Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 18.02.2011 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 157/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 2 SGB 7, § 7 SGB 7, § 8 SGB 7, Nr 2106 BKV |
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Juni 2007 abgeändert.
Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.
Kosten sind für das gesamte Streitverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt von der Beklagten zuletzt noch die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2106 (BK 2106) der Anlage der Berufskrankheitenverordnung (BKV) – Druckschädigung der Nerven -.
Der 1950 geborene Kläger war seit dem 13. Juli 1972 bei der B AG in Berlin als Schlosser beschäftigt und seit dem 01. Februar 1999 krankgeschrieben, ohne danach wieder erwerbstätig gewesen zu sein.
Im November 2001 leitete die Beklagte ein Verfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit ein. Der Kläger legte eine Tätigkeitsbeschreibung und ärztliche Atteste der ihn behandelnden Ärzte T – Allgemeinmedizin -, Dres. W und anderen – Orthopädie -, Dres. E und anderen – (Unfall-)Chirurgie, Sportmedizin, Durchgangsärzte -, Dr. B – Neurologie/ Psychiatrie - vor, aus welchen sich neben Spondylosis deformans, Gonarthrose, Fettstoffwechselstörung, chronischem Schmerzsyndrom bei degenerativer Wirbelsäulenerkrankung und anderen Erkrankungen die Diagnosen Sulcus-ulnaris-Syndrom mit Zustand nach mehrfachen Operationen und schwer einstellbarem, insulinpflichtigem Diabetes mellitus mit Polyneuropathie und erektiler Dysfunktion ergaben. Ferner legte er unter anderem diverse Krankanhausberichte unterschiedlicher Kliniken der C einen Reha-Entlassungsbericht der Reha-Klinik H vom 10. April 2000, einen Bericht des Chefarztes der Klinik für vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie der D GmbH vom 13. Juli 2001, einen Operationsbericht der Klinik H über eine am 03. Mai 2001 durchgeführte Ulnarisoperation, sowie eine Epikrise des Instituts „N“ für Prävention, Behandlung und Rehabilitation der rheumatischen und kardiovaskulären Patienten über eine stationäre Behandlung vom 05. Mai bis zum 17. Mai 2003 vor. Die Beklagte lehnte mit Bescheiden vom 07. November 2003 einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der BK 2101, 2102, 2103 und 2106 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 10. Februar und 11. März 2004 zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit den am 09. März 2004 und 07. April 2004 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klagen weiterverfolgt, welche zunächst unter den gerichtlichen Aktenzeichen S 25 U 132/04 und S 25 U 182/04 geführt worden sind. Das SG hat mit Beschluss vom 12. Juli 2004 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 25 U 132/04 verbunden. Das SG hat aus dem anhängig gewesenen Rentenverfahren S 32 RJ 2371/01 ein nervenärztliches Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T vom 31. Oktober 2000, einen sozialmedizinischen Untersuchungsbericht des Facharztes für Chirurgie und Sozialmedizin P vom 09. August 2001, ein Gutachten der Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. F vom 08. September 2004, einen Untersuchungsbericht Prof. Dr. Ws vom 09. August 2004 sowie neuere Stellungnahmen der den Kläger behandelnden Ärzte beigezogen. Das SG hat ein zum Verfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) L 3 U 21/04 erstelltes gerichtliches Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W vom 03. Januar 2005 beigezogen und von Amts wegen beim Facharzt für Orthopädie Dr. W-R das medizinische Sachverständigengutachten vom 11. August 2005 eingeholt. Dr. W-R hat unter anderem das Vorliegen eines mehrfach operierten Sulcus-ulnaris-Syndroms links bestätigt, wobei die Erkrankung des Nervus ulnaris links bereits Anfang 1999 vorgelegen habe. Ob diese Erkrankung auf eine nachgewiesene berufliche Belastung zurückzuführen sei, müsse eine Arbeitsbelastungsanalyse ergeben. Eine berufsbedingte Erkrankung unterstellt, seien die auf das Sulcus-ulnaris-Syndrom zurückzuführenden Funktionsausfälle als nicht wesentlich zu klassifizieren und ihm keine höhere Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) als 10 vom Hundert (v.H.) einzuräumen.
Die Beklagte veranlasste auf das Gutachten hin Ermittlungen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD), welcher sich an den Arbeitskollegen des Klägers G wandte, welcher als Polier von 1972 bis 1998 mit dem Kläger eng zusammengearbeitet hatte und unter dem 09. Oktober 2005 berichtete. Danach sei der Kläger ein Teil der Stammkolonne gewesen, welche seit 1970 bestanden habe und bis zur Baukrise 2000 immer zusammen von Baustelle zu Baustelle gezogen sei. Der Kläger sei grundsätzlich für alle Stahlarbeiten zuständig gewesen. Er habe nichthandelsübliche Stahlteile hergestellt und diese oft unter besonders schwierigen Bedingungen und räumlich sehr beengten Verhältnissen einbauen müssen. Er habe des Weiteren alle anfallenden Schweißarbeiten ausgeführt. Das Zuschneiden der Stahlteile sei auf der Baustelle nicht wie in einer stationären Werkstatt mit Sägen, sondern überwiegend mit Trennschneidern (Winkelschleifern) erfolgt. Die meistgebrauchten Werkzeuge des Klägers seien Winkelschleifer und das Schweißgerät gewesen. Bei Betonagearbeiten sei der Kläger für die Innenrüttler verantwortlich gewesen. Die Wartung und Instandhaltung dieser Hochleistungsrüttler sei dem Kläger übertragen gewesen. Soweit keine Schlosserarbeiten auszuführen gewesen seien, sei er auch mit Schalarbeiten, Stemmarbeiten (Drucklufthammer), Verpressen von Rissen im Beton mit Kunststoffen beschäftigt gewesen. Der TAD erstellte unter dem 15. Februar 2006 eine technische Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition. Angesichts des von Herrn G beschriebenen Tätigkeitsbilds habe der Kläger keine im Sinne der BK 2106 gefährdende Teiltätigkeiten ausgeübt, weil bei der Vielfältigkeit seiner Betätigungen ein ständiger Wechsel in der Beanspruchung von Muskelgruppen gegeben gewesen sei.
Der Kläger hat zum Klageverfahren eine ergänzende Stellungnahme Herrn Gs vom 27. November 2005 vorgelegt, wonach die Arbeiten mit einem Trennschleifer äußerst kraftaufwändig gewesen seien, weil das Gerät allein sieben bis acht Kilogramm wiege. Hinzu komme beim Schneiden und Schleifen die Unwucht der unausgewuchteten Maschine. Das größte Übel beim Arbeiten mit solchen Maschinen sei die durch die nicht abstellbare Unwucht auftretende Vibration. Weil der Kläger fast täglich mit solchen Maschinen einige Stunden zum Teil unter sehr schwieriger Körperhaltung an sehr schwer zugänglichen Stellen und bei jeden Wetter gearbeitet habe, seien Schäden an Gelenken, Muskeln und Nerven aus laienhafter Sicht nicht auszuschließen. Bei Elektroschweißarbeiten sei die körperliche Anstrengung vergleichbar mit dem Arbeiten mit einem Trennschleifer, nur dass die Elektrode nicht so schwer sei. Diese Arbeiten erforderten ebenfalls eine körperliche Anspannung. Dort, wo der Kläger zunächst geschnitten habe, seien die Teile danach auch zusammengeschweißt und beschliffen worden. Dass er mit Schleifen, Schneiden und Elektro-Schweißen über die Hälfte seiner täglichen Arbeitszeit verbracht habe, könne er ruhigen Gewissens bestätigen. Beim Arbeiten mit dem Innenrüttler werde durch eine eingebaute Unwucht eine Vibration von hoher Frequenz erzeugt. Der Beton werde durch die Vibration verdichtet. Dabei sei nicht zu vermeiden, dass sich die Vibration in den Körper des Bedieners stark übertrage. Die Vibration der von der Kolonne benutzten Hochleistungsrüttler sei wesentlich stärker gewesen als diejenige des Trennschleifers; dafür sei mit den Rüttlern nicht so oft gearbeitet worden. Der Kläger habe bei Betonierarbeiten immer den Rüttler bedient; außerdem sei er mit der Pflege dieser Maschine betraut gewesen, so dass er immer noch länger der Vibration ausgesetzt gewesen sei. Für Schal- und Ausschalarbeiten seien im Spezialbrückenbau selten Kräne im Einsatz gewesen. Somit sei auch diese Leistung eine große körperliche Anstrengung, weil sehr viel Quertransport und Höhentransport von Hand habe ausgeführt werden müssen.
Nachdem das SG zur BK 2102 ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. W-R vom 23. April 2007 eingeholt hatte, hat es mit Urteil vom 04. Juni 2007 unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide und unter Anerkennung der BK 2106 zur Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung verurteilt. Das SG hat unter anderem zur Begründung ausgeführt, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine BK 2106 beim Kläger gegeben seien. Eine arbeitsbedingte Druckschädigung der Nerven im Sinne der BK 2106 setze nach dem einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum eine sich wiederholende mechanische und durch Druck schädigende Einwirkung voraus. Gefährdend seien vor allem Tätigkeiten mit körperlichen Zwangshaltungen, Haltungskonstanz, einseitigen Belastungen oder Arbeiten mit hohen Wiederholungsraten. Für die Anerkennung eines Sulcus-ulnaris-Syndroms als BK 2106 sei als arbeitsbedingte Belastung ein von außen einwirkender Druck zu fordern, zum Beispiel bei aufgestütztem Ellenbogen, beziehungsweise eine repetitive Flexion und Extension im Ellenbogengelenk. Eine entsprechende berufliche Belastung insbesondere der inneren Ellenbogengelenksregion sei beim Kläger nachgewiesen. Hierbei könne sich auf die Angaben seines Kollegen G gestützt werden. Demgegenüber gehe der TAD ohne nähere Begründung davon aus, dass die Ausführung der einzelnen Teilverrichtungen einen ständigen Wechsel in der Beanspruchung von Muskelgruppen mit sich gebracht habe, so dass einzelne Muskelgruppen nicht übermäßig beansprucht worden seien.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 13. Juni 2007 zugestellte Urteil am 27. Juni 2007 Berufung eingelegt. Sie hat Stellungnahmen des TAD vorgelegt, wonach das spezifische Belastungsmuster für eine BK 2106 beim Kläger nicht gegeben sei, wofür von außen wirkender Druck, zum Beispiel bei aufgestützten Ellenbogen, oder eine Friktionstrauma im Sulcus durch repetitive Flexion und Extension im Ellenbogengelenk, zum Beispiel bei Pianisten, Bläsern und Saiteninstrumentalisten, erforderlich sei. Es gebe keinen objektiven Befund, dass es durch die angegebenen Schmerzen zu einer wesentlichen Schonung und Gebrauchsminderung des linken Arms gekommen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. Juni 2007 abzuändern und die Klage auch im Übrigen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt der Berufung unter anderem mit einer Fotodokumentation zu seiner Tätigkeit entgegen. Er verweist insbesondere auf den immer wieder lang andauernden Einsatz eines Trennschleifers mit einem Gewicht von fünf bis neun Kilogramm und Schipparbeiten.
Der Senat hat aufgrund Beweisanordnung vom 10. Juni 2008 das medizinische Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie Dr. B vom 12. November 2008 eingeholt, welches dieser aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 25. September 2008 erstellt hat. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass neben der distal-symmetrischen motosensorischen diabetischen Polyneuropathie ein Sulcus-ulnaris-Syndrom mit motorischen und sensiblen Ausfällen sowie einem neuropathischen Schmerzsyndrom und ohne wesentliche Änderung zu den Vorbefunden aus den Jahren 2000 und 2001 bestehe. Es liege eine Erkrankung der Druckschädigung der Nerven (BK 2106) vor. Unterstelle man, wie für die Zwecke dieser Beweisanordnung vorgegeben, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2106 erfüllt seien, so sei das Sulcus-ulnaris-Syndrom mit wesentlicher Wahrscheinlichkeit durch diese Tätigkeit verursacht worden. Eine repetitive Belastung bei schwerer körperlicher Arbeit, wie sie der Kläger ohne Zweifel im Rahmen seines Arbeitsplatzes ausgeführt habe, könne zu einer erheblichen Belastung der Muskel- und Sehnenansätze im Bereich des Epicondylus medialis und des Eintritts des Nervus ulnaris in die Muskel- und Sehnenlogen des Unterarms führen. Insbesondere repetitive Beuge- und Streckbewegungen im Bereich des Ellenbogengelenks würden für Irritationen des Nervus ulnaris verantwortlich gemacht. Eine beruflich bedingte Druckbelastung sei gegeben. Als konkurrierende Ursache sei das Vorliegen einer diabetischen Polyneuropathie, gleichwohl in der beruflichen Tätigkeit die wesentliche Teilursache zu sehen. Es sei nur von einem geringen Funktionsausfall im Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris auszugehen. Da es zusammen mit dem neuropathischen Schmerzsyndrom zu einer Schonung und verminderten Beanspruchung und damit Einschränkung des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt komme, solle hier die MdE auf 20 v.H. veranschlagt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das SG hat zu Unrecht entschieden, dass beim Kläger eine BK 2106 vorliegt. Die angefochtenen Bescheide sind insofern rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Anerkennung der BK 2106.
Als Versicherungsfall gilt nach § 7 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet, § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Die versicherten Tätigkeiten ergeben sich aus §§ 2, 4 und 6 SGB VII, wozu nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vor allem die Beschäftigung gehört. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen. Die BK 2106 ist die Druckschädigung der Nerven. Gemäß diesen Vorgaben lassen sich etwa bei der BK 2106 folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).
Hiervon ausgehend ist der Senat nicht im nach § 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebotenen Maße überzeugt, dass beim Kläger eine BK 2106 vorliegt, insbesondere nicht, dass die hierauf beruhenden, anhaltenden Beschwerden des Klägers auf seine berufliche Tätigkeit als Schlosser, welche nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII versichert war, zurückzuführen sind.
Zwar ist nach sämtlichen, sich hierzu äußernden ärztlichen Stellungnahmen die Diagnose eines Sulcus-ulnaris-Syndroms gesichert. Hierbei handelt es sich etwa nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen Dr. Bum eine für BK 2106 in Frage kommende Erkrankung, welche auf einer Druckschädigung der Nerven beruht. Dr. Bs Einschätzung deckt sich insofern mit dem einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum (vgl. etwa Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, 5.7.1. S. 231).
Dies vor Augen bestehen aber vernünftige Zweifel daran, dass der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt.
Eine arbeitsbedingte Druckschädigung der Nerven setzt eine sich wiederholende mechanische und durch Druck schädigende Einwirkung voraus. Betroffen sind meist oberflächlich verlaufende Nerven, welche einer von außen kommenden anhaltenden Einwirkung gut zugänglich sind. So tritt eine Druckschädigung gegebenenfalls ein, wenn ein Nerv diesen wiederholten mechanischen Einwirkungen aufgrund einer anatomischen Enge nicht genügend ausweichen kann, zum Beispiel über einer knöchernen Unterlage oder innerhalb eines knöchernen oder fibrösen Kanals wie beim Sulcus-ulnaris-Syndrom. Gefährdend sind zwar für das gesamte Spektrum der für eine BK 2106 in Frage kommenden Erkrankungen vor allem Tätigkeiten mit körperlichen Zwangshaltungen, Haltungskonstanz, einseitigen Belastungen oder Arbeiten mit hohen Wiederholungsraten, insbesondere ständig sich wiederholende, gleichartige Körperbewegungen im Sinne mechanischer Überbelastungen, überwiegend haltungskonstante Arbeiten mit nicht oder nur schwer korrigierbaren Zwangshaltungen, zum Beispiel Daueraufstützen des Handgelenks oder der Ellenbogen, Andrücken eines Werkzeugs oder bestimmte Gelenkstellungen, die längere Zeit beibehalten werden müssen (Schönberger und andere, a.a.O., S. 232). Es bestehen Hinweise auf vermehrt betroffene Berufsgruppen wie zum Beispiel Berufsmusiker, Schleifer, Metzger, Lebensmittelhändler etc. Zusätzlich gibt es zahlreiche Hinweise auf bestimmte schädigende berufliche Expositionsfaktoren wie zum Beispiel großer Kraftaufwand bei Greifbewegungen, repetitive Bewegungen im Handgelenk, gebeugtes oder überstrecktes Handgelenk, wobei diese Expositionsfaktoren auch bei einer Vielzahl anderer Tätigkeiten zu finden ist (Mehrtens/ Brandenburg, BKV – Kommentar, M 2106 S. 1 f.). Jedoch werden im arbeitsmedizinischen Schrifttum für das - nach übereinstimmender Einschätzung sämtlicher vorliegender ärztlicher Stellungnahmen - in diesem Zusammenhang allein zugrunde zu legende Sulcus-ulnaris-Syndrom als typische morphologische Schädigungsmöglichkeiten lediglich von außen wirkender Druck, zum Beispiel bei aufgestütztem Ellenbogen, und Friktionstrauma durch repetitive Flexion und Extension im Ellenbogengelenk, zum Beispiel bei Pianisten, Bläsern und Saiteninstrumentalisten genannt (etwa Merkblatt zur BK 2106, Bundesarbeitsblatt 11/ 2002, S. 62 ff.).
Hieran gemessen ist der Senat vom Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht überzeugt. Die durchgeführten Ermittlungen vermögen nicht im Wege eines Vollbeweises beim Senat die Überzeugung zu begründen, dass der Kläger während seiner versicherten Beschäftigung einer Tätigkeit nachging, welche überhaupt geeignet war, zu einem Sulcus-ulnaris-Syndrom zu führen. Es liefen nach den plausiblen Schilderungen Herrn Gs am Kläger gerade nicht diejenigen Schädigungsmechanismen ab, welche im einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum als Gefahrenquellen für das Sulcus-ulnaris-Syndrom beschrieben werden. Herr G gab in Übereinstimmung mit den Angaben des Klägers bereits in seiner gegenüber der Beklagten im Vorverfahren abgegebenen Tätigkeitsbeschreibung an, dass die Tätigkeit des Klägers dadurch geprägt war, dass er jeweils vorort den größten Teil seiner Arbeitszeit unter Zwangshaltungen und unter Einsatz schwerer Arbeitshandgeräte wie Winkelschleifer und Schweißgeräten Metallarbeiten vornahm. Gerade derartige Verrichtungen erscheinen unter Zugrundelegung des einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttums nicht geeignet, das beim Kläger bestehende Slucus-ulnaris-Syndrom herbeizuführen. Es fehlt an einem ständigen, lang andauernden Aufstützen und an einer – vollschichtigen – ständigen Beugung und Streckung des Ellenbogens. Auch wenn nach den plausiblen Angaben Herrn Gs von der schweren körperlichen Belastung des Klägers durch teilweise schweres Arbeitshandgerät auszugehen ist, so ist letztlich auch der Einschätzung des TAD zu folgen, dass die Ausführung der einzelnen Teilverrichtungen einen ständigen Wechsel in der Beanspruchung von Muskelgruppen mit sich brachte, so dass einzelne Muskelgruppen nicht in einer für die Verursachung des Sulcus-ulnaris-Syndrom typischen Weise übermäßig beansprucht wurden. Der TAD lässt hierbei die aus den Angaben Herrn Gs deutlich gewordenen Aspekte immer wiederkehrender Dauerbelastungen mit schwerem Arbeitshandgerät entgegen der Einschätzung des Klägers gerade nicht außer Betracht. Schließlich ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass sich insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B keinerlei Aufschluss über das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen gewinnen lässt. Auch wenn sich der Sachverständige sprachlich etwas ungenau äußert, indem er formuliert, dass eine repetitive Belastung bei schwerer körperlicher Arbeit, wie sie gerade der Kläger ohne Zweifel im Rahmen seines Arbeitsplatzes ausführte, zu einer erheblichen Belastung der Muskel- und Sehnenansätze führen kann, so verweist er doch zutreffend darauf hin, dass das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2106 gemäß den Vorgaben der Beweisanordnung vom 10. Juni 2008 (Hinweis zu 3.a) zu unterstellen gewesen ist. Er selbst führt in seinem Gutachten im Einklang mit dem arbeitsmedizinischen Schrifttum aus, dass insbesondere repetitive Beuge- und Streckbewegungen im Bereich des Ellenbogengelenks für Irritationen des Nervus ulnaris verantwortlich gemacht würden, so dass sich seine anschließende Bewertung, wonach eine beruflich bedingte Druckbelastung gegeben sei, nicht mehr erschließt. Denn weder nach den eigenen Angaben des Klägers noch nach denjenigen Herrn Gs bestand die Tätigkeit des Klägers darin, seinen Ellenbogen ständig zu strecken oder zu beugen. Dass, wie die Beklagte zutreffend ausführt, zum Beispiel Pianisten, Bläser und Saiteninstrumentalisten zu einem Sulcus-ulnaris-Syndrom neigen (so auch Schönberger und andere, a.a.O., S. 236), steht zwar nicht von vornherein der Möglichkeit entgegen, dass auch bei anderweitigen beruflichen Expositionen eine solche Erkrankung auftreten kann. Gesicherte Erkenntnisse für andere für eine BK 2106 in Frage kommende Arbeitsplatzprofile lassen sich aus dem einschlägigen arbeitsmedizinischen Schrifttum jedoch nicht gewinnen. Soweit die Ausführungen des Sachverständigen Dr. B insbesondere auch mit denjenigen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. W-R im Einklang stehen, wonach die vorliegende Erkrankung als eine BK 2106 angesehen werden könne, bringen beide Sachverständigen, allerdings Dr. W-R deutlicher als Dr. B, damit lediglich zum Ausdruck, dass bei Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen auch ein Sulcus-ulnaris-Syndrom eine BK 2106 sein kann.
Hiernach kann dahinstehen, ob der Umstand, dass Dr. B die diabetische Polyneuropathie als konkurrierende Ursache in Erwägung zieht, der Annahme einer hinreichenden Verursachungswahrscheinlichkeit entgegenstünde. Diese Frage stellt sich nach dem zuvor Gesagten nicht mehr. Er steht damit allerdings im Einklang mit dem arbeitsmedizinischen Schrifttum, wonach eine beruflich bedingte länger anhaltende Nervenänderung eine Disposition erfordert, ohne dass eine solche der Annahme einer berufsbedingten Verursachung von vornherein entgegensteht, sondern eine Bewertung der jeweiligen Bedeutung erfordert (vgl. Schönberger und andere, a.a.O., 5.7.3. S. 234).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.