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Wiederholter Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs (erst Widerspruch nun Klage; Umdeutung in Abänderungsantrag; Abänderung von Amts wegen; Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts; Beseitigungsanordnung; Anordnung der sofortigen Vollziehung; formelle und materielle Illegalität; Grenzbebauung; Nichteinhaltung der Abstandsfläche; Interessenabwägung; Hinnahme von Substanzverlust; Abrisskosten; Nachahmungsgefahr; Vorbildwirkung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 29.03.2012
Aktenzeichen OVG 10 S 17.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 80 Abs 1 VwGO, § 80 Abs 2 Nr 4 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 80 Abs 7 S 1 VwGO, § 80 Abs 7 S 2 VwGO, § 6 Abs 10 BauO BB

Leitsatz

1. Ein nach Bescheidung des Widerspruchs und Erhebung der Klage erneut gestellter Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern nach § 80 Abs. 7 VwGO zu beurteilen.

2. Im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO kann mit der Beschwerde nur geltend gemacht werden, dass die Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vorliegen. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, einen Beschluss nicht gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu ändern, ist vom Beschwerdegericht nicht zu überprüfen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. April 2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller wendet sich dagegen, dass ihm der Antragsgegner die Beseitigung von zwei im Stile von Carports errichteten überdachten baulichen Anlagen aufgegeben und den sofortigen Vollzug dieser Beseitigungsverfügung angeordnet hat. Sein nach Erhebung des Widerspruchs gestellter Antrag, die aufschiebende Wirkung dieses Widerspruchs wiederherzustellen, wurde vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen, die dagegen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg (Beschluss des Senats vom 4. Dezember 2009 - OVG 10 S 18.08 -). Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Bescheid vom 19. August 2010 hat der Antragsteller Klage erhoben und beantragt, die aufschiebende Wirkung dieser Klage wiederherzustellen. Gegen die Ablehnung dieses Antrags durch das Verwaltungsgericht richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die nach § 146 Abs. 1, Abs. 4 Sätze 1 bis 3 VwGO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Vorbringen des Antragstellers, das allein Gegenstand der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

1. Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, das Verwaltungsgericht habe seinen Antrag rechtsfehlerhaft auf der Grundlage von § 80 Abs. 7 VwGO und nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO geprüft.

a) Dieses Vorbringen ist bereits in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend, weil das Verwaltungsgericht es zwar für zweifelhaft angesehen hat, ob in der vorliegenden Fallkonstellation ein erneuter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Betracht kommt, das Vorliegen der Voraussetzungen eines Abänderungsantrages nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO aber ausdrücklich offen gelassen und von der ihm von Amts wegen eingeräumten Überprüfungsmöglichkeit nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO Gebrauch gemacht hat. Damit hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gerade nicht vom Vorliegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände abhängig gemacht, so dass nicht nachvollziehbar ist, welche von einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO abweichende Voraussetzungen es geprüft haben soll. Bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO sind dieselben materiellen Gesichtspunkte maßgebend wie im Falle eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1994 - BVerwG 4 VR 1.94 -, BVerwGE 96, 239, juris Rn. 14 m.w.N.).

b) Im Übrigen ist die Auffassung des Antragstellers auch rechtlich unzutreffend, weil sein neuerlicher Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig und daher hier in einen Änderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO umzudeuten war. Der Umstand, dass nach der rechtskräftigen Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers dieser Widerspruch zurückgewiesen worden ist und der Antragsteller Klage erhoben hat, führt nicht dazu, dass nunmehr für die gerichtliche Prüfung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage erneut ein Antragsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eröffnet wäre. Gegenstand des ersten Rechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO war die Frage der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung vom 23. Oktober 2007 bis zu ihrer Unanfechtbarkeit bzw. bei Abweisung der Anfechtungsklage im ersten Rechtszug bis zum Ablauf von drei Monaten nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist (vgl. § 80 b Abs. 1 VwGO). Mit der rechtskräftigen Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist über diesen Streitgegenstand abschließend entschieden worden. Damit steht zwischen den Beteiligten bindend fest, dass es bei der vom Antragsgegner angeordneten sofortigen Vollziehung der Beseitigungsverfügung bleibt und den dagegen eingelegten Rechtsmitteln des Antragstellers keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der spätere Erlass des Widerspruchsbescheides und die Erhebung einer Anfechtungsklage ändern daran nichts. Da der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO keinen Erfolg hatte, bleibt es während des gesamten „Schwebezustands“ bei der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes, so dass eine Korrektur nur nach Maßgabe des § 80 Abs. 7 VwGO möglich ist (so auch OVG LSA, Beschluss vom 12. Juli 1995 - 2 M 18/95 -, juris Rn. 31; Beschluss vom 2. Mai 2011 - 2 M 34/11 -, juris Rn. 7). Der Antrag war daher hier in einen Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO bzw. die Anregung einer Änderung von Amts wegen nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO umzudeuten (vgl. auch hierzu die genannten Beschlüsse des OVG LSA).

c) Der Umstand, dass es vorliegend um ein Abänderungsverfahren im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO geht, bestimmt zugleich den Prüfungsumfang und -maßstab des Oberverwaltungsgerichts. Denn der Antragsteller kann seine Beschwerde nur darauf stützen, dass die Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vorliegen und zu Unrecht vom Verwaltungsgericht verneint worden sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rn. 203 m.w.N.). Hierzu trägt die Beschwerde nichts vor.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den früheren Beschluss nicht gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu ändern, ist dagegen vom Beschwerdegericht nicht zu überprüfen. Denn die Änderungskompetenz steht nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur dem Gericht der Hauptsache zu, dieses ist im derzeitigen Verfahrenstand das Verwaltungsgericht. Da ein Anspruch auf erneute gerichtliche Befassung nur unter den Voraussetzungen veränderter Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO besteht, können die Beteiligten auch nur diese Entscheidung vom Beschwerdegericht überprüfen lassen. Die Entscheidung des Gerichts der Hauptsache, keine Änderung von Amts wegen vorzunehmen, unterliegt dagegen keiner Prüfung durch das Rechtsmittelgericht, und zwar auch nicht im Hinblick auf Ermessensfehler (vgl. HambOVG, Beschluss vom 3. Februar 1995 - Bs VII 2/95 -, NVwZ 1995, 1004, juris Rn. 12 ff.; VGH BW, Beschluss vom 6. Dezember 2001 - 13 S 1824/01 -, NVwZ-RR 2002, 908, juris Rn. 8 ff.; NdsOVG, Beschluss vom 30. Juni 2009 - 4 ME 168/09 -, AuAS 2009, 186, juris Rn. 5 und Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 8 ME 184/11 -, juris Rn. 13; Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 80 Rn. 186; Bader/Funke-Kaiser/ Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 147). Schon aus diesem Grund kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.

2. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst dann, wenn man in der Vorlage des Kostenangebots für Abriss und Wiederaufbau der beiden streitgegenständlichen baulichen Anlagen vom 23. September 2010 die Geltendmachung neuer Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO sehen wollte (Vorlage eines neuen Beweismittels für die schon im Erstverfahren vorgetragene Behauptung eines drohenden Substanzverlustes und erheblicher Abrisskosten), dies eine Änderung des Beschluss über die Versagung der aufschiebenden Wirkung nicht rechtfertigen dürfte. Denn bei der erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen dürfte weiterhin von einem überwiegenden öffentlichen Vollzugsinteresse auszugehen sein.

An der im Beschluss des Senats vom 4. Dezember 2009 (OVG 10 S 18.08) ausführlich begründeten Bewertung, dass die Beseitigungsverfügung offensichtlich rechtmäßig ist, hat sich nichts geändert. Der Hinweis des Antragstellers auf zahlreiche Grenzbebauungen auf den umliegenden Grundstücken, in die sich die streitgegenständlichen Vorhaben einfügten, berücksichtigt nicht, dass - wie bereits im o.g. Beschluss ausgeführt - die allein maßgebenden Gebäude der Hauptnutzung in der Umgebung eine offene Bauweise vorgeben, in der die abstandflächenrechtlichen Regelungen des § 6 BbgBO einzuhalten sind. Da beide streitgegenständlichen Anlagen hiergegen verstoßen, sind sie rechtswidrig und die Beseitigungsverfügung rechtmäßig. Hierfür ist es unerheblich, dass sich an der Stelle des sogenannten Carports 2 bereits früher eine Überdachung befunden haben soll. Denn ein etwaiger Bestandsschutz wäre infolge der vollständigen Ersetzung der früheren Anlage entfallen. Die vom Antragsteller - der insoweit im Übrigen beweispflichtig ist - behauptete fehlerhafte Auskunft von Mitarbeitern der Bauaufsichtsbehörde ist von vornherein nicht geeignet, an der Rechtswidrigkeit der baulichen Anlage etwas zu ändern, weil sie weder eine formelle Baugenehmigung ersetzen noch die materielle Illegalität der Anlage beseitigen könnte.

Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2009 ausgeführt hat, genügt allerdings die offensichtliche Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung allein nicht, um deren sofortige Vollziehung zu rechtfertigen. Dies entspricht bereits dem allgemeinen Grundsatz, wonach auch bei offensichtlicher Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs die Anordnung der sofortigen Vollziehung stets zusätzlich eines überwiegenden Vollzugsinteresses bedarf (vgl. nur Sodan/Zie-kow, a.a.O., § 80 Rn. 157 m.w.N.). Im Rahmen der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der sofortigen Vollziehbarkeit einer Beseitigungsanordnung gebotenen Einzelfallanalyse (vgl. Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: September 2011, § 80 Rn. 211) sind jedoch auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen (vgl. zur wichtigen Bedeutung dieses Aspekts bei der Abwägung zwischen öffentlichem Vollzugsinteresse und privatem Aussetzungsinteresse etwa Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 1. November 2007 - 103/07 -, InfAuslR 2008, 68, juris Orientierungssatz 2 c und Rn. 35).

Die vom Antragsteller geltend gemachten Aspekte des Substanzverlustes und der Abrisskosten betreffen sein Interesse daran, dass er bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Maßnahmen zur Vollstreckung der Beseitigungsanordnung verschont bleibt. Ein wirtschaftlich geringfügiger Substanzverlust begründet zwar für sich genommen noch kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung, kann aber dazu führen, dass an das Vorliegen des besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses geringere Anforderungen zu stellen sind. In diesem Sinne ist auch der Beschluss des Senats vom 4. Dezember 2009 zu verstehen. Der neue Vortrag des Antragstellers zu den wirtschaftlichen Einbußen, die für ihn mit dem Vollzug der Beseitigungsverfügung verbunden sind, zielt darauf, sein Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung insoweit anders zu bewerten. Im Hinblick auf die besondere Konstruktion der carportartigen Anlagen (Fachwerkkonstruktion mit Titanzinkstehfalzdeckung) dürfte der Abriss tatsächlich - anders als noch im Beschluss vom 4. Dezember 2009 angenommen - mit einem weitgehenden Substanzverlust jedenfalls des Daches verbunden sein. Diesen hat der Antragsteller allerdings nicht konkret beziffert. Zudem dürften auch die Kosten des Abrisses - und nur diese und nicht etwa auch die Kosten eines Wiederaufbaus werden durch den Vollzug der Beseitigungsverfügung regelmäßig unmittelbar veranlasst - nicht ganz unerheblich sein. Der vom Antragsteller vorgelegte Kostenvoranschlag geht insoweit von Kosten von (einschließlich Mehrwertsteuer) gut 8.000 EUR aus.

Auch wenn danach von einem wirtschaftlich nicht ganz unerheblichen Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsbehelfe auszugehen ist, dürfte die Abwägung weiterhin zugunsten des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsverfügung ausgehen. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen der Verwaltungsgerichte im vorangegangenen Verfahren, die sich nicht auf eine lediglich summarische Einschätzung beschränken, von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Beseitigungsverfügung auszugehen ist. Damit steht nahezu fest, dass der Antragsteller spätestens nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Kosten des Abrisses sowie den Substanzverlust hinnehmen muss. Insofern kommt nach den Umständen des Einzelfalls seinem privaten Aussetzungsinteresse ein deutlich geringeres Gewicht zu als in Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsverfügung nur wahrscheinlich oder nur offen ist.

Dem Antragsteller, der auf eigenes Risiko ohne förmliche Baugenehmigung und in einer für Carports relativ kostenaufwendigen Bauweise die beiden streitigen baulichen Anlagen errichtet hat, dürfte die Hinnahme des vorzeitigen Substanzverlustes und der Abrisskosten zuzumuten sein. Denn das Ziel der Vermeidung einer negativen Vorbildwirkung und einer Nachahmungsgefahr begründet hier ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 4. Dezember 2009 ausgeführt hat, bietet der besondere Zuschnitt der sehr langen und äußerst schmalen Grundstücke in der näheren Umgebung einen besonderen Anreiz dafür, Gebäude und bauliche Anlagen direkt an der Grenze zu positionieren. Die hinsichtlich des sog. Carports 1 von der Straße aus deutlich sichtbare und im Übrigen jedenfalls von den Nachbargrundstücken gut bemerkbare erhebliche Inanspruchnahme der Grundstücksgrenze des Antragstellers durch carportähnliche Anbauten vor und hinter der ohnehin großen Bestandsgarage ist objektiv geeignet, auch die Grundstückseigentümer in der Umgebung dazu zu verleiten, weitere Gebäude an ihrer Grundstücksgrenze zu errichten oder anzubauen und dabei das nach § 6 Abs. 10 BbgBO zulässige Maß (deutlich) zu überschreiten. Da gerade Carports und ähnliche überdachte Anlagen in aller Regel ohne großen finanziellen Aufwand hergestellt und wieder beseitigt werden können, besteht ein nicht unerheblicher Anreiz, solche Anlagen zunächst ohne Baugenehmigung zu errichten, um sie zumindest bis zum Erlass einer Beseitigungsanordnung und für die Dauer nachfolgender Rechtsbehelfsverfahren nutzen zu können. Um dieser Gefahr der zeitweiligen Nutzung von offensichtlich formell und materiell illegalen Anlagen wirksam begegnen zu können, ist ein sofort sicht- und spürbares Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde gegen illegale Grenzbauten erforderlich (vgl. zur Rechtfertigung der sofortigen Vollziehung einer Beseitigungsanordnung wegen einer besonderen Nachahmungswirkung etwa OVG Bln, Beschluss vom 21. Mai 1999 - OVG 2 S 3.99 -, BRS 62 Nr. 206; vgl. auch OVG LSA, Beschluss vom 6. Juli 2004 - 2 M 232/04 -, juris Rn. 5 f.; OVG NW, Beschluss vom 28. August 1995 - 11 B 1957/95 -, BRS 57 Nr. 252, juris Rn. 4; NdsOVG, Beschluss vom 10. Mai 1994 - 1 M 1046/94 -, BRS 56 Nr. 208, juris Rn. 6 ff.; HessVGH, Beschluss vom 29. Mai 1985 - 3 TH 815/85 -, NVwZ 1985, 664, juris Rn. 31 f.; Finkelnburg/Dombert/ Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rn. 1288; zur Hinnahme von einem Substanzverlust in diesem Zusammenhang auch HessVGH, a.a.O., Rn. 35; OVG MV, Beschluss vom 2. November 1993 - 3 M 89/93 -, NVwZ 1995, 608, juris Rn. 15 und Beschluss vom 12. Februar 2003 - 3 M 124/02 -, BRS 66 Nr. 196, juris Rn. 17). Der Umstand, dass in der Umgebung bereits im erheblichen Umfang Grenzbebauung festzustellen ist, steht dem nicht entgegen, sondern bestätigt vielmehr das Interesse der Grundstückseigentümer an der Nutzung auch und gerade der Grenzflächen. Dass der Antragsgegner insoweit Abweichungen zulässt, wenn der jeweils betroffene Grundstücksnachbar einverstanden ist, steht dem öffentlichen Vollzugsinteresse ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Antragsgegner aus bestandsschutzrechtlichen Gründen in Einzelfällen rechtlich gehindert ist, gegen einzelne Grenzbauten, die das zulässige Maß überschreiten, vorzugehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Senat der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts folgt und den Wert in gleicher Höhe wie im vorangegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO festsetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).