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Entscheidung 8 O 2/09


Metadaten

Gericht LG Neuruppin Kammer für Baulandsachen Entscheidungsdatum 04.11.2011
Aktenzeichen 8 O 2/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

Ändert sich innerhalb eines Zeitraums, in dem wegen der Vorwirkung einer Enteignung wertbildende Faktoren nach § 10 Abs. 2 EntG-Bbg unberücksichtigt zu bleiben haben, die Sachbezogenheit des Eigentumsrechts an dem betroffenen Grundstück, ist die Entschädigung für die Enteignung nach dem geänderten Eigentum zu bemessen

Tenor

Unter Zurückweisung der Anträge der Beteiligten zu 1) und 3) und des weitergehenden Antrags der Beteiligten zu 2) wird der Enteignungs- und Entschädigungsfestsetzungsbeschluss des Ministeriums des Innern vom 3.12.2008, Geschäftszeichen […], insoweit abgeändert, als die an die Beteiligte zu 2) insgesamt zu leistende Entschädigung auf 50.400€ - zu verzinsen ab 16.3.1999 mit 2 v. H. über dem Basiszinssatz - festgesetzt wird.

Hinsichtlich der Kosten tragen

von den Gerichtskosten
54% die Beteiligte zu 1
12% die Beteiligte zu 2
34% der Beteiligte zu 3

von den außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 1
54% die Beteiligte zu 1
12% die Beteiligte zu 2
34% der Beteiligte zu 3

von den außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 2
jeweils 80% die Beteiligte zu 1
jeweils 20% diese selbst

sowie der Beteiligten zu 3 seine außergerichtlichen Kosten.

Hinsichtlich des Beteiligten zu 4 findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für jede Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beteiligte zu 2) war seit dem 31.8.1999 Eigentümerin der Flurstücke […] der Beteiligte zu 3) hatte die die Flächen - neben weiteren - genutzt. Mit dem von den Beteiligten zu 1) - 3) angefochtenen Beschluss der Beteiligten zu 4) vom 5.12.2008 wurde die Beteiligte zu 2) zugunsten der Beteiligten zu 1) enteignet. Die Enteignung, die nicht angefochten ist, war erforderlich, um die Trasse der Ortsumgehung […] als Teil der B87n zu errichten. In dem Bescheid wurde unter Zugrundelegung des Qualitätsermittlungsstichtages 27.1.1997 eine Entschädigung von 4.900€ für die Beteiligte zu 2) und von 1.750€ für den Beteiligten zu 3) festgesetzt. Die Anträge der Beteiligten wenden sich gegen die Höhe der Entschädigungen; die die Beteiligte zu 1) meint, sie sei betreffend die Beteiligte zu 2) zu hoch, die Beteiligten zu 2) und 3) halten sie jeweils für zu niedrig.

Die enteigneten Flächen waren Teil des Erlaubnisfeldes „B.“, für das das Oberbergamt des Landes Brandenburg mit Bescheid vom 22.6.1995 der S. GmbH i. G. die bergrechtliche Erlaubnis zur Aufsuchung von Kiesen und Kiessanden erteilt hatte. Diese Erlaubnis erlosch mit Ablauf ihrer Geltungsdauer am 2.6.1998. Aufgrund des am 22.4.1996 in Kraft getretenen Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen waren die Moratorien in Anlage I Kapitel V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe a des Einigungsvertrags vom 31.8.1990 nicht mehr anzuwenden, mit der Folge, dass - vorbehaltlich einer bestehenden Bergbauberechtigung (§ 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen) - nach DDR-Recht bergfreie Bodenschätze auch in dem im Beitrittsgebiet liegende Erlaubnisfeld grundeigen wurden. Am 19.5.1999 ließ das Bergamt S. entsprechend einen Hauptbetriebsplan zur Gewinnung grundeigener Quarzsande zu, allerdings unter Ausklammerung des künftigen Trassenbereichs der B87n. Die Beteiligten zu 1) und 2) streiten im Wesentlichen über die sich aus der von Gesetzes wegen am 2.6.1998 hinsichtlich des Quarzsandes eingetretenen Änderung der Sachbezogenheit des Eigentums ergebenden Folgen für die Höhe der festzusetzenden Entschädigung.

Die Beteiligte zu 2) beanstandet, dass die Beteiligte zu 4) den 27.1.1997 als Qualitätsermittlungsstichtag bestimmt habe. Richtiger Weise hätte der 28.4.1999 als der Tag bestimmt werden müssen, an dem die Pläne im Planfeststellungsverfahren für die B87n ausgelegt worden seien. Zwar habe eine 2jährige Veränderungssperre bestanden, diese sei aber am 27.1.1999 abgelaufen, von der Möglichkeit, sie nach § 9 a Abs. 3 S. 4 FernStrG zu verlängern, habe der Baulastträger keinen Gebrauch gemacht.

Die Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, dass die Veränderung des Enteignungsgegenstandes dazu führe, dass der hinzugekommene Wert bei der Wertermittlung berücksichtigt werden müsse. Er habe sich dadurch, dass die zu DDR-Zeiten bergfreien Bodenschätze, die zunächst nach dem Einigungsvertrag und danach noch wegen Bestehens der Bergbauberechtigung bergfrei geblieben seien, am 2.6.1998 grundeigen geworden seien, selbst verändert. Es handele sich nicht um eine nach § 10 Abs. 2 EntG Bbg. nicht zu berücksichtigende qualitative Veränderung. Insbesondere sei der Bodenschatz identisch geblieben. Er sei aber - was die Beteiligte zu 4) für die Entschädigung zu Unrecht unbeachtet gelassen habe - in das Eigentum des Grundstückseigentümers, hier der Beteiligten zu 2), übergegangen.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

den Enteignungs- und Entschädigungsfestsetzungsbeschluss des Ministeriums des Innern vom 3.12.2008 […], insoweit abzuändern, als über den dort unter Ziffer B1 festgesetzten Entschädigungsbetrag zugunsten der Beteiligten zu 2) in Höhe von 4.900€ eine weitere Entschädigung festgesetzt wird; die an die Beteiligte zu 2) insgesamt zu leistende Entschädigung zu einem angemessenen Betrag festzusetzen.

Die Beteiligte zu 1) tritt dem Antrag der Beteiligten zu 2) um eine wesentlich höhere Entschädigung entgegen. Der Bodenschatz sei wegen § 124 BBergG wertlos in dem Bereich, in dem die B87n als öffentliche Verkehrsanlage vorrangig sei. Die vormals bestehende Bergbauerlaubnis habe deshalb auch aus der Sicht der S. GmbH - die ihre Ansprüche auf Entschädigung an die Beteiligte zu 2) abgetreten hat - nicht zu einer Werterhöhung geführt. Originäre Ansprüche stünden der Beteiligten zu 2) nicht zu, weil das Vorkommen, als es in ihr Eigentum gelangt sei, bereits nicht mehr nutzbar gemacht habe werden können. Kriterien für den Wert eines Vorkommens sei letztlich die Abbaumöglichkeit. Mangels einer zu erlangenden Genehmigung habe diese zu keinem Zeitpunkt nach Erlöschen des Bergbaurechts bestanden. Die seit 1997 bestehende Veränderungssperre habe entgegengestanden; es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beteiligte zu 2) eine Betriebszulassung nach § 55 BbergG zu erlangen versucht habe. Letztlich wäre selbst bei Zulassung des Betriebs der Abbau an § 124 Abs. 3 BbergG gescheitert, da die B87n Vorrang genossen hätte.

Die Beteiligte zu 1) hält im Übrigen die für die Flurstücke […]angenommenen Entschädigungsbetrag von 0,33€ pro qm für zu hoch. Es handele sich um Grundstücke, auf das das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz Anwendung finde mit der Folge, dass der Betrag auf 0,10€ pro qm festzusetzen sei.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

den Antrag der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen sowie

den Enteignungs- und Entschädigungsfestsetzungsbeschluss des Ministeriums des Innern vom 3.12.2008, […], insoweit abzuändern, als dort unter Ziffer B1 zugunsten der Beteiligten zu 2) eine Entschädigung festgesetzt wird, die über einen Betrag von 3.100€ hinausgeht.; die an die Beteiligte zu 2) insgesamt zu leistende Entschädigung wird auf 3.100€ festzusetzen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens über den Verkehrswert der Flurstücke […] zum Wertermittlungsstichtag 28.4.1999 (Qualität) und den erstattenden Gutachter, Herrn Diplomgeologe B., in der mündlichen Verhandlung am 26.8.2011 angehört.

Der Beteiligte zu 3) ist Nutzungsberechtigter der mit Nadelwald bestandeten Waldfläche von 18,4488 ha, den Grundstücken der Flur 2, vormals Flurstücke 1/1 und 1/2 in der Gemarkung B. aufgrund einer Vereinbarung mit der Voreigentümerin. Nachdem er zunächst behauptet hatte, er habe den Wald pflegen und als Entgelt 20 cbm jährlich entnehmen dürfen, hat er nach einem Hinweis der Kammer vortragen lassen, zwischen den Parteien (Eigentümerin – Nutzer) sei vereinbart worden, dass der Beteiligte zu 3) Fällungen im Umfang von 6 cbm pro Jahr und ha hätte vornehmen dürfen. Der Waldbestand sei im Auftrag der Beteiligten zu 4) durch die Firma D. auf den Flurstücken […] entfernt worden. Für die Einzelheiten des Vortrags wird auf den Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 3) vom 19.8.2009 nebst Anlagen, Bezug genommen. Auf den betroffenen Flächen sei bis auf Weiteres nur ein „Sanitärhieb“ möglich, so dass die Differenz zu den vereinbarten 6 cbm pro Jahr pro ha für die Dauer des Pachtverhältnisses unter Berücksichtigung einer Verlängerungsoption als entgangene Nutzung zu entschädigen sei.

Der Beteiligte zu 3) beantragt,

den Enteignungs- und Entschädigungsfestsetzungsbeschluss des Ministeriums des Innern vom 3.12.2008, […], teilweise aufzuheben und die Antragsstellerin zu verurteilen, an den Nutzungsberechtigten und Betroffenen zu 3) über die festgesetzte Entschädigung hinaus mindestens weitere 30.000€ nebst Zinsen i. H. v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.1999 zu zahlen.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

den Antrag des Beteiligten zu 3) zurückzuweisen.

Die von der Beteiligten zu 4) festgesetzte Entschädigung beruhe auf der Inanspruchnahme von Randflächen der Flurstücke […]. Soweit auf dem Flurstück […] Bäume gefällt worden seien, sei das allerdings nicht im Auftrag der Straßenbauverwaltung erfolgt. Für die Baumaßnahme sei die Fällung auf dem Flurstück nicht erforderlich gewesen. Die festgesetzte Entschädigung sei zutreffend. Sie entspreche der Richtlinie zur Waldbewertung. Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) vom 14.9.2009 Bezug genommen. Im Übrigen sei der für den Beteiligten zu 3) vorgetragene „Kahlschlag“ auf den Flurstücken […] bereits 1999 durch die Firma S., deren Geschäftführer der Beteiligte zu 3) gewesen sei, vorgenommen worden.

Entscheidungsgründe

1. Antrag der Beteiligten zu 2, 1)

Der zulässige Antrag der Beteiligten zu 2) ist teilweise begründet. Der Bodenschatz ist zu entschädigen, weil das Datum des Wertzuwachses, nämlich der Ablauf der Berechtigung der S. am 2.8.1998, vor dem auf den 28.4.1999 zu bestimmenden maßgeblichen Stichtag liegt. Aber auch dann, wenn man mit der Beteiligten zu 1) den Qualitätsstichtag auf den 27.1.1997 festlegen würde, wäre der Bodenschatz zugunsten der Beteiligten zu 2) zu berücksichtigen, weil der Wertzuwachs unabhängig von dem Enteignungsverfahren und unabhängig von Rechtshandlungen der Beteiligten von Gesetzes wegen eingetreten ist, und zwar vor einer Besitzeinweisung oder Enteignung..

Die zu leistende Entschädigung bemisst sich nach § 8 ff. EntG-Bbg. Hiernach wird die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust sowie für andere durch die Enteignung eintretenden Vermögensnachteile geleistet. Die Entschädigung für den durch die Enteignung eintretenden Rechtsverlust bemisst sich nach dem Verkehrswert des zu enteignenden Grundstücks. Maßgebend ist der Verkehrswert in dem Zeitpunkt, in dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet (§ 8 Abs. 4 EntG-Bbg).

Davon zu unterscheiden ist der sogenannten Qualitätsstichtag. Das ist der Stichtag, auf den für die Beurteilung des Zustandes des Grundstücks abgestellt wird. Für die Bemessung der Entschädigung ist grundsätzlich der Zustand des Grundstücks in dem Zeitpunkt maßgebend, ab dem es aus Gründen der Vorwirkung der Enteignung nicht mehr an der normalen wirtschaftlichen Entwicklung teilhat (§ 10 Abs. 2 EntG-Bbg).

Die Beteiligte zu 4) hat zu Unrecht auf den 27.1.1997 als Qualitätsstichtag abgestellt. Die zunächst verfügte Veränderungssperre war am 27.1.1999 abgelaufen. Erst am 28.4.1999 trat durch Auslegung der zur Enteignung führenden Pläne im Planfeststellungsverfahren für die B87n gemäß § 9 a Abs. 1 FStrG erneut eine Veränderungssperre ein. Der hierdurch entstehende dreimonatige Zeitraum, in dem das Grundstück frei nutzbar war, bildet eine Zäsur, die nicht wegen allgemeiner Überlegungen zur Reaktion des Grundstücksmarktes wegfällt. Der Rechtsverkehr muss sich darauf einstellen können, ob ein Grundstück am Markt frei handelbar ist oder ob es - auch im Rahmen einer Vorwirkung - von einer Enteignung bedroht ist. Ein solcher Anhaltspunkt kann der Eintritt einer Veränderungssperre sein. Läuft diese jedoch aus, bleibt es der Spekulation überlassen, ob die Behörde in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang, aus fiskalischen Gründen vielleicht erst später oder - heutzutage naheliegend - gar erst im nächsten Haushaltsjahr und unter Berücksichtigung von zur Verfügung stehenden Fördergeldern weitere Maßnahmen ergreift, um das ursprünglich beabsichtigte Entwicklungsziel zu verfolgen. Der Baulastträger hatte es im Übrigen in der Hand, die Vorwirkung weiter andauern zu lassen, indem er die Veränderungssperre verlängerte. Nachdem die Veränderungssperre am 27.1.1999 ablief, waren nach § 10 Abs. 2 EntG-Bbg im Weiteren nur solche Änderungen nicht zu berücksichtigen, die nach diesem Zeitpunkt und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eintraten. Beides ist bei der werterhöhenden Veränderung nicht der Fall.

Auf die Frage der Vorwirkung einer Enteignung kommt es letztlich aber nicht an. Selbst wenn man auf den 27.1.1997 als Qualitätsstichtag abstellte, wären die auf den Flurstücken befindlichen abbauwürdigen Kiese und Sande zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beteiligten zu 4) gemäß § 8 Abs. 4 EntG-Bbg als wertbildende Faktoren zu berücksichtigen gewesen. Die Beteiligte zu 1) vertritt die Auffassung, dass die Flurstücke bereits ab dem 27.1.1997 „jeder konjunkturellen Entwicklung entzogen“ gewesen sei. Selbst wenn dies richtig wäre, lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, alle danach eingetretenen Veränderungen seien unbeachtlich. § 10 Abs. 2 EntG-Bbg benennt die wertbildenden Veränderungen, die unberücksichtigt zu bleiben haben. Nach der Systematik bleiben Veränderungen in zwei zu verallgemeinernden Fällen unberücksichtigt. Erstens, weil sie auf dem Enteignungsverfahren selbst oder der damit beabsichtigten Nutzungsänderung beruhen. Der Entschädigungsberechtigte soll für das entschädigt werden, was er besaß, nicht den durch das Enteignungsverfahren entstehenden Mehrwert abschöpfen. Zweitens, weil der Entschädigungsberechtigte gebotene Maßnahmen zur Minimierung seines Schadens unterlassen oder (unzulässige) Maßnahmen zur Maximierung des Entschädigungsbetrags ergriffen hat. Die öffentlichen Kassen sollen von Kosten freigehalten werden, die darauf beruhen, dass ein von einem Enteignungsverfahren betroffener Eigentümer ab dem Zeitpunkt, ab dem er mit der Enteignung rechnen muss, den Entschädigungswert durch Maßnahmen zu seinen Gunsten verändert, die unter den vom Enteignungsverfahren geprägten Umständen sinnlos erscheinen oder gebotene Maßnahmen zur Minderung seiner Betroffenheit unterlässt.

Der vorliegende Sachverhalt unterfällt weder dem Wortlaut des § 10 Abs. 2 EntG-Bbg noch der geschilderten Systematik der Vorschrift. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen am 22.4.1996 wurde das Recht an Bodenschätzen angeglichen. Die nach dem Recht der alten Länder grundeigenen Bodenschätze sollten auch im Beitrittsgebiet, in dem zunächst noch das Recht der DDR fortgalt, grundeigen werden. Die Bergbauunternehmen erhielten für eine Übergangszeit - nämlich bis zum Erlöschen der erteilten Bergbauerlaubnisse - Bestandsschutz; ihnen wurden grundeigene Bodenschätze als bergfrei belassen. Mit Ablauf der Erlaubnis am 2.6.1998 traten dann die im 1996 in Kraft getretenen Gesetz angelegten Rechtsfolgen ein. Damit wurde die Sachbezogenheit des Eigentumsrechts verändert. Das Eigentumsrecht an dem Grundstück erstreckte sich ab diesem Zeitpunkt auch auf den verfahrensgegenständlichen Bodenschatz, bestehend aus abbauwürdigen Sanden und Kiesen. Diese Änderung der Sachbezogenheit des Eigentumsrechts entspricht keinem der in § 10 Abs. 2 EntG-Bbg geregelten Fälle. Ob das Grundstück der „konjunkturellen Entwicklung entzogen“ war, ist für dessen Wertzuwachs unerheblich, da der werterhöhende Umstand, die Zuweisung des Bodenschatzes an das Grundeigentum, unabhängig von jeder solchen Entwicklung eintrat.

Die Entschädigung steht der Beteiligten zu 2) aus originärem Recht zu. Als die Beteiligte zu 2) das Grundstück am 31.8.1999 durch Eintragung im Grundbuch zu Eigentum erwarb, wurde sie Eigentümerin eines Grundstücks mit Bodenschatz, der dem Grundstück durch Änderung der Sachbezogenheit des Eigentumsrechts bereits zugewiesen worden war.

Dem Abbau der Kiese und Sande standen ohne die Inanspruchnahme der Flurstücke für die Zwecke des Baus der B87n auch keine rechtlichen Hindernisse entgegen. Soweit die Beteiligte zu 1) meint, dass eine Betriebserlaubnis nach § 55 BergBG nicht erteilt worden wäre und sonst jedenfalls § 124 Abs. 3, 4 BBergG der Errichtung der B87n als öffentliche Verkehrsanlage vorginge, verkennt sie die Reichweite des Eigentumsrechts.

Die Kammer schließt sich dem Oberlandesgericht Rostock an (Urteil vom 4.7.2006, 13 U 7/04). Es hat in der Entscheidung zutreffend ausgeführt:

„Das Recht, grundeigene Bodenschätze aufzusuchen und zu gewinnen, wurzelt nicht - anders als bei bergfreien Bodenschätzen i.S.d. § 3 Abs. 3 BBergG - in der Erteilung einer besonderen Bergbauberechtigung, sondern ergibt sich aus dem Inhalt des Grundeigentums selbst (vgl. Boldt/Weller, Bundesberggesetz, 1984, § 3 Rn. 38). Der Senat verkennt nicht, dass die Ausübung des Verwertungsrechts für grundeigene Bodenschätze weitgehend den auch für bergfreie Bodenschätze geltenden Vorschriften des Bundesberggesetzes unterliegt (Boldt/Weller, a.a.O., Rn. 39). Von der Ausübung des Verwertungsrechts, dessen gesetzliche Ausgestaltungen als Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG anzusehen ist, muss die Frage der Entschädigungspflichtigkeit bei vollständigem Entzug der Abbaumöglichkeit getrennt werden. Die Frage nach der Entschädigungspflichtigkeit der Enteignung von grundeigenen Bodenschätzen zum Zweck der Errichtung und des Betriebs einer öffentlichen Verkehrsanlage kann nur unter Berücksichtigung des Art. 14 Abs. 3 GG beantwortet werden. Dies gilt auch für die Auslegung des § 124 Abs. 3 und 4 BBergG, aus der die Beteiligte zu 1) die Entschädigungslosigkeit der Enteignung der grundeigenen Bodenschätze herleitet. Der Beteiligten zu 1) ist zuzugeben, dass § 124 Abs. 3 und 4 BBergG von einem Gewinnungsbetrieb spricht. Nach § 4 Abs. 8 BBergG sind Gewinnungsbetriebe Einrichtungen zur Gewinnung von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen. Bei einer reinen Wortlautinterpretation des § 124 Abs. 3 und 4 BBergG würde daher eine Gleichstellung von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen gerechtfertigt sein mit der Folge, dass der Ausschluss des Abbaus grundeigener Bodenschätze entschädigungsfrei verfügt werden kann.

Diese allein am Wortlaut ausgerichtete Auslegung der Norm würde aber dem dargestellten Unterschied der rechtlichen Zuordnung von bergfreien Bodenschätzen und grundeigenen Bodenschätzen nicht gerecht werden. Werden grundeigene Bodenschätze für den Grundeigentümer unverwertbar, weil eine Verkehrsanlage die Verwertung verhindert, stellt dies einen Eingriff in das Eigentum dar. Jedenfalls enteignungsrechtlich gibt es keinen sachlichen Grund, um die grundeigenen Bodenschätze bei der Frage der Entschädigung von Grundeigentum, das enteignet werden soll, abzuspalten und getrennt zu behandeln. Denn es handelt sich um den Vollentzug von Eigentum, der nach Art. 14 Abs. 3 GG zu enteignen ist. Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesberggesetz in § 124 Abs. 3 und 4 von der Grundsatzentscheidung über die Zuordnung grundeigener Bodenschätze zum Eigentum abweichen wollte, sind dem Gesetz nicht zu entnehmen. Es ist vielmehr verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass es bei grundeigenen Bodenschätzen bei der aus Art. 14 Abs. 3 GG entwickelten Entschädigungspflicht bleibt (vgl. Boujong, Bergbau und öffentliche Verkehrsanlagen, Festschrift für Willi Blümel, 1999, 67 [76 f.]). Dies kann auch in einem Umkehrschluss aus der Rechtsprechung zur Entschädigungsfreiheit beim Ausschluss des Abbaus bergfreier Bodenschätze begründet werden. Danach hat die Entschädigungslosigkeit der Inanspruchnahme von bergfreien Bodenschätzen zu Gunsten von Verkehrsanlagen ihren rechtlichen Grund darin, dass das Recht, bergfreie Bodenschätze zu verwerten, erst durch Gesetz geschaffen und von vornherein unter den gesetzlichen Beschränkungen, zu denen jetzt § 124 Abs. 3 und 4 BBergG gehören, verliehen worden ist. Das kann für grundeigene Bodenschätze, die Teil des Grundeigentums sind, nicht gelten. Denn das Eigentum an Grund und Boden ist nicht erst durch Gesetz geschaffen worden und unterliegt damit nicht der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers, sondern hat Verfassungsrang.“

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung zumindest für den Fall bestätigt, dass die zu enteignenden Liegenschaften als Ausgleichsflächen dienten (BGH, Urteil vom 14.4.2011, III ZR 229/09). Die Gewinnung auf solchen Flächen gefährde den Bestand der öffentlichen Verkehrsanlage nicht, da bei dem dortigen Abbau Bergschäden nicht zu besorgen seien.

Auf diese unterscheidende Erwägung kommt es aus Sicht der Kammer nicht an. Das BBergG von 1982 definiert als Inhaltsbestimmung die Sachbezogenheit des Eigentumsrechts nach Art. 14 GG in Bezug auf Bodenschätze. Eine ausnahmslose und undifferenzierte Einbeziehung aller Mineralien in das Gesetz, ungeachtet ihrer Schutzwürdigkeit und der Notwendigkeit einer staatlich-haushalterischen Ordnung, wäre keine genügende Inhaltsbestimmung mehr (Maunz-Dürig-Papier, GG, Art. 14 Rz. 433).

Das BVerwG hat diesen Grundsatz in seinem Urteil vom 16.3.1989, 4 C 36/95 (BVerwGE 81, 329) wie folgt präzisiert:

„Bestimmungen über Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sind dem einfachen Gesetzgeber nur innerhalb verfassungsrechtlicher Grenzen erlaubt. Er muss sowohl die Wertentscheidung des Grundgesetzes zugunsten des Privateigentums als auch alle übrigen Verfassungsnormen beachten (vgl. BVerfGE 14, 263 <278>; 58, 300 <338>; 74, 203 <214>). Wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie ist es, dem Träger des Grundrechts im vermögensrechtlichen Bereich einen Freiraum zu eigenverantwortlicher Lebensgestaltung, auch durch wirtschaftliche Betätigung, zu sichern (vgl. BVerfGE 24, 367 <389>; 51, 193 <218>; 68, 361 <374 f.>). Dabei soll in erster Linie der Bestand des Eigentums in der Hand des Eigentümers gesichert und nicht etwa nur eine Wertgarantie gegeben werden (vgl. BVerfGE 24, 367 <400 f.>; 38, 175 <184 f.>; 58, 300 <323>). Die Eigentumsgarantie soll den Bestand der durch die Rechtsordnung anerkannten einzelnen Vermögensrechte gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt bewahren (BVerfGE 72, 175 <195>). Zu den vom Gesetzgeber zu beachtenden Verfassungsschranken für Regelungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gehört neben dem Gleichheitssatz (BVerfGE 58, 137 <148>) auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 42, 263 <295>), wobei die in Art. 14 Abs. 2 GG statuierte Sozialbindung des Eigentums allerdings einen verhältnismäßig weiten Spielraum gibt (vgl. BVerfGE 8, 71 <80>; 52, 1 <29 f.>; 70, 191 <201>). Gesetzliche Eigentumsbindungen müssen vom geregelten Sachbereich her geboten sein; sie dürfen nicht weiter gehen als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient (BVerfGE 21, 73 <86>; 50, 290 <341>; 72, 66 <78>). Den Schutz des Grundrechts des Art. 14 Abs. 1 GG in dem soeben umschriebenen Umfang hat die Behörde in eigentumsrelevanten Verwaltungsverfahren zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 53, 30 <57, 65 ff.>; 61, 82 <114 ff.>).“

Für die Bundesrepublik Deutschland ist unter Beachtung dieser Grundsätze davon abgesehen worden, Sand und Kies als bergfreie Bodenschätze zu definieren (Maunz-Dürig-Papier, a. a. O.). Das den Inhalt des Eigentumsrechts bestimmende Bundesberggesetz zählt diese in § 3 gerade nicht auf, so dass sie als grundeigen anzusehen sind. Diese grundsätzliche Entscheidung ist von der Behörde und von den Gerichten hinzunehmen. Aus ihr folgt eine entsprechend einschränkende, verfassungskonforme, Auslegung der §§ 55, 124 BBergG. § 124 BBergG regelt seinem Wortlaut nach undifferenziert den Vorrang der Errichtung öffentlicher Verkehrsflächen gegenüber dem Abbau von Bodenschätzen. Ein ähnlicher Vorrang besteht gegenüber anderen Nutzungen des Grundstücks nicht; er wäre mit Art. 14 GG auch nicht in Übereinstimmung zu bringen. Daraus folgt, dass § 124 BBergG nur solche Bodenschätze meint, die nicht der Eigentumsgarantie unterfallen. Dabei handelt es sich um die bergfreien Bodenschätze, die in § 3 BBergG aufgezählt sind und die auch historisch nicht zum Inhalt des Oberflächeneigentums zählten.

Die obiter dicta angestellte Überlegung des Bundesgerichtshofs, dass es darauf ankommen könnte, ob durch die Gewinnung des Bodenschatzes das Oberflächeneigentum beschädigt werden könnte, kann die Frage, ob auch hinsichtlich des grundeigenen Bodenschatzes eine Enteignung vorliegt, die nach Art. 14 Abs. 3 GG zu entschädigen ist, dem Grunde nach nicht berühren. Zunächst ist zu klären, ob der grundeigene Bodenschatz zum entzogenen Oberflächeneigentum gehört. Das hat die Kammer bejaht. Die Frage, ob im Hinblick auf die Sorge um die durch die Gewinnung von Bodenschätzen möglicherweise eintretende Beschädigung von Oberflächeneigentum der gleichzeitige Betrieb einer öffentlichen Verkehrsanlage und eines Gewinnungsbetriebs ausgeschlossen ist (§ 124 Abs. 3 BBergG), ist dann für die Frage des Ob der Entschädigung unerheblich. Leitete man daraus die Anwendbarkeit des § 123 Abs. 4 BBergG her - wie die Beteiligte zu 1) es tut - führt das zu einer Enteignung ohne Entschädigung. Das leuchtet für den Fall unmittelbar ein, dass der grundeigene Bodenschatz - wie hier - der ganz wesentliche wertbildende Faktor ist. Die Kammer macht sich insoweit die bereits zitierten Ausführungen des Oberlandesgerichts Rostock zu eigen. Im Kern beruht die Entscheidung schlicht darauf, dass bergfreie Bodenschätzen dem Oberflächeneigentum nicht anhaften, sondern dem Eigentumsrecht nur in den Grenzen des Bundesberggesetzes zugewiesen sind, mithin auch nur im Umfang des § 124 Abs. 3, 4 BbergG; grundeigene Bodenschätze dagegen von Anfang an zum Oberflächeneigentum zählen und damit Art. 14 Abs. 3 GG unterfallen.

Es läge bei der Anwendung des § 124 Abs. 3, 4 BBergG zugleich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) vor. Der Abbau von grundeigenen Bodenschätzen ist zunächst jeder anderen zulässigen Nutzung des Grundstücks gleichzuachten. Denn ohne die - für das Enteignungsverfahren regelmäßig und auch hier - hinweg zu denkende geplante Errichtung der öffentlichen Verkehrsanlage ist der Eigentümer berechtigt, grundeigene Bodenschätze zu gewinnen. Eine Kollision von Rechtsgütern, die in praktische Konkordanz gebracht werden müssten, liegt - anders als im Fall des Abbaus bergfreier Bodenschätze, der das Oberflächeneigentum Dritter beschädigen kann - nicht vor. Nach dem Entzug des Oberflächeneigentums zum Zwecke der Errichtung der öffentlichen Verkehrsanlage ist der Oberflächeneigentümer nicht mehr „bergbauberechtigt“, da das Oberflächeneigentum samt den grundeigenen Bodenschätzen entzogen worden ist. Die Berücksichtigung der Gefährdung der geplanten öffentlichen Verkehrsanlage führte demnach dazu, dass für das Oberflächeneigentum bezogen auf den Wert grundeigener Bodenschätze andere Maßstäbe gälten als für alle anderen bestehenden und den Wert beeinflussenden Nutzungsmöglichkeiten, wie z. B. die Bebaubarkeit. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich.

Aufgrund letzterer Überlegung kommt es auch nicht darauf an, ob die Beteiligte zu 2) bereits Maßnahmen zur Gewinnung der Bodenschätze getroffen hatte. Es ist – den Bau der B87n hinweg gedacht – nichts ersichtlich oder vorgetragen, was der Gewinnung der Kiese und Sande rechtlich oder tatsächlich im Wege stand. Es verhält sich auch insoweit wie mit der Bebaubarkeit. Dieser wird dadurch Rechnung getragen, dass für Bauland ein höherer Wert angenommen wird als für Ackerland, unabhängig davon, ob bereits behördliche Genehmigungen (die im Rahmen der gebundenen Verwaltung zu erteilenden Baugenehmigungen oder Betriebserlaubnisse) vorliegen oder beantragt waren.

Der von der Kammer beauftragte Sachverständige hat den Bodenwert unter Berücksichtigung des grundeigenen Sand- und Kiesvorkommens nachvollziehbar in Höhe von 50.400€ ermittelt. Die Kammer nimmt auf das Gutachten vom 28.10.2010 Bezug und tritt den dortigen Ausführungen nach eigener Prüfung bei. Die von der Beteiligten zu 1) gegen die konkrete Höhe vorgebrachten Argumente greifen nicht durch.

Dies gilt zunächst für den Marktpreis von 4,10 €/t. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung, in der er sein Gutachten ergänzt und vertieft hat, gut begründet, warum die Abfrage von 4 Kies- und Sandwerken der Umgebung ausreichten, um einen Durchschnittsverkaufspreis zu ermitteln. Er hat ausgeführt, dass es zunächst sehr auf die Vergleichbarkeit der Werke ankomme, insbesondere darauf, ob ein großer Nachfrager in der Nähe sei. Vorliegend habe er 4 Betriebe in einem Radius von 25-30km gefunden, das reiche aus Sachverständiger Sicht aus. Die Kammer hat keine Bedenken, das so ermittelte Ergebnis zu übernehmen. Es sind alle Betriebe in dem Radius als Vergleich herangezogen worden, ein größerer Radius erhöht die Qualität der Wertermittlung nicht, weil damit die Vergleichbarkeit der Betriebe abnimmt.

Ebenso folgt die Kammer dem Sachverständigen, wenn er den Förderzins durch Annahme eines Mittelwertes berechnet, der dann unter Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten adjustiert wird. Hier hat der Sachverständige den Förderzins im unteren Bereich des Mittelwerts (zwischen 5 und 12%), bei 8% (Mittelwert = 8,5%) angenommen. Es handele sich um normalen Sand und es gebe unmittelbare Konkurrenz; der Förderzins sei also nicht besonders hoch anzunehmen. Er sei aber auch nicht besonders niedrig anzusiedeln; er gehe davon aus, dass Sand, so er gefördert würde, auch verkauft werden könnte.

Den Bodenwert der Verkehrsflächen hat der Sachverständige aus einer repräsentativen Zahl von Kauffällen ermittelt. Der Einwand der Beklagten zu 1), bei Anwendung des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes (VerkFlBerG) ergebe sich ein Preis von lediglich 0,10 €/m² greift nicht durch. Die Preisvorschriften dieses Gesetzes gelten nur für den Fall, dass ein Grunderwerb nach dessen Vorschriften stattfindet. Außerhalb des Anwendungsbereiches gelten die allgemeinen Vorschriften. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob vorliegend die Voraussetzungen des VerkFlBerG gegeben waren und deshalb ein Ankauf zu den Bedingungen des VerkFlBerG möglich gewesen wäre. Dieser Weg ist von der Beteiligten zu 1) nicht beschritten worden. Im Rahmen des Enteignungsverfahrens auf den Verkehrswert an, welcher vom Sachverständigen ermittelt werden sollte und ermittelt worden ist.

Damit ergibt sich für die Beteiligte zu 2) eine Entschädigung von insgesamt 50.400,- €. Soweit sie einen Förderzins von 10% angenommen und damit eine Entschädigung von 61.082,- € begehrt hat, war der Antrag auf eine höhere Festsetzung abzuweisen.

Aus den vorstehenden Gründen folgt, dass der Antrag der Beteiligten zu 1) unbegründet ist.

2. Antrag des Beteiligten zu 3)

Der zulässige Antrag des Beteiligten zu 3) ist unbegründet. Es lässt sich nicht feststellen, dass er durch die festgesetzte Entschädigung in seinen Rechten verletzt worden ist.

Die Beteiligte zu 4) ist zu recht davon ausgegangen, dass der Bestand auf den Bewertungsflächen bereits zum Zeitpunkt der Inbesitznahme im September 1999 gefällt war und nicht zu entschädigen ist. Der Vortrag des Beteiligten zu 3) ist in sich widersprüchlich und auch mit der sich aus dem Verwaltungsvorgang ergebenden Entwicklung des Lebenssachverhaltes nicht in Übereinstimmung zu bringen.

Bereits im Gutachten des Dipl. Forstwirt S. vom 7.11.1999 (Bl. 31 VV) finden sich Lichtbilder des heutigen Flurstücks 488. Auf diesen ist ersichtlich, dass im Bereich der zukünftigen Trasse der B87n sämtliche Bäume gerodet waren. Der Beteiligte zu 3) hat in der mündlichen Verhandlung im Verfahren über die Enteignung am 26.9.2007 berichtet, dass diese im Auftrag der Antragstellerin durch die S. GmbH gefällt und veräußert worden seien (S. 5 des Protokolls, Bl. 604 des VV). Der jetzige Vortrag des Beteiligten zu 3), dass „100% des Waldbestandes auf den Flurstücken[…]“ entfernt worden seien, und zwar 2004 durch die Firma D., widerspricht seinen eigenen Angaben.

Auch der Vortrag des Beteiligten zu 3) zu dem bestehenden Nutzungsverhältnis ist nicht nachvollziehbar. Die Entschädigung, die er für durch die Enteignung entzogene Nutzungen verlangt, ist nach wie vor unschlüssig. In dem ursprünglich vorgelegten Vertrag war vereinbart, dass der Beteiligte zu 3) höchstens 20 cbm Holz jährlich fällen durfte. Er verpflichtete sich im Gegenzug, den Wald zu pflegen und dafür erforderliche Aufwendungen aus dem Erlös zu decken. Im Vertrag heißt es:

„Der Nutzer ist für die Pflege des Waldes verantwortlich. Notwendige Fällungen über 20 cbm jährlich sind mit dem Waldbesitzer abzustimmen. […] Der Wert des Waldes darf sich nicht verschlechtern“.

Es handelte sich damit eher um einen Nutzungsvertrag auf Selbstkostenbasis als um einen gewinnorientierten Pachtvertrag. Der Beteiligte zu 3) ist zunächst im Enteignungsverfahren, das ihm als Geschäftsführer der S. GmbH bekannt war, nicht persönlich, sondern nur für die S. GmbH aufgetreten. Erst in der mündlichen Verhandlung im Enteignungsverfahren vom 26.9.2007 legte er den Nutzungsvertrag aus dem Jahr 1997 vor, allerdings ohne klarzustellen, dass der Inhalt nicht dem Gewollten – und dann wohl seit 10 Jahren auch Gelebten – entsprach.

Sodann hat er mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 19.8.2009 vortragen lassen, später, anlässlich einer Begutachtung des Bodenschatzes, sei den Parteien bekannt geworden, dass ein jährlicher Holzeinschlag von 6 cbm pro Jahr und Hektar einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entspräche. Unabhängig davon, dass das dem Beteiligten zu 3) als Land- und Forstwirt, als der er bereits den Vertrag 1997 unterzeichnete, bemerkt haben muss, wird hierdurch der Charakter des Vertrags verändert. Eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung ist etwas anderes als die Pflege. Hinzu kommt, dass sich die Menge des erlaubten Holzeinschlags verfünffacht hätte. Bei über 18 ha ergäbe sich eine Menge von mehr als 108 cbm.

In dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 8.9.2011 wird nunmehr vorgetragen, die Parteien hätten bereits bei Vertragsschluss vereinbaren wollen, dass Holz in dem Umfang gefällt werden sollte, wie es zur optimalen Entwicklung des Baumbestandes erforderlich sei. Dieser Vortrag löst sich soweit von dem Wortlaut des Nutzungsvertrags, dass er nur noch als so widersprüchlich angesehen werden kann, dass er unbeachtlich ist. Der Wortlaut des Vertrags bietet keinen Anhaltspunkt für die Behauptung, die Entwicklung des Baumbestandes habe optimal gefördert werden sollen. Im Vertragstext heißt es, dass der Nutzer für eine Verschlechterung des Waldzustands hafte. Das hat mit Förderung des Zustandes nichts zu tun. Die in dem Vertrag genannten Zahlen sind – von einem Fachmann verhandelt – völlig verschieden von dem jetzigen Vortrag, selbst der Bezugspunkt „pro ha“ oder eine absolute Höchst-Fällmenge sollen falsch bezeichnet worden sein.

Nach alledem mag die Kammer den für den Beteiligten zu 3) erfolgten Ausführungen nicht folgen und bestätigt die - von der Beteiligten zu 1) nicht angegriffene - festgesetzte Entschädigung für Einschränkungen seines Nutzungsrechts.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 50 Abs. 1 EntGBbg, 221 Abs. 1 S. 1 BauGB, 92, 100 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 221 Abs. 1 S. 1 BauGB, § 709 ZPO.

Streitwert

88.000,00 €

(hiervon 1.800,- € für den Antrag der Beteiligten zu 1; 30.000 € für den Antrag des Beteiligten zu 3; 56.200 € für den Antrag der Beteiligten zu 2 – insoweit war der Betrag zu Grunde zu legen, der sich ex post objektiv ergibt, wenn der Tatsachenvortrag der Beteiligten zu 2 zutreffen würde, vorliegend also Berücksichtigung der Bodenschätze auf Basis eines Förderzinses von 10%, mithin 61.082,- € abzüglich festgesetzte 4.900,- €, und nicht der ex ante subjektiv mit 226.000,- € angenommene Wert des Bodenschatzes)