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Betriebsübergang auch ohne Übernahme materieller Mittel?


Metadaten

Gericht ArbG Cottbus 11. Kammer Entscheidungsdatum 17.04.2018
Aktenzeichen 11 Ca 10090/17, 11 Ca 10093/17 ECLI ECLI:DE:ARBGCOT:2018:0417.11CA10090.17.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 613a BGB

Leitsatz

- Bei der Vergabe von Verkehrsdienstleistungen ist aufgrund der in diesem Bereich eingetretenen Änderungen die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach ein Betriebsübergang nur bei Übernahme der materiellen Betriebsmittel vorliegt, veraltet und zu überprüfen.

- Die materiellen Betriebsmittel sind in der vorliegenden Fallgestaltung nicht von erheblicher Bedeutung für die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht.

- Bei der befristeten Vergabe von Verkehrsdienstleistungen haben die zuvor eingesetzten Busse aufgrund ihres Alters und der gestiegenen technischen Anforderungen (Abgaswerte, Niederflurfahrzeuge) betriebswirtschaftlich keinen wesentlichen Wert für das Unternehmen, da ohnehin Neuanschaffungen notwendig werden.

- Auch werden Betriebshöfe aus Gesichtspunkten der Kostenersparnis heutzutage kaum noch unterhalten.

- Der Betrieb wird vielmehr im Wesentlichen durch das beschäftigte Personal geprägt.

Tenor

2.

Die Verfahren werden dem Europäischen Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren vorgelegt. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Artikel 267 AEUV folgende Vorlagefragen gestellt:

3.

1. Ist die Übergabe des Betriebes von Buslinien von einem Busunternehmen auf ein anderes auf Grund eines Vergabeverfahrens nach der Richtlinie 92/50/EWG über die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ein Übergang eines Betriebes im Sinne des Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinien 77/187/EWG, auch wenn keine nennenswerten Betriebsmittel, insbesondere keine Busse zwischen den beiden genannten Unternehmen übertragen worden sind?

4.

2. Rechtfertigt die Annahme, dass die Busse bei einer befristeten Vergabe der Dienstleistungen auf Grund vernünftiger betriebswirtschaftlicher Entscheidung wegen ihres Alters und der gestiegenen technischen Anforderung (Abgaswerte, Niederflurfahrzeuge) nicht mehr von erheblicher Bedeutung für den Wert des Betriebes sind, eine Abweichung des Europäischen Gerichtshofes von seiner Entscheidung vom 25.01.2001 (C-172/99) dahingehend, dass unter diesen Bedingungen auch die Übernahme eines wesentlichen Teils der Belegschaft zur Anwendbarkeit der Richtlinie 77/187 EWG führen kann?

5.

Die Verfahren werden in der Hauptsache bis zum Abschluss des Vorlageverfahrens ausgesetzt.

6.

Gründe

I.

Die S. GmbH – zukünftig S. GmbH genannt – (Beklagte und Altbetreiberin), Betrieb im Auftrag des Landkreises Oberspreewald-Lausitz seit dem 01.08.2008 den öffentlichen Personennahverkehr des Landkreises. Die S. GmbH ist ein Unternehmen des N.-Konzerns. Im September 2016 schrieb der Landkreis Oberspreewald-Lausitz die Verkehrsdienstleistungen neu aus. Die S. GmbH beschloss sich nicht an der Ausschreibung zu beteiligen. Ausschlaggebend dafür war nach ihren Angaben, dass als einziges entscheidungserhebliches Zuschlagskriterium der Preis angegeben wurde und sich der Bieter verpflichten musste seine Beschäftigten nach dem jeweils geltenden Tarifvertrag Nahverkehr Brandenburg (TV-NBRB) zu entlohnen. Auf Grund der Personalstruktur der S. GmbH führe dies dazu, dass kein wirtschaftlich tragbares bzw. wettbewerbsfähiges Angebot für die Wiedergewinnung des Auftrages hätte unterbreitet werden können.

Die S. GmbH beschloss die Einstellung des Geschäftsbetriebes und sprach allen Arbeitnehmern gegenüber Kündigungen aus. Am 19.01.2017 schloss sie einen Interessenausgleich und Sozialplan mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat. Der Sozialplan sieht vor, dass Arbeitnehmer Abfindungen in unterschiedlicher Höhe erhalten, wenn sie kein Übernahmeangebot von dem neuen Betreiber erhalten oder wenn sie bei Neueinstellung finanzielle Verluste erleiden.

Den Zuschlag für die Erbringung der Verkehrsdienstleistungen im Landkreis Oberspreewald-Lausitz ab 01.08.2017 erhielt die K. GmbH – zukünftig K. GmbH genannt. Die K. GmbH ist eine hundertprozentige Tochter der R. GmbH & Co. KG. Zur Durchführung der Verkehrsdienstleistung gründete diese wiederum die ihr zu hundert Prozent gehörende O. GmbH . Seit dem 01.08.2017 erbringen die K. GmbH und die O. GmbH die Verkehrsdienstleistungen im Landkreis Oberspreewald-Lausitz gemeinsam. Sie stellten einen überwiegenden Teil der Busfahrer und einen Teil der Führungskräfte neu ein.

In dem Schreiben der K. GmbH vom 10.04.2017 teilte diese der S. GmbH mit, dass deren materielle Betriebsmittel (Busse, Betriebshilfe etc.) für sie keine Rolle spielten und sie keine Busse, Betriebshöfe und Betriebsanlagen kaufen, mieten oder in sonstiger Weise nutzen und von ihr keine Werkstattdienstleistungen in Anspruch nehmen werde. Es kam dann anschließend auch nur zu einer Teilnutzung auf Grund eines Pachtvertrages des vormals von der S. GmbH betriebenen Betriebshofes in Lübbenau.

Der Kläger, Herr G., im Ausgangsverfahren zum Aktenzeichen 11 Ca 10090/17, war bei der S. GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 16.07.1978 als KOM-Fahrer und Vorarbeiter in Vollzeit beschäftigt. Die S. GmbH kündigte Herrn G. mit Schreiben vom 27.01.2017 zum 31.08.2017. Seit dem 01.09.2017 ist er bei der O. GmbH als KOM-Fahrer beschäftigt. Die O. GmbH erkennt die vormals bei der S. GmbH zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht an, sondern stuft ihn wie einen neu eingestellten Beschäftigten in die Eingangsstufe des Tarifvertrages ein. Herr G. wehrt sich gegen die Kündigung der S. GmbH und macht geltend, dass die O. GmbH bei der Einstufung seine bisher zurückgelegte Betriebszugehörigkeit anzuerkennen hat. Sowohl Herr G. als auch die S. GmbH sind der Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsüberganges auf die O. GmbH übergegangen ist.

Der Kläger Herr P., im Ausgangsverfahren zum Aktenzeichen 11 Ca 10093/17, war bei der S. GmbH seit dem 06.11.1979 als KOM-Fahrer und Vorarbeiter in Vollzeit beschäftigt. Die S. GmbH kündigte auch ihn mit Schreiben vom 27.01.2017 zum 31.08.2017. Er erhielt weder von der K. GmbH noch von der O. GmbH ein Arbeitsplatzangebot. Er wehrt sich gegen die Kündigung der S. GmbH und macht hilfsweise die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 68.034,56 € aus dem Sozialplan der S. GmbH geltend. Die S. GmbH macht im Wege der Widerklage geltend, dass das Arbeitsverhältnis durch Betriebsübergang auf den Neubetreiber der Verkehrsdienstleistungen übergegangen sei und sie daher nicht zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet sei.

Die O. GmbH (Beklagte im Verfahren G., Az.: 11 Ca 10090/17) stützt sich im Wesentlichen auf die bisherige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Entscheidung vom 25.01.2001 (Rs.C-172/99). Sie wendet ein, dass materielle Betriebsmittel nicht übernommen wurden und die Übernahme von Beschäftigten für die Erbringung der Leistungen nicht prägend sei.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Beim Arbeitsgericht Cottbus, Kammern Senftenberg, sind weitere 14 Fälle anhängig, die mit den Verfahren G. und/oder P. vergleichbar sind.

II.

Der Europäische Gerichtshof befand in seiner Entscheidung vom 25.01.2001 (Rs.C-172/99), dass der Busverkehr nicht als eine Tätigkeit angesehen werden könne, für die es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, da er in erheblichem Umfang Material und Einrichtungen erfordere. In einem Bereich, wie dem des öffentlichen Linienbusverkehrs, in dem die materiellen Betriebsmittel von erheblicher Bedeutung für die Ausübung der Tätigkeit sei, schließe die Tatsache, dass diese für den ordnungsgemäßen Betrieb der einer unerlässlichen Mittel nicht in nennenswertem Umfang vom alten auf den neuen Auftragnehmer übergehen aus, dass diese Einheit ihre Identität bewahre.

Für die zu erkennende Kammer stellt sich nun die Frage, ob der Europäische Gerichtshof, angesichts neuer und veränderter Rahmenbedingungen diese Ansicht weiter vertritt.

Der Vertreter der S. GmbH hat die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof beantragt und die veränderten technischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen wie folgt nach Ansicht der erkennenden Kammer zutreffend dargestellt:

„Übernahme von Bussen ist faktisch ausgeschlossen

a) Gesetzliche Vorgaben, technische Entwicklung und Umweltschutz

Bereits die sich stetig verschärfenden gesetzlichen Vorgaben an Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor lassen es als nicht mehr vertretbar erscheinen, einen Betriebsübergang stets auszuschließen, sobald im Bereich des Personennahverkehrs keine Busse übernommen werden. Denn die Vergabevorgaben richten sich nach diesen gesetzlichen Vorgaben, welche wiederum ihren Ursprung in der technischen Entwicklung der Automobilindustrie und dem Umweltschutz finden.

aa) Die durch die Europäische Union vorgegebenen Abgasnormen befinden sich im stetigen Wandel. Die technische Entwicklung in der Automobilindustrie lässt es zu, die Abgasgrenzwerte über die Jahre stetig anzuheben. So werden laufend neue Euro-Normen eingeführt, zuletzt die ‚Euro-6-Norm‘ im Jahre 2013.

Die Ausschreibung des öffentlichen Nahverkehrs orientiert sich an diesen Normen und setzt als Vorgabe, dass die Busse die Anforderungen der aktuellen Euro-Norm erfüllen. Busse, die schon zehn Jahre lang für die Erbringung des öffentlichen Nahverkehrs eingesetzt waren, werden diese Anforderung nicht erfüllen können.

bb) Schließlich steht der Verbrennungsmotor mittlerweile mit dem aufstrebenden Elektroantrieb in Konkurrenz. Auch wenn dieser den Verbrennungsmotor wohl nicht gänzlich ablösen wird, ist es aus Gründen des Umweltschutzes durchaus wahrscheinlich, dass in Zukunft der Nahverkehr nur noch mit Elektro-Bussen bedient werden darf. Auch dann ist eine Übernahme von älteren Bussen unmöglich.

cc) Die Umweltplakette, welche die Fahrzeuge in vier Schadstoffgruppen (grüne, gelbe, rote und keine Umweltplakette) unterteilt, soll in Zukunft wahrscheinlich um eine weitere – blaue – Plakette aufgrund zu hoher Stickstoffoxid-Werte ergänzt werden. Dies hätte für die meisten Diesel-Fahrzeuge ein innerstädtisches Fahrverbot zur Folge. Auch dann wird eine Übernahme von älteren Bussen ausgeschlossen sein.

b) 10-jährige Vertragslaufzeit

Der Landkreis Oberspreewald-Lausitz vergibt die Busnahverkehrsleistungen im Wege der öffentlichen Vergabe stets für eine Vertragslaufzeit von 120 Monaten.

c) Ausschreibungsvorgaben

An die Busse wurden folgende zwingend einzuhaltende technische Anforderungen gestellt.

aa) Die Busse dürfen ein maximales Alter von 15 Jahren (bezogen auf die Erstzulassung) nicht überschreiten.

(Auszug aus der Leistungsbeschreibung OSL, Seite 15, 4.4.2.)

Die Busse der Beklagten waren im Schnitt 13 Jahre alt und somit für die Erbringung der Verkehrsleistungen über eine Dauer von 10 Jahren durch den nachfolgenden Betreiber nicht mehr geeignet.

Die Übernahme der Bus-Flotte oder auch nur einzelner Busse der Beklagten hätte wirtschaftlich und organisatorisch gesehen für den nachfolgenden Betreiber vor allem unter Berücksichtigung der weiteren zwingenden Vorgaben keinen Sinn gemacht.

bb) Alle eingesetzten Busse müssen ein einheitliches Grunddesign aufweisen.

Dies sprach letztlich gegen die Möglichkeit, einige Busse der Beklagten auch nur für die restlich zulässige Einsatzzeit von zwei Jahren – dann hätten sie das maximal zulässige Älter von 15 Jahren erreicht – zu übernehmen. Wirtschaftlich gesehen lohnte sich eine solche Umrüstung auf ein einheitliches Grunddesign für einen verständig denkenden Kaufmann nicht.

cc) Die Busse müssen schließlich mindestens die ‚Euro-6-Norm‘ erfüllen.

(Auszug aus der Leistungsbeschreibung OSL, Seite 15, 4.4.2.)

Die Busse der Beklagten erfüllten jedoch im Wesentlichen nur die ‚Euro-3-Norm‘ und die ‚Euro-4-Norm‘.

dd) Ab dem 01.01.2018 müssen 40 % und ab dem 01.01.2022 müssen 70 % der eingesetzten Fahrzeuge Niederflur- oder Low-Entry-Fahrzeuge sein.

Beide Fahrzeugarten weisen eine niedrige Einstiegshöhe ohne Stufen an der Fahrertür und an der zweiten Tür auf. Bei Niederflurfahrzeugen ist der Gang im kompletten Fahrzeug stufenlos (der Motor ist dafür hinten rechts in der Ecke eingebaut) bei Low-Entry-Fahrzeugen nur zwischen der Fahrertür und der zweiten Tür.

(Auszug aus der Leistungsbeschreibung OSL, Seite 16 u. 17, 4.4.2.)

Keiner der von der Beklagten zur Erbringung der Nahverkehrsleistung eingesetzten Busse erfüllte diese Anforderungen zur Barrierefreiheit, eine Umrüstung war technisch nicht möglich. Auch vor diesem Hintergrund kam eine Übernahme der Busse durch den nachfolgenden Betreiber gar nicht in Betracht.

ee) Eine Übernahme der Busse durch den nachfolgenden Betreiber war somit faktisch ausgeschlossen.

2. Busse sind keine prägenden Betriebsmittel

Vor diesem Hintergrund können die Busse nicht (mehr) als unerlässliches Mittel angesehen werden, ohne deren Übergang in nennenswertem Umfang vom alten auf den neuen Auftragnehmer ein Betriebsübergang ausgeschlossen ist.

Busse, die für den weiteren Einsatz typischerweise ungeeignet oder nur noch sehr eingeschränkt brauchbar sind, können nicht als prägend für die Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit erachtet werden. Die Busse sind vielmehr für die Erbringung der Nahverkehrsleistung zwingend auszutauschen.

3. Betriebshöfe werden nicht mehr benötigt

Heute werden für die Erbringung von Leistungen im öffentlichen Nahverkehr das Personal und (austauschbare) Busse benötigt, nicht hingegen die Betriebshöfe. Aufgrund des hohen Preisdrucks (niedrigster Preis als einziges Zuschlagskriterium) müssen die Nahverkehrsbetreiber Kosten einsparen. Daher verzichten sie inzwischen weitgehend auf die kostenintensive Unterhaltung von Betriebshöfen. Dies ist auch möglich, da für die Busse lediglich eine Abstellfläche – im Freien – benötigt wird. Mit deren Wartung bzw. Reparatur werden Werkstattbetreiber beauftragt.

Dem Übergang von Betriebshöfen auf den nachfolgenden Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs kann daher für die Beurteilung des Vorliegens eines Betriebsübergangs keine entscheidende Bedeutung mehr zukommen.

4. Busfahrer prägen die wirtschaftliche Einheit

Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs kommt es stattdessen sehr auf die Arbeitskraft der Busfahrer an.

a) Die enorme Bedeutung der Sachkunde der Busfahrer für den Nahverkehr zeigt sich schon anhand der Ausschreibungsbedingungen, wonach der Auftragnehmer sicherzustellen hat, dass das Fahrpersonal den Anforderungen eines attraktiven ÖPNV mit umfassender Dienstleistungs- und Kundenorientierung gerecht wird:

- Das eingesetzte Fahrpersonal hat entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen für das Führen von Kraftomnibussen im Linienverkehr geeignet und im Besitz der erforderlichen gültigen Genehmigung zu sein.

- Das Fahrpersonal hat über ausreichende Kenntnisse der gesetzlichen und fachlichen Vorschriften (StVO, BOKraft, DFBus) zu verfügen.

- Das Fahrpersonal muss zum Zwecke einer zufriedenstellenden Fahrgastinformation ausreichende Ortskenntnisse besitzen und in der Lage sein, neben dem Fahrscheinverkauf den Fahrgästen auf Wunsch auch Informationen und Auskünfte sowie mit der Betriebsleitung kommunizieren zu können.

- Das eingesetzte Fahrpersonal muss über gute Netz- und Streckenkenntnisse und Kenntnisse der Linienführung und der Fahrpläne im VGOSL-Gebiet (Verkehrsgesellschaft Oberspreewald-Lausitz mbH), der verknüpften Regionalbuslinien und des Schienenverkehrs sowie über Tarifbestimmungen und Beförderungsbedingungen des VBB (Verkehrsbund Berlin-Brandenburg GmbH) verfügen.

Das Fahrpersonal ist entsprechend dieser Anforderungen einzuweisen und mindestens jährlich zu schulen.

(Auszug aus der Leistungsbeschreibung OSL, Seiten 21 bis 22)

Werden die Qualitätsmindestanforderungen nicht eingehalten, fallen unter anderem folgende Vertragsstrafen an:

Nichtteilnahme an den jährlichen Schulungen zur Kundenorientierung, Orts- und Tarifkunde, Bewältigung von Stresssituationen und Fehlverhalten: 200 Euro je Mitarbeiter

Personal mit unzureichenden oder falsch angewendeten Tarifkenntnissen: 100 Euro pro Vorfall

Personal mit unzureichenden Ortskenntnissen (Linienweg, Haltestellen, Straßen, Plätze, wichtige Gebäude bekannt): 50 Euro pro Vorfall.

(Auszug aus der Leistungsbeschreibung OSL, Seite 38)

b) Die Busfahrer sind - gerade in der ländlichen Region – das wichtigste und vor allem ein knappes Gut.

aa) ist der Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs auf die Busfahrer in der Region des zu bedienenden Gebietes angewiesen. Die Busfahrer leisten oftmals zwei Schichten am Tag (sogenannte ‚geteilte Dienste‘). Die Pause zwischen diesen Schichten verbringen die Busfahrer nicht selten daheim. Dieses System schließt daher ein langes Pendeln zwischen Wohnort und Einsatzgebiet aus, denn dies würde eine Heimfahrt für die Pause nicht zulassen, was wiederum zu untragbaren Abwesenheitszeiten von zu Hause führen würde.

bb) Deutschlandweit fehlen tausende von Busfahrern. Hinzu kommt, dass die ländlichen Regionen aufgrund der Abwanderung junger Menschen unter einem immensen Bevölkerungsrückgang leiden und dies wiederum zu einem erhöhten Altersdurchschnitt führt. Viele Busfahrer stehen mittlerweile vor der oder befinden sich bereits in Rente. Es fehlt an dem so dringend benötigten Nachwuchs.

cc) Die Nachfrage an Busfahrer ist dagegen aufgrund der Liberalisierung des Fernbusverkehrs in Deutschland seit Anfang 2013 rasant gewachsen.

dd) Auch der heutige Betreiber sucht noch nach Busfahrern. So sind bei der Agentur für Arbeit noch offene Stellen für Busfahrer im Landkreis Oberspreewald-Lausitz ausgeschrieben.

c) Die Busfahrer sind aufgrund ihrer langjährigen Ortskenntnisse und ihres ‚Know-hows‘ hinsichtlich der Umläufe – im Gegensatz zu den Bussen – kein leicht austauschbares Gut.

Aufgrund dieser über die Jahre gesammelten Erfahrung der bei der Beklagten ehemals beschäftigten Busfahrer war ein nahtloser und problemloser Übergang des öffentlichen Nahverkehrs auf den neuen Betreiber überhaupt erst möglich.

Die wesentliche Bedeutung der berufs- und ortserfahrenen Busfahrer für den nachfolgenden Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs im Landkreis Oberspreewald-Lausitz zeigt sich auch daran, dass den Fahrern unbefristete Arbeitsverträge ohne Vereinbarung einer Probezeit angeboten worden sind.

Eine Einarbeitung der ehemaligen Busfahrer der Beklagten war nicht erforderlich, so dass die reibungslose Bedienung des Streckennetzes schon am Tag der Übernahme möglich war. Der öffentliche Nahverkehr im Landkreis Oberspreewald-Lausitz wurde bekanntlich bis zum 31.07.2017 von der Beklagten und schon am darauffolgenden Tag, dem 01.08.2017, von dem nachfolgenden Betreiber bedient.

Für die nahtlose Übernahme des Nahverkehrs ist es irrelevant, welche Busse eingesetzt werden, nicht hingegen, welche Busfahrer zum Einsatz kommen.“

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Die Übernahme von Bussen ist unter Berücksichtigung der zehnjährigen Laufzeit im Wege der öffentlichen Vergabe beschlossenen Verträge sowie der Ausschreibungsvorgaben entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, orientiert an der technischen Entwicklung der Automobilindustrie und der steigenden Umweltanforderungen, wirtschaftlich sinnlos und faktisch ausgeschlossen.

Betriebshöfe werden für die Leistungserbringung unter den heutigen Bedingungen nicht mehr benötigt.

In einer ländlichen Region wie der des Oberspreewald-Lausitz-Kreises sind erfahrene Busfahrer für die Qualität der Leistungserbringung mitentscheidend.

Die erkennende Kammer hält die Vorlagefragen für die Entscheidung der Rechtsstreite sowie der weiteren 14 beim Arbeitsgericht Cottbus, Kammern Senftenberg, anhängigen Verfahren für entscheidungserheblich.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.