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Entscheidung 4 U 13/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 21.12.2011
Aktenzeichen 4 U 13/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 29.11.2010 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren haben der Beklagte zu 1. zu 38 % und der Beklagte zu 2. zu 62 % zu tragen. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten haben die Beklagten auch für das Berufungsverfahren selbst zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % das aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistete.

Gründe

I.

Der Kläger in seiner Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen der M… Isolierungen GmbH & Co. KG nimmt die Beklagten nach Ablösung einer für die …bank eG zu Lasten eines Grundstücks der Insolvenzschuldnerin eingetragenen Grundschuld auf Rückzahlung von Darlehen in Anspruch.

Hintergrund dieser Inanspruchnahme ist folgender:

Die Beklagten sowie Frau H… M… gründeten am 01.09.1995 die M… GbR. In diesem Zusammenhang gewährte die …bank eG den drei GbR-Gesellschaftern mit Verträgen vom 22.03.1996 jeweils ein Darlehen, als dessen Verwendungszweck angegeben war: „ERP-Existenzgründungsprogramm Einrichtung eines Gewerbegebäudes“. Zur Sicherung dieser Darlehen diente jeweils u. a. eine Grundschuld an einem näher bezeichneten „Geschäftsgrundstück von Herrn M… … (Erbbauvertrag)“. Am 02.05.2001 wurden die Gesellschafter der M… GbR in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer dieses (nunmehr) im Grundbuch von G… des Amtsgerichts Lübben, Bl. 290, Flur 1, Flurstück 193 verzeichneten Grundstücks eingetragen.

Aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 01.01.2002 schied Frau H… M… aus der GbR aus; ihre Anteile gingen auf die Beklagten über.

Am 18.11.2002 gründeten die Beklagten die M… Isolierungen GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin), wobei sie jeweils ihre GbR-Anteile in die KG einbrachten und unter anderem das Grundstück, auf das sich die o.g. Grundschuld bezog, mit Vertrag vom 13.10.2003 an die Insolvenzschuldnerin übereigneten.

Unter dem 02.04.2003 schlossen zum einen die Beklagten (persönlich) und zum anderen die Insolvenzschuldnerin mit der …bank eG verschiedene Darlehensverträge, deren Sicherung wiederum das Grundstück in G… diente. Die mit dem Beklagten persönlich geschlossenen Darlehensverträge wurden unter den Konto-Nr. 0250727148 (J… M…) und 0150501123 (R… M…) geführt, wobei diese jedenfalls ab dem 14.06.2004 auch die Darlehensverbindlichkeiten aus dem ursprünglich Frau H… M… gewährten Darlehen übernahmen.

Am 17.02.2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet.

Dies nahm die …bank eG zum Anlass, mit Schreiben vom 13.02.2006 gegenüber den Beklagen die vorgenannten Darlehensverträge zu kündigen.

Mit Beschluss vom 17.10.2006 stimmte die Gläubigerversammlung einer freihändigen Veräußerung des Grundstücks in G… durch den Kläger zu. In der Folgezeit veräußerte der Kläger das Grundstück und erzielte einen Erlös von 305.000,00 €.

Aus diesem Erlös befriedigte der Kläger die …bank eG, wobei ausweislich des Schreibens der …bank eG vom 08.12.2009 41.261,59 € auf eine Forderung gegen den Beklagten zu 1. und 68.477,59 € auf eine Forderung gegen den Beklagten zu 2. entfielen.

Diese Beträge macht der Kläger nunmehr gegen die Beklagten geltend. Er hat die Auffassung vertreten, die Darlehensforderungen der …bank eG gegen die Beklagten seien gemäß § 1143 BGB auf ihn übergegangen.

Die Beklagten haben gegen ihre Inanspruchnahme eingewandt, zum einen sei das Grundstück nicht zum Zwecke der Befreiung von der dinglichen Sicherheit verwertet worden; zum anderen handele es sich bei den streitgegenständlichen Darlehensforderungen um Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin selbst. Die Darlehen seien zwar den Beklagten und Frau H… M… im Jahre 1996 entsprechend den Vorgaben des ERP-Existenzgründerprogramms als natürlichen Personen gewährt worden; sie seien jedoch auf ein Konto der M… GbR ausgezahlt worden. Entsprechend seien sie auch als langfristige Verbindlichkeiten in die Bilanz der GbR eingestellt worden und im Rahmen der Einbringung der GbR der KG zugeflossen. In den Darlehensverträgen sei – was unstreitig ist - vereinbart worden, dass die Tilgung durch Abbuchung vom Konto der KG erfolge; die Zahlungen auf die Darlehen seien – was als solches ebenfalls unstreitig ist – auch tatsächlich zunächst durch die GbR, später durch die KG, erfolgt. Es liege damit zumindest ein Schuldbeitritt der KG vor, so dass der Insolvenzverwalter durch die Verwertung des Grundstücks eine eigene Verbindlichkeit der Insolvenzschuldnerin erfüllt habe. Schließlich sei es auch nicht alleiniger Zweck des Verkaufs des Grundstücks gewesen, die Befreiung von der dinglichen Haftung zu erlangen; primärer Zweck sei vielmehr gewesen, der Masse Geld zuzuführen.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 29.11.2010 im Wesentlichen – bis auf einen Teil der geltend gemachten Verzugszinsen – stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch aus §§ 1143, 488 Abs. 1 S. 2 BGB, § 80 Abs. 1 InsO zu.

Eigentümer des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks sei die Schuldnerin gewesen. Aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen sei aber nicht die Schuldnerin, sondern die Beklagten persönlich verpflichtet gewesen. Mit der Einbringung der GbR in die Schuldnerin sei ein Schuldbeitritt oder Gläubigerwechsel nicht verbunden gewesen. Es sei zwischen den vertraglichen Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen gegenüber der Bank einerseits und den Verpflichtungen der Gesellschafter der GbR untereinander und gegenüber der GbR andererseits zu unterscheiden.

Vertragsänderungen im Sinne eines Schuldnerwechsels seien mit der GbR nie vereinbart worden. Insbesondere sei es für die Bank gleichgültig, wer für die Beklagten auf die Darlehen gezahlt habe. Die Buchung vom Konto der Schuldnerin könne deshalb eine eigene Verbindlichkeit der Schuldnerin nicht begründen. Hinzu komme, dass es sich um ERP-Darlehen gehandelt habe, die nur natürlichen Personen gewährt worden seien, was auch in der Folgezeit nicht habe geändert werden können.

Der Kläger als Insolvenzverwalter habe quasi als Eigentümer geleistet, d.h. zu dem allgemeinen Zweck, sich von der dinglichen Haftung zu befreien. Daran ändere auch nichts, dass er weitere Ziele, insbesondere die Massenmehrung durch flüssige Geldmittel, verfolgt habe.

Soweit die Beklagten die Höhe der Forderung bestritten hätten, sei dieses Bestreiten unerheblich. Das Mitteilungsschreiben der Bank vom 08.12.2009 korrespondiere mit dem Forderungsstand zum Zeitpunkt der Kündigungsschreiben. Jedenfalls reiche einfaches Bestreiten der Beklagten insoweit nicht aus.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung weiter verfolgen.

Sie vertreten insbesondere die Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass es sich bei den Darlehensverbindlichkeiten nicht um Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin gehandelt habe. Die Beklagten hätten vielmehr durch Weiterreichung der Darlehensbeträge an die GbR einen Rückzahlungs- bzw. Freistellungsanspruch gegen die GbR gehabt. Ziel der Umstrukturierung und Einbringung der GbR in die KG sei es unter anderem gewesen, dass die Insolvenzschuldnerin die Verbindlichkeiten aus den ERP-Krediten übernehmen sollte. die Insolvenzschuldnerin habe der Schuld gegenüber der kreditgebenden Bank beitreten sollen. Der Schuldbeitritt ergebe sich aus der Verbuchung der Geldmittel aus den Krediten in das Betriebsvermögen der GbR bzw. der Insolvenzschuldnerin. Da die komplette und alleinige Schuldübernahme formal aufgrund der Bedingungen für ERP-Kredite nicht habe durchgeführt werden können, hätten die Beteiligten nach Beratung durch die beauftragte Steuerberatungssozietät die Form des Schuldbeitritts gewählt. Durch die Tilgung der Raten habe die Insolvenzschuldnerin deshalb auch eine eigene Schuld beglichen. Da die Insolvenzschuldnerin im Innenverhältnis zur Rückzahlung der zur Verfügung gestellten Geldmittel verpflichtet gewesen sei, habe sie nicht als Eigentümerin im Sinne des § 1143 BGB gezahlt.

Soweit der Kläger nach Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 03.08.2011 mit Schriftsatz vom 04.10.2011 eine Abtretungsvereinbarung mit der …bank eG vom 13.09./04.10.2011 vorgelegt habe, sei der Vortrag verspätet. Die Abtretung sei nicht hinreichend bestimmt und gehe im Übrigen ins Leere, da die Darlehensforderungen zum Zeitpunkt der Abtretung bereits erloschen gewesen seien.

Die Beklagten beantragen,

das am 29.11.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus, Az. 2 O 47/10, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages. Er vertritt insbesondere die Auffassung, der Vortrag der Beklagten zu einem Schuldbeitritt sei – sofern er überhaupt als substanziiert erachtet werden könne – wegen Verspätung nicht zu berücksichtigen und werde jedenfalls bestritten. Im Übrigen weist er darauf hin, dass der Insolvenzverwalter gemäß §§ 165 bis 171 InsO berechtigt sei, Gegenstände mit Absonderungsrechten zu verwerten. Er habe deshalb das Grundstück nicht etwa eigenmächtig verwertet, sondern aufgrund einer Einigung mit der …bank eG über einen freihändigen Verkauf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat dem Kläger im Ergebnis zu Recht einen Anspruch auf Rückzahlung der streitgegenständlichen Darlehen aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit den zwischen den Beklagten und der …bank eG geschlossenen und zuletzt unter den Kontonr. 0250727148 (J… M…) und 0150501123 (R… M…) geführten Darlehensverträgen zuerkannt.

1. Allerdings sind die Forderungen nicht automatisch, das heißt kraft Gesetzes gemäß § 1143 Abs. 1 Satz 1 BGB, mit der Auskehrung des Erlöses aus dem Verkauf des im Grundbuch von G… des Amtsgerichts Lübben, Bl. 290 Flur 1, Flurstück 193 eingetragenen Grundstücks an die …bank eG, durch die ausweislich des Schreibens der …bank vom 08.12.2009 ihre Forderungen gegen den Beklagten zu 1. in Höhe von 41.261,59 € und gegen den Beklagten zu 2. in Höhe von 68.477,59 € „vollständig zurückgezahlt“ worden sind, auf den Kläger übergegangen. Der Kläger ist Inhaber dieser Forderungen vielmehr erst durch die mit Schriftsatz vom 04.10.2011 vorgelegte Abtretungsvereinbarung vom 13.09./04.10.2011 geworden.

a) Ob ein Übergang der Forderung kraft Gesetzes gemäß § 1143 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den zahlenden Eigentümer erfolgt, ist bei einer Grundschuld in Rechtsprechung und Literatur streitig und zwar auch dann, wenn es sich – wie hier – um eine Sicherungsgrundschuld handelt, auf die ein nicht mit den persönlichen Schuldner identischer Eigentümer des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks gezahlt hat.

Während Eickmann (MüKo, BGB, 5. Aufl., § 1191, Rn. 127) die Auffassung vertritt, bei einer Sicherungsgrundschuld sei § 1143 BGB im Falle der Leistung auf die Grundschuld anwendbar, wird insbesondere in der Rechtsprechung im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 14.07.1988 (– V ZR 308/86 – Rn. 14) die Auffassung vertreten, dass § 1143 BGB nicht anwendbar sei, der auf die Grundschuld zahlende Eigentümer vielmehr lediglich aus dem Sicherungsvertrag gegen den Gläubiger einen Anspruch auf Abtretung der durch eine Zahlung auf die Grundschuld nicht erloschenen Forderung habe (BGH Urteil vom 29.06.1989 – IX ZR 175/88 – Rn. 20; Urteil vom 19.11.1989 – IX ZR 284/97 – Rn. 14; OLG Celle Beschluss vom 14.02.2000 – 4 W 361/99 – Rn. 8). Der Senat schließt sich der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung an. Zwar mag es zutreffen, dass dem § 1143 BGB der Gedanke zugrunde liegt, dass die Forderung "nur noch um des mit dem Schuldner nicht identischen Eigentümers willen" aufrecht erhalten bleibt (Müko-Eickmann a.a.O.). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die durch § 1143 Abs. 1 S. 1 BGB bewirkte untrennbare Verbindung zwischen Sicherungsrecht und gesicherter Forderung nur bei strenger Akzessorietät gerechtfertigt ist. Eine Anwendung auf die Sicherungsgrundschuld würde die Parteien der Sicherungsvereinbarung ohne Not in ihrer bei einer Grundschuld gerade wegen der nicht bestehenden Untrennbarkeit der Verbindung zwischen Forderung und Sicherungsrecht bestehenden Freiheit zur Veränderung des Sicherungszwecks beschränken – mag dies auch nur in Ausnahmefällen möglich sein (vgl. dazu nur: Urteil des BGH vom 14.07.1988 – V ZR 306/86).

b) Bedenken gegen die Abtretung vom 13.09./14.10.2011 bestehen nicht.

Die Herbeiführung und Einführung der Abtretungsvereinbarung in den Prozess erst im Berufungsverfahren ist schon deshalb zuzulassen, weil der Kläger vor Erteilung des gemäß § 139 Abs. 2 ZPO erforderlichen Hinweises offenbar die vom Senat vertretene Auffassung zum Erfordernis einer Abtretung nicht berücksichtigt hatte und dies in der ersten Instanz auch weder von Seiten der Parteien noch von Seiten des Gerichts thematisiert worden war.

Ebenso wenig fehlt es an der erforderlichen Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen. Diese sind vielmehr in den Vorbemerkungen zur Abtretungsvereinbarung hinreichend durch die Daten der zugrundeliegenden Darlehensvereinbarungen sowie die Kontonummern und die Höhe der zum Zeitpunkt der Ablösung durch den Kläger bestehenden Gesamtforderungen bezeichnet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, das im Zusammenhang mit den Forderungen gegen den Beklagten zu 1. auch der der Frau H… M… gewährte ERP-Kredit aufgeführt ist. Dies korrespondiert vielmehr mit der bereits als Anlage K 12 (Bl. 135) vorgelegten Änderungsvereinbarung vom 14.06.2004, die sich auf die Übernahme des der Kreditnehmerin H… M… gewährten Darlehens durch den Beklagten zu 1. bezieht.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten waren die Forderungen der …bank eG zum Zeitpunkt der Abtretung auch nicht erloschen. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem klägerseits vorgelegten Schreiben der …bank eG vom 08.12.2009 (Anl. K 5; Bl. 33 d.A.). Zwar hat die …bank eG dem Kläger mit diesem Schreiben bestätigt, dass der Kaufpreis aus dem Verkauf der Betriebsimmobilie am 18.09.2007 bei ihr eingegangen sei und die Forderungen gegen die Beklagten „aus dem Verkauf vollständig zurückgezahlt“ worden seien.

Durch die Auskehrung des Erlöses für das Grundstück, das mit einer Grundschuld belastet war, die der Sicherung der streitgegenständlichen Forderungen diente, ist die …bank eG zwar in Höhe des den Forderungen entsprechenden Betrages befriedigt worden. Dadurch sind die Forderungen jedoch nicht erloschen, da die Auskehrung des Erlöses aus dem Verkauf des Grundstücks auf die Grundschuld und nicht auf die durch die Grundschuld gesicherten Forderungen erfolgt ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wäre die Auskehrung des Erlöses durch den Kläger als Insolvenzverwalter selbst dann als auf die Grundschuld und nicht auf die Forderung anzurechnende Zahlung anzusehen, wenn die Insolvenzschuldnerin durch Schuldbeitritt Mitschuldnerin der durch die Grundschuld gesicherten Darlehensforderungen gewesen wäre. Dies entspricht jedenfalls der überzeugenden Rechtsprechung des BGH zum früheren Konkursrecht, wonach eine Zahlung durch einen Insolvenzverwalter stets, das heißt selbst dann, wenn der Insolvenzschuldner zugleich Schuldner der gesicherten Forderung ist, auf die Grundschuld und nicht auf die Forderung anzurechnen ist, weil der Insolvenzverwalter nur das mit der Grundschuld verbundene Absonderungsrecht zu berücksichtigen hat (BGH Urteil vom 14.06.1994 – XI ZR 4 /94 – Rn. 11). Es ist kein Grund ersichtlich, von dieser Rechtsprechung im Anwendungsbereich der InsO abzuweichen; auch nach § 49 InsO steht dem Grundschuldgläubiger ein Absonderungsrecht zu.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann aber ebenso wenig festgestellt werden, dass die Insolvenzschuldnerin Mitschuldnerin der streitgegenständlichen Darlehensverbindlichkeiten geworden ist. Sie war lediglich Eigentümerin des zur Sicherung der Darlehensforderungen mit der Grundschuld belasteten Grundstücks. Bei einem mit dem persönlichen Schuldner nicht identischen Eigentümer ist aber im Zweifel davon auszugehen, dass dieser auf die Grundschuld zahlt (vgl. dazu nur: Soergel-Konzen, BGB, § 1191 Rn. 45). Eine Anrechnung der Zahlung durch den nicht mit dem persönlichen Schuldner identischen Eigentümer auf die Grundschuld entspricht im vorliegenden Fall im Übrigen auch den in der Grundschuldzweckerklärung vom 02.04.2003 (K 9; Bl. 118) getroffenen Vereinbarungen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger hier ausnahmsweise im Zusammenhang mit der Zahlung eine Erklärung abgegeben hat, wonach er auf die gesicherte Forderung zahlen wollte, haben die Beklagten nicht vorgetragen.

Für die Annahme, dass die Insolvenzschuldnerin die Verbindlichkeiten aus den ursprünglich mit Verträgen vom 22.03.1996 den drei Gesellschaftern in der M… GbR gewährten Darlehen im Wege eines Schuldbeitritts mitübernommen hat, reicht – unabhängig von der Frage der Zulassungsfähigkeit im Berufungsverfahren – der Vortrag der Beklagten nicht aus.

Ein Schuldbeitritt oder eine Schuldmitübernahme kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Weisen zustande kommen (vgl. dazu nur: Palandt-Grüneberg, 71.Auflage, Überbl. v. § 414 Rn. 2):

(1) Er kann zwischen dem Gläubiger und dem Beitretendem vereinbart werden. Eine derartige Vereinbarung zwischen der …bank eG und der M… GbR oder der Insolvenzschuldnerin (der M… KG) kann der Senat dem Vortrag der Beklagten jedoch ebenso wenig entnehmen wie das Landgericht.

Ein nach dem ERP Existenzgründerprogramm gewährtes Darlehen konnte – insoweit besteht zwischen den Parteien Einigkeit und dies ist in dem Senat auch aus einer Mehrzahl anderer Verfahren bekannt – nur natürlichen Personen gewährt werden und nicht den von diesen Personen in Form von Gesellschaften gegründeten Unternehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Auszahlung der jeweiligen Darlehen nach den in den ursprünglichen Verträgen getroffenen Vereinbarungen auf ein Konto der GbR erfolgt ist. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass diese Auszahlung aufgrund einer dem Zweck des Existenzgründungsdarlehens entsprechenden Weisung der jeweiligen Darlehensnehmer erfolgt ist. Ebenso wenig ist eine Vereinbarung mit der …bank eG über eine Schuldmitübernahme durch die GbR oder später die KG daraus herzuleiten, dass die Zins- und Tilgungsraten auf die streitgegenständlichen Darlehen von einem Konto der GbR bzw. der KG abgebucht werden sollten. Das Landgericht hat insoweit zu Recht angenommen, dass es sich im Verhältnis zur …bank eG dabei lediglich um eine Vereinbarung handelte, wonach die Leistung durch die Gesellschaft als Dritte im Sinne des § 267 BGB erbracht werden konnte und sollte.

(2) Grundsätzlich können Parteien eines Schuldmitübernahmevertrages zwar auch der Schuldner – hier die Gesellschafter der GbR/KG – und der Beitretende – hier die GbR/KG – in Form eines Vertrages zu Gunsten Dritter sein. Dies würde jedoch eine Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft voraussetzen, die darauf gerichtet gewesen sein müsste, der …bank eG das Recht einzuräumen, die Rückzahlung der Darlehen nicht nur von den Gesellschaftern, sondern unmittelbar auch von der Gesellschaft verlangen zu können.

Eine solche Auslegung des Verhaltens der Beklagten ist jedoch – auch unter Berücksichtigung des Vortrages in der Berufungsbegründung zu den mit der Umstrukturierung in die KG verfolgten Zwecken – nicht interessengerecht. Weder die Beklagten noch die GbR/KG können in Zusammenhang mit der Gründung der KG ein Interesse daran gehabt haben, der …bank eG mit der KG eine zusätzliche Schuldnerin zu verschaffen. Auch nach dem Vortrag der Beklagten ging ihr Interesse allein dahin, dass nicht sie persönlich, sondern – so wie dies bislang auch durch die GbR erfolgt war – die KG die auf die streitgegenständlichen Darlehen fälligen Raten an die …bank eG zahlen sollte. Dies bedeutet jedoch, dass der Wille der Beklagten lediglich darauf gerichtet war, dass die KG im Innenverhältnis ihnen gegenüber verpflichtet sein sollte, die …bank eG als Gläubigerin der von den Beklagten persönlich geschuldeten Forderungen aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen zu befriedigen. In diesem Fall ist jedoch gemäß § 329 Abs. 1 BGB im Zweifel gerade nicht anzunehmen, dass der Gläubiger – die …bank eG - unmittelbar das Recht erwerben soll, die Befriedigung von einem Dritten zu fordern. Nach dem Vortrag der Beklagten ist vielmehr zwischen ihnen und der GbR/KG lediglich eine Erfüllungsübernahme durch die Gesellschaft vereinbart worden.

d) Ist danach davon auszugehen, dass die Darlehensforderungen der …bank eG gegen die Beklagten zum Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarung mit dem Kläger nicht erloschen waren, stellt sich lediglich die Frage, ob den Beklagten Einwendungen zustehen, die sie einer Inanspruchnahme durch den Kläger aus den an ihn abgetretenen Forderungen auf Rückzahlung der Darlehen entgegensetzen können. Derartige Einwendungen bestehen jedoch nicht.

aa) Insbesondere können die Beklagten dem Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Insolvenzschuldnerin sei im Innenverhältnis verpflichtet gewesen, die streitgegenständlichen Darlehen zu bedienen.

Zwar kann grundsätzlich der Schuldner gegen die Inanspruchnahme durch den Eigentümer/Sicherungsgeber, der die Grundschuld abgelöst hat, einwenden, dass der Eigentümer selbst im Innenverhältnis zur Ablösung verpflichtet war (vgl. nur: Erman-Wenzel, BGB, 12. Auflage, § 1191 Rn. 86; Palandt-Bassenge, a.a.O., § 1191 Rn. 36). Diese Einwendung lässt sich jedoch dogmatisch nur aus § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des dolo-petit-Einwandes herleiten. Ein Treuwidrigkeitsvorwurf dahingehend, dass er etwas fordere, was er alsbald zurückgewähren müsste, kann dem Kläger in Bezug auf die streitgegenständlichen Darlehensforderungen jedoch nicht gemacht werden.

Zwar kann durchaus davon ausgegangen werden, dass im Innenverhältnis zwischen der GbR bzw. nach deren Gründung der KG und den Beklagten mindestens eine konkludente Vereinbarung bestand, wonach die Darlehen durch die Gesellschaft zurückgezahlt werden sollten. Dafür spricht schon, dass unstreitig seit der Gewährung der Darlehen durch die …bank eG aufgrund der Verträge vom 22.03.1996 und der Auszahlung der Darlehensvaluta, die unstreitig auf ein Konto der GbR erfolgt ist, die fälligen Raten jeweils durch die GbR bzw. durch die KG gezahlt bzw. von deren Konten abgebucht worden sind.

Rechtlich lässt sich diese Handhabung in der Weise einordnen, dass schon die Gesellschafter der GbR, das heißt die Beklagten und Frau H… M…, der GbR und später ebenso die Beklagten der KG in Höhe der ERP-Darlehen jeweils ihrerseits Gesellschafterdarlehen zu eben denjenigen Bedingungen gewährt haben, die sie selbst in den Verträgen mit der …bank eG vereinbart hatten. Danach schuldeten im Außenverhältnis die Beklagten der …bank eG die Rückzahlung der Darlehen; im Innenverhältnis waren die GbR/KG den Beklagten unter denselben Bedingungen zur Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen verpflichtet. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen ist dann unter Verkürzung des Zahlungsweges – wie bereits ausgeführt - im Rahmen einer Erfüllungsübernahmevereinbarung in der Weise erfolgt, dass die GbR/KG unmittelbar an die …bank eG zahlte. Dieses Verständnis wird im Übrigen dadurch bestätigt, dass nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten die streitgegenständlichen Darlehen im Betriebsvermögen der GbR bzw. KG als Verbindlichkeiten bilanziert worden sind. Bilanzrechtlich und – technisch macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob es sich bei einer Darlehensverbindlichkeit um eine solche der Gesellschaft gegenüber einer Bank oder um eine solche gegenüber den Gesellschaftern handelt.

Für das Bestehens eines dolo-petit-Einwandes der Beklagten, gestützt auf die Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin im Innenverhältnis, ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Ansprüche der Beklagten aus den Gesellschafterdarlehen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur eine Insolvenzforderung begründen. Dies bedeutet, dass der Kläger, wenn er aus dem abgetretenen Recht der …bank eG die Rückzahlung der streitgegenständlichen Darlehen von den Beklagten zur Insolvenzmasse fordert, nichts geltend macht, das er aufgrund der Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin gegenüber den Beklagten im Innenverhältnis alsbald an die Beklagten zurückgewähren müsste. Ob die Beklagten wegen der Gesellschafterdarlehen Rückzahlung verlangen können, wird vielmehr – unabhängig von der Frage der Fälligkeit der Rückzahlungsforderung - frühestens im Zusammenhang mit der Schlussverteilung im Insolvenzverfahren zu klären und der Höhe nach von der auf diese Forderungen entfallenden Quote abhängig sei.

bb) Das Landgericht ist auch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagten die Höhe der klägerseits geltend gemachten Forderungen nicht hinreichend in Abrede gestellt haben. Da die Beklagten Schuldner der Verbindlichkeiten aus den Darlehen sind, trifft sie die Beweislast für die Erfüllung dieser Verbindlichkeiten. Daran ändert es auch nichts, dass die Insolvenzschuldnerin im Innenverhältnis zur Befriedigung der …bank eG verpflichtet war; insbesondere begründet dies keine sekundäre Darlegungslast des Klägers. Die Beklagten haben vielmehr – wenn sie nicht als Darlehensschuldner ohnehin, etwa aus Kontoauszügen, über entsprechende Informationen verfügen – ihrerseits Ansprüche gegen die …bank eG auf Auskunft.

cc) Die Beklagten können schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, der Zweck des Verkaufs des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks habe nicht allein in der Befreiung von der dinglichen Belastung durch die Grundschuld gelegen, sondern auch in der Mehrung der Masse.

Insoweit ist bereits schwer nachvollziehbar, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt dies auf die streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten Einfluss haben könnte. Letztlich könnte der Einwand allenfalls im Zusammenhang mit der Frage von Bedeutung sein, ob der Kläger bei der Auskehrung des Erlöses aus dem Verkauf des mit der Grundschuld belasteten Grundstücks tatsächlich auf die Grundschuld und nicht auf die Forderung gezahlt hat. Eine Zahlung auf die Grundschuld ist jedoch bereits aus den oben ausgeführten Gründen anzunehmen.

dd) Im Übrigen bestehen auch keine Bedenken dagegen, dass der Kläger das Grundstück nicht im Wege der Zwangsvollstreckung verwertet hat, sondern im Wege des freihändigen Verkaufs. § 165 InsO gibt dem Kläger lediglich die Befugnis, die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung zu betreiben, selbst wenn an einem Grundstück ein Absonderungsrecht besteht. Dies schließt die Möglichkeit der Verwertung eines Grundstücks im Wege eines freihändigen Verkaufs – hier ohnehin gedeckt durch die Zustimmung der Gläubigerversammlung (B 15; Bl. 89 d. A.) – keineswegs aus, wenn nur der Kläger dabei das Absonderungsrecht des Grundpfandrechtsgläubigers beachtet. Dies ist jedoch unzweifelhaft durch die Auskehrung des Erlöses an die …bank eG im Umfang der zu deren Gunsten durch die Grundschuld gesicherten Forderungen geschehen.

Die Nebenforderungen sind aus § 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Für die Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO ist hier kein Raum, auch wenn der Kläger nur aufgrund der erst im Berufungsverfahren vorgelegten Abtretungsvereinbarung vom 13.09./04.10.2011 obsiegt. Angesichts des Umstandes, dass die Auffassung des Klägers, aufgrund der Zahlung auf eine Sicherungsgrundschuld durch den nicht mit dem Schuldner identischen Eigentümer gehe die Forderung kraft Gesetzes gemäß § 1143 Abs. 1 BGB auf den Eigentümer über, durch das Landgericht geteilt wurde, kann dem Kläger auch in Bezug auf die Kosten des Rechtsstreits nicht angelastet werden, dass er die Abtretungserklärung erst nach einem Hinweis des Senats zu der hier vertretenen Rechtsauffassung vorgelegt hat.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist, noch Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Insbesondere weicht der Senat mit seiner zu § 1143 BGB vertretenen Rechtsauffassung nicht von einer Entscheidung des BGH oder der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte ab.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird im Verhältnis zum Beklagten zu 1. auf 41.261,59 € und im Verhältnis zum Beklagten zu 2. auf 68.477,59 € festgesetzt.