Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 01.11.2010 | |
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Aktenzeichen | 5 W (Lw) 10/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) - Landwirtschaftsgericht - vom 14.08.2009 - 12 Lw 3/09 – aufgehoben.
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz werden der Beklagten auferlegt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 3.000,00 € festgesetzt.
I.
Vor dem 01.10.2006 hatte die Agrarerzeuger und Vertriebsgenossenschaft eG F… (im Folgenden: AEVG eG F…) Flächen in der Gemarkung S… mit einem Umfang von insgesamt 125,0631 ha von der B… GmbH (im Folgenden: B…) gepachtet.
Ausweislich § 1b Abs. 1 der Pachtverträge vom 22./28.11.2006 hatte sich die AEVG eG F… verpflichtet, die für die vertragsgegenständlichen Pachtflächen erhaltenen Zahlungsansprüche nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des EU-Agrarrates vom 29.09.2003 in Gestalt des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes vom 26.07.2004 an den Nachfolgebewirtschafter zu übertragen.
Für die Zeit vom 01.10.2006 bis 30.09.2008 pachtete die Beklagte die genannten Flächen von der B….
Gemäß § 1b Abs. 3 S. 1 der Pachtverträge vom 22./28.11.2006 verpflichtete sich die Beklagte, mit Beendigung des Pachtvertrages die ihr vom Vorpächter auf Grund dieses Vertrages übertragenen Zahlungsansprüche im Umfang und entsprechend der Art der verpachteten Fläche an die B… oder einen von ihr benannten Dritten unentgeltlich zu übertragen. Nach § 1 b Abs. 3 S. 4 der Pachtverträge vom 22./28.11.2006 war es der Beklagten nicht gestattet, die aus den vertragsgegenständlichen Pachtflächen resultierenden Zahlungsansprüche anderweitig zu übertragen.
Mit Vertrag vom 26.04.2007 übertrug die AEVG eG F… der Beklagten unter anderem die auf die hier in Rede stehenden Pachtflächen entfallenden Zahlungsansprüche mit den Kennziffern 12 CFF 39 bis 145, sowie 12 CFF 1164 bis 1174/36.
Mit Verträgen vom 07.11.2008 zu UR-Nr. 695/2008 und 696/2008 des Notars … erwarb der Kläger von der B… die genannten Flächen.
In § 4 Nr. 1 Buchst. f) der Verträge heißt es unter anderem:
„Die Verkäuferin und der Käufer sind sich darüber einig, dass die zuvor bezeichneten Zahlungsansprüche, soweit sie die in § 1 bezeichneten Flurstücke betreffen, vom Pächter an den Käufer oder von diesem benannten Dritte zu übertragen sind, sobald der Kaufpreis vollständig und vertragsgerecht gezahlt ist.
Die Verkäuferin ermächtigt und bevollmächtigt den Käufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB mit Wirkung zum Zeitpunkt der vollständigen und vertragsgerechten Kaufpreiszahlungen, die hierfür erforderlichen Erklärungen gegenüber dem Pächter abzugeben. Die Verkäuferin tritt die Ansprüche und Rechte gegen den Pächter, welche ihr aus § 1 b) des Pachtvertrages bezüglich zuvor genannter, die in § 1 bezeichneten Flurstücke betreffender Zahlungsansprüche zustehen, mit Wirkung zum Zeitpunkt der vollständigen und vertragsgemäßen Kaufpreiszahlung an den dies annehmenden Käufer ab.”
Mit Schreiben vom 28.11.2008 forderte der Kläger die Beklagte auf, die oben genannten Zahlungsansprüche an die Gut W… GbR, deren geschäftsführender Gesellschafter er ist, zu übertragen.
Der Kläger hat mit der am 18.04.2009 zugestellten Klage begehrt, wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Gut W… GbR die Zahlungsansprüche nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des EU-Agrarrates vom 29.09.2003 in Gestalt des Betriebsprämiendurchführungsgesetzes vom 26.07.2004 mit den Kennziffern 12 CFF 39 bis 145, sowie 12 CFF 1164 bis 1174/36 zu übertragen;
2. hilfsweise Zahlungsansprüche an die Gut W… GbR zu übertragen, die nach Umfang und Art den in Ziff. 1) genannten Zahlungsansprüchen entsprechen;
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.761,08 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Das Landwirtschaftsgericht hat mit am 18.04.2009 zugestellter Verfügung das schriftliche Vorverfahren angeordnet und eine Frist zur Klageerwiderung von zwei Wochen gesetzt.
Mit dem am 29.04.2009 eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte angezeigt, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen.
Mit Schreiben vom 04.05.2009 hat der Kläger gegenüber der Beklagten erklärt, diese von jeglichen etwaigen Ansprüchen der AEVG e.G. freizustellen, soweit diese begründet die Rückübertragung der Ansprüche aufgrund der Unwirksamkeit der dahin gehenden Verein-barung mit der B… geltend mache.
Am 07.05.2009 hat die Beklagte die geforderte Anzahl der Zahlungsansprüche an den Kläger übertragen.
Mit Schriftsatz vom 11.05.2009 hat der Kläger die Klage bezüglich der Anträge zu 1) und 2) für erledigt erklärt. Er hat weiter beantragt, der Beklagten die Kosten der vorprozessualen Vertretung des Klägers sowie die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Mit Schriftsatz vom 26.05.2009 hat die Beklagte unter Hinweis auf die Übertragung der Zahlungsansprüche an den Kläger erklärt, dass sich der insoweit geltend gemachte Anspruch tatsächlich erledigt habe. In dem genannten Schriftsatz hat sie zugleich geltend gemacht, dass weder die Kosten der vorprozessualen Rechtsverfolgung des Bevollmächtigten des Klägers noch die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen seien. Sie meint, nur Zug um Zug gegen Freistellung von etwaigen Ansprüchen der AEVG eG F… zur Übertragung der Zahlungsansprüche auf den Kläger verpflichtet gewesen zu sein. Sie habe befürchten müssen, Rückforderungsansprüchen der Vorpächterin nach § 812 BGB ausgesetzt zu werden.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2009 hat der Kläger geltend gemacht, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, und mit Schriftsätzen vom 25.06.2009 und 11.08.2009 um eine Kostenentscheidung gebeten.
Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) - Landwirtschaftsgericht - hat mit Beschluss vom 14.08.2009 - 12 Lw 3/09 - die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hätten und deshalb nur noch eine Kostenentscheidung zu treffen sei. Zur Begründung der Kostenaufhebung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Wirksamkeit einer Vertragsklausel wie in den von der Beklagten mit der B… geschlossenen Verträgen, wonach sich der Vorpächter verpflichtet, Zahlungsansprüche an den Nachpächter zu übertragen, umstritten sei. Diese Klärung dieser schwierigen Rechtsfrage sei im Rahmen einer Entscheidung nach § 91 a ZPO nicht geboten gewesen.
Gegen den ihm am 04.09.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 08.09.2009, eingegangen beim Amtsgericht Frankfurt (Oder) am 10.09.2009, sofortige Beschwerde eingelegt.
Er macht geltend, dass das Amtsgericht zu Unrecht vom Vorliegen einer schwierigen Rechtsfrage ausgegangen sei. Im hiesigen Fall sei es nicht um die Wirksamkeit einer Vertragsklausel gegangen, nach der der Vertragspartner der B… ihm originär vom Land Brandenburg zugeteilte Zahlungsansprüche nach der GAP-Reform nach Beendigung des Pachtvertrages an die B… oder an einen von ihr zu benennenden Landwirt zu übertragen habe. Es sei lediglich zu prüfen gewesen, ob die Beklagte verpflichtet war, Zahlungsansprüche, welche sie von einem Vorpächter erhalten hat, an einen Nachpächter bzw. Käufer weiterzugeben. Diese Frage sei zu bejahen gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Amtsgericht Frankfurt (Oder) vom 14.08.2009 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Amtsgerichts als zutreffend. Tatsächlich hätten dem Fall schwierige Rechtsfragen zugrunde gelegen.
Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 91a Abs. 2, 569 ZPO zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
1.
Es ist davon auszugehen, dass das Amtsgericht befugt war, eine Kostengrundentscheidung nach § 91 a ZPO zu treffen. Die Rechtshängigkeit der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche war in vollem Umfang entfallen. Zwar haben die Parteien den Rechtsstreit nur hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 2), nicht aber hinsichtlich des Klageantrags zu 3) übereinstimmend für erledigt erklärt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Kläger die Klage bezüglich des Antrags zu 3) zurückgenommen hat. Eine Klagerücknahme muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Ausreichend ist vielmehr, dass aufgrund der Prozesshandlungen des Klägers dessen Rücknahmewille eindeutig feststellbar ist (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 269 Rn 12). Dies ist hier der Fall. Indem der Kläger mit Schriftsätzen vom 25.06.2009 und 11.08.2009 um eine Kostenentscheidung bat, machte er deutlich, dass er keine Sachentscheidung mehr begehrte.
2.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es hier billigem Ermessen im Sinne von § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Denn ohne das erledigende Ereignis - die Übertragung der streitgegenständlich gewesenen Zahlungsansprüche - wäre sie voraussichtlich unterlegen gewesen.
a.
Eine teilweise Kostenauferlegung auf den Kläger ist nicht etwa aus dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO gerechtfertigt, wonach dem Kläger bei sofortigem Anerkenntnis die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden können. Zwar kann ein sofortiges Anerkenntnis der Beklagten darin gesehen werden, dass sie innerhalb der Klageerwiderungsfrist der Klageforderung nachgekommen ist. Mit dem am 29.04.2009 eingegangenen Schriftsatz hatte die Beklagte nämlich nur ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt, jedoch noch keinen klageabweisenden Antrag formuliert (Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 93 Rn 4). Die Beklagte hat jedoch Anlass zur Klageerhebung gegeben, indem sie der vorprozessualen Aufforderung des Klägers vom 28.11.2008 betreffend Übertragung der Ansprüche nicht nachgekommen war.
Hierzu war sie jedoch verpflichtet.
b.
Dem Kläger stand gegen die Beklagte gemäß § 1b Abs. 3 S. 1 der von der Beklagten mit der B… geschlossenen Pachtverträge vom 22./28.11.2006 in Verbindung mit § 398 BGB ein Anspruch auf Übertragung der streitgegenständlich gewesenen Zahlungsansprüche auf die von ihm benannte Gut W… GbR zu.
Die Regelung in § 1 b Abs. 3 S. 1 der Pachtverträge 22./28.11.2006, welche die Beklagte mit der B… geschlossen hat, ist wirksam. Selbst die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass die genannte Klausel unwirksam sei. Sie hat sich lediglich darauf berufen, dass die vergleichbare Klausel in den von der AEVG eG F… geschlossenen Pachtverträgen unwirksam gewesen sei und sie sich der Gefahr von Rückforderungsansprüchen der Vorpächterin ausgesetzt sehe. Unstreitig hatte allerdings die Vorpächterin, die AEVG eG F…, derartige Ansprüche nicht geltend gemacht.
Selbst wenn die Beklagte im November 2008 und auch noch bei Eintritt der Rechtshängigkeit die Ansicht vertreten konnte - erst mit Urteil vom 24.04.2009 ( RdL 2009, 371) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass gegen die formularvertragliche Verpflichtung zur Übertragung von nach der GAP-Reform nunmehr personenbezogenen Prämienrechten keine rechtlichen Bedenken bestehen - hinsichtlich der zwischen B… und Vorpächterin vereinbarten Übertragungsklausel komme Unwirksamkeit wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB in Betracht, so ist doch bei der nach § 91 a ZPO gebotenen Abwägung die fehlende Berufung der Vorpächterin auf Klauselunwirksamkeit maßgeblich.
Nur bei Geltendmachung der Unwirksamkeit der Übertragungsklausel durch die AEVG eG F… hätte die Beklagte sich unter Umständen ihrerseits auf die unter § 1 b (2) in ihrem Vertrag mit der B… enthaltene Bestimmung berufen können, wonach bei Weigerung der Vorpächterin hinsichtlich der Übertragung von Zahlungsansprüchen sich Pächter (Beklagte) und Verpächterin (B…) über das weitere Vorgehen abstimmen müssen.
Diese Klausel konnte zwar kein Zurückbehaltungsrecht begründen, wie es die Beklagte hier geltend machen wollte, jedoch eine Einrede nach § 242 BGB. Danach wäre unter Umständen die sofortige klageweise Geltendmachung der Übertragungsansprüche der Verpächterin verwehrt gewesen. Diese Einrede hätte die Beklagte auch dem Kläger als Zessionar entgegenhalten können ( § 404 BGB).
Letztlich kann dies dahin stehen, denn unstreitig hat die Vorpächterin nicht die Unwirksamkeit der in ihren Verträgen mit der B… enthaltenen Übertragungsklauseln geltend gemacht.
3.
In entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO führte die teilweise Klagerücknahme betreffend Erstattung der vorprozessualen Geschäftsgebühr nicht zu einer anteiligen Kostentragungspflicht des Klägers, weil der zurückgenommene Teil der Klage verhältnismäßig geringfügig war und keine besonderen Kosten verursacht hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Für Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 S. 1 GKG. Maßgebend waren insoweit die Kosten, die der Kläger nach dem angegriffenen Beschluss zu tragen gehabt hätte.