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Zuschlag - Kinderlose


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 27. Senat Entscheidungsdatum 10.01.2012
Aktenzeichen L 27 P 59/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 55 Abs 3 SGB 11

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. September 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den für Kinderlose vorgesehenen Beitragszuschlag zur sozialen Pflegeversicherung der Klägerin bei der Beklagten.

Die Klägerin bezieht seit 2003 neben einer gesetzlichen Rente eine Betriebsrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Diese behält unter Hinweis auf die Kinderlosigkeit der Klägerin seit Januar 2005 einen Zuschlag von 0,25 v.H. auf die Beiträge der Klägerin zur Pflegeversicherung ein.

Nachdem die Klägerin sich an die Beklagte gewandt hatte, stellte diese mit Bescheid vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2005 fest, dass die Klägerin zum Kreis der Personen gehöre, die ab Januar 2005 einen Beitragszuschlag von 0,25 v.H. zu leisten hätten.

Mit ihrer bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung begehrt, dass ihr die Zusatzrente bei der VBL ohne Beitragszuschlag zu gewähren sei. Zur Begründung hat sie vorgebracht, dass Versicherte, die ungewollt kinderlos seien, gegenüber gesunden Versicherten diskriminiert würden.

Das Sozialgerichts Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. September 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die von begehrte Feststellung, da die gesetzgeberische Festlegung des Kreises der von dem Beitragszuschlag verschonten Eltern keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliege.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Der Gesetzgeber habe nach den Gründen für die Kinderlosigkeit zu differenzieren. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2009 (1 BvR 1997/08), mit dem es eine Verfassungsbeschwerde gegen den Beitragszuschlag nicht zur Entscheidung angenommen habe, sei auf ihren Fall nicht anwendbar, da im dortigen Verfahren der Beschwerdeführer sich auf die Behinderung seiner Ehefrau berufen habe, also nur mittelbar betroffen sei. Die gesetzliche Regelung über den Beitragszuschlag sei auch insoweit verfassungswidrig, als sie ausschließlich auf die Elterneigenschaft und nicht auf die tatsächlich erbrachte Erziehungsleistung abstelle.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. September 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2005 aufzuheben und festzustellen, dass ihr die Zusatzrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ab dem 1. Januar 2005 ohne Beitragszuschlag von 0,25 v.H. zu der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegen-stand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. September 2009 abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Feststellung hat.

Denn nach § 55 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch (SGB XI) erhöht sich bei der Klägerin der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung um einen Zuschlag von 0,25 v.H., da sie kinderlos ist.

Der Senat konnte nicht zu der Überzeugung gelangen, dass diese Regelung verfassungswidrig wäre, weshalb eine verfassungskonforme Auslegung bzw. die Vorlage nach Art. 100 Grundgesetz (GG) an das Bundesverfassungsgericht nicht in Betracht kommen. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehung im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung vom 15. Dezember 2004, das den Beitragszuschlag für Kinderlose mit Wirkung vom 1. Januar 2005 einführte, auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001 (1 BvR 1629/94) reagiert, das die seinerzeitige Regelung für verfassungswidrig erklärt hat, wonach Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuten und erzogen und damit neben dem Geldbeitrag einen generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisteten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet wurden.

Die Klägerin verkennt, dass Versicherte, die keine Kinder bekommen können, durch den Beitragszuschlag nicht wegen dieser Behinderung benachteiligt werden. Vielmehr knüpft § 55 Abs. 3 SGB XI allein an das Merkmal der Kinderlosigkeit ohne Rücksicht auf deren Gründe an (so Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 2. September 2009 a.a.O).

Angesichts des weiten Spielraums des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung eines Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der sozialen Pflegeversicherung (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 3. April 2001 a.a.O.) ist das Vorbringen der Klägerin, die gesetzliche Regelung über den Beitragszuschlag habe nicht ausschließlich auf die Elterneigenschaft, sondern vielmehr auf die tatsächlich erbrachte Erziehungsleistung abzustellen, nicht geeignet, deren Verfassungswidrigkeit zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.