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Subvention; Anfechtungsklage; Rückforderung; Auflagenverstoß; Markterschließungsrichtlinie; Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO; Zweigniederlassung; organisatorische Selbstständigkeit; Abgrenzung zu bloßem Warenlager bzw. Empfangs- und Ausgabestelle; Partyausstattungsservice; ernstlich Richtigkeitszweifel; Darlegungsanforderungen; Verfahrensfeh-ler


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 05.04.2013
Aktenzeichen OVG 6 N 29.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 49 Abs 3 S 1 Nr 1 VwVfG BB, § 12 Nr 2 AO, § 13 HGB

Leitsatz

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Zweigniederlassung im Sinne des § 12 Nr. 2 AO angenommen werden kann

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 10. Januar 2012 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 12.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Mit der Anfechtungsklage wendet sich der Kläger gegen den Widerruf einer ihm von der Beklagten aufgrund der Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft zur Förderung der Unternehmensaktivitäten und der Markterschließung im In- und Ausland von kleinen und mittleren Unternehmen vom 19. Juni 2006 - Markterschließungsrichtlinie - in Höhe von 12.000 Euro bewilligten und in Höhe von 11.400 Euro zur Auszahlung gelangten Zuwendung und der daran geknüpften Rückforderung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe die im Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage zur Unterhaltung einer Betriebsstätte und Schaffung eines Arbeitsplatzes in dieser Betriebsstätte für den Zeitraum von zwei Jahren nach der Beendigung des Durchführungszeitraumes nicht eingehalten. Zudem habe er die mit dem Zuwendungsbescheid gewährten Fördermittel nicht für den darin bestimmten Zweck verwendet.

Die hiergegen gerichtete, auf den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie sinngemäß auf den Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Ernstliche Richtigkeitszweifel liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht angenommen, dass der der Widerrufsgrund eines Auflagenverstoßes gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes Brandenburg vorliegt, weil der Kläger die Auflage nach Ziffer 3.2, letzter Satz der Markterschließungsrichtlinie, die Bestandteil des Zuwendungsbescheides ist, nicht eingehalten hat.

Danach müssen die Unternehmen eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 der Abgabenordnung - AO - im Land Brandenburg unterhalten. Das Verwaltungsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass es sich mit Blick auf die vom Kläger bereits unterhaltene Hauptniederlassung eines Partyausstattungsservices in Berlin bei der Betriebsstätte nach dem Förderzweck, die Wettbewerbs- und Anpassungsfähigkeit sowie die Innovationsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen im In- und Ausland zu stärken (Ziffer 1.1 der Markterschließungsrichtlinie), um eine Zweigniederlassung im Sinne des § 12 Nr. 2 AO handeln müsse, so dass eine bloße Lagerstätte mit Tresen nicht Fördergegenstand sein könne. Das ist im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstanden und wird vom Kläger auch nicht angegriffen.

a) Eine Zweigniederlassung im Sinne des § 12 Nr. 2 AO muss gegenüber der Hauptniederlassung eine gewisse Selbstständigkeit aufweisen. Wegen des Begriffs kann im Übrigen auf § 13 Handelsgesetzbuch - HGB - zurückgegriffen werden (Gersch in Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 12, Rn. 11). Danach erfordert eine Zweigniederlassung u.a. eine räumliche Selbstständigkeit, eine gewisse Dauer, eine äußere Einrichtung ähnlich einer Hauptniederlassung, also u.a. ein Geschäftslokal und ein Bankkonto sowie einen Leiter mit Befugnis zu selbstständigem Handeln in nicht ganz unwesentlichen Angelegenheiten. Keine Zweigniederlassung sind danach z.B. Empfangs- und Aushändigungsstellen, Warenlager oder Speicher (Hopt, in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Auflage 2008, § 13, Rn. 3). Das Vorbringen des Klägers im Berufungszulassungsverfahren ist nicht geeignet, den Betrieb einer Zweigniederlassung im Land Brandenburg anhand dieser Maßstäbe zu belegen. Eine Zweigniederlassung im vorbezeichneten Sinne hat er in Brandenburg nicht unterhalten. Vielmehr lässt seine eigene Darstellung darauf schließen, dass die von ihm benannte(n) brandenburgischen Betriebsstätte(n) die erforderliche organisatorische Selbstständigkeit gegenüber der Hauptniederlassung in Berlin vermissen ließen und es sich dabei vielmehr um bloße Warenlager bzw. Empfangs- und Ausgabestellen handelte, während die organisatorische Abwicklung demgegenüber nahezu ausschließlich über die Hauptniederlassung in Berlin lief.

Der Kläger trägt insoweit vor, geregelte Öffnungszeiten des Geschäftslokals und einen Festnetzanschluss der „Zweigniederlassung“ gebe es nicht. Tatsächlich sei die Betriebsstätte in Brandenburg nur dann geöffnet, wenn Gegenstände abgeholt oder zurückgebracht werden sollten. Die Kontaktaufnahme zu den Kunden seines Partyausstattungsservices finde daher auch nicht in der Betriebsstätte, sondern im Wesentlichen über die Internetseite des Unternehmens und die zentrale Rufnummer (in Berlin) statt. Die Mitarbeiter hielten sich dementsprechend auch nicht in den Betriebsräumen auf, sondern seien mit der Auslieferung oder Abholung von Partymöbeln beschäftigt. Schon dies spricht gegen das Vorliegen einer Zweigniederlassung.

Hinzu kommt, dass es nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, an den drei Standorten, an denen der Kläger nacheinander die fragliche Zweigniederlassung betrieben haben will, keine ausreichende Möglichkeit einer postalischen Zustellung gegeben hat. An den Standorten H... und S... seien Postzustellungsversuche fehlgeschlagen. Die Belege über eine Kontrolle der Betriebsstätte in G... Ende November/Anfang Dezember 2009 durch die Beklagte erweckten ausweislich der angefertigten Fotos (heruntergezogene Rollläden an den Fenstern und mit Papier abgedeckte Glastüren) nicht den Eindruck eines laufenden Geschäftsbetriebes. Dieser wirke vielmehr unzugänglich, was dadurch verstärkt werde, dass kein Klingelknopf vorhanden gewesen sei und es an einem gesonderten Briefkasten für den Partyausstatter gefehlt habe. Der Internetauftritt sei schwerpunktmäßig auf die Hauptniederlassung ausgerichtet.

b) Die vom Kläger im Berufungszulassungsverfahren hiergegen vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Sein Vortrag, an den drei behaupteten Betriebsstätten in Brandenburg hätten sich stets Möbel und Geschirr befunden, welche zur Auslieferung bereit gestanden hätten, führt nicht weiter, weil er nicht geeignet ist, die erforderliche organisatorische Verselbstständigung der Zweigniederlassung zu belegen.

Gleiches gilt für seinen Einwand, maßgebliches Kriterium für eine Betriebsstätte sei nicht das Einhalten bestimmter Öffnungszeiten, sein Unternehmen sei ein Saisonbetrieb, der starken Auslastungsschwankungen unterliege, die Mitarbeiter würden an bestimmten Zeiträumen viele Arbeitsstunden ansammeln, welche dann an umsatzschwachen Tagen wieder abgebaut würden, das erstinstanzliche Gericht habe die unternehmerischen Gegebenheiten des jungen Unternehmens des Klägers nicht hinreichend gewürdigt. Diese Argumentation überzeugt nicht. Es mag zwar zutreffen, dass die Annahme einer Zweigniederlassung nicht von bestimmten Öffnungszeiten abhängt, dies entbindet jedoch nicht von der Notwendigkeit, eine gewisse organisatorische Verselbstständigung zu belegen, die der Kläger schuldig geblieben ist.

Auch sein Einwand, er habe durch ein zu den Akten gereichtes Foto, auf dem ein Werbeplakat für seinen Betrieb an einem der drei fraglichen Standorte ersichtlich sei, das Vorhandensein einer Betriebsstätte nachgewiesen, belegt dies aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Zudem lässt dieser Vortrag eine an den Maßstäben des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO orientierte Auseinandersetzung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts vermissen, das Foto führe nicht weiter, weil das Entstehungsdatum nicht bekannt sei. Auch im Berufungszulassungsverfahren nennt er das Entstehungsdatum des Fotos nicht.

Soweit der Kläger geltend macht, er habe durch Gewerbeanmeldung nachgewiesen, im Land Brandenburg tätig zu sein und es bestehe keine Verpflichtung, einen telefonischen Festnetzanschluss an der Zweigniederlassung zu unterhalten, genügt dies ebenfalls nicht, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu wecken. Auch insoweit setzt er sich nicht hinreichend mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach er zwar eine Reihe von Unterlagen u.a. Gewerbean- und Ummeldungen sowie Gewerbemietverträge eingereicht habe, es sich dabei jedoch vielfach um nachgereichte Nachweise handele, so dass sich die Annahme aufdränge, diese seien jeweils nur situationsgebunden auf Anforderung der Beklagten zustande gekommen. Auffallend sei auch, dass die Gewerbemietverträge nur eine Bruttokaltmiete enthielten und der Gewerbemietvertrag für G... keine Angabe zur Quadratmeterzahl ausweise. Auch das lege die Vermutung nahe, dass der Kläger lediglich Lagerräume angemietet habe, die nicht für den längeren Aufenthalt von Personen vorgesehen seien.

c) Sollte der Kläger geltend machen wollen, dass sich eine büromäßige Organisation und ein selbstständiges Auftreten im Rechtsverkehr am Ort der behaupteten Zweigniederlassung mit den Gegebenheiten seines Unternehmens nicht vereinbaren lasse, dürfte das Vorhaben von vorn herein nicht förderfähig im Sinne der Markterschließungsrichtlinie gewesen und demgemäß die Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die daran anknüpfende Rückforderung aus diesem Grunde rechtmäßig sein.

d) Ernstliche Richtigkeitszweifel liegen auch nicht im Hinblick auf die vom Kläger behaupteten Verfahrensfehler vor. Der Kläger macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht habe den gesetzlich vorgesehenen Ermittlungsauftrag nicht erfüllt. Die von ihm (dem Kläger) benannten Beweismittel seien aus unzutreffenden Gründen zurückgewiesen worden. Dadurch sei es ihm verwehrt gewesen, die Nichtverletzung der Auflage nachzuweisen und insoweit der Erstattungsverpflichtung zu entgehen. Dieses unsubstanziierte Vorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Der Kläger nimmt mit diesem Vortrag Bezug auf die Beweisanträge, die er in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012 vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg gestellt hat. Diese Beweisanträge hat das Verwaltungsgericht indessen mit jeweils zutreffender Begründung abgelehnt. Die Anträge des Klägers in der mündlichen Verhandlung gingen dahin, zum einen für den Nachweis der Unterhaltung einer Betriebsstätte in G... den seinerzeitigen Vermieter als Zeugen zu vernehmen und zum anderen den betroffenen Angestellten als Zeugen darüber zu vernehmen, dass er im Sinne der Auflage zum Zuwendungsbescheid durchgängig beschäftigter Arbeitnehmer beim Kläger gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hat diese Beweisanträge abgelehnt, weil es auf die Aussage des Vermieters zum Bestehen einer Betriebsstätte in G... nicht ankomme, eine solche müsse nach außen hin erkennbar sein. Den fraglichen Angestellten des Klägers zu vernehmen hat es mit der Begründung abgelehnt, es werde keine Tatsachenfrage unter Beweis gestellt. Das Vorbringen des Klägers setzt sich hiermit nicht auseinander. Im Übrigen ergibt sich bereits aus den dargelegten Gründen, dass selbst wenn man den Vortrag des Klägers als zutreffend unterstellt, nicht angenommen werden kann, er habe im Land Brandenburg eine Betriebsstätte im Sinne der Markterschließungsrichtlinie unterhalten.

e) Auf die Frage, ob der Kläger entsprechend der Auflage in Ziffer 2.3.10 der Anlage 1 des Zuwendungsbescheides nach Beendigung des Durchführungszeitraums die Schaffung und Besetzung eines Arbeitsplatzes in der geförderten Betriebsstätte nachgewiesen und ob er die Fördermittel zweckentsprechend verwendet hat, kommt es vor dem dargelegten Hintergrund nicht (mehr) entscheidungserheblich an.

2. Die von dem Kläger behaupteten Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegen aus den unter 1.d) dargelegten Gründen nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).