Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 14.01.2011 | |
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Aktenzeichen | L 1 KR 620/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 28d SGB 9 |
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist eine Beitragsforderung, insbesondere die Arbeitgebereigenschaft der Klägerin.
Die 1966 geborene Klägerin war vom 19. Januar 1999 bis 29. Februar 2000 als Inhaberin eines Betriebs mit den Gegenständen Frachtvermittlung, Einzelhandel mit Baustoffen, Kleintransporte im Güternahverkehr, Kurierdienst, Lagerumschlag und der Betriebsstätte K-Str., B zum Gewerberegister angemeldet. Am 29. April 1999 meldete M O („das freundliche Büro“) der Beklagten die Aufnahme einer Beschäftigung durch den Beigeladenen zu 4) bei der Firma P& F, Inhaberin D. R, zum 1. April 1999. Am 26. August 1999 erfolgte die Abmeldung des Beigeladenen zu 4) zum 31. August 1999.
Mit Beitragsbescheid/letzter Mahnung vom 24. Dezember 2001 machte die Beklagte bei der Klägerin rückständige Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 4.433,87 Euro und Säumniszuschläge in Höhe von 34,00 Euro geltend, nachdem sie zuvor erfolglos mehrfach versucht hatte, diese Beiträge bei der Firma P & F oder dem Beigeladenen zu 6) einzutreiben, der gegenüber ihr - der Beklagten - angezeigt hatte, die Firma ab dem 1. März 2000 übernommen zu haben. Die Klägerin erhob Widerspruch, beantragte die Aussetzung der Vollziehung und machte geltend, dass sie dem Beigeladenen zu 6) eine Existenz als Fuhrunternehmer habe ermöglichen wollen. Deswegen habe sie ihm gestattet, Transport- und Kurierdienste auf ihren Namen zu tätigen, ohne ihm jedoch eine umfassende Vollmacht zu erteilen. Vielmehr habe er sich für jedes konkrete Geschäft ihre Unterschrift holen müssen. Ohne ihr Wissen und ohne ihre Vollmacht habe der Beigeladene zu 6) aber weit reichende Verbindlichkeiten begründet, so dass sie gezwungen gewesen sei, erhebliche Zahlungen zu leisten und gegen ihn bereits einen Vollstreckungsbescheid wegen verauslagter Beträge in Höhe von 21.248,96 DM erwirkt habe. Sie habe weder die Beschäftigung eines Mitarbeiters noch eine Anmeldung zur Sozialversicherung veranlasst, weswegen die Forderung zurückgewiesen werde.
Durch Schreiben vom 18. Januar 2001 erklärte die Beklagte, dass in der Zeit vom 1. April 1999 bis 31. August 1999 der Beigeladene zu 4) und in der Zeit vom 1. März 1999 bis 16.März 1999 der Beigeladene zu 5) zur Betriebsnummer der Klägerin gemeldet gewesen seien. Demnach schulde die Klägerin Beiträge (einschließlich Säumniszuschläge) in Höhe von 4.468,02 Euro. Die Klägerin entgegnete, dass der Beigeladene zu 6) ihr ausdrücklich zugesagt habe, den Fuhrbetrieb als Ein-Mann-Unternehmer zu betreiben. Sie selbst habe in der fraglichen Zeit als Honorarkraft in einer Arztpraxis gearbeitet, diese Tätigkeit im Juli 2000 wegen der Geburt ihrer Tochter aufgegeben. Der Beigeladene zu 6) habe seinen Betrieb vorher auf den Namen seines Bruders und einer Frau F und nach dem Februar 2000 unter den Firma P und K geführt. Auch Herr K sei „über den Tisch gezogen“ worden.
Nach weiterem Schriftverkehr und Mahnungen wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17. August 2006 den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Widerspruch richte sich auch gegen den konkretisierenden Bescheid vom 18. Januar 2001. Die Beitragsforderungen bestünden mit Recht. Unerheblich sei, dass die Arbeitsverträge mündlich und ohne das Wissen der Klägerin abgeschlossen worden seien. Da aus dem Gewerberegister hervorgehe, dass die Klägerin die Frachtvermittlung als Einzelunternehmen vom 19. Januar 1999 bis 29. Februar 2000 betrieben habe, hafte sie als Arbeitgeberin für die Sozialversicherungsbeiträge einschließlich der Nebenforderungen in Höhe von 6.313,59 Euro. Die Forderung sei auch nicht verjährt. Verjährung trete grundsätzlich vier Jahre nach dem Ablauf des Kalenderjahres ein, in dem die Beiträge fällig geworden seien. Bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen betrage die Verjährungsfrist hingegen dreißig Jahre, dafür genüge, dass der Vorsatz nachträglich während der regelmäßigen Verjährungsfrist eingetreten sei. Da die Mahnung der Klägerin vom 24. Dezember 2001 noch innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist erfolgt sei, gelte nunmehr die Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Ein Erlass oder eine Niederschlagung der Forderung komme nicht in Betracht.
Dagegen richtet sich die am 21. September 2006 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Der Beigeladene zu 6) hat gegenüber dem Sozialgericht schriftlich eingeräumt, dass er die Firma eigenverantwortlich ohne die Klägerin geführt habe. Der Beigeladene zu 4) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt, dass er durch den Beigeladenen zu 6) für die Firma R eingestellt worden sei, die Klägerin habe er aber nie gesehen oder kennen gelernt.
Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide durch Urteil vom 4. Oktober 2007 aufgehoben. Zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags sei der Arbeitgeber verpflichtet. Arbeitgeber sei, wer einen anderen als Arbeitnehmer beschäftige. Abzustellen sei insbesondere auf die tatsächlichen Verhältnisse, so dass ein Strohmann, der nur nach außen hin als Unternehmer auftrete, nicht Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sei. Dahingestellt bleiben könne, ob der Beigeladene zu 6) wirksam Arbeitsverträge für die Klägerin habe abschließen können. Allerdings erscheine die Behauptung, es sei für alle Geschäfte die Erteilung von Einzelvollmachten vereinbart worden, wenig plausibel. Jedoch habe der Beigeladene zu 6) das Unternehmen vollständig ohne Einbindung der Klägerin geführt, die auch nicht am wirtschaftlichen Ertrag beteiligt gewesen sei. Die Klägerin habe schon mangels Kenntnis von den Beschäftigungsverhältnissen keinerlei Weisungsbefugnisse ausüben können. Sie sei nur formell Unternehmensinhaberin im Gewerberegister gewesen, nicht aber Arbeitgeber.
Gegen das ihr am 18. Oktober 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. November 2007 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Höchstrichterliche Entscheidungen zu der streitigen Frage seien nicht ersichtlich. Für die Behauptung, dass die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 6) eine Vereinbarung geschlossen habe, wonach dieser für sämtliche zivil-, steuer-, und sozialrechtliche Pflichten aus dem Gewerbe einzustehen habe, gebe es keinen Beweis. Selbst bei Vorlage einer solchen Vereinbarung wäre sie – die Beklagte – wohl nicht ohne weiteres berechtigt gewesen, gegen den Beigeladenen zu 6) vorzugehen. Zu prüfen sei jedenfalls eine gemeinsame Führung des Gewerbes, da die Klägerin vorgetragen habe, sich für bestimmte Geschäfte eine Genehmigung vorbehalten zu haben.
Aus den von der Klägerin geltend gemachten Schulden ergebe sich, dass sie – entgegen dem Sozialgericht – sehr wohl am Verlust des Geschäftsbetriebes beteiligt gewesen sei. Unerheblich sei, dass die Anmeldung zur Sozialversicherung über ein Lohnbüro erfolgte und die Beschäftigten die Klägerin nicht persönlich kannten. Ähnlich wie im Falle einer Aufteilung der Unternehmensleitung auf einen kaufmännischen und einen technischen Geschäftsführer bestünden Kontrollpflichten. Selbst ein „vorgeschobener“ Geschäftsführer sei für die Nichtzahlung von Beiträgen haftbar. Auch im Hinblick auf das Vorverhalten habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, dass der Beigeladene zu 6) Geschäfte nur im Rahmen der von ihm abgegebenen Versicherungen führen werde. Zudem lasse die vereinbarte vorherige Genehmigung bestimmter Geschäfte darauf schließen, dass gewisse Kenntnisse über die geschäftlichen Aktivitäten bei der Klägerin vorhanden gewesen seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, dass das Sozialgericht zutreffend die Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) zum Arbeitgeberbegriff umgesetzt habe. Ohne wirksame Vertretungsmacht komme kein Vertrag mit dem Firmeninhaber zustande. Es fehle an einer Vollmacht, deswegen seien die Arbeitsverträge mit dem Beigeladenen zu 6) zustande gekommen. Davon unabhängig sei Arbeitgeber, also derjenige, dem die Verfügungsgewalt zugestanden habe, für dessen Rechnung der Lohn gezahlt wurde und dem der wirtschaftliche Ertrag der Arbeit zugute kam, der Beigeladene zu 6) gewesen. Weder sei sie – die Klägerin – an Gewinn oder Verlust des Unternehmens beteiligt gewesen, noch habe sie den Beigeladenen zu 4) oder 5) Weisungen erteilt. Auch an der Führung des Unternehmens sei sie nicht beteiligt gewesen. Die Absprache, größere Maßnahmen mit ihr abzustimmen, habe der Beigeladene zu 6) nicht eingehalten. Sie – die Klägerin - leiste keine weiteren Zahlungen auf Schulden des Fuhrunternehmens mehr, auch das Finanzamt sei bisher nicht gegen sie vorgegangen. Der Vergleich mit der Haftung eines Geschäftsführers treffe nicht zu, weil es vorliegend keine GmbH gebe. Es fehle an einem Geschäftsführer mit der entsprechenden Vertretungsberechtigung.
Die Beigeladene zu 1) hat – ebenso wie die Beigeladenen zu 4), 5) und 6) - von einer Stellungnahme abgesehen. Die Beigeladenen zu 2) und 3) schließen sich den Ausführungen der Beklagten an.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Vorgang betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts erweist sich als zutreffend. Zu Unrecht fordert die Beklagte Sozialversicherungsbeiträge von der Klägerin für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) und 5). Dementsprechend gibt es auch keine Grundlage für Nebenforderungen wie Säumniszuschläge.
Beiträge für kraft Gesetz versicherte Beschäftigte in der Kranken- und Rentenversicherung sowie der Beitrag nach dem Recht der Arbeitsförderung sind als Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen, das gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung (§ 28 d Satz 1 und 2 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch - SGB IV -). Zahlungspflichtig ist nach § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV der Arbeitgeber.
Die Klägerin war aber nicht Arbeitgeber für die Beigeladenen zu 4) und 5). Ob jemand Arbeitgeber ist oder nicht, entscheidet sich auch im Sozialversicherungsrecht nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts (BSG, Urt. v. 20. Dezember 1962 – 3 RK 31/58 -). Demnach kommt es darauf an, ob ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde, der eine Weisungsbefugnis begründet. Weichen die tatsächlichen Verhältnisse von den rechtlichen Vorgaben ab, sind erstere entscheidend. Dabei sind vertraglich begründete Rechtspositionen solange auch als tatsächliche Gegebenheiten zu beachten, wie nicht wirksam auf sie verzichtet worden ist. Demgemäß ist – entgegen den möglicherweise insoweit missverständlichen Formulierungen des Sozialgerichtes – für die Arbeitgebereigenschaft nicht entscheidend darauf abzustellen, wer tatsächlich (und direkt) den Beigeladenen zu 4) und 5) Weisungen erteilt hat, sondern für wen das Weisungsrecht wirksam begründet worden ist, was etwa auch für eine juristische Person der Fall sein könnte, die naturgemäß nicht selbst Weisungen erteilen kann.
Der Senat kann nicht feststellen, dass die Klägerin mit den Beigeladenen zu 4) und 5) einen Arbeitsvertrag geschlossen hätte. Selbst hat die Klägerin keinerlei vertragliche Beziehungen mit den Beigeladenen zu 4) und 5) begründet. Dass ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Bekundungen der Klägerin und des Beigeladenen zu 6). Auch der Beigeladene zu 4) hat vor dem Sozialgericht angegeben, er kenne die Klägerin nicht und habe sie nie gesehen. Ein Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 4) und 5) kann demnach nur zustande gekommen sein, wenn der Beigeladene zu 6), der die Beigeladenen zu 4) und 5) nach eigenem Bekunden eingestellt hat, dabei zumindest auch für die Klägerin gehandelt hätte.
Das Vorliegen der sich aus § 164 des Bürgerlichen Gesetzbuches ergebenden Voraussetzungen für eine wirksame Vertretung, das Handeln im fremden Namen und das Bestehen von Vertretungsmacht, ist indessen nicht feststellbar: Im Hinblick auf das Handeln im fremden Namen gilt, dass der Beigeladene zu 6) keinerlei Interesse daran gehabt haben kann, die Klägerin gegenüber den Beigeladenen zu 4) und 5) als „Strohmann“ vorzuschieben. Denn die Klägerin sollte von deren Einstellung nichts erfahren. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem, der vom Sozialgericht Frankfurt in seinem Urteil vom 13. August 1986 – S 1/9 136/76 - zu beurteilen gewesen ist, auf das sich die Beklagte in der mündliche Verhandlung bezogen hat. Hier sollte die Klägerin nach den Vorstellungen des Beigeladenen zu 6) nur gegenüber dem Gewerbeamt nach außen hin als Betriebsinhaberin erscheinen. In Bezug auf die Arbeitsverhältnisse lag also gerade keine Fallgestaltung vor, in der die Klägerin als Strohmann nach außen wirksam eine Rechtsposition erworben hätte, die sie nach innen gegenüber dem wahren Rechtsinhaber, dem Beigeladenen zu 6), nur treuhänderisch ausüben dürfte. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 6) bei der Einstellung der Beigeladenen zu 4) und 5) auch diesen gegenüber ein Weisungsrecht nur für sich selbst begründen wollte, worauf sich die Beigeladenen zu 4) und 5) auch eingelassen haben, wie die erfolgte Einstellung zeigt. Diese Sichtweise entspricht auch dem allgemeinen Auslegungsgrundsatz, dass bei unternehmensbezogenen Geschäften stets der wahre Inhaber (Rechtsträger) des Unternehmens berechtigt und verpflichtet wird (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 30. September 2008 – 6 U 89/07 -).
Die Klägerin ist nicht deswegen Inhaberin des Unternehmens gewesen, weil sie als solche in das Gewerberegister eingetragen gewesen ist. Ein Eintrag in das Gewerberegister begründet noch nicht die Inhaberschaft an einem Betrieb (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 17. Januar 1992 – 17 U 214/91 -). Aus den übereinstimmenden Erklärungen der Klägerin und des Beigeladenen zu 6) ergibt sich hier nämlich, dass die Klägerin nur ihren Namen für das Gewerberegister zur Verfügung stellen, nicht aber selbst den Betrieb führen und an Gewinn und Verlust der Unternehmenstätigkeit beteiligt sein wollte. Dieser Vortrag ist nicht zu widerlegen und deswegen als wahr zu unterstellen. Über die erfolgte Gewerbeanmeldung hinaus ist für die Stellung der Klägerin als Betriebsinhaberin oder auch nur für ein entsprechendes Auftreten nach außen hin nichts ersichtlich. Die Beklagte hat keine Nachweise dafür vorlegen können, dass die Klägerin im allgemeinen Geschäftsverkehr sich als Inhaberin des Betriebes und den Beigeladenen zu 6) entsprechend als ihren Geschäftsführer dargestellt hätte. Die Klägerin ist offenbar nach außen hin schlicht nicht weiter in Erscheinung getreten. Das gilt gerade gegenüber den Beigeladenen zu 4) und 5). Demgemäß ist der Eintrag in das Gewerberegister falsch und tatsächlicher Gewerbetreibender und Inhaber des Betriebes der Beigeladene zu 6) gewesen. Dass die Klägerin nach dem Scheitern des Unternehmens von den Gläubigern des Beigeladenen zu 6) in Anspruch genommen wurde, ändert daran nicht.
Soweit die Klägerin sich durch das das Zur-Verfügung-Stellen ihres Namens im Gewerberegister als Betriebsinhaberin geriert hat, reicht das nicht aus, um ihre Haftung wie ein Arbeitgeber zu begründen. Die Anzeigepflicht und das Gewerberegister dienen der öffentlich-rechtlichen Gefahrenabwehr, nicht der Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen (Huber in Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes VerwaltungsR, 14. Aufl. 3. Kap. VIII 2 a) [S. 430-435]). Das Gewerberegister ist demnach schon kein Rechtsscheinträger, der geeignet wäre, zivilrechtliche Ansprüche zu begründen. Darüber hinaus fehlt es an einem Zusammenhang zwischen dem falschen Eintrag der Klägerin und der Arbeitsaufnahme durch die Beigeladenen zu 4) und 5). Die Beigeladenen zu 4) und 5) haben vor dem Abschluss ihrer Arbeitsverträge keine Erkundigungen darüber eingeholt, wer als Inhaber im Gewerberegister eingetragen war. Haben sie aber die Eintragung in das Gewerberegister nicht wahrgenommen, können sie durch den dort zu findenden Namen der Klägerin auch nicht zum Vertragsschluss veranlasst worden sein. Damit besteht keine Veranlassung, die Klägerin aus Rechtsscheingründen als Arbeitgeberin anzusehen.
Auch eine Vertretungsmacht des Beigeladenen zu 6) für die Klägerin in Hinblick auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages ist nicht ersichtlich. Sie ergibt sich nicht bereits kraft Gesetzes. Das Gewerberecht begründet keine Vertretungsmacht des tatsächlichen Inhabers eines Unternehmens zu Lasten des fälschlich eingetragenen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 17. Januar 1992 – 17 U 214/91 -). Die Klägerin hat dem Beigeladenen zu 6) auch rechtsgeschäftlich keine Vollmacht für Einstellungen erteilt. Ihr Vortrag, dass im Gegenteil ausdrücklich die Führung eines Ein-Mann-Unternehmens verabredet gewesen sei, ist zumindest nicht zu widerlegen.
Ebenso wenig ergibt sich etwas anderes aus den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht (zu diesen BGH, Urt. v. 10. Januar 2007 – VIII ZR 380/04 - ). Eine Anscheinsvollmacht wäre gegeben, wenn ein Vertragspartner einen Vertrag in Kenntnis von Umständen schließt, die von dem anderen Teil zu verantworten sind und den Rechtsschein einer Bevollmächtigung setzen (BGH, Urt. v. 10. Januar 2007 – VIII ZR 380/04 - ). Die Klägerin hat aber gegenüber den Beigeladenen zu 4) und 5) nie den Rechtsschein gesetzt, als hätte sie dem Beigeladenen zu 6) wirksam eine Vollmacht für deren Einstellung erteilt. Nach außen hin ist sie im Geschäftsverkehr nicht in Erscheinung getreten. Ihre Eintragung in das Gewerberegister reicht bereits deswegen nicht aus, weil diese keinerlei Hinweise auf eine Bevollmächtigung des Beigeladenen zu 6) enthält. Der Klägerin kann auch nicht vorgehalten werden, dass sie die Einstellung der Beigeladenen zu 4) und 5) nicht besser überwacht und dadurch verhindert hätte. Nach dem nicht zu widerlegenden übereinstimmenden Vortrag der Klägerin und des Beigeladenen zu 6) war die Einstellung von Arbeitnehmern für die Firma verabredungsgemäß ausgeschlossen gewesen. Es ist nicht ersichtlich, woraus die Klägerin hätte erkennen können und müssen, dass der Beigeladene zu 6) sich abredewidrig verhalten würde. Dann fehlt aber jede Grundlage für den Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung in Hinblick auf die Einstellung der Beigeladenen zu 4) und 5).
Die Klägerin haftet schließlich auch nicht aus sonstigen Rechtsgründen für die Beitragspflichten, die den Beigeladenen zu 6) als Arbeitgeber treffen. Insoweit ist kein Haftungstatbestand ersichtlich. Die Haftung einer fälschlich im Gewerberegister als Inhaber eingetragenen Person für die Schulden des Unternehmens ist im Gesetz nicht vorgesehen. Eine Vorschrift, welche der Regelung des § 15 des Handelsgesetzbuchs über die Wirkungen einer Eintragung in das Handelsregister entsprechen würde, fehlt in der Gewerbeordnung, die nicht der Regelung von zivilrechtlichen Ansprüchen, sondern öffentlich-rechtlichen Ordnungszwecken dient. Die Klägerin ist auch nicht als Geschäftsführerin einer GmbH aufgetreten oder eingetragen gewesen, so dass für sie – worauf schon ihre Bevollmächtigten hingewiesen haben – auch keine Haftung über § 823 Abs. 2 BGB iVm §§ 266a, 14 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches - StGB - eintritt. Die Klägerin hat nicht im Sinne des § 14 StGB für das Unternehmen gehandelt. Die unzutreffende Eintragung in das Gewerberegister als solche begründet weder Inhaberschaft noch Vertretungsmacht für das Unternehmen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 151 Abs.1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Der Senat weicht nicht von obergerichtlicher Rechtsprechung ab. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Sache ist nicht erkennbar. Entscheidungserheblich sind die Umstände der Einstellung der Beigeladenen zu 4) und 5), die sich aus dem konkreten vorliegenden Sachverhalt ergeben.