitätserwägungen bzw. in der Krankengeschichte zunächst nicht im gebotenen Maße die nach dem Vorbringen der Klägerin und den Vorerkrankungsverzeichnissen wiederholt und teilweise langwierig durchlittenen infektiösen Atemwegserkrankungen, obwohl bei der Ursachenanalyse eine entsprechende Differentialdiagnostik geboten ist (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 17.13.1.2, S. 1055 f. und Kap. 17.13.6, S. 1065). Dass die Klägerin bereits vor der erstmaligen ärztlichen Feststellung asthmoider Beschwerden – vgl. ärztlichen Kurzbericht vom 18. Februar 1999 – jedenfalls ausweislich der Vorerkrankungsverzeichnisse an immer wiederkehrenden Infektionen der Atemwege (Bronchien, Trachea <Luftröhre>, Larynx <Kehlkopf>) mit längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten litt (25. Februar bis 04. März 1991, 27. Januar bis 05. Februar 1993 und 10. bis 12. November Tracheobronchitis, 14. bis 28. November 1994 Sinubronchitis, 24. Oktober bis 19. November 1995 Laryngotracheitis, 26. Februar bis 24. März 1996 Tracheobronchitis, 21. bis 27. März 1997 Sinubronchitis, 28. April bis 09. Mai 1997 Pharyngotracheitis, 05. bis 20. November 1998 Laryngitis und Tracheitis, 04. bis 29. Januar 1999 akute Bronchitis und Bronchiolitis, 14. Januar bis 04. Februar 2000 akute Bronchitis und akute Tracheitis, 09. bis 12. Mai 2000 Grippe mit Pneumonie, 17. September bis 15. Oktober 2001 akute Infektion der oberen Atemwege), tritt zumindest in Konkurrenz zu einem zeitnah zur beruflichen Exposition entstandenen, berufsbedingten allergischen Asthma bronchiale (vgl. Bekanntmachung des BMA vom 10. Juli 1979 im Bundesarbeitsblatt 7/8/1979, Abschn. IV. Weitere Hinweise, abgedruckt etwa bei Mehrtens/ Brandenburg, a.a.O, S. 4). Zwar bezieht Dr. Sch die Vorerkrankungen in seinem erstinstanzlichen Gutachten in seine Kausalitätserwägungen ein, indem er ausführt, konkurrierende Ursachen kämen nicht in Betracht, weil zwar bei der Klägerin seit den 90er Jahren immer wieder Arbeitsunfähigkeitsfehlzeiten wegen Infekten der oberen und unteren Atemwege dokumentiert seien, ohne dass sich hieraus indes ein chronisches Krankheitsbild ergebe. Jedoch verneint er eine Konkurrenz schon im Wesentlichen unter Hinweis auf das Fehlen einer Chronifizierung. Mit der auffälligen Häufung der infektiösen Atemwegserkrankungen und ihrer zeitlichen Koinzidenz mit der erstmaligen Feststellung asthmoider Beschwerden im ärztlichen Kurzbericht vom 18. Februar 1999 und bei der erstmaligen Vorstellung bei Dr. G im Dezember 2000 - vgl. Befundbericht vom 13. Juni 2002 – setzt er sich nicht plausibel auseinander.

Auf der anderen Seite verweist Dr. Sch zwar durchaus plausibel darauf, dass für einen ursächlichen Zusammenhang der festgestellten Beeinträchtigung die langjährige Exposition gegenüber Latexantigen spricht, welche die Klägerin von der Normalbevölkerung sicherlich abhebt (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 17.13.11, S. 1069, wonach erwiesen sein muss, dass die schädigende Einwirkung nicht nur kurzfristig, sondern mindestens Jahre manifest war). Jedoch vermag das Begutachtungsergebnis Dr. Schs die Ursächlichkeit im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit gleichwohl auch aus den folgenden Gründen nicht zu beweisen. Zum Einen lässt er neben der signifikanten Häufung bronchialer Infekte auch unberücksichtigt, dass zusätzlich mit dem von Dr. G seinerzeit diagnostizierten Emphysem und der in den 60er Jahren durchgemachten Lungentuberkolose Erkrankungen vorlagen, welche ebenfalls als Vorschaden bzw. konkurrierende Ursachen für ein Asthma bronchiale zumindest zu diskutieren sind (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 17.13.4, 1060 und Kap. 17.13.11, S. 1068 f.) und das Erfordernis mit sich bringen, dass während der Zeit der schädigenden Einwirkung der Nachweis erbracht werden muss, dass die Verschlechterung der Lungenfunktion mit zunehmender Atemstrombegrenzung während der angeschuldigten Gefährdung stärker war als nach dem natürlichen Verlauf zu erwarten (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 17.13.11, S. 1069). Zum Anderen fehlt es – wie Dr. S nachvollziehbar ausführt – an sicheren expositionsverursachten Vorbefunden (Obstruktion nach Schichtende oder Zunahme einer unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität in serieller Testung), zumal die berufliche Verursachung gerade nicht außer Frage steht, weil das beruflich einwirkende Allergen – Latex - sowohl am Arbeitsplatz als auch im natürlichen Lebensraum vorhanden ist (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 17.13.1.2, 1055 und Kap. 17.13.6, S. 1063), was im Fall der Klägerin durch die Persistenz ihrer Beschwerden belegt wird. Dass die Klägerin positiv auf Latexantigen reagiert, stellt auch Dr. S in seinem am 06. April 2004 für die Beklagte erstellten Gutachten nach den von ihm erhobenen Befunden nicht in Abrede, indem er auf eine serologische Sensibilisierung gegenüber Latex verweist. Bedeutsam wird in diesem Zusammenhang jedoch, dass zwar bereits erstmalig während der Tätigkeit als MTA im Dezember 1998 und Februar 1999 im Zusammenhang mit einer Latexsensibilisierung von asthmoiden Beschwerden berichtet wird, welche zur ärztlichen Empfehlung eines puderfreien Arbeitsplatzes führten, vgl. Dr. Vs Bericht vom 04. August 2002 nebst ärztlichen Kurzbericht der Ärztin für Dermatologie K vom 18. Februar 1999. Woran es hierbei jedoch fehlt, ist indes ein hieb- und stichfester pneumologischer und allergologischer Befund, der eine Abgrenzung zu den bereits damals bestandenen Atemwegsinfekten erlaubt.

Demgegenüber führt Dr. S nachvollziehbar aus, dass angesichts der Häufigkeit des Asthma bronchiale in der allgemeinen Bevölkerung und der bei der Klägerin nachweisbaren übrigen polyvalenten Sensibilisierung die alleinige ursächliche Bedeutung der Arbeitsplatzeinflüsse auf das Asthmaleiden oder eine dadurch einhergehende richtungweisende Verschlimmerung nicht hinreichend wahrscheinlich ist, ferner die Persistenz der Symptomatik und der unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität trotz jahrelanger Abwesenheit vom Arbeitsplatz gegen die Relevanz arbeitsplatzbezogener Einflüsse spricht. Hiermit steht er im Einklang mit dem einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum, wonach differentialdiagnostisch obstruktive Atemwegserkrankungen infolge außerberuflicher Ursachen berücksichtigt werden müssen, so z.B. Atemwegsallergien auf ubiquitär vorkommende Allergene (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 17.13.1.2, S. 1055 f. und Kap. 17.13.6, S. 1065). Dies lässt Dr. Sch in seiner Begutachtung weitgehend unberücksichtigt.

Auch ist nicht bewiesen, dass der von den BK 4301 geforderte Unterlassungszwang besteht.Das auf der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII fußende, noch in einer Reihe weiterer BK-Tatbestände gleichlautend verwandte Merkmal des Zwangs zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten setzt regelmäßig voraus, dass die Tätigkeit, die zu der Erkrankung geführt hat, aus arbeitsmedizinischen Gründen nicht mehr ausgeübt werden soll und dass der Versicherte die schädigende Tätigkeit und solche Tätigkeiten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich sein können, tatsächlich aufgegeben hat und unterlässt bzw. nicht (wieder) aufnimmt. Die Entschädigungspflicht tritt bei einer BK mit Unterlassungszwang nicht schon mit dem Auftreten der beruflich verursachten Erkrankung, sondern erst dann ein, wenn alle Tatbestandsmerkmale der BK, also auch die Aufgabe der belastenden Tätigkeit, erfüllt sind (etwa BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 12/06R -, zitiert nach juris Rn. 15). Grundsätzlich liegt ein Unterlassungszwang demnach nicht vor, wenn dem Unterlassen durch geeignete Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Ausnahmsweise ist ein Unterlassungszwang gleichwohl zu bejahen, wenn zur Zeit des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen die BK bereits die Erwerbsfähigkeit mindernde Folgen hatte. Sinn und Zweck des Unterlassungszwangs gebieten eine Einschränkung des geforderten Unterlassungszwangs dahin, dass die durch Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers ermöglichte Fortsetzung der bisherigen Berufstätigkeit der Anerkennung und Entschädigung einer beruflich bedingten Erkrankung als BK nicht entgegensteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten durch diese Erkrankung zuvor bereits in einem entschädigungspflichtigen Ausmaß gemindert war (BSG, Urteil vom 09. Dezember 2003 – B 2 U 5/03 R - zur BK 5101, zitiert nach juris Rn. 21). Der Unterlassungszwang hat zwei Funktionen: Zum einen soll damit eine typisierende Festlegung des Schweregrades der Krankheit erfolgen, um Bagatellerkrankungen, auch wenn sie kausal auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, von einer Anerkennung und Entschädigung als BK auszuschließen. Vor allem aber soll ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz verhindert und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungspflicht verhütet werden. Der zuletzt genannte Zweck wird nicht nur dann erreicht, wenn der Versicherte seine Berufstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden und deshalb die Gefahr einer Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit durch Fortsetzung der Berufstätigkeit nicht mehr droht (BSG, a.a.O., Rn. 23). Keines der mit dem Unterlassungszwang verfolgten Ziele vermag es zu rechtfertigen, eine beruflich erworbene Erkrankung, die zu einer - unter Umständen erheblichen - Einschränkung der Erwerbsfähigkeit geführt hat, anders als vergleichbare Folgen eines Arbeitsunfalls nur deshalb nicht zu entschädigen, weil der Versicherte dank einer die Krankheitsursachen beseitigenden Änderung der Arbeitsbedingungen seine Berufstätigkeit weiter ausüben kann. Ein solches Ergebnis würde gegen das dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes <GG>) immanente Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Der Unterlassungszwang ist zwar als solcher ein geeignetes Instrument zur Verwirklichung der vom Verordnungsgeber angestrebten Zwecke und genügt auch sonst den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns. Für die vorgenannte besondere Fallkonstellation trifft das indessen nicht zu. Denn die Aufgabe der Berufstätigkeit ist in solchen Fällen weder zur Ausgrenzung von Bagatellerkrankungen noch zur Vermeidung weiterer Gesundheitsschäden erforderlich und geeignet, nachdem die Versicherte bei Fortsetzung ihrer bisherigen Tätigkeiten infolge der Schutzmaßnahmen keiner weiteren Schädigung mehr ausgesetzt ist. Bei dieser Sachlage wäre es unverhältnismäßig, für die Anerkennung als BK gleichwohl die Aufgabe dieser Tätigkeiten zu verlangen (BSG, a.a.O., Rn. 24). Mithin steht dem Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung einer BK 4301 selbst der Umstand nicht entgegen, dass der an einer beruflich bedingten allergischen obstruktiven Atemwegserkrankung i.S.d. Vorschrift leidende Versicherte seine bisherige Tätigkeit infolge von Schutzmaßnahmen seines Arbeitgebers unter Bedingungen fortsetzt, die eine weitere Schädigung ausschließen, wenn die Erkrankung zur Zeit des Wirksamwerdens der Schutzmaßnahmen bereits eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß, also mindestens um 10 v.H. (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII), bedingt (vgl. BSG, a.a.O, Rn. 26).

Dies zugrunde gelegt lässt sich ein Unterlassungszwang bei der Klägerin nicht annehmen. Gegen das Bestehen eines derartigen Unterlassungszwangs im Sinne eines objektiven Zwangs zum Unterlassen und des tatsächlichen, objektiven Unterlassens der schädigenden und gefährdenden Tätigkeit (vgl. hierzu Becker in: Neue Zeitschrift für Sozialrecht 2004, S. 617 ff., 620 f.) spricht zunächst, dass Dr. S allenfalls zur Diagnose eines leichten Asthma bronchiale gelangt, ohne dass der gerichtliche Sachverständige Dr. Sch hierbei eine schwere Verlaufsform, sondern lediglich eine wechselnde Obstruktion bzw. bronchiale Hyperreaktivität annimmt. Dementsprechend lässt sich das Asthma bronchiale nach der nachvollziehbaren Einschätzung von Dr. S ohne Weiteres durch ein inhalatives Steroid therapieren. Dies stellt eine Maßnahme im Sinne von § 3 Abs. 1 BKV dar, mit welcher sich der BK entgegenwirken lässt (vgl. Becker, a.a.O., S. 620). Hiervon ausgehend spricht auch nach den aktenkundigen Befunden und ärztlichen Stellungnahmen wenig dafür, dass die Klägerin – aufgrund eines allein schon allergisch verursachten Asthma bronchiale - bereits in einem rentenberechtigenden Ausmaß berufsbedingt erkrankt gewesen war, bevor die vom CTK durchgeführten Arbeitsschutzmaßnahmen griffen bzw. greifen konnten. Unter Zugrundelegung des einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttums ist es zwar für die Annahme einer rentenberechtigenden MdE von 10 v.H. bereits ausreichend, dass geringe Beschwerden bzw. unter Therapie keine Beschwerden, ein klinischer Normalbefund, eine im Grenzbereich liegende Lungenfunktion, bei der Belastungsuntersuchung eine Normoxämie und eine Therapiepflichtigkeit mit inhalativen Kortikoiden vorliegen (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, a.a.O., Kap. 17.13.14, S. 1072 f.). Hieran gemessen belegen die von Dr. S und Dr. Scherhobenen Befunde im Zeitpunkt der jeweiligen Begutachtung in der Tat auch die Annahme einer MdE von zumindest 10 v.H. Dr. S führt nämlich u.a. aus, dass lediglich bei laufender Therapie mit dem inhalativen Steroid normale ventilatorische Funktionen feststellbar seien.

Allerdings stellten bei unspezifischer Provokation beide Ärzte – wenn auch mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad – eine (unspezifische) bronchiale Hyperreagibilität (UBH) fest. Dass diese Befunde mit dem früheren Befund Dr. Gs übereinstimmen, lässt sich auch vermuten, indem er zum Schluss sogar eines allergischen Asthma bronchiale gelangt. Jedoch konnte Dr. G einen entsprechenden Befund frühestens am 22. Dezember 2000 und damit zu einem Zeitpunkt erhoben haben, als die Klägerin (bereits seit dem 27. Oktober 2000) arbeitsunfähig geschrieben gewesen war. Die Beschwerden lassen sich mithin so gerade nicht von den von Dr. S und Dr. Scherhobenen Befunden auf eine Zeit zurückbeziehen, als die Klägerin noch aktiv als MTA tätig war. In diesem Zusammenhang fehlt es an objektiven Befunden, welche – auch in Abgrenzung gegen die rezidivierenden sonstigen Erkrankungen der oberen Atemwege - einen verlässlichen Rückschluss auf eine rentenberechtigende, auf die BK-relevante Erkrankung zurückführbare MdE zuließen. Die Fachärztin für Hautkrankheiten/ Allergologie Dr. V berichtete der Beklagten unter dem 04. August 2002 unter Vorlage von Allergie-Testbögen vom 25. August 2007 insofern lediglich, dass die Klägerin bei der Konsultation am 23. Dezember 1998 Reizhusten, Rhinitis und asthmoide Beschwerden beklagte, ohne dass sie eine BK-Meldung wünschte. Auch der von Dr. V vorgelegte ärztliche Kurzbericht der Ärztin für Dermatologie K vom 18. Februar 1999 beschränkt sich auf die Feststellung, dass bei der Klägerin ein Kontaktekzem auf Gummihandschuhe einschließlich Regent Biogel und eine Latexsensibilisierung mit offenbar zunehmenden Beschwerden seit August 1997, ferner eine Rhinitis und asthmoide Beschwerden bestanden, derentwegen eine puderfreie Abteilung angestrebt werden sollte. Aus welchen objektiven Befunden dieser Schluss gezogen wird, erhellt sich nicht, zumal die Klägerin jedenfalls im Februar 1999 laut Vorerkrankungsverzeichnis gerade eine akute Bronchitis mit einer fast vierwöchigen Krankschreibung durchgemacht hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist mangels Revisionszulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zuzulassen.