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Altersvorsorgezulage 2005 bis 2008


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 08.05.2014
Aktenzeichen 10 K 14253/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Der ledige Kläger ist angestellter Rechtsanwalt und hat für den streitgegenständlichen Zeitraum als Mitglied der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung von der Befreiungsmöglichkeit des § 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VI- Gebrauch gemacht. Seit 2005 verfügt er über einen nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz -AltZertG- zertifizierten Altersvorsorgevertrag, auf den er in den Streitjahren die jeweils für die Gewährung der Höchstzulage notwendigen Eigenbeiträge (§§ 82, 86 Einkommensteuergesetz -EStG-) einzahlte. Er hat drei Töchter, die 2006, 2008 und 2009 geboren sind. Das Kindergeld wird seit Februar 2007 an ihn ausgezahlt. Die vom ihm beantragten und auf seinen Altersvorsorgevertrag zunächst auch ausgezahlten Altersvorsorgezulagen für die Jahre 2005 bis 2008 ließ die Beklagte im Rahmen der Überprüfung der Zulageberechtigung zurückbuchen, weshalb der Kläger jeweils fristgerecht die förmliche Festsetzung der Altersvorsorgezulage für die Streitjahre beantragte (§ 90 Abs. 4 EStG).

Die Beklagte lehnte die Gewährung der Altersvorsorgezulage für die Beitragsjahre 2005 und 2006 mit Bescheiden vom 26. März 2012 und für Beitragsjahre 2007 und 2008 mit Bescheiden vom 14. Dezember 2012 ab. Sie bestätigte diese Entscheidungen auf die fristgerecht eingelegten Einsprüche des Klägers hin mit Einspruchsentscheidungen vom 14. August 2012 (Beitragsjahre 2005 und 2006) und 25. Juni 2013 (Beitragsjahre 2007 und 2008).

Sie begründete die Verweigerung der Altersvorsorgezulage mit dem Umstand, dass der Kläger nicht zu dem in §§ 79, 10a EStG genannten anspruchsberechtigten Personenkreis zähle.

Gegen die Einspruchsentscheidung vom 14. August 2012 wehrt sich der Kläger fristgerecht mit seiner Klage, die er - mit Zustimmung der Beklagten - fristgerecht auf die Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2013 erweitert hat.

Er vertritt die Auffassung, die gesetzgeberische Festlegung des förderberechtigten Personenkreises in §§ 79, 10a EStG sei wegen des Ausschlusses der Mitglieder berufsständischer Rentenversicherungen von einer unmittelbaren Zulageberechtigung verfassungswidrig. Die Nichtberücksichtigung von Angestellten, die in eine berufsständische Rentenversicherung einzahlten, sei diskriminierend, weil sie durch keinen erkennbaren sachlichen Grund gerechtfertigt sei. Der Gleichheitssatz gebiete, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Ein gesetzlich Rentenversicherter habe anders als ein Selbständiger nicht die Wahl, in welcher Höhe und wie er sich rentenversichere. Er selbst müsse als angestellter Rechtsanwalt ebenso wie die Beitragszahler der Deutschen Rentenversicherung Bund einen festen Prozentsatz seines Gehaltes als Rentenbeitrag leisten. Die Riester-Förderung beruhe auf der rückläufigen Entwicklung der gesetzlichen Rente. Dies gelte jedoch auch für die Leistungen berufsständischer Versorgungssysteme, die auf die demografische Entwicklung ebenfalls mit Heraufsetzungen des Renteneintrittsalters sowie verringerten Leistungen reagierten. Daher sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Gesetzgeber die in berufsständische Versorgungswerke einzahlenden Pflichtversicherten von der Förderung ausschließe. Sogar Beamte kämen in den Genuss der Riester-Förderung, obgleich sie sich die geringsten Sorgen um ihre Altersversorgung machen müssten. Der für eine Vermeidung von Versorgungslücken geschaffene Ausgleich durch Zulagen und Steuervorteile dürfe nicht nur bestimmten Personengruppen gewährt werden, obgleich andere Gruppen von Pflichtversicherten hiervon gleichermaßen betroffen seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Gewährung der Altersvorsorgezulage für die Beitragsjahre 2005 bis 2008 (2005 eine Grundzulage, 2006 und 2007 eine Grundzulage und eine Kinderzulage; 2008 eine Grundzulage und zwei Kinderzulagen) unter Aufhebung der entsprechenden Ablehnungsbescheide vom 26. März 2012 und 14. Dezember 2012 sowie der diese Bescheide bestätigenden Einspruchsentscheidungen vom 14. August 2012 und vom 25. Juni 2013.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihren Einspruchsentscheidungen fest.

Der Kläger leiste seine Rentenbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk anstatt an die Deutsche Rentenversicherung Bund. Damit seien Vor-, aber eben auch Nachteile verbunden.

Die in der Deutschen Rentenversicherung Bund Versicherten wie auch Besoldungsempfänger erlitten aufgrund der seit 2002 laufenden Reformen der staatlichen Alterssicherungssysteme von Gesetzes wegen Einbußen bei ihrer Altersversorgung, für die der Gesetzgeber mit der Förderung einer kapitalgedeckten Zusatzversorgung einen Ausgleich geschaffen habe. Solche gesetzlichen Beschneidungen gäbe es für die Angehörigen berufsständischer Versorgungswerke nicht. Die Versorgungswerke arbeiteten nicht mit umlagefinanzierten, sondern mit kapitalgedeckten Systemen, weshalb der Gesetzgeber in diesem Bereich keinen Anlass für die Förderung einer kapitalgedeckten Zusatzversorgung gesehen habe.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Der Anregung des Beklagten, das Verfahren im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren X R 11/13 ruhend zu stellen, hat sich der Kläger nicht angeschlossen.

Entscheidungsgründe

1. Der Senat konnte angesichts des übereinstimmenden Verzichts der Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne eine solche entscheiden (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

2. Die Klage ist zulässig. Die Zulässigkeit der nachträglichen Klagehäufung beruht dabei auf § 67 FGO.

3. Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die in den angefochtenen Bescheiden enthaltene Ablehnungsentscheidung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 FGO). Der in den Streitjahren ledige und daher unstreitig nicht mittelbar zulageberechtigte Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Altersvorsorgezulage als unmittelbar Zulageberechtigter, da er für die Jahre 2005 bis 2008 die im Gesetz genannten Fördervoraussetzungen für eine unmittelbare Zulageberechtigung nicht erfüllt.

a) Gemäß § 79 Satz 1 EStG haben nur die in § 10a Abs. 1 EStG genannten Personen einen unmittelbaren Anspruch auf Altersvorsorgezulage. Der Kläger erfüllt die in § 10a Abs. 1 EStG genannten Voraussetzungen für die Beitragsjahre 2005 bis 2008 nicht. Er hat sich für die streitgegenständlichen Beitragsjahre gemäß § 6 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen. Dergestalt befreite Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen sind in § 10a EStG nicht als Begünstigte genannt. Es handelt sich bei ihnen insbesondere nicht um „in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte“, da diese Formulierung nicht auf pflichtversicherte Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke abzielt [vgl. ausdrücklich Bundestags-Drucksache -BT-Drs.- 14/5150, 35; BFH, Urteil vom 21. Juli 2009 X R 33/07, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2009, 995; ausführlich ferner FG München, Urteil vom 05. März 2012 7 K 2772/09, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst -DstRE- 2014, 270, nicht rechtskräftig im Hinblick auf die durch den BFH zugelassene Revision X R 11/13; gl.A auch Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 10a EStG Anm. 6 (Dokumentstand 246. Ergänzungslieferung Mai 2011); Weber-Grellet in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 33. Auflage 2014, § 10a EStG Rz. 11].

b) Das Gericht hegt keine verfassungsrechtlichen Zweifel am Ausschluss von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiter Pflichtmitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der unmittelbaren Zulageberechtigung nach §§ 79, 10a EStG. Es schließt sich insofern der ausführlichen und zutreffenden Begründung des oben genannten Urteils des FG München vom 05. März 2012 an. Die Gegenauffassung hebt zwar ebenso wie der Kläger zutreffend hervor, dass der demografische Wandel Versorgungswerke ebenfalls berühre (Herrmann, Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht -NWB- 2014, 748). Der in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes -GG- enthaltene allgemeine Gleichheitssatz gebietet jedoch lediglich, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Nur ein nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigter gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss der Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke wäre danach verfassungswidrig. Der eine Ungleichbehandlung rechtfertigende hinreichende sachliche Grund dafür, diese Personengruppe nicht in die Begünstigung nach §§ 79, 10a EStG zur Förderung einer zusätzlichen freiwilligen kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge einzubeziehen, ist jedoch darin begründet, dass berufsständische Versorgungseinrichtungen bereits nach dem Kapitaldeckungsverfahren organisiert sind und ihre Mitglieder von den gesetzlichen Eingriffen in die umlage- und steuerfinanzierten staatlichen Altersversorgungssysteme [Absenkung der Versorgungsleistungen aufgrund des Altersvermögensergänzungsgesetzes -AvmEG- vom 26. März 2001 (BGBl. I 2001, 403), des Altersvermögensgesetzes -AVmG- vom 26. Juni 2001 (BGBl. I 2001, 1310) bzw. des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt -BGBl.- I 2001, 3926)] nicht in vergleichbarem Umfang betroffen sind. Das Bundesverfassungsgericht sieht dies als einen hinreichenden sachlichen Grund an, der die Befugnis des Gesetzgebers begründet, diese Personengruppe im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsermessens nicht in die Begünstigung einer zusätzlichen freiwilligen privaten Altersvorsorge nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG einzubeziehen (BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2002 2 BvR 367/02, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 2003, 409 und Beschluss vom 2. Juni 2003 2 BvR 592/03, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport -NVwZ-RR- 2003, 671).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO und erfolgte insbesondere im Hinblick auf das unter dem Aktenzeichen X R 11/13 anhängige Revisionsverfahren.