Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat | Entscheidungsdatum | 19.05.2016 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | L 8 R 508/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 45 SGB 10, § 785 ZPO |
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. April 2013 insoweit aufgehoben als darin die Erstattungsverfügung einer Überzahlung von 24.611,64 Euro aufgehoben wurde.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen mit der Maßgabe, dass dem Kläger die Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass vorbehalten ist.
Die Beklagte hat dem Kläger 1/10 der außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichtes, mit dem dieses einen Bescheid, mit dem die Bewilligung von Witwenrente für die verstorbene Mutter des Klägers teilweise zurückgenommen und die Erstattung einer Überzahlung von 24.611,64 Euro verfügt wurde, bzgl. der Erstattung aufgehoben hat, weil die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die Erstattung durch Verwaltungsakt geltend zu machen.
Der 1982 geborene Kläger ist der Sohn des 1991 verstorbenen Versicherten W W (im Folgenden: der Versicherte) und seiner 1947 geborenen und 2008 verstorbenen Ehefrau Y W (im Folgenden: die Witwe). Der Kläger lebte bis zum Tod der Witwe mit dieser in einer gemeinsamen Wohnung. Der Kläger hat einen Bruder, den 1974 geborenen D W W, sie haben gemeinsam die Witwe beerbt.
Am 16. Mai 1991 stellte die Witwe einen Antrag auf Witwenrente sowie auf Halbwaisenrenten für die beiden Söhne. Ihr damaliger Bevollmächtigter erklärte in dem Antrag, dass die Witwe keinerlei eigenes Einkommen habe, weil sie die Kinder zu Hause betreue. Mit Schreiben vom 1. Juli 1991, bei der Beklagten eingegangen am 29. Juli 1991, bat der damalige Bevollmächtigte um bevorzugte Behandlung, da die Witwe mit ihren Kindern ab dem 1. August 1991 ohne Geldmittel dastehen würde und ihr nicht zugemutet werden könne, zum Sozialamt zu gehen. In der Anlage zum Antrag auf Hinterbliebenenrente, von dem damaligen Bevollmächtigten am 1. Juli 1991 unterschrieben, wurde angegeben, dass die Witwe keinerlei Einkommen habe, weder Arbeitseinkommen noch Erwerbsersatzeinkommen.
Mit Bescheid vom 19. August 1991 bewilligte die Beklagte der Witwe Witwenrente ab dem 23. April 1991. Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass der Bezug einer Leistung wegen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit oder einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung oder der Rentenversicherung zu einer Änderung der Rentenhöhe führen könne und die Witwe verpflichtet sei, der Beklagten die Beantragung sowie den Bezug oder die Änderung solcher Leistungen umgehend mitzuteilen. Weiter enthielt der Bescheid den Zusatz, dass die gesetzliche Verpflichtung bestehe, der Beklagten eine Erhöhung oder das Hinzutreten von Einkommen unverzüglich mitzuteilen.
Mit Bescheid vom 5. September 2008 bewilligte die Beklagte durch das für die Witwe zuständige Dezernat dieser Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Juli 2007. Im Rahmen dieser Rentenbewilligung wurde dem für den Versicherten zuständigen Dezernat der Beklagten am 10. September 2008 gemeldet, dass die Witwe seit August 1991 Einkommen erzielt hatte. Im Folgenden wurde versucht, mit der Witwe die Einkommensdaten für bestimmte Zeiträume zu klären. Diesbezüglich erfolgte keine Antwort. Am 28. November 2008 ist die Witwe verstorben.
Mit Schreiben vom 4. August 2009 hörte die Beklagte den Kläger dahingehend an, dass sie beabsichtige, den Bescheid vom 19. August 1991 mit Wirkung ab dem 1. August 1991 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen und die Überzahlung für die Zeit vom 1. August 1991 bis 30. November 2008 in Höhe von 23.773,70 Euro nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern. Beigefügt war eine Anlage „ Berechnung der Monatsrente“.
Auf Anfrage der Beklagten bescheinigte die Berufsgenossenschaft Handel- und Warendistribution (BGHW) am 19. August 2009, dass die Witwe in der Zeit von Juli 1999 bis 31. Oktober 2003 eine Unfallrente bezogen hatte. Zum 31. Oktober 2003 war die Rente entzogen worden.
Am 24. September 2009 sprach der Kläger in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten vor und teilte mit, dass er nicht in der Lage und willens sei, die Überzahlung zu erstatten. Er habe kein laufendes Einkommen, da er aufgrund der Erbschaft nach dem Tode seiner Mutter diese erst aufbrauchen müsse, bevor ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II entstehen würde. Damit würde bei einer Erstattung jedoch Hilfebedürftigkeit eintreten. Außerdem würde das Erbe nicht zur Erstattung ausreichen, da er nicht allein erbberechtigt sei.
Mit Bescheid vom 26. November 2009 hat die Beklagte die große Witwenrente für die Witwe ab dem 1. Januar 1992 neu berechnet. Für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. November 2008 habe sich eine Überzahlung von 24.611,64 Euro ergeben. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Der Rentenbescheid vom 19. August 1991 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. August 1991 nach § 45 SGB X zurückgenommen, die entstandene Überzahlung sei vom Kläger als Erbe gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Die von dem Kläger im Rahmen der Anhörung aufgeführten Gründe seien bei der Vertrauensschutzprüfung sowie bei der Ausübung des Ermessens beachtet worden. Sie seien jedoch nicht dazu geeignet, von der Bescheidrücknahme abzusehen.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Eingang am 17. Dezember 2009 Widerspruch eingelegt, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2010 zurückgewiesen hat. Die Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen in dem angefochtenen Bescheid. Mit dem Rücknahmebescheid vom 26. November 2009 seien auch sämtliche Fristen eingehalten worden. Versterbe ein Erstattungspflichtiger, gehe dessen Erstattungspflicht nach den Bestimmungen des Erbrechts auf vorhandene Erben über. Bei einer solchen Erstattungspflicht handele es sich um eine Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1967 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), für die die Erben nach den §§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB hafteten. Die Schuld verliere durch den Erbfall jedoch nicht ihre öffentlich-rechtliche Natur. Seien mehrere Erben vorhanden, hafteten diese gesamtschuldnerisch (§ 2058 BGB). Es bestünde daher ein Wahlrecht, welcher Erbe in Anspruch genommen werden solle.
Mit der am 28. Juni 2010 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger die Aufhebung des Renten- und Erstattungsbescheides begehrt sowie hilfsweise, ihm als Gesamtschuldner mit seinem Bruder die Beschränkung seiner Haftung als Erbe nach der Witwe vorzubehalten.
Mit Urteil vom 4. April 2013 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2010 insoweit aufgehoben, als darin die Erstattung einer Überzahlung von 24.611,64 Euro verfügt worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 19. August 1991 mit Wirkung für die Vergangenheit, gerichtet an den Kläger als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter, sei rechtens gewesen gemäß § 45 SGB X. Die Beklagte könne daraus jedoch keinen Erstattungsanspruch gegen den Kläger durch Bescheid verfügen, da sie mangels seiner Versicherteneigenschaft ihm gegenüber nicht hoheitlich habe handeln dürfen. Hinsichtlich der verfügten Erstattungsforderung erweise sich der Bescheid vom 26. November 2009 jedoch als rechtswidrig, so dass er, wie auch der Widerspruchsbescheid, insoweit aufzuheben gewesen sei. Zwar hafteten Erben nach § 1967 Abs. 1 BGB auf Zahlungsverpflichtungen öffentlich-rechtlicher Natur gegenüber Trägern nach dem Sozialgesetzbuch. Allein aus der Zugehörigkeit einer Forderung zum öffentlichen Recht leite sich jedoch nicht die Befugnis ab, diese gegenüber dem Schuldner durch Leistungsbescheid, also in der Handlungsform hoheitlicher Verwaltung, geltend zu machen. Die Befugnis, Rechtsbeziehungen hoheitlich zu gestalten, müsse dem Versicherungsträger vom Gesetz eingeräumt sein; sie müsse sich aus dem materiellen Recht ergeben. Soweit der Versicherungsträger nicht ausdrücklich zur Regelung durch Verwaltungsakt ermächtigt sei, müsse jedenfalls aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses zu ersehen sein, dass er berechtigt sein solle, in dieser Form tätig zu werden (Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 13. Dezember 2005, Az. B 2 U 16/05). Eine gesetzliche Grundlage zur Ermächtigung des Handelns der Beklagten auf öffentlich-rechtlichem Gebiet in Form eines Erstattungsbescheides gegenüber dem Kläger bestünde nicht. Soweit hilfsweise der Ausspruch der beschränkten Erbenhaftung nach § 780 Zivilprozessordnung (ZPO) von Seiten des Klägers geltend gemacht worden sei, sei dieser Antrag mangels Verurteilung zur Haftung als Erbe nach der Aufhebung des Bescheides hinsichtlich der Erstattungsforderung unzulässig.
Gegen das ihr am 5. Juni 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. Juli 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Die vom Sozialgericht zitierte Entscheidung des BSG vom 13. Dezember 2005 zeige eindeutig auf, dass der Rentenversicherungsträger überzahlte Renten, die die Rentenempfängerin zu ihren Lebzeiten zu Unrecht erhalten habe, von den Erben per Verwaltungsakt zurückfordern dürfe. Soweit der Bevollmächtigte die Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass geltend mache, sei darauf hinzuweisen, dass diese erst im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend gemacht werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. April 2013 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise dem Kläger die Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass vorzubehalten.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts insoweit für zutreffend, als es der Beklagten verwehrt gewesen sei, gegen den Kläger den vermeintlichen Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen.
Soweit die Beklagte meine, dass auch im Falle der Verurteilung des Klägers im Tenor des Urteils der Ausspruch des Vorbehalts der eingeschränkten Erbenhaftung nicht zulässig sei, so sei es schon richtig, dass die eingeschränkte Erbenhaftung erst im Wege der Zwangsvollstreckung eine Rolle spiele. Damit diese aber im Zwangsvollstreckungsfalle angewendet werden könne, sei es unverzichtbar, dass dem Urteil das Erkenntnisverfahren die Beschränkung der Haftung ausdrücklich vorbehalten werde (Hinweis auf § 780 Abs. 1 ZPO).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze seines Prozessbevollmächtigten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Versicherten und die Witwe betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG-).
Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist lediglich die Erstattungsforderung, die die Beklagte gemäß § 50 SGB X gegen den Kläger geltend macht, nicht jedoch die Rücknahmeverfügung gemäß § 45 SGB X. Das Sozialgericht hat die Klage bezüglich der Rücknahmeverfügung abgewiesen. Der Kläger hat diesbezüglich keine Berufung eingelegt.
Die Berufung ist teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist insoweit rechtswidrig, als das Sozialgericht den Bescheid vom 26. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2010 bzgl. der Erstattungsverfügung aufgehoben hat. Die Beklagte durfte die Erstattung per Verwaltungsakt festsetzen. Allerdings war dem Kläger auf seinen Hilfsantrag die Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass vorzubehalten.
Einer Entscheidung in der Sache steht nicht eine mangelnde Anhörung entgegen, das Verfahren ist nicht auszusetzen und der Beklagten gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 2 SGB X Gelegenheit zu geben, die Anhörung nachzuholen, da diese im Widerspruchsverfahren bereits nachgeholt wurde.
Gemäß § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
Die Beklagte hat in der Anhörung in Aussicht gestellt, einen Betrag von 23.773,70 Euro zurückzufordern, hat dann aber tatsächlich 24.611,64 Euro zurückgefordert. Dies deshalb, weil sie erst nach der Anhörung erkannt hat, dass auch noch eine Verletztenrente anzurechnen war bzw. die entsprechenden Werte ermittelt hat. Da der Erstattungsbetrag gerade für die Erstattungsverfügung von besonderer Bedeutung ist, ist bei Änderung des Betrages und der ihm zu Grunde liegenden Berechnung auch erneut eine Anhörung notwendig, da die Änderung der Berechnung mit dem Ergebnis eines höheren Erstattungsbetrages eine zusätzliche Beschwer ergibt (vgl. zur Notwendigkeit einer erneuten Anhörung bei zusätzlicher Beschwer das Urteil des BSG vom 6. April 2006, Az. B 7a AL 64/05 R, juris Rdnr. 14). Die Anhörung ist jedoch im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden (vgl. zu den Voraussetzungen der Annahme einer nachgeholten Anhörung im Widerspruchsverfahren Schütze in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Auflage 2014, § 41 Rdnr. 15). Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid alle entscheidungsrelevanten Tatsachen mitgeteilt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte sich auch im Widerspruchsverfahren zur Frage der Anrechnung der Verletztenrente geäußert, allerdings nur zum „Ob“ der Anrechnung, die die Rücknahme des Bewilligungsbescheides betrifft und hier – nicht mehr –Streitgegenstand ist. Bezüglich der Berechnung, die für die Erstattung allein von Bedeutung ist, hat er keine Ausführungen gemacht und die Berechnung und auch den geänderten Betrag nicht beanstandet. Deshalb bedurfte es seitens der Beklagten diesbezüglich auch keiner Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Argumenten im Widerspruchsbescheid.
Rechtsgrundlage für die Erstattungsverfügung ist § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Danach ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
Nach dem Tode des Adressaten des Bewilligungsbescheides sind Rücknahmen gemäß § 45 SGB X gegenüber seinen Rechtsnachfolgern möglich (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2015, § 45 Rdnr. 8), auch den Erben gegenüber kann der sich aus § 50 SGB X ergebende Erstattungsanspruch aus dem Rückabwicklungsverhältnis durch Verwaltungsakt festgesetzt werden (Schütze in von Wulffen/Schütze; Kommentar zum SGB X, 8. Auflage 2014, § 50 Rdnr. 15). Bereits mit Urteil vom 17. Dezember 1965, Az. 8 RV 749/64, dokumentiert in juris und in SozR Nr. 18 zu § 47 VerwVG, hatte das BSG entschieden, dass, wenn ein Berechtigter Leistungen zu Unrecht erhalten hat, die Verwaltungsbehörde sie nach seinem Tode von den Erben durch Verwaltungsakt zurückfordern kann. Es hat ausgeführt:
„Die öffentlich-rechtliche Natur des Erstattungsanspruchs [ändert sich] auch nicht dadurch, dass das Vermögen des Erblassers mit dieser öffentlich-rechtlichen Belastung im Wege der Erbfolge auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger übergegangen ist. Bei der Beantwortung der Frage, ob das Vermögen eines Erblassers mit einer öffentlich-rechtlichen Forderung belastet war, ist zu beachten, dass die Leistung für den Versorgungsberechtigten bestimmt war und dass diese Leistung ihre öffentlich-rechtliche Natur nicht dadurch verloren hat, dass sie zu Unrecht gewährt worden ist. Der Rechtsübergang aus Anlass eines Erbfalles ändert an der Rechtsnatur der öffentlich-rechtlichen Leistung nichts. Denn der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist das Gegenstück der öffentlich-rechtlichen Leistung, unbestritten kann der Erbe eine im Erbwege übergegangene Rentenforderung im Verwaltungsrechtsweg geltend machen, ohne Rücksicht darauf, ob die Rente dem Erblasser bereits durch einen bindend gewordenen Bescheid zuerkannt worden war oder nicht. Dies muss dann auch für die Rückforderung gelten. Auch diese betrifft eine öffentlich-rechtliche Leistung, die sich in eine öffentlich-rechtliche Schuld verwandelt hat. Diese - öffentlich-rechtliche - Natur der Schuld ändert sich nicht, wenn der Inhaber der Verpflichtung wechselt. Denn bei der Entscheidung, ob der Rückerstattungsanspruch dem öffentlichen oder privaten Recht zuzuordnen ist, kommt es nicht auf die Person des Verpflichteten, sondern auf die Rechtsnatur der Leistung an. Gehörte diese dem öffentlichen Recht an, so ändert sie sich auch nicht durch den Tod des Empfängers. Die Verwaltung ist daher grundsätzlich berechtigt, Rückforderungsansprüche gegen Erben im Wege eines Verwaltungsaktes durchzusetzen. Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass vorliegend der ursprüngliche Bewilligungsbescheid über die Elternrente im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch nicht zurückgenommen oder - gemäß § 62 BVG - abgeändert worden war. Denn der erkennende Senat hat hierzu in BSG 7, 103 entschieden, dass beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Verwaltungsbehörde auch dann noch einen Berichtigungsbescheid (belastenden Verwaltungsakt) erlassen kann, wenn der auf Grund eines fehlerhaften Bescheides Versorgungsberechtigte bereits gestorben war“ (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1965, aaO., juris Rdnr. 15). Hieran hat sich entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers auch bisher nichts geändert und dies widerspricht auch nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Selbstverständlich tritt der Rechtsnachfolger, hier der Erbe, nicht in die Position der Witwe ein, er ist aber der Rechtsnachfolger hinsichtlich der Forderung, wie das BSG in dem oben zitierten Urteil ausgeführt hat. Diese Auffassung ist z.B. auch vom BVerwG bestätigt worden. Dies hat in dem Urteil vom 25. März 1982, Az. 2 C 23/81, juris Rndr. 22 = Buchholz 238.911 Nr. 3 BhV Nr. 19, ausgeführt: „Die Rücknahme ist zu Recht gegenüber den Erben erfolgt. Dem Beihilferecht ist insoweit ebenso wenig eine eigene Regelung zu entnehmen wie hinsichtlich der bereits ausgezahlten Beihilfebeträge, die im Vermögen der Beihilfeberechtigten aufgegangen und damit vererblich waren. Gemäß dem in § 1922 Abs. 1, § 1967 Abs. 1 BGB niedergelegten Grundsatz ist der Kläger als Erbe in die rechtliche Position seiner Mutter eingetreten.“ In dem Urteil vom 26. August 1999, Az. 3 C 17/98, juris Rdnr. 17 = NVwZ-RR 2000, 196, hat es ausgeführt: „Außer Frage steht, dass an die Stelle des Adressaten des begünstigenden Verwaltungsakts gegebenenfalls dessen Gesamtrechtsnachfolger tritt. Da ein Erbe - oder ein anderer Gesamtrechtsnachfolger - in vollem Umfang in die Rechte und Pflichten des Erblassers - oder des sonstigen Rechtsvorgängers – eintritt, gilt dies auch für das durch Verwaltungsakt begründete Rechtsverhältnis und die damit unter Umständen verbundene Inanspruchnahme durch einen Rücknahmebescheid“. Auch das BSG hat in dem sowohl vom Kläger als auch von der Beklagten für ihre Auffassung in Anspruch genommenen Urteil vom 13. Dezember 2005, Az. B 2 U 16/05 R, dokumentiert in juris und SozR 4-2700 § 150 Nr. 2, entschieden, dass – dort - eine Beitragsforderung von der Erbin eines bis zu seinem Tode Verpflichteten durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden kann. Es hat zwar ausgeführt, dass sich allein aus der Zugehörigkeit einer Forderung zum öffentlichen Recht noch nicht die Befugnis ableitet, diese gegenüber dem Schuldner durch Leistungsbescheid, also in der Handlungsform hoheitlicher Verwaltung,geltend zu machen. Die Befugnis, Rechtsbeziehungen hoheitlich zu gestalten, muss dem Versicherungsträger vom Gesetz eingeräumt sein; sie muss sich aus dem materiellen Recht ergeben, das den betreffenden Rechtsbeziehungen zugrunde liegt. Soweit der Versicherungsträger nicht ausdrücklich zur Regelung durch Verwaltungsakt ermächtigt wird, muss jedenfalls aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses zu ersehen sein, dass er berechtigt sein soll, in dieser Form tätig zu werden (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, aaO., juris Rdnr. 12). Einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedarf es jedoch dann nicht, wenn es um die Regelung von Ansprüchen aus dem durch Über- und Unterordnung gekennzeichneten Versicherungsverhältnis geht, die durch den Wechsel der Person ihre Rechtsnatur nicht ändern. Der Erbe tritt in Bezug auf die nachwirkenden Rechte und Pflichten aus dem beendeten Versicherungsverhältnis sowohl in materiellrechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht uneingeschränkt in die Rechtsstellung des Erblassers ein (BSG Urteil vom 13. Dezember 2005, aaO., juris Rdnr. 14). So liegt es auch hier. Der Kläger – und sein Bruder – sind als Sonderrechtsnachfolger (der Kläger für den Monat November 2008, s.u.) bzw. Erben in das Versicherungsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten eingetreten, ihnen gegenüber kann daher ein Erstattungsanspruch in gleicher Form geltend gemacht werden wie gegenüber dem ursprünglich Berechtigten, hier der Witwe. Dem widerspricht es nicht, dass das BSG eine Regelungsbefugnis des Sozialleistungsträgers in Fällen verneint hat, in denen ein Rückzahlungs- oder Erstattungsanspruch erst nach dem Tode des Versicherten oder Versorgungsberechtigten dadurch entstanden war, dass Sozialleistungen versehentlich über den Tod hinaus weitergezahlt worden waren. In dieser Konstellation geht es nicht um ererbte Verpflichtungen aus dem mit dem Rechtsvorgänger bestehenden Versicherungs- oder Versorgungsrechtsverhältnis hoheitlicher Prägung, sondern um eigenständige, in der Person des Rechtsnachfolgers entstandene Verbindlichkeiten. Der bloße Sachzusammenhang mit dem beendeten Sozialrechtsverhältnis vermag insoweit ein Handeln durch Verwaltungsakt nicht zu rechtfertigen, sodass hierfür zu Recht eine spezielle gesetzliche Ermächtigung verlangt worden ist (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, aaO., juris Rdnr. 16). Anders liegt es hier. Es handelte sich um eine aus dem Sozialrechtsverhältnis selbst entstandene Verbindlichkeit, die die Beklagte durch Verwaltungsakt geltend machen durfte.
Die Erstattungsforderung ist auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 52 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 SGB X 30 Jahre. Diese Vorschrift lautet:
1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. 2Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.
(2) Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre.
Vorliegend ist der Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte den Anspruch auf Rückzahlung durchsetzen möchte, in diesem Verfahren angefochten. Die Verjährung ist daher gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 SGB X gehemmt. Mit Rechtskraft des vorliegenden Urteils wird die Verjährungsfrist 30 Jahre betragen.
Der Berufung der Beklagten ist jedoch insoweit nicht begründet, als dem Kläger, entsprechend seinem Hilfsantrag in der ersten Instanz, die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass vorzubehalten war. Dies war auszusprechen da, wenn die Beklagte die Zwangsvollstreckung gemäß § 66 Abs. 4 SGB X in entsprechender Anwendung der ZPO durchführen würde (sie hat insofern ein in ihrem Ermessen stehendes Wahlrecht, ob sie die Vollstreckung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X entsprechend dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz oder entsprechend der ZPO vornimmt), der Kläger möglicherweise gehindert wäre, gemäß § 785 ZPO Vollstreckungsabwehrklage zu erheben, weil er den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nicht geltend gemacht hat (vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall Urteil des BSG vom 15. September 1988, Az. 9/9a RV 32/86, juris Rdnr. 17 = SozR 1300 § 45 Nr. 40). Die Gefahr, dass dem Kläger die Einrede im zivilprozessualen Vollstreckungsverfahren abgeschnitten wird, begründet für den Vorbehalt das Rechtsschutzinteresse. Mit dem Vorbehalt ist noch nicht entschieden, ob der Kläger die Einrede der beschränkten Erbenhaftung mit Erfolg erhebt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Ein kostenpflichtiges Verfahren nach § 197a SGG liegt nicht vor (vgl. zu einem gleichgelagerten Fall Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 08. Oktober 2013, Az. L 2 R 241/12, juris Rdnr. 29 m.w.N.). § 197a SGG ist nicht anwendbar, da der Kläger zu dem nach § 183 SGG privilegierten Personenkreis gehört. Nach dieser Vorschrift ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Der Kläger ist aber nicht als Leistungsempfänger, sondern als Erbe seiner Mutter, die Leistungsempfängerin der Witwenrente war, in Anspruch genommen. Die Gesamtrechtsnachfolge nach den §§ 1922, 1967 BGB als Erbe führt, wie der Umkehrschluss aus § 183 Satz 2 SGG zeigt, der Kostenfreiheit nur bei Aufnahme des Verfahrens durch einen sonstigen Rechtsnachfolger für diesen Rechtszug vorsieht, nicht zu einer Kostenfreiheit des Verfahrens, da der Kläger das Verfahren nicht aufgenommen hat, sondern von Anfang an Beteiligter war. Er ist aber nach § 56 Abs. 1 SGB I Sonderrechtsnachfolger. Nach dieser Vorschrift stehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tod des Berechtigten nacheinander dem Ehegatten, dem Lebenspartner, den Kindern, den Eltern oder dem Haushaltsführer zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Der Kläger hat mit der Witwe in einer Wohnung zusammen gewohnt. Der Annahme einer Sonderrechtsnachfolge steht auch nicht entgegen, dass nicht der Kläger die Ansprüche der Witwe geltend machen will, sondern sich einem Anspruch der Beklagten auf Erstattung gegenüber sieht. § 57 Abs. 2 SGB I sieht ausdrücklich die Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Sonderrechtsnachfolgers vor. Danach haftet der Sonderrechtsnachfolger, soweit Ansprüche auf ihn übergangen sind, für die nach dem Sozialgesetzbuch bestehenden Verbindlichkeiten des Verstorbenen gegenüber dem Leistungsträger. Damit wird die Haftung des Sonderrechtsnachfolgers auf die zum Zeitpunkt des Todes übergehenden Sozialleistungen beschränkt. Zum Zeitpunkt des Todes der Witwe ist der Rentenzahlungsanspruch für November 2008 auf den Kläger übergegangen. Dieser Anspruch war beim Tod der Witwe auch noch nicht durch Erfüllung untergegangen, weil Renten nach § 118 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erst am Ende des Monats fällig werden und die Witwenrente deshalb beim Tod der Witwe am 28. November 2008 noch nicht ausgezahlt worden war. Für November 2008 hätte sich die Erstattungsforderung der Beklagten also nicht an den Kläger als Erben richten dürfen, sondern die Beklagte hätte sich auf die Stellung des Klägers als Sonderrechtsnachfolger und § 57 Abs. 2 SGB I stützen müssen. Der Kläger wäre damit als Sonderrechtsnachfolger teilweise kostenprivilegiert, im Übrigen als Gesamtrechtsnachfolger nach den §§ 1922, 1967 BGB hingegen nicht. Da es sich bei der Klage gegen die Erstattungsforderung der Beklagten um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt, reicht die nur teilweise Sonderrechtsnachfolge aus, das gesamte Verfahren zu einem kostenfreien Verfahren zu machen, denn die Durchführung eines teilweise kostenpflichtigen und teilweise kostenfreien Verfahrens ist nicht möglich.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.