Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 15. Senat | Entscheidungsdatum | 10.03.2011 | |
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Aktenzeichen | L 15 SO 23/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 29 SGB 12, § 1907 BGB |
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. Dezember 2008 und der Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2007 werden geändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 12. Dezember 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2008 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Leistungen der Grundsicherung in Höhe von 752,04 Euro zu gewähren.
Der Beklagte hat der Klägerin zwei Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Im Streit ist die Übernahme von Miet- und Betriebskosten (Nachforderungen) nur noch bis zum 31. Januar 2008 nach der im September 2007 erfolgten Aufnahme der Klägerin in einem Pflegeheim.
Die 1933 in T geborene Klägerin bewohnte seit 1985 eine 1-Zimmer-Wohnung, für die sie ausweislich des Mietvertrages einen Mietzins von anfangs 520,00 DM und 100,00 DM als Heizkostenvorauszahlung zu entrichten hatte. Das Mietverhältnis konnte mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Der Mietzins betrug zuletzt im Jahr 2007 358,38 Euro inklusive einer Vorauszahlung auf die Heizkosten von 53,69 Euro. Die Klägerin bezieht aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente, die ab 01. Juli 2007 in Höhe von monatlich 329,10 Euro gezahlt wurde. Daneben erhielt sie bis zum 30. September 2007 Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII – sowie Hilfe zur Pflege für die Kosten einer privaten Pflegeperson. Nachdem sie zunächst mit Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 08. März 2005 mit einem Grad der Behinderung – GdB – von 20 anerkannt worden war, ist sie nunmehr auf ihren Antrag vom 21. November 2007 als Schwerbehinderte mit einem GdB von 80 unter Zuerkennung der Merkzeichen B, G und H anerkannt (Bescheid vom 18. September 2009, Funktionsbeeinträchtigungen: Beeinträchtigung der Gehirnfunktion; Psychische Krankheit, Funktionsbehinderung des Kniegelenkes, Bluthochdruck).
Seit dem 03. Juli 2007 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung, wie dem Beklagten nachträglich bekannt wurde. Im August wurde ausweislich des am 10. August 2007 ausgestellten Betreuerausweises eine (vorläufige) Betreuung mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Gesundheits- und Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten veranlasst (endgültige Bestellung durch Beschluss des Amtsgerichts C vom 11. Dezember 2007). Da die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in ihre Wohnung zurückkehren konnte, wurde sie am 25. September 2007 im Pflegeheim P S Residenz Kdamm aufgenommen. Dafür beantragte die Betreuerin Rechtsanwältin S am 24. September 2007 die Übernahme der Kosten und verwies auf die vorläufige Einstufung der Klägerin in Pflegestufe 2 (Bescheid der Barmer - Pflegekasse – vom 06. September 2007).
Der Beklagte korrigierte daraufhin einerseits mit Änderungsbescheid vom 24. September 2007 den (letzten) Bewilligungsbescheid vom 19. Juli 2007, wonach u. a. der Klägerin für September 2007 wegen des Krankenhausaufenthaltes ergänzende Leistungen der Grundsicherung nur noch in Höhe von 119,50 Euro zustanden. Andererseits teilte er der Betreuerin mit Schreiben vom 26. September 2007 mit, dass vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung die durch den Aufenthalt im Pflegeheim entstehenden ungedeckten Aufwendungen zu übernehmen sein würden und die Klägerin zur Vermeidung von Nachteilen nur über einen Grundbarbetrag von 93,69 Euro verfügen sollte; ergänzend wurden Hinweise zur Berücksichtigung bzw. Übernahme von mit dem Umzug bzw. der Wohnungsauflösung entstehenden Kosten gegeben. Die Pflegekasse bewilligte der Klägerin mit abschließendem Bescheid vom 28. September 2007 Leistungen nach der Pflegestufe II in Höhe von monatlich 1.279,00 Euro ab Aufnahme in die Pflegeeinrichtung.
Mit Schreiben vom 08. Oktober 2007 beantragte die Betreuerin der Klägerin die Übernahme der Mietkosten für die Wohnung der Klägerin bis zur Kündigung. Sie wies dazu darauf hin, dass die Wohnung erst nach Erteilung der vormundschaftlichen Genehmigung durch das zuständige Vormundschaftsgericht gekündigt werden könne; der erforderliche Antrag werde unverzüglich beim Gericht gestellt. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 bewilligte der Beklagte die Übernahme der Kosten der stationären Pflege abzüglich der von der Pflegekasse bewilligten Pflegeleistung und des von der Klägerin zu erbringenden Kostenbeitrages in Höhe von 235,31 Euro (Altersrente von 329,10 Euro minus zustehender Barbetrag von 93,69 Euro). Das auf dem Girokonto der Klägerin vorhandene Guthaben (am 07. September 2007 von 1.821,47 Euro) ließ der Beklagte unberücksichtigt, da es unter der Schonvermögensgrenze von 2.600,00 Euro lag. Mit dem Bescheid wurde gleichzeitig die Übernahme der Mietkosten bis zur Beendigung des Mietverhältnisses abgelehnt, da der Klägerin kein höheres Einkommen zur Verfügung stehe, welches für die Hilfe zur Pflege einzusetzen wäre.
Den dagegen gerichteten Widerspruch, mit dem die Betreuerin erneut auf das zwingend vorgeschriebene Verfahren zur Kündigung und Aufgabe der Wohnung verwies, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2007). Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Klägerin ihr gesamtes Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes einsetzen müsse. Da dieses zur Deckung des Lebensunterhaltes nicht ausreiche, komme der Beklagte auch für Hilfe zum Lebensunterhalt und die Kosten der Unterkunft auf. Schuldverbindlichkeiten dagegen könnten nicht berücksichtigt werden.
Mit Schreiben vom 22. November 2007 hatte die Klägerin zwischenzeitlich durch ihre Betreuerin außerdem die Übernahme der Betriebskostennachforderung für 2006 in Höhe von 75,42 Euro (Gesamtkosten 1.347,18 – Vorauszahlung 1.271,76) beantragt, die der Beklagte mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 unter Hinweis darauf, dass Schuldverbindlichkeiten nicht zu übernehmen seien, ablehnte. Diese Entscheidung bestätigte der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 04. Februar 2008 (der Betreuerin am 04. April 2008 zugestellt).
Mit ihren am 11. Januar 2008 (S 49 SO 109/08) und am 02. Mai 2008 (S 88 SO 1233/08) zum Sozialgericht – SG – Berlin erhobenen Klagen, die mit Beschluss vom 26. August 2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum Verfahren vor der 49. Kammer verbunden worden sind, hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat dazu die Auffassung vertreten, dass sie nicht gezwungen werden dürfe, Schulden aufzubauen, für die sie nichts könne, da sie an einer früheren Kündigung der Wohnung aus rechtlichen Gründen gehindert gewesen sei. Die Kündigung sei nach der im Dezember 2007 erfolgten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung unverzüglich erfolgt und somit das Mietverhältnis zum 31. März 2008 beendet worden. Die Wohnung sei zum 31. Januar 2008 geräumt an den Vermieter übergeben worden, so dass zumindest hilfsweise die bis zum 31. Januar 2008 aufgelaufenen Mietzahlungen von monatlich 358,38 Euro sowie die Betriebskostennachforderung in Höhe von 75,42 Euro zu übernehmen seien.
Sodann hat das SG mit Urteil vom 01. Dezember 2008 die Klagen abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Der der Klägerin zustehende Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach § 42 SGB XII i. V. m. §§ 28 ff SGB XII sehe zwar die Übernahme von Hilfen zum Lebensunterhalt und der Kosten für Unterkunft und Heizung vor, doch bestehe ein Anspruch nur auf Übernahme der Kosten für die gegenwärtig genutzte Unterkunft, hier also die Kosten der Unterbringung im Heim.
Es handele sich auch nicht um sogenannte Wohnungsbeschaffungskosten, die teilweise im Rahmen des § 29 Abs. 1 S. 4 SGB XII zu übernehmen seien. Doppelmieten zählten nur dann zu den Wohnungsbeschaffungskosten, wenn der Hilfeempfänger zum Wohnungswechsel aufgefordert worden sei, weil die bisherige Wohnung zu teuer sei und sich kurzzeitige Überschneidungen nicht verhindern ließen. Voraussetzung für die Übernahme der Kosten sei jedoch die vorherige Zustimmung des Leistungsträgers und die Notwendigkeit des Umzuges, woran es vorliegend fehle. Es liege kein wegen zu hoher Kosten vom Leistungsträger veranlasster Umzug, sondern ein aus Gründen in der Person des Hilfeempfängers erforderlicher Umzug vor. Eine weitere Ausdehnung des Begriffs der Wohnungsbeschaffungskosten auch auf solche Sachverhalte sei mit dem Gesetzeswortlaut nicht mehr vereinbar.
Auch sei zu berücksichtigen, dass die vom Sozialhilfeträger zu erbringende Hilfe zum Lebensunterhalt lediglich dazu diene, aktuelle Notlagen zu beseitigen. Dieser Pflicht komme der Beklagte durch Übernahme der Kosten der Unterkunft im Rahmen der Heimkosten nach. Ein Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten bestehe nicht. Keineswegs könnten Mittel der Sozialhilfe zur Vermeidung weiterer Schulden oder Tilgung bereits vorhandener Schulden genutzt werden. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin nicht verhindern könne, dass Mietschulden entstünden bzw. sie alte Schulden nicht tilgen könne. Dieses Lebensrisiko sei nicht auf den Träger der Sozialhilfe abzuwälzen. Da die Übernahme der Mietschulden nicht dazu dienen solle oder würde, die Unterkunft zu sichern, sei auch keine Schuldenübernahme nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 SGB XII möglich. Dies gelte auch für die Betriebskostennachforderung. Auch die Vorschrift des § 67 SGB XII stütze das Begehren der Klägerin nicht.
Gegen das ihrer Betreuerin am 12. Januar 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Februar 2009 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren zunächst im bisherigen Umfang weiterverfolgt hat. Der Senat hat auf Anforderung vom Vermieter eine Aufstellung zum Mieterkonto erhalten, wonach zum 31. Januar 2008 noch eine Betriebskostennachforderung für 2007 von 123,82 Euro angefallen war und dem Mietkonto aus dem aufgelösten Kautionskonto 799,27 Euro gutgeschrieben worden waren. Die Wohnung sei nach Rückgabe an den Vermieter von diesem saniert und im April 2008 wieder vermietet worden. In Ergänzung dazu hat der Vermieter die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für 2008 (Abrechnung per 31. Januar 2008) übersandt, wonach insofern noch ein (weiterer) Betrag von 148,35 Euro auf dem Mietkonto offen ist. Die Klägerin hat zu den bis zum 31. Januar 2008 reichenden Mietforderungen angeführt, dass ihr zu der im Mietkonto aufgeführten Betriebskostennachforderung für 2007 eine entsprechende Abrechnung nicht vorliege, diese Forderung daher nicht berechtigt sei und von ihr demgemäß auch nicht geltend gemacht werde. Entsprechend der Abrechnung des Vermieters werde im übrigen nur noch eine Übernahme von Mietforderungen für die Zeit bis zum 31. Januar 2008 beansprucht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. Dezember 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 29. Oktober 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2007 zu ändern sowie den Bescheid vom 12. Dezember 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, an sie für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Mietzahlungen in Höhe von monatlich 358,38 Euro zu zahlen, ferner für den Monat Januar 2008 eine Kaltmiete in Höhe von 252,40 Euro zu zahlen sowie Betriebs- und Heizkostennachzahlungen für das Abrechnungsjahr 2006 in Höhe von 75,42 Euro und für Januar 2008 in Höhe von 148,35 Euro zu übernehmen, abzüglich der Mietkaution in Höhe von 799,27 Euro.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, das die Sach- und Rechtslage zutreffend würdige. Der Sozialhilfeträger habe lediglich den aktuell notwendigen Lebensunterhalt sicherzustellen. Dies geschehe mit der Übernahme der durch die Heimunterbringung entstehenden und ungedeckten Aufwendungen. Eine weitergehende Verpflichtung treffe den Sozialhilfeträger nicht. Der Sozialhilfeträger habe nicht das sich im vorliegenden Fall und ähnlichen Fallkonstellationen realisierende Vermieterrisiko zu tragen. Der Klägerin sei zwar einzuräumen, dass die hier angesprochenen Zahlungsverpflichtungen Folge einer rechtlich gebotenen Vorgehensweise und ihr daher nicht anzulasten seien. Ein Ausgleich der sie treffenden Mietforderungen einschließlich der geltend gemachten Betriebskostennachforderungen sei jedoch aus den dargestellten Gründen nicht möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakten sowie die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist in dem zuletzt aufrecht erhaltenen Umfang begründet. Der Beklagte ist zur Übernahme der bis 31. Januar 2008 von der Klägerin geltend gemachten Forderungen aus dem Mietverhältnis verpflichtet, so dass das angefochtene Urteil und die angefochtenen Bescheide des Beklagten zu ändern bzw. aufzuheben waren.
Rechtsgrundlage der Entscheidung ist § 29 SGB XII, der im Falle der grundsicherungsberechtigten Klägerin über §§ 41, 42 S. 1 Nr. 2 SGB XII zur Anwendung kommt.
Das SG und der Beklagte haben vom Grundsatz her Recht, wenn sie darauf hinweisen, dass mit der Übernahme der ungedeckten Heimkosten auch Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem erforderlichen Maße erbracht werden (§§ 35 Abs. 1, 42 S. 1 Nr. 1-3 SGB XII). Der Erbringung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung (§§ 41, 42, 29 SGB XII) zur Beseitigung der bei der Klägerin bestehenden Notlage bedarf es daher an sich nicht und damit auch keiner Doppelzahlungen.
In der Praxis ist allerdings anerkannt (auch schon unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes), dass ausnahmsweise und in Abstimmung mit dem Sozialhilfeträger auch die Übernahme von umzugsbedingten Doppelmieten zu erfolgen hat, wobei allerdings eine eindeutige rechtliche Zuordnung – Unterkunftskosten (§ 29 Abs. 1 S. 1 SGB XII) oder Wohnungsbeschaffungskosten (§ 29 Abs. 1 S. 6 SGB XII) – bisher nicht vorliegt (für Unterkunftskosten wohl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Februar 2010 – L 9 SO 6/08 – und darauf Bezug nehmend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Dezember 2010 – L 2 SO 2078/10 - ; für Wohnungsbeschaffungskosten Berlit in LPK-SGB XII 8. A. Rdnr 71 zu § 29; offengelassen für das SGB II vom LSG Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 23. Februar 2010 – L 1 AS 42/08 -, alle Urteile zitiert nach juris).Danach sind entsprechend den bereits von der Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) entwickelten Grundsätzen ausnahmsweise doppelte Mietaufwendungen als sozialhilferechtlicher Bedarf zu übernehmen, wenn der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig war und deswegen die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfrist nicht nahtlos aufeinander abgestimmt werden konnten. Die Unterkunftskosten für die alte Wohnung sind neben den Kosten für die neue Unterkunft dann zu übernehmen, wenn es notwendig gewesen ist, dass der Hilfeempfänger die neue Wohnung zu diesem Zeitpunkt gemietet und bezogen hat. Zudem muss der Hilfeempfänger alles ihm Mögliche und Zumutbare getan haben, die Aufwendungen für die frühere Wohnung so gering wie möglich zu halten, wozu etwa die Suche nach einem Nachmieter gehört (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08. Juni 1999, Az.: 7 S 458/99; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 25. Oktober 2001, Az.: 4 MA 2598/01, zitiert nach juris).
Die noch unter der Geltung des BSHG entwickelte Auffassung beruht wesentlich auf Sachverhalten, die einen Umzug in eine aus Sicht des Sozialhilfeträgers nur noch angemessene Wohnung zur Grundlage hatten und an dem dieser quasi gestaltend beteiligt war. Es handelte sich mithin um in „seinem Interesse“ erfolgende Aktionen, so dass es nur konsequent ist, diesen daran zu beteiligen und die „Kosten“ dieser Aktion nicht auf den Vermieter abzuwälzen. Das SG weist insofern zutreffend darauf hin, dass hier dagegen die Situation eines leistungsunfähigen Sozialhilfeempfängers gegeben ist, der aus allein in seiner Person liegenden Gründen nicht länger in der Lage ist, die mietvertraglichen Rechte in Anspruch zu nehmen und die mietvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Insofern realisiert sich ein jedem Vertragsverhältnis innewohnendes Risiko, dass ein Vertrag nicht länger erfüllt werden kann. Dass dieses Risiko bei einem bedürftigen und Sozialhilfe beziehenden Mieter zwangsläufig dem Steuerzahler zufällt (so aber wohl LSG Baden-Württemberg aaO und LSG Nordrhein-Westfalen aaO), ist jedenfalls in den Fällen, in denen die Wohnung – wie vorliegend – bereits wieder an den Vermieter zurückgegeben worden ist, zumindest für die anschließende Zeit bis zum formalen vertraglichen Ende des Mietverhältnisses fraglich. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung, da der Vermieter der Klägerin ersichtlich seine Mietforderungen auf die Zeit bis zur Rückgabe der Mietsache beschränkt hat und die Klägerin folgerichtig auch nur bis zu diesem Zeitpunkt Leistungen beansprucht.
Insoweit ist das klägerische Begehren auch begründet. Denn unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung ist jedenfalls anzuerkennen, dass die zum Schutz eines Betreuten vom Gesetzgeber getroffene Regelung in § 1907 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht dem Vermieter angelastet wird. Dem Sozialhilferecht ist kein Strukturprinzip zu entnehmen, das es rechtfertigen könnte, das wirtschaftliche Risiko für die aus dieser staatlichen Inschutznahme resultierenden Mietbelastungen auf den Vermieter abzuwälzen (Bundesverwaltungsgericht BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1997 – 5 B 21/97, zitiert nach juris). Auch wenn aus diesem nur im Zusammenhang mit dem Einsatz vorhandener Geldmittel gemäß §§ 84, 85 Nr. 3 BSHG ergangenen Beschluss nicht geschlossen werden kann, dass bei Fallgestaltungen mit Berührung zu § 1907 BGB generell sämtliche Mietkosten zu übernehmen sind, so kann jedenfalls der durch das Verfahren nach § 1907 BGB bedingte zeitliche Aufwand, soweit das Verfahren seitens der Betreuten zügig betrieben worden ist, nicht zu Lasten des Vermieters gehen.
Hier lässt sich feststellen, dass eine Verzögerung von drei Monaten bis zur vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung im Dezember 2007 eingetreten ist, die nicht dem Vermieter angelastet werden darf. Dass seitens der Klägerin bzw. ihrer Betreuerin nicht in der gebotenen zügigen Weise vorgegangen wäre, lässt sich dem Sachverhalt unter Berücksichtigung insbesondere des Krankheitsverlaufes nicht entnehmen und wird auch vom Beklagten nicht geltend gemacht; insoweit ist daher keine zeitliche Einschränkung im Hinblick auf die durch § 1907 BGB bewirkte Verzögerung der Kündigung geboten. Im weiteren ist jedoch eine Abwägung bzgl. der Risikozuordnung vorzunehmen, wie sie auch in der eingangs dargelegten ausnahmsweisen Übernahme von doppelten Wohnungskosten zum Ausdruck kommt. Danach hat die Klägerin nach der Kündigung mit der Räumung und Rückgabe der Wohnung zum 31. Januar 2008 in der ihr möglichen und gebotenen Weise auf die Interessen des Vermieters Rücksicht genommen und diesen in die Lage versetzt, ab diesem Zeitpunkt nach eigenem Ermessen über das Mietobjekt zu verfügen. Daraus folgt, dass der Beklagte die Kosten der Wohnung auch für diesen Monat noch zu übernehmen hat. Dies gilt auch für geltend gemachte Nebenkostennachforderungen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R- in SozR 4-4200 § 22 Nr. 38), da die Klägerin durchgehend bedürftig war und ist.
Die vom Beklagten zu übernehmenden Kosten errechnen sich mithin aus den von Oktober – Dezember 2007 zu übernehmenden Mieten von (3 x 358,38 Euro =) 1.075,14 Euro, der Netto-Miete für Januar 2008 von (358,38 Euro – 105,98 Euro =) 252,40 Euro sowie 148,35 Euro für diesen Monat aus der abschließenden Nebenkostenabrechnung vom 22. September 2009. Hinzu kommen des weiteren 75,42 Euro aus der Nebenkostenabrechnung für 2006. Daraus ergibt sich ein Betrag von 1.551,31 Euro, der sich um die Kaution von 799,27 Euro (entsprechend deren Zweckbestimmung) mindert, so dass antragsgemäß der tenorierte Betrag von 752,04 Euro zuzusprechen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.