Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Beitragsbescheid, Az.: …, des Antragsgegners vom 05.06.09 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.09 in Höhe von 12.669,15 € anzuordnen,
ist zulässig.
Im Hinblick auf den durch die Antragstellerin auf die Beitragsforderung beschränkten Widerspruch und ihren ebenfalls auf die Beitragsforderung beschränkten Vortrag, war der Antrag gemäß § 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahingehend auszulegen, dass sich die Antragstellerin ausschließlich gegen die Beitragsforderung wenden wollte.
Der Antragsgegner hat den gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides – als Zugangsvoraussetzung nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderlich – abgelehnt.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid liegen nicht vor.
Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte, die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind, nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO in Verbindung mit § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes in diesem Sinne sind nur gegeben, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg, wobei die Rechtmäßigkeit lediglich in einem im Vergleich zum Hauptsacheverfahren beschränkten Umfang zu prüfen ist. Dabei ist regelmäßig von der Gültigkeit der – der Abgabenerhebung zugrunde liegenden – Satzungsvorschriften auszugehen, es sei denn, sie wären offensichtlich rechtswidrig. Das Gericht hat sich auf die (überschlägige) Kontrolle der äußeren Gültigkeit dieser Normen und sich nach Aktenlage ersichtlich aufdrängender materieller Satzungsfehler sowie auf die Prüfung substantiierter Einwände des Antragstellers gegen das Satzungsrecht und die sonstigen Voraussetzungen der Abgabenerhebung zu beschränken, wobei die Prüfung der Einwendungen des Antragstellers dort ihre Grenze findet, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht (OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 23. September 1996 – 2 B 53/96 –, Beschluss vom 09. August 2000 – 2 B 147/99 – und Beschluss vom 15. April 2002 – 2 B 363/01.Z –).
Hieran gemessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheides.
Er findet seine Grundlage in der Schmutzwasserbeitragssatzung des vom Antragsgegner vertretenen Verbandes vom 19. Oktober 2005 (nachfolgend als "SBS 2005" abgekürzt), die am 01. Januar 2006 in Kraft getreten ist, in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 08. Oktober 2008. Nach den Bestimmungen dieser Satzungen erhebt der Verband u. a. Beiträge zur Deckung seines Aufwandes für die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung. Die SBS 2005 ist auch in zeitlicher Hinsicht auf die Beurteilung der Beitragspflicht des Grundstücks des Antragstellers anzuwenden. Maßgeblich ist insoweit die Beitragssatzung, die sich für den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht des zu veranlagenden Grundstücks Geltung beimisst. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) in der Fassung des „Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben“ entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Satzung. Im vorliegenden Fall konnte die sachliche Beitragspflicht danach frühestens mit dem Inkrafttreten der SBS 2005 am 01. Januar 2006 entstehen. Denn alle zuvor erlassenen Beitragssatzungen des von dem Antragsgegner vertretenen Verbandes waren nicht rechtswirksam. Dies hat die Kammer aus Anlass der Überprüfung verschiedener Beitragsbescheide in mehreren rechtskräftigen Urteilen festgestellt (vgl. z.B. das Urteil 5 K 12/03 vom 02. November 2007).
Im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist vor diesem Hintergrund die SBS 2005 als erste rechtswirksame Beitragssatzung zu behandeln; bei der gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung drängen sich der Kammer keine offensichtlichen Rechtsfehler dieser Satzung auf. Der Antragsgegner hat eine Beitragskalkulation vom 18. August 2008 vorgelegt, die als Globalberechnung unter Einbeziehung aller bevorteilten Flächen erstellt worden ist. Die Nachvollziehbarkeit dieser Kalkulation ist nicht durch substantiierte Rügen der Antragstellerin infrage gestellt worden. Soweit sich die Antragstellerin auf die vorgebliche Nichtberücksichtigung der nunmehr nachträglich herangezogenen Flächen in dieser Kalkulation beruft, vermögen diese Flächen bereits auf Grund der - im Verhältnis zur Gesamtfläche der im Verbandsgebiet zu berücksichtigenden Flächen - geringen Größe, die Kalkulation nicht in Frage zu stellen.
Die Antragstellerin hat auch die Wirksamkeit der SBS 2005 nicht konkret in Zweifel gezogen. Sie rügt mit ihrem Antrag vielmehr die Unzulässigkeit der Beitragserhebung im vorliegenden Einzelfall.
Soweit sich die Antragstellerin zur Begründung auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung beruft, verkennt sie, dass die vierjährige Festsetzungsfrist im vorliegenden Fall erst mit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht, also wie oben dargestellt erst mit dem Inkrafttreten der SBS 2005 am 1. Januar 2006 zu laufen begonnen hat. Die Frist war dementsprechend zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides im Juni 2009 noch nicht abgelaufen und Verjährung mithin nicht eingetreten.
Eine gegen das beitragsrechtliche Verbot unzulässiger Doppelveranlagung verstoßende Beitragserhebung liegt ebenfalls nicht vor. Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bereits gegenüber Dritten Beitragsbescheide erlassen wurden, da die gegenüber Dritten früher erlassenen Beitragsbescheide aufgehoben wurden. Die Heranziehung der Antragstellerin ist auch insoweit zulässig, als dass der Antragsgegner in § 6 Abs. 1 Satz 1 der anzuwendenden SBS 2005 zulässigerweise (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8, Rnr. 69) geregelt hat, dass derjenige beitragspflichtig ist, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Vorliegend wurden (Teil-)Flächen des im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücks, welches an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage angeschlossen ist und im Hinblick auf die Nutzung eine wirtschaftliche Einheit bildet, ursprünglich nicht berücksichtigt. Unstreitig ist zudem, dass die der Beitragserhebung zu Grunde liegenden Flächen bebaut bzw. bebaubar sind. Vorliegend erfolgte eine Nacherhebung von Beiträgen für (Teil-)Flächen, für die bisher noch kein Beitrag festgesetzt wurde. Die weitere Frage, ob und gegebenenfalls wie eine Nacherhebung des Beitrages, die von einer unzulässigen Doppelveranlagung zu unterscheiden ist, in Bezug auf zuvor nicht berücksichtigte (Teil-)Flächen zulässig und ggf. sogar zwingend geboten ist (so die vom Antragsgegner angeführte Rechtsprechung: OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. November 2006, 4 L 191/06, LKV 2008, 139), ist als schwierige Rechtsfrage nach dem oben aufgezeigten Prüfungsmaßstab einer Klärung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend zugänglich. Es spricht jedoch viel dafür, dass der Antragsgegner zur Nacherhebung berechtigt und verpflichtet war (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urteil vom 18. März 1988, 8 C 92/97, BVerwGE 79, 163). Denn zur gesetzmäßigen Abgabenerhebung gehört auch eine vorschriftsmäßige und vollständige Erhebung der Abgaben. Ein nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes ergangener Abgabenbescheid, der eine Abgabe zu niedrig festsetzt, enthält zudem nicht die Erklärung der Behörde, die Abgabe nicht in voller Höhe erheben zu wollen. Aus den über § 12 Abs. 1 Nr. 3b) KAG anwendbaren §§ 130, 131 Abgabenordnung (AO), soweit sie die Rücknahme (bzw. den Widerruf) von begünstigenden Verwaltungsakten einschränken, ergeben sich regelmäßig keine Einschränkungen für die Nacherhebung (vgl. zur Gebührennacherhebung: VG Cottbus, Beschluss vom 07. April 2009, 6 L 365/08, juris).
Das Bestimmtheitsgebot ist, entgegen der Ansicht der Antragstellerin, nicht verletzt. Der angegriffene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist hinreichend nachvollziehbar, § 12 Abs. 1 Nr. 3 KAG i.V.m. § 119 Abs. 1, Abs. 3 AO. Der Bescheid enthält die wesentlichen und erforderlichen Angaben über die Höhe der Beitragsforderung, die Berechnung des Beitrages, die Größe der der Berechnung zu Grunde liegenden Fläche, die veranlagende Behörde und den Beitragspflichtigen. Die beitragspflichtigen Flächen sind durch Angabe von Gemarkung, Flur- und Flurstücksnummer bezeichnet. Der Antragsgegner hat den Beitragsbescheid zudem mit Begleitschreiben vom 05. Juni 2009 erläutert. Unter Berücksichtigung der durch den Antragsgegner erstellten Karte, die Bestandteil der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ist, ist die nunmehr nachträglich und ergänzend berücksichtigte beitragspflichtige Fläche bestimmbar.
Anhaltspunkte für eine unbillige Härte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes, wobei die Kammer bei Anträgen auf Regelung der Vollziehung von Abgabenbescheiden in ständiger Praxis 1/4 der streitigen Geldleistung (hier 12.669,18 € / 4 = 3.167,29 €) zugrunde legt (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, in: NVwZ 2004, Seite 1327 ff., Ziffer 1.5).