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Rückführungsandrohung nach Italien; Asylantrag in Italien; behauptete Minderjährigkeit; Zuständigkeit vor Verteilung auf die Bundesländer; Versorgung und Unterbringung in Italien; Vermutung grundlegender Einhaltung der Rechte der Asylbewerber im Erstaufnahmestaat; Relevanz nur systemischer Mängel; Anforderungen an die Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren; Rückführungsandrohung bestätigt


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 24.06.2013
Aktenzeichen OVG 7 S 58.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 4 EUGrdRCh, Art 6 EGV 343/2003, Art 10f EGV 343/2003, Art 16 Abs 1c EGV 343/2003, Art 20 EGV 343/2003, Art 3 Abs 1 MRK, § 15a AufenthG, § 59 AufenthG, § 60 Abs 2 AufenthG, § 60a Abs 2 AufenthG, § 146 Abs 4 VwGO

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Juni 2013, mit dem sein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage VG 21 K 152.13 gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Antragsgegners vom 23. April 2013, soweit darin als Zielstaat „Italien“ angegeben wird, und der hilfsweise gemäß § 123 Abs. 1 VwGO gestellte Antrag auf Untersagung der Abschiebung dorthin zurückgewiesen worden sind, hat auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein maßgeblichen Beschwerdevorbringens keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung zunächst ausgeführt, die Zielstaatsbestimmung „Italien“ im Bescheid des Antragsgegners vom 23. April 2013 sei nicht etwa deshalb zu beanstanden, weil der Antragsteller bestreite, dort einen Asylantrag gestellt zu haben. Denn Italien habe sich mit einer Stellungnahme vom 20. Dezember 2012 ausdrücklich zur Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß § 16 Abs. 1 Buchstabe c der EU-Asylzuständigkeits-verordnung, sog. Dublin-II-VO, bereit erklärt. Das aber setze voraus, dass dort auch ein Asylantrag gestellt worden sei. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller offensichtlich über seine Identität durch Benennung anderer Personalien und die Umstände seiner Einreise durch Angabe eines anderen Reiseweges zu täuschen versuche. Auch habe er beim Clearing-Gespräch den Besitz eines libanesischen Passes bestritten, während er gegenüber dem Familiengericht erklärt habe, diesen bewahre ein Freund für ihn auf, er werde ihn noch am selben Tage dem Gericht vorlegen, was er dann jedoch nicht getan habe. Schließlich seien auch seine Angaben zur angeblichen Minderjährigkeit unzutreffend und verfahrensangepasst. Denn das Familiengericht sei aufgrund seines Erscheinungsbildes und der widersprüchlichen Angaben in der gerichtlichen Anhörung zum Ergebnis gekommen, dass er mindestens 20 Jahre alt sei, und habe deshalb die Anordnung einer Vormundschaft abgelehnt. Für eine Unrichtigkeit der Altersschätzung habe der Antragsteller auch keinerlei Gesichtspunkte vorgetragen.

Insoweit macht der Antragsteller mit der Beschwerde zu III. zunächst im Wesentlichen geltend, dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sei eine Asylantragstellung in Italien an keiner Stelle zu entnehmen. Dessen Annahme beruhe allein auf einer Mitteilung des BKA Wiesbaden vom 29. November 2013, wonach eine Eurodac-Recherche die Antragstellung in Fiumicino/Italien am 5. November 2012 belege. Das reiche jedoch nicht aus, da ein entsprechendes Formblatt oder Protokoll aus Italien dem Verwaltungsvorgang nicht zu entnehmen sei. Im Übrigen habe er als Minderjähriger in Italien gar keinen wirksamen Asylantrag stellen können. Da er in Deutschland keinen Asylantrag gestellt habe, liege es auch nahe, dass er das in Italien nicht getan habe.

Dieses Vorbringen erschöpft sich abgesehen von der einleitenden Erklärung, dass man die Ansicht des Verwaltungsgerichts für falsch halte, in der wörtlichen Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens. Darin liegt jedoch nicht die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderliche inhaltliche Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung. Soweit abschließend geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe sich mit den in der ersten Instanz vorgebrachten Argumenten „in keinster Weise auseinandergesetzt“, ist das nach der dargelegten Begründung entweder unzutreffend oder es war eine diesbezügliche Darlegung im Beschluss jedenfalls nicht geboten.

Unrichtig ist zunächst die Behauptung, das Verwaltungsgericht habe sich hinsichtlich der Annahme einer Asylantragstellung allein auf die Mitteilung des BKA vom 29. November 2012 über eine Eurodac-Recherche gestützt. Vielmehr wird dies mit der Wiederaufnahmeerklärung Italiens nach Art. 16 Abs.1 Buchstabe c der Dublin-II-VO vom 20. Dezember 2012 und darüber hinaus damit begründet, dass der Antragsteller mit unzutreffenden Personal- und Reisewegangaben zu täuschen versuche, mithin seinen Angaben nicht vertraut werden könne. Soweit darüber hinaus aus der in Deutschland unterbliebenen Asylantragstellung geschlossen werden soll, eine solche sei auch in Italien nicht erfolgt, ist das schon keine Schlussfolgerung, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu geböte. Soweit der Antragsteller ferner behauptet, er habe als Minderjähriger in Italien keinen wirksamen Asylantrag stellen können - dort hat er allerdings ein Geburtsdatum (30. Januar 1994) angegeben, nach dem er keineswegs minderjährig war -, geht das an der dies ausschließenden Feststellung des Verwaltungsgericht vorbei, die Behauptung der Minderjährigkeit sei unzutreffend. Es hat sich dabei auf die Feststellungen des Familiengerichts zu seinem äußeren Erscheinungsbild und seinen widersprüchlichen Angaben in der gerichtlichen Anhörung gestützt, für deren Unrichtigkeit der Antragsteller auch keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen habe.

Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde unter II. insoweit beanstandet, das Verwaltungsgericht habe nicht die anderweitige Alterseinschätzung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft berücksichtigt, ist darauf hinzuweisen, dass maßgeblich dort nur ist, ob „ausgeschlossen scheint“ dass die Person Kind oder Jugendlicher ist, da nur dann eine Inobhutnahme abgelehnt wird (Stellungnahme vom 5. Dezember 2012). Damit wird die anderweitige Einschätzung des Antragsgegners in seiner Stellungnahme vom 30. November 2012 und die zitierte familiengerichtliche Beurteilung nicht ernstlich in Zweifel gezogen, zumal den Angaben des Antragstellers auch nach den Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Beschluss Vertrauen nicht entgegengebracht werden kann. Im Übrigen muss sich der Antragsteller vorhalten lassen, diesbezüglich selbst nichts zur Klärung beizutragen, wenn er den libanesischen Reisepass nicht vorlegt, den - so seine Angaben vor dem Familiengericht - ein Freund für ihn aufbewahre.

2. Das Verwaltungsgericht hat die Annahme der rechtlichen Unbedenklichkeit einer Rückführung des Antragstellers nach Italien in der Sache darauf gestützt, die Bundesrepublik Deutschland sei nicht gemäß § 3 Abs. 2 Dublin-II-VO verpflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und das Vorliegen von Abschiebungsverboten selbst prüfen zu müssen. Denn Grundlage und Rechtfertigung des gemeinsamen Europäischen Asylsystems sei die Vermutung, dass das Asylverfahren und die Aufnahme der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat in Einklang stehe mit den Anforderungen der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention. Diese Vermutung sei erst dann widerlegt, wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedsstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufwiesen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union der in diesen Mitgliedsstaat überstellten Asylbewerber befürchten lasse (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 u.a. -, juris Rz. 80 ff). Zwar habe ein Teil der Rechtsprechung das Vorliegen einer solchen Ausnahmesituation für Italien im Hinblick auf die Versorgung von Asylbewerbern mit Unterkunft, Verpflegung und medizinischen Leistungen angenommen. Jedenfalls aufgrund der aktuellen Entwicklung sei diese Annahme aber nicht mehr gerechtfertigt. Insoweit werde insbesondere auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 verwiesen, an der zu zweifeln das Gericht im Hinblick auf die im Einzelnen dargelegte Übereinstimmung mit einem Bericht des UNHCR vom April 2012 und früheren Berichten des Auswärtigen Amtes auch angesichts entgegenstehender früherer Darstellungen von Flüchtlingsorganisationen mangels systemischer und landesweiter Mängel keine Veranlassung sehe.

a) Demgegenüber macht der Antragsteller mit der Beschwerde geltend, das Verwaltungsgericht habe sich in seiner Begründung für die Verneinung eines Rückführungsverbots nach Italien „ausschließlich“ auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 und damit auf eine einzige Erkenntnisquelle gestützt. Das ist nach den obigen Darlegungen so schon nicht zutreffend. Soweit im Anschluss an diesen Vorhalt auf die mangelnden Aufnahmekapazitäten Italiens für Asylbewerber im Zeitraum vor Beginn und während der nordafrikanischen Flüchtlingskrise, insbesondere im Jahre 2011, verwiesen wird, ist das schon deshalb unerheblich, weil das Verwaltungsgericht zu Recht darauf verweist, dass es insoweit nur auf die aktuelle Situation bzw. die Prognose ankommt, dass eine hinreichende Versorgung ungeachtet von Mängeln im Einzelfall künftig hinreichend sichergestellt ist. Der dabei zugrunde zu legende Maßstab ist vor dem Hintergrund der staatlichen Verpflichtungen innerhalb des gemeinsamen europäischen Asylsystems so zu bestimmen, dass der bestehenden unionsrechtlichen Vermutung Raum gegeben wird, innerhalb dessen Missstände durch die betroffenen Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung, sei es auf Veranlassung oder durch Maßnahmen der Organe der Europäischen Union und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, abzustellen sind. Eine Entlastung von dieser Verpflichtung durch die übrigen Mitgliedstaaten kann nur sinnvoll sein, wenn sie einen solchen Prozess zu fördern und damit die Funktionsfähigkeit des europäischen Asylsystems insgesamt zu gewährleisten geeignet ist. Die Vermutung ist erst dann widerlegt, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systembezogene Mängel aufweisen, die unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta oder von Art. 3 Abs. 1 EMRK implizieren, d.h. mangelbedingt zur Folge haben (vgl. EuGH a.a.O., Rn. 86 ff.).

b) Der Antragsteller macht zur Beschwerdebegründung sodann weiter geltend, die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 missachte eine Vielzahl von Erkenntnisquellen zur Unterbringungssituation von Asylbewerbern in Italien, insbesondere das für das Verwaltungsgericht Braunschweig erstellte ausführliche Gutachten von Judith Gleitze, borderline-europe e.V., vom Dezember 2012, auf das sich auch Teile der Rechtsprechung (vgl. zuletzt VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. April 2013 - 5a L 258/13. A -, VG Schwerin, Beschluss vom 15. März 2013 - 3 B 111/13 As - beide veröffentlicht in juris) beriefen. So würden Dublin-II-Rückkehrer nicht mehr in Aufnahmeeinrichtungen übernommen werden bzw. für diese stünden nicht genügend Aufnahmeplätze zur Verfügung. Auch sei Ende Februar 2013 das Sonderprogramm „Notstand Nordafrika“ ausgelaufen, was zu weiteren Unterbringungsproblemen bzw. zu Besetzungen von bisherigen Aufnahmezentren durch dort untergebrachte Flüchtlinge geführt habe. Insoweit werde u.a. auf die Schilderung im als Anlage beigefügten Newsletter Italien März 2013, zusammengestellt von Judith Gleitze, Palermo, verwiesen.

Dieses Vorbringen rechtfertigt keine Änderung des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Insofern wird auf die Ausführungen in einem, einen vergleichbaren Fall betreffenden Beschluss des Senats vom 17. Juni 2013 im Verfahren OVG 7 S 33.13 verwiesen, der auch die Situation nach Auslaufen des genannten Sonderprogramms berücksichtigt. Dort heißt es:

… 4. Auf dieser tatsächlichen Grundlage vermag der Senat bei Anwendung des oben skizzierten Maßstabes derzeit nicht festzustellen, dass bei einer Rückkehr des Antragstellers über den Flughafen Fiumicino/Rom eine ernsthafte Prüfung seines Asylbegehrens unter menschenwürdigen Bedingungen während des dafür erforderlichen Aufenthalts nicht gewährleistet wäre (im Ergebnis ebenso: BayVGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - 20 ZB 12.30286 - juris; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 13 MC 22/12 - juris, Rn. 24 f.; VG Regensburg, Beschluss vom 15. Mai 2013 - RN 5 S 13.30156 - juris, Rn. 30 ff.; VG Bremen, Gerichtsbescheid vom 14. Mai 2013 - 6 K 412/11.A - juris Rn. 22 - 32; VG Düsseldorf, Urteil vom 19. März 2013 - 6 K 2643/12.A - juris Rn. 82 ff.)

a) Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Januar 2013 (AA 508-9-516.80/47560), die auf laufenden Gesprächen der Botschaft in Rom mit dem italienischen Flüchtlingsrat CIR und dem UNHCR sowie dem IOM in Rom, Informationen des grenzpolizeilichen Verbindungsbeamten der Bundespolizei im italienischen Innenministeriums, Präsentationen des italienischen Innenministeriums und des statistischen Amtes sowie auf Kontakten zu nichtstaatlichen karitativen Organisationen und Informationen der Fürsorgeorganisation SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati) beruht, wird die Lage allgemein dahin beurteilt, dass „im Regelfall oder gar überwiegend“ davon auszugehen sei, dass Rückkehrer nach der Dublin II-VO nicht unter Verhältnissen leben müssten, welche gemeinhin als ein „Dahinvegetieren“ am Randes des Existenzminimums (Betteln, Leben auf der Straße etc.) zu bezeichnen wären; insoweit handele es sich eher um Einzelfälle (Nr. 9.3). Es sei gewährleistet, dass sie einen bereits gestellten Asylantrag weiterverfolgen bzw. erstmals einen solchen stellen können. Sie würden bei Eintreffen auf dem Luftwege von der Polizei in Empfang genommen und es werde ihnen eine Unterkunft in einer der Aufnahmeeinrichtungen zugeteilt, als Asylsuchende gälten für sie keine Besonderheiten (Nr. 1.4). Fälle neueren Datums von Abschiebungen oder Rückführungen in den Herkunftsstaat oder einen Drittstaat trotz eines Asyl-antrages seien nicht bekannt (Nr. 1.3).

Asylsuchende müssten bis zum Verfahrensabschluss an dem ihnen zugewiesenen Ort wohnen, grundsätzlich würden sie in einer der acht Erstaufnahmeeinrichtungen (CARA – Centri di accoglienza per richiedenti asilo) oder einer der 128 kleineren SPRAR-Aufnahmezentren untergebracht. Die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen seien allerdings begrenzt (1.130 Plätze in sog. CDA – Centro di Accoglienza; 3.700 Plätze in CARA und 4.000 Plätze in SPRAR). Die Vorstellung gehe im Einklang mit den Bestimmungen für die Durchführung des Asylverfahrens dahin, dass ein Platz in einem CARA nur bis zu 30 Tagen belegt werden solle und der Aufenthalt in einem SPRAR nicht länger als sechs Monate dauern soll. Über den Asylantrag soll an sich in 30 Tagen entschieden werden; das Gesamtverfahren soll einschließlich gerichtlicher Überprüfung nicht länger als sechs Monate dauern. Tatsächlich dauern die Verfahren länger, manche dauerten bis zu einem Jahr oder noch länger. Allerdings würden Unterbringung und Versorgungsleistungen dann auch entsprechend verlängert (Nr. 3.1, 3.2).

Seit der Flüchtlingswelle aus Nordafrika im Jahre 2011 ist die Zahl der temporären Unterbringungsmöglichkeiten durch die Unterstellung der Erstaufnahme von Nordafrika-Flüchtlingen an den Zivilschutz auf 50.000 Plätze erweitert worden, von denen zum Jahresende 2012 16.850 belegt waren (Nr. 2.4). Rund 60 v.H. aller Asylsuchenden werden während des Verfahrens in einem CARA untergebracht (Nr. 4.1). Nach den Erkenntnissen der deutschen Botschaft könnten derzeit alle Asylbewerber in öffentlichen Zentren untergebracht werden; regional komme es zu Überbelegungen, italienweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Zusätzlich zu den staatlichen/öffentlichen Einrichtungen gäbe es auch kommunale und karitative Einrichtungen, sodass meist ein Unterbringungsplatz in der Nähe gefunden werden könne (Nr. 4.2). Es sei nicht davon auszugehen, dass jene Personen, die in den Aufnahmeeinrichtungen und staatlichen Unterkünften keinen Platz fänden, obdachlos auf der Straße oder in Elendsquartieren leben müssten (Nr. 4.3). Caritative Organisationen leisteten zudem Hilfe bei der Suche nach Unterkünften und stellten medizinischen, rechtlichen und psychologischen Beistand zur Verfügung (Nr. 4.4).

Während des Asylverfahrens hätten die Asylbewerber Anspruch auf Unterbringung, Verpflegung und freie medizinische Versorgung; Kleidung werde ebenso wie Wäsche und Hygieneartikel zum persönlichen Gebrauch gestellt (Nr. 5.1). Die Gesundheitsfürsorge setze eine Anmeldung beim Servizio Sanitario Nazionale voraus, der einen Gesundheitsausweis ausstelle, der zur freien Behandlung berechtige. Ausländer benötigten dafür ihren Aufenthaltstitel, ihre Steuernummer (codice fiscale, bei der Agenzia delle Entrate erhältlich) sowie eine feste Adresse. Insoweit biete die Caritas Sammeladressen für Personen an, die keinen festen Wohnsitz hätten. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der Zentralregierung und den Regionen garantiere eine Not- und Grundversorgung auch von sich illegal aufhaltenden Personen (Nr. 6.2).

Hinsichtlich der Durchführung des Asylverfahrens und der Gewährung von Unterkunft und Versorgung während des Verfahrens deckt sich diese Auskunft weitgehend mit den zeitlich früheren Auskünften des Auswärtigen Amtes vom 11. Juli 2012 an das Verwaltungsgericht Freiburg (AA 508-9-516.80/47271) und vom 29. November 2011 an das Verwaltungsgericht Darmstadt (AA 508-9-516.80/46991), wobei in letzterer darauf hingewiesen wird, dass in der Praxis viele Dublin II-Rückkehrer keinen Asyl- oder Schutzantrag stellten, da sie nicht in Italien bleiben wollten, so dass ihnen mit dem Verzicht auf ein Asylverfahren auch die staatlichen Aufnahmezentren und Leistungen nicht mehr offen stünden.

b) Hiernach kann ein Mangel des Systems bei der Aufnahme und Versorgung von Asylsuchenden wie dem Antragsteller in Italien nicht festgestellt werden.

Die Auskunftslage zeigt zwar, dass sich das System in überlastungsbedingten Schwierigkeiten durch die Flüchtlingsschübe aus Nordafrika während der bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Tunesien und Libyen befand und diese Problematik auch noch nicht als in jeder Beziehung überwunden angesehen werden kann, wenn sich zum Ende des Jahres 2012 noch fast 17.000 Menschen in den Notstandsunterkünften aufhielten. Mit punktuell auftretenden Wellen von Schutzsuchenden wird jedoch jedoch das System der Asylgewährung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union konfrontiert. In Italien waren die Behörden sowohl mit der Durchführung der Verfahren innerhalb der rechtlichen Zeitvorgaben als auch mit einer adäquaten Unterbringung und Versorgung der Zuflucht suchenden Menschen überfordert, was dazu führte, dass die Verfahren großenteils nicht mehr im vorgesehenen Zeitrahmen bewältigt und die Aufnahmeeinrichtungen länger als vorgesehen belegt wurden und eine weitere Belegung nicht mehr zuließen. Solchermaßen akute Überlastungssituationen können grundsätzlich in allen Mitgliedstaaten zu Problemen führen. Gradmesser kann insoweit nur sein, inwieweit sich ein solchermaßen betroffener Mitgliedstaat ernsthaft bemüht, gleichwohl ein ordnungsgemäßes Verfahren und eine noch angemessene menschenwürdige Versorgung zu gewährleisten, auch wenn sich der Vorsorgestandard auf einem niedrigen Niveau bewegen mag. Zunächst wurde und wird der Überlastungssituation offenbar auch dadurch Rechnung getragen, dass eine Unterkunft von bedürftigen Personen letztlich unabhängig von den Zwecken, denen die verschiedenen Aufnahmeeinrichtungen im Rahmen des italienischen Asylsystems zugeordnet sind, dort erfolgte, wo aktuell entsprechende Kapazitäten vorhanden sind. Dieses Vorgehen wird zwar als konfus und undurchsichtig beanstandet (vgl. Associazione per gli Studi Giuridici sull‘Immigrazione (ASGI) vom 20. November 2012; Zur derzeitigen Situation von Asylbewerbern in Italien, S. 11 der ins Deutsche übersetzten Fassung). Danach lässt Italien ein Aufnahmesystem erkennen, das „… sich unterschiedlicher Systeme bedient […], die sich häufig in einem wirren, nicht homogenen Rahmen überlagern, wo die Aufnahmestandards … sehr unterschiedlich sein können, und wo die Inanspruchnahme durch die betroffenen Personen sehr dem Zufall überlassen bleibt.“ Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass eine solche wahllose Belegung an sich zweckgebundener Einrichtungen das Verfahren der Asylprüfung belastet, weil die Auslastung der Kapazitäten einer verfahrensgeleiteten Zuweisung weiterer Bewerber im Rahmen der Einrichtungszwecke entgegensteht.

Darüber hinaus hat die italienische Regierung die Unterbringungskapazitäten aber durch ein befristetes, zunächst dem Zivilschutz unterstelltes Notstandssystem mit landesweit 50.000 Plätzen drastisch erweitert und außerdem ein weiteres CARA mit 2000 Plätzen für sog. Bootsflüchtlinge (Mineo) eröffnet. Darin wird das Bemühen erkennbar, der akuten Überlastungssituation im gegebenen Rahmen gerecht zu werden. Insgesamt dürften die Kapazitätserweiterungen sowie die übergreifende Zuweisung die Unterbringungsproblematik deutlich entschärft haben. Das zeigt, dass die Italienische Republik durchaus Anstrengungen unternommen hat, um der Lage der betroffenen Menschen gerecht zu werden und den Verfahrensablauf entsprechend den innerstaatlichen Festlegungen und den eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen innerhalb des Europäischen Systems zu gewährleisten. Aktuell scheint die Situation so weit entspannt zu sein, dass sämtliche Asylbewerber, auch Dublin II-Rückkehrer, in den öffentlichen Aufnahmeeinrichtungen Platz finden können. Zwar erscheinen die Probleme vorhandener Flüchtlinge und Migranten, etwa der Personen, die bei Beendigung der Notstandsmaßnahmen Ende Februar 2013 noch Unterkünfte in Anspruch nahmen, noch nicht befriedigend gelöst. Das ausgelaufene Notstandsprogramm zeigt jedoch, dass Italien Unterbringungsplätze in erheblichen Umfang zusätzlich zur Verfügung stellen kann, wenn der Zustrom von Flüchtlingen es erfordert. Das rechtfertigt keine grundlegenden Zweifel daran, dass ein insoweit auch nach Beendigung des Notstandsprogramms fortdauernder Bedarf oder erneute Massenanstürme bewältigt werden können. Daher spricht nichts durchgreifend dagegen, dass die Aussage in der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 auch nach Aufhebung des Notstandes „Nordafrika“ noch Bestand hat, dass die Unterbringung von Dublin-II- Rückkehren, die sich noch im Asylverfahren befinden, gewährleistet sei.

Bei Asylbewerbern resultieren Probleme bei Unterkunft und Versorgung häufig auf mangelnder Information der Betroffenen bzw. dem Umstand der Nichtbeachtung für die bürokratische Abwicklung notwendiger Informationen, zuweilen aber auch aus der Handlungsweise einzelner Behörden, die über die für Asylbewerber geltenden Bestimmungen nicht hinreichend informiert sind oder diese nicht zutreffend anwenden. Hierzu gehört etwa die Vorstellung, dass Dublin II-Rückkehrer einer Aufnahmeeinrichtung nicht mehr zugewiesen werden können, weil sie einen ihnen darin vor dem Verlassen Italiens zugewiesenen Platz aufgegeben haben. Insoweit handelt es sich aber nicht um systembedingte Mängel, sondern um einzelne Missstände, denen innerhalb des Systems abgeholfen werden kann, weshalb es nicht geboten ist, dass Überstellungen nach der Dublin II-VO unterbleiben.

c) Diese Einschätzung der allgemeinen Lage wird durch die bereits ein Jahr alte, vom Antragsgegner herangezogenen Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Braunschweig vom 24. April 2012 bestätigt, der Bedenken nur im Bereich der besonders schutzbedürftigen Personen angemeldet hat und bislang in Bezug auf Italien - anders als für Griechenland - keine generelle Empfehlung gegen Überstellungen nach der Dublin II-Verordnung ausgesprochen hat.

Die EU-Kommission hat allerdings unter dem 24. Oktober 2012 ein Aufforderungsschreiben zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens im Hinblick auf die Gewährleistung des Asylverfahrens versandt, dessen näherer Inhalt dem Senat mangels Veröffentlichung nicht bekannt ist. Das bedeutet jedoch lediglich, dass die Mechanismen zur Einhaltung des europäischen Regelwerks in Bezug auf Italien auch im Bereich der Asylgewährung Anwendung finden und auf eine Unterbindung von Verstößen hingewirkt werden soll.

d) Das für das Verwaltungsgericht Braunschweig erstellte ausführliche Gutachten von Judith Gleitze, borderline-europe e.V., vom Dezember 2012, auf das sich der Antragsteller und Teile der Rechtsprechung (vgl. zuletzt VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. April 2013 - 5a L 258/13. A -, VG Schwerin, Beschluss vom 15. März 2013 - 3 B 111/13 As - beide veröffentlicht in juris) berufen, rechtfertigt im Fall des Antragstellers keine andere Bewertung.

Dieses Gutachten bestätigt zunächst die grundlegenden Ausführungen zum System der Aufnahme und Versorgung von Asylsuchenden in der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 und auch der Lagebeschreibung der ASGI (vom 20. November 2012, a.a.O.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, wenn auch die Zahlenangaben über die Unterbringungsplätze in den Aufnahmeeinrichtungen und hinsichtlich der Zahl der in Anspruch genommenen Plätze in den Notunterkünften für Bootsflüchtlinge im Rahmen des Notstandes Nordafrika differieren (Gutachten borderline-europe e.V. S. 11; Auskunft AA zu Nr. 2.4). Das kann allerdings mit unterschiedlichen Erhebungszeitpunkten zusammenhängen. Das Gutachten beschreibt auch eine Reihe von Missständen, deren Vorhandensein für den Senat im Hinblick darauf nicht in Frage steht, dass die Auskunft des Auswärtigen Amtes solche Zustände durch die verwendeten Formulierungen ebenfalls nicht ausschließt, sie allerdings nicht als regelmäßig oder gar überwiegend gegeben betrachtet.

Das Gutachten von borderline-europe e.V. besitzt im Übrigen aber keine hinreichende Aussagekraft, die es rechtfertigen würde, aus den darin beschriebenen Zuständen umfassend die ernsthafte Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung jeder rücküberstellten Person abzuleiten. Obwohl das Gutachten seine Aussagen im Rahmen des Möglichen statistisch zu untermauern sucht, stützt es sich vielfach lediglich auf Einzeldaten oder pauschale Aussagen bestimmter Organisationen oder deren führender Köpfe (etwa Gutachten S. 40, S. 61). Dies betrifft insbesondere die Situation von Asylbewerben allgemein und von Dublin II-Rückkehrern im Besonderen. Es werden keine belegbaren Zusammenhänge zwischen Einzelschicksalen und den Rahmenbedingungen aufgezeigt, um so zu verallgemeinerungsfähigen Aussagen zu gelangen. Ebenso wenig wird deutlich, ob bei der Bewertung von Vorfällen das Handeln der Betroffenen, ihr Informationsstand in bestimmten Verfahrensstadien und ihre Mitwirkung einbezogen worden sind, um auszuschließen, dass es sich nicht nur um singuläre Geschehen handelt.

Die speziellen Angaben zu Dublin II-Rückkehrern, die am Flughafen Fiumicino (Rom) ankommen, stützen sich im Wesentlichen auf Auskünfte und statistische Erhebungen der am Flughafen bis August 2012 tätigen Arciconfraternita. Danach haben von 1.148 rücküberstellten Personen im Zeitraum Januar bis August 2012 313 eine Unterkunft erhalten, davon 88 in einem CARA oder SPRAR, 134 eine Kurzzeitunterkunft, ehe sie sich zu den für sie zuständigen Quästuren zu begeben hatten, die für die weitere Unterbringung zuständig sind. Dass der Betreuungsverein zur weiteren Unterbringung keine Angaben machen konnte, wird im Gutachten nicht wertfrei dargestellt, wenn es heißt, es sei unklar, was mit ihnen geschehen sei (Gutachten S. 14, 26 und. 59 f.). Ferner ist den Angaben von Arciconfraternita nicht zu entnehmen, welche Unterkunft die 91 weiteren Personen fanden, die statistisch ebenfalls als „untergebracht“ erfasst wurden. Unklar ist, in welchem Stadium des Asylverfahrens sich die Rückkehrer befunden haben. Zwar führt das Gutachten aus, dass es sich um 414 Asylsuchende, 312 Schutzberechtigte, 95 Personen mit humanitärem Schutz, 170 im Klageverfahren befindliche Personen, 50 mit sonstigem Aufenthalt und 107 Minderjährige gehandelt habe (Gutachten S. 25). Es ordnet die geschilderte Unterbringung diesen Personenkreisen aber nicht zu.

Insoweit ist von Bedeutung, dass die Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung grundsätzlich nur dann vorgesehen ist, wenn das Asylverfahren, insbesondere die Identifizierung, noch nicht abgeschlossen ist und das Asylvorbringen noch nicht verbalisiert wurde. Verfügt der Betroffene bereits über eine Berechtigung zum Aufenthalt in Italien und hat er die Aufnahmeeinrichtungen bereits durchlaufen, scheidet vom Zweck her eine Aufnahme in diesen Einrichtungen regelmäßig aus, soweit nicht Kapazitätsengpässen Rechnung getragen werden muss. Es ist auch nicht auszuschließen, dass ein Teil der überstellten Personen gar keine Aufnahme in einer der öffentlichen Einrichtungen anstrebte, weil viele Dublin II-Rückkehrer nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 29. November 2011 an das Verwaltungsgericht Darmstadt auf die Durchführung des Asylverfahrens verzichten. Allein aus den Zahlen über die erfolgte Unterbringung in bestimmten Einrichtungen oder aus dem Prozentanteil der Untergebrachten an der Gruppe der Dublin II-Rückkehrer lässt sich nicht ableiten, dass für die übrige Zahl der überstellten Personen keine Unterbringungsmöglichkeiten bestanden hätten, die jedenfalls in Rom in nicht geringem Ausmaß durch kommunale und caritative Einrichtungen unterhalten werden (ca. 1600 Plätze, Gutachten S. 37). Legt man die absolute Rückkehrer-Zahl und den Zeitraum der Statistik zugrunde, ist durchschnittlich von fünf Rückkehrern jeden Tag in Rom-Fiumicino auszugehen, bei denen jeweils die Frage zu stellen ist, inwieweit das Asylverfahren schon durchgeführt ist, noch durchzuführen wäre oder seine Durchführung oder Fortführung nicht gewünscht wird. Angesichts dessen lassen die Angaben des Gutachtens keine Bewertung zu, dass eine hinreichende Unterbringung unterbringungsbedürftiger Personen aus diesem Personenkreis nicht gewährleistet sei. Es lässt die Schlussfolgerung zu, dass die im Wesentlichen an das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit anknüpfende Schutzgewährung in Italien für die Schutzsuchenden wenig attraktiv ist und das niedrige, vielfach durch bürokratische Hemmnisse gekennzeichnete Versorgungsniveau zu Engpässen und Einschränkungen führt, die aber grundsätzlich nicht für alle oder den überwiegenden Teil der Schutzsuchenden, Dublin II-Rückkehrer eingeschlossen, eine erniedrigende Behandlung oder menschenunwürdige Lebensbedingungen befürchten lässt. Für den Personen-kreis, der eine Unterkunft bekommt, kann auch dem Gutachten von borderline-europe e.V. nicht entnommen werden, dass die Versorgung im Übrigen mit Lebensmitteln, Kleidung und Hygiene-Artikeln nicht gewährleistet wäre. Angeführte Einzelbeispiele (vgl. Gutachten S. 39) belegen noch keine menschenunwürdige Behandlung. Bei einem Versorgungssystem, das primär auf Sachleistungen beruht, kann es grundsätzlich nicht beanstandet werden, wenn darauf geachtet wird, dass die Sachleistungen nur dem bedürftigen Empfänger gewährt werden und dies durch eine streng bedarfsbezogene Rationierung sichergestellt wird.

e) Der aktuellen Auskunftslage können schließlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass jedenfalls für die Personengruppe, der der Antragsteller zuzurechnen ist, eine ausreichende medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist.

Zwar setzt die Teilhabe am nationalen Gesundheitsdienst in Italien die Ausstellung eines Gesundheitsausweises voraus, der nur erteilt wird, wenn der Betroffene über einen rechtmäßigen Aufenthalt, eine feste Adresse und eine Steuernummer verfügt, wobei letztere ebenfalls nur bei Angabe einer Wohnanschrift erteilt wird (vgl. Auskunft des AA v. 21. Januar 2013 zu Ziffer 6). Diese Anforderungen stellen solche Asylbewerber vor Probleme, die keiner der Aufnahmeeinrichtungen zugewiesen werden. Bei Aufenthalt oder sonstiger Unterbringung in Rom lässt sich dieses Problem durch die Anmeldung unter einer dort von Wohlfahrtsorganisationen im Einvernehmen mit den kommunalen Behörden bereitgestellten Sammeladresse überwinden. In den anderen Regionen wird ein solches Verfahren indessen nicht praktiziert bzw. behördlich nicht akzeptiert (vgl. Gutachten borderline-europe e.V. S. 44), so dass die Betroffenen auf die garantierte medizinische Not- und Grundversorgung angewiesen sind. Es kann dahinstehen, ob dies für kranke, behinderte oder sonst gesundheitlich besonders schutzbedürftige Personen als ausreichend angesehen werden kann. Für den Antragsteller ergeben sich daraus keine Bedenken gegen seine Überstellung nach Italien.

c) Ferner beanstandet der Antragsteller mit der Beschwerde, der Antragsgegner sei gar nicht zuständig gewesen, die Rückführungsanordnung nach Italien zu erlassen, vielmehr habe nach § 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels zunächst die Verteilung auf die Länder erfolgen müssen. Soweit das Verwaltungsgericht darauf verweise, ein hierin liegender Verfahrensfehler sei gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich, weil die Abschiebungsandrohung zwingend zu erfolgen habe, übersehe es, dass angesichts vieler verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen, die die Rückführung nach Italien für unzulässig erklärt hätten, die nach Verteilung örtlich zuständige Behörde möglicherweise anders entschieden hätte.

Auch dieses Vorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung. Dabei ist schon dem Ausgangspunkt des Antragstellers nicht zu folgen, dass eine vorliegend nur angegriffene Rückführung auf der Grundlage der Dublin-II-VO erst nach Verteilung gemäß § 15a AufenthG erfolgen darf. Denn ein Abwarten hierauf widerspräche der o.g. Zielstellung dieser Verordnung, den für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedsstaat zügig zu bestimmen und dementsprechend auch die Rückführung ohne weitere Verzögerungen in die Wege zu leiten. Darüber hinaus trifft aber auch die Annahme des Verwaltungsgerichts zu, dass ein solcher Fehler nach § 46 VwVfG unbeachtlich wäre, da eine andere Sachentscheidung nicht in Betracht kam. Denn die Rückführung steht nicht im Ermessen der Ausländerbehörde. Auf die Frage, ob die nach einer Verteilung zuständige Ausländerbehörde die Rückführung im Hinblick auf stattgebende Entscheidungen von Verwaltungsgerichten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren aussetzen könnte, kommt es dabei nicht an.

d) Schließlich macht der Antragsteller geltend, das Verwaltungsgericht verkenne, dass vorliegend die Notwendigkeit einer besonders gründlichen tatsächlichen und rechtlichen Prüfung bestehe, die, wie Art. 19 Abs. 4 GG gebiete, nur in einem Hauptsacheverfahren erfolgen könne. Das Bundesverfassungsgericht habe dies im - in der Problematik vergleichbaren - Fall der Rückführung nach Griechenland bereits so entschieden, für Italien könne nichts anderes gelten.

Auch dieses Vorbringen rechtfertigt keine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Auch insoweit ist auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 17. Juni 2013 im Verfahren OVG 7 S 33.13 zu verweisen. Dort heißt es:

Zum einen ist es dem Antragsteller nicht zumutbar, wenn die Zulässigkeit seiner Rücküberstellung ohne eine eingehendere Prüfung nur einstweilig suspendiert und im Übrigen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bliebe (vgl. auch EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 u.a. -, juris, Rn. 108). Zum anderen würde dies die Intentionen der Dublin-II-VO und des begleitenden Regelwerks verfehlen, mit dem eine zügige Bestimmung des für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaates, aber keine Entlastung der Mitgliedstaaten von den von ihnen eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen angestrebt ist. Es bedarf deshalb bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren einer vertieften Prüfung, die allerdings nur an die vom Antragsteller glaubhaft gemachten tatsächlichen Umstände anknüpfen kann. Dies gilt zumal für Fälle wie denjenigen des Antragstellers, in dem die Rücküberstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Dublin II-VO mangels eines im Bundesgebiet gestellten Asylantrages nicht läuft (vgl. in Asylfällen dazu jedoch auch EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - Rs. C 19/08 – Petrosian, juris).

Dass die maßgeblichen aktuellen Zustände hinsichtlich der Versorgung von Asylbewerbern in Italien mit den seinerzeitigen in Griechenland vergleichbar seien, wie der Antragsteller behauptet, ist nach den obigen Ausführungen im Übrigen unzutreffend.

Nach alledem kommt auch die mit der Beschwerde erneut beantragte hilfsweise Untersagung der Rückführung des Antragstellers nach Italien im Wege einstweiliger Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).