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Entscheidung 13 UF 37/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 17.01.2013
Aktenzeichen 13 UF 37/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerden der C… Lebensversicherungs AG und des Antragsgegners werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.860,00 €.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Durch den angefochtenen, dem Antragsgegner und der C… Lebensversicherungs AG jeweils am 21. Februar 2011 zugestellten Beschluss hat das Amtsgericht in Ziffer II den Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei hat es u.a. im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei dem Versorgungsträger C… Lebensversicherungs AG (Pers.-Nr./Mitglieds-Nr. 00-0 666 920-01) zu Gunsten des Ehemannes ein Anrecht in Höhe von 8.373,71 € nach Maßgabe des Einzelvertrags, bezogen auf den 31. August 2009, übertragen. Dagegen richtet sich die am 1. März 2011eingegangene Beschwerde der C… Lebensversicherungs AG. Sie macht geltend, dass die bei ihr bestehenden Anrechte dem Versorgungsausgleich nicht unterliegen, weil insoweit eine Sicherungsabtretung in Höhe von 100.000,00 € zugunsten der Deutschen Ärzte- und Apothekerbank vorliege. Mit seiner am 22. März 2011 eingegangenen Beschwerde begehrt der Ehemann die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass wegen des nicht auszugleichenden Anrechts bei der C… Lebensversicherungs AG eine Verpflichtung der Antragstellerin zur Leistung einer zweckgebundenen Abfindung angeordnet wird. Wegen der Versäumung der Beschwerdefrist beantragt er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.

Die Beschwerden sind gemäß §§ 228, 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Dem Antragsgegner war auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 17 FamFG zu gewähren, nachdem er innerhalb der Frist von 2 Wochen (§ 18 Abs. 1 FamFG) glaubhaft gemacht hat, ohne sein Verschulden verhindert gewesen zu sein, die Beschwerdefrist zu wahren.

Nachdem sämtliche Beteiligte Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde sowie zur Absicht des Senats, ohne die gemäß § 221 Abs. 1 FamFG vorgesehene persönliche Erörterung zu entscheiden, erhalten haben, ohne dagegen Einwendungen zu erheben, konnte die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen.

III.

Die Beschwerde der C… Lebensversicherung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Das Amtsgericht hat die Anrechte der Antrag stellenden Ehefrau bei der C… Lebensversicherungs AG zu Recht in den Versorgungsausgleich einbezogen und insoweit die Übertragung im Wege der internen Teilung angeordnet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, gehören Rechte aus einer Rentenversicherung auch dann zum Vermögen des Ehegatten, wenn sie zur Besicherung einer Baufinanzierung abgetreten worden sind. Mit der Sicherungsabtretung allein habe der Ehegatte sich seiner Rechte aus der Rentenersicherung noch nicht endgültig begeben. Insbesondere hindere eine mit dem Darlehensgeber getroffene Sicherungs- und Tilgungsabrede, welche jenem im Zeitpunkt der Endfälligkeit des Darlehens eine Befriedigungsmöglichkeit durch die Ablaufleistung aus der Lebensversicherung gewähre, den Darlehensnehmer nicht, das Darlehen auf andere Art und Weise zu tilgen (BGH NJW 2011, 1671).

2. Diese für einen Versorgungsausgleich nach dem bis August 2009 geltenden materiellen Recht angestellten Erwägungen können für einen Versorgungsausgleich nach dem ab dem 1. September 2009 geltenden materiellen Recht ebenfalls Geltung beanspruchen.

a. Allerdings weist die Beschwerdeführerin zu Recht darauf hin, dass Teilungsgegenstand für die Dauer der Sicherung im Sinne des § 2 VersAusglG formal-juristisch nicht der Anspruch des Ehegatten aus der zur Sicherheit abgetretenen Versorgung, sondern der bedingte Rückübertragungsanspruch gegen den Sicherungsgeber sei (vgl. auch Kemper/Norpoth, FamRB 2011, 285 f). Die formale Rechtsposition des Zedenten infolge Sicherungsabtretung ist indessen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung auf der Grundlage des bis zum 31. August 2009 geltenden und hinsichtlich der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte mit dem neuen VersAusglG inhaltlich weitgehend übereinstimmenden Versorgungsausgleichsrechts zu Gunsten einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu Recht unberücksichtigt geblieben. Maßgeblich für die dem Verbot der Doppelverwertung dienende Abgrenzung zwischen Vermögensrechten, die dem güterrechtlichen Ausgleich (§ 2 Abs. 4 VersAusglG) unterfallen, und solchen, deren Ausgleich nach dem VersAusglG erfolgt, sind neben der Zweckbestimmung die Art der Leistung und die des Erwerbs der Rechte. Nur Anrechte, die strukturell Vorsorgecharakter haben, unterliegen dem Versorgungsausgleich und sind unabhängig vom Güterstand der Eheleute ausgleichungspflichtig. Bis zur Verwertung der Sicherheit durch den Sicherungsnehmer sind Rechte aus einem Vertrag über eine Versorgung im Sinne von § 2 Abs. 1 VersAusglG ausgehend davon wirtschaftlich dem ausgleichungspflichtigen Vermögen des Sicherungsgebers zuzuordnen.

b. Im Übrigen ist der Beschwerdeführerin zwar darin zu folgen, dass das VersAusglG gegenüber dem bis zum 31. August 2009 geltenden materiellen Recht zum Versorgungsausgleich grundlegende Änderungen beinhaltet, insbesondere der Begriff der fehlenden Ausgleichungsreife gemäß § 19 VersAusglG umfassender ist, als der der Verfallbarkeit in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB a.F. Während sich die Unverfallbarkeit nur auf Anrechte nach dem Betriebsrentengesetz bezog und danach zu beurteilen war, ob ein Anrecht bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses verloren geht, sind von § 19 Abs. 2 VersAusglG Fälle erfasst, in denen die Teilung (intern oder extern) tatsächlich oder rechtlich unmöglich bzw. unwirtschaftlich ist (Johannsen/Henrich-Holzwarth, Familienrecht, 5. Aufl., § 19 VersAusglG Rn. 2).

Dieser nicht nur begriffliche, sondern auch inhaltliche Unterschied zwischen altem und neuem Recht gebietet es indessen nicht, von einer Übertragung der in der v.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze zur Behandlung von zur Sicherheit abgetretenen Lebensversicherungen als ausgleichungspflichtiges Anrecht abzusehen. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es ausgehend von dem Grundsatz, dass wirtschaftlich nicht einem Ehegatten, sondern einem Dritten zustehende Anrechte in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind, ausschließlich um die Zuordnung von zur Sicherheit abgetretenen Rechten aus einer Rentenversicherung zum Vermögen des betreffenden Ehegatten. Diese hat der Bundesgerichtshof mit der Erwägung vorgenommen, dass sich der Ehegatte mit der Sicherungsabtretung seiner Rechte aus der Rentenversicherung noch nicht endgültig begeben habe. Mit Blick darauf, dass sich hinsichtlich des Erfordernisses der wirtschaftlichen Zugehörigkeit von Anrechten zum Vermögen des Ehegatten durch die gesetzlichen Neuregelungen eine grundlegende Änderung nicht ergeben hat, hat der Senat gegen die Heranziehung der zum früheren Recht entwickelten Grundsätze keine Bedenken. Selbst dann, wenn durch die umfassendere Regelung des § 19 VersAusglG gegenüber der bisherigen Rechtslage an die wirtschaftliche Zuordnung von Anrechten aus einer privaten Rentenversicherung zum Vermögen eines Ehegatten für deren Einbeziehung in den Versorgungsausgleich strengere Anforderungen zu stellen sind, ist eine abweichende Beurteilung nicht gerechtfertigt. Nicht einmal bei einem weiten Verständnis des § 19 VersAusglG ist es auf dessen Grundlage gerechtfertigt oder gar geboten, die zur Sicherheit abgetretenen Rechte aus der privaten Rentenversicherung der Antragstellerin von den auszugleichenden Anrechten auszunehmen. Es liegt keiner der in § 19 Abs. 2 VersAusglG genannten Fallgruppen, insbesondere weder tatsächliche noch rechtliche Unmöglichkeit oder Unwirtschaftlichkeit der Teilung des Anrechts bei der C… Lebensversicherungs AG vor. Schon von der Zielsetzung der Vorschrift lässt sich die fehlende Ausgleichsreife der zur Sicherheit abgetretenen Lebensversicherung nicht auf § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG stützen. Ausgleichungsreife fehlt danach bei einem dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigten Anrecht. Durch die Regelung wird die Einbeziehung von Anrechten in den Wertausgleich vermieden, die sich später u.a. aufgrund individualvertraglicher Regelungen (Verfallklauseln, Widerrufsrechte, Bedingungen) nicht oder nicht in dieser Höhe verwirklichen (Johannsen/Henrich-Holzwarth, a.a.O., § 19 Rn. 5). Im Verhältnis zum Versorgungsträger, der Beschwerde führenden C… Lebensversicherungs AG ist von solchen, die mangelnde Verfestigung ausschließenden vertraglichen Regelungen nicht auszugehen. Dies ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Soweit das OLG Schleswig für seine gegenteilige Auffassung (Beschluss vom 16.04.2012, 10 UF 322/11, BeckRS 2012, 13626) in diesem Zusammenhang für die Annahme unzureichender Verfestigung eines zur Sicherheit abgetretenen Rechts darauf abstellt, dass der Ausgleichungsberechtigte von der Vertragstreue des Ausgleichungspflichtigen abhängig ist, ist nicht anzunehmen, dass dieser Fall von § 19 VersAusglG erfasst sein soll. Auf der Grundlage des bisherigen Rechts stand die nie auszuschließende Möglichkeit, dass die Anwartschaften aus einer Versorgung aus einem besonderen, im Verhalten des Berechtigten liegenden wichtigen Grund noch entfallen oder geschmälert werden, der Annahme einer Unverfallbarkeit nicht entgegen (BGH FamRZ 1986, 341). Dass und gegebenenfalls aus welchem Grund dies unter der Geltung der Neuregelung anders zu beurteilen sein sollte, ist nicht ersichtlich.

Ein Fall der Nrn. 2 bis 4 liegt ersichtlich nicht vor.

c. Nach vorstehenden Überlegungen könnte dem Ausgleich des zur Sicherheit abgetretenen Anrechts aus der privaten Lebensversicherung mithin allenfalls noch die von der Beschwerdeführerin angesprochene Beeinträchtigung der Rechtsposition des Sicherungsnehmers (nachfolgend aa.) bzw. die Systemwidrigkeit des Ausgleichs eines belasteten Rechts nach dem neuen VersAusglG (nachfolgend bb.) entgegen stehen.

aa. Nach der Rechtsprechung des OLG Nürnberg (NJW 2012, 1012 ff) und des OLG Saarbrücken (NJW 2012, 1221 f) führt der Ausgleich eines zur Sicherheit abgetretenen Anrechts nicht zu einer Beeinträchtigung der Rechtsposition des Sicherungsnehmers. Zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten ist das mit der Sicherheitsabrede belastete Anrecht im Wege der internen Teilung auf diesen zu übertragen. So wird der Bestand der Sicherungsabrede nicht berührt und den Regelungen der §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1, Abs. 2 VersAusglG zur internen Teilung und den daran gestellten Anforderungen Rechnung getragen. Danach ist dafür Sorge zu tragen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte ein der auszugleichenden Versorgung gleichwertiges, selbständiges Anrecht nach den für das auszugleichende Anrecht geltenden Regeln erhält. Mit Übertragung des belasteten Anrechts zu Gunsten des ausgleichungsberechtigten Ehegatten erlangt er ein im Verhältnis zum ausgleichspflichtigen Ehegatten gleichwertiges Anrecht. Dieses ist auch i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VersAusglG eigenständig, weil nicht an die Person des Ausgleichspflichtigen (vgl. MüKo-Gräper, BGB, 5. Aufl., § 33 VersAusglG Rn. 7), etwa an dessen Überleben, sondern an dessen Loyalität gebunden.

bb. Letztlich gebieten die gegenüber dem früheren Recht abweichenden Grundsätze zur Durchführung der Teilung – Ausgleich bezogen auf jedes einzelne Anrecht – eine gegenüber der Rechtsprechung zum früheren Recht abweichende Behandlung von zur Sicherheit abgetretenen Anrechten aus der privaten Lebensversicherung nicht. Zwar bezeichnet das OLG Schleswig (BeckRS 2012, 13626) die Begründung eines durch Sicherungsrechte belasteten Anrechts wegen der Abhängigkeit des Berechtigten von der Loyalität des Pflichtigen als unvereinbar mit dem Erfordernis, zugunsten des Berechtigten ein unabhängiges versorgungsrechtliches Verhältnis zwischen diesem und dem Versorgungsträger zu begründen (§ 11 Abs. 1 S. 2 VersAusglG). Dem folgt der Senat allerdings nicht. Das Angewiesensein des Ausgleichsberechtigten auf die Loyalität des Pflichtigen stand – wie bereits festgestellt – der Durchführung des Versorgungsausgleichs von vom Verhalten des Pflichtigen abhängigen Anwartschaften nach bisherigem Recht nicht entgegen. Dass mit der gesetzlichen Neuregelung in diesem Punkt eine Änderung beabsichtigt war, ist nicht ersichtlich. Dem mit Übertragung eines mit der Sicherungsabrede belasteten Anrechts verbundenen Risiko illoyalen Verhaltens des ausgleichspflichtigen Ehegatten kann durch Verweisung des Anrechts in mögliche andere Ausgleichsformen, etwa dem Wertausgleich nach der Scheidung (OLG Schleswig, ebd.), jedenfalls nicht begegnet werden.

IV.

Ausgehend von den Feststellungen zu III. ist dem Antrag des Antragsgegners auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, dass ihm wegen der Anrechte der Antragstellerin aus der Rentenversicherung bei der C… Lebensversicherung AG eine Abfindung zu leisten sei, unabhängig davon, ob seine Beschwerde als Anschlussbeschwerde zu behandeln ist oder nicht, ebenfalls unbegründet.

V.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 150 Abs. 5, 81 Abs. 1 FamFG.

VI.

Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Einbeziehung von zur Sicherheit abgetretenen Anrechten in den Versorgungsausgleich nach dem VersAusglG zugelassen, § 70 Abs. 2 FamFG.