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Entscheidung 9 WF 289/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 10.12.2020
Aktenzeichen 9 WF 289/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:1210.9WF289.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 09.11.2020, gerichtet gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 29.10.2020, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

3. Der Beschwerdewert beträgt bis zu 500 €.

Gründe

Die gemäß §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 ff. ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt ohne Erfolg, sie ist unbegründet. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld im Umfange von 500 € (bzw. ersatzweise Ordnungshaft) auferlegt, § 89 Abs. 1 FamFG. Die Antragsgegnerin hat nicht ausreichend dargetan, dass es ohne ihr Verschulden zum Ausfall des titulierten Umgangs gekommen ist.

1.

Zwar hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich dargetan, aufgrund welcher konkret ausgefallenen Umgänge die entsprechende Festlegung des Ordnungsmittels erfolgt. Soweit das Amtsgericht in den Gründen ausgeführt hat, dass der Umgang gemäß der bestehenden Umgangsregelung teilweise nicht gewährt wurde, lässt dies offen, welche konkret ausgefallenen Termine hiervon betroffen sind. Dies ist gerade angesichts dessen, dass der Antragsteller mittlerweile eine Vielzahl von Vollstreckungsanträgen für (weitere) ausgefallene Umgangstermine gestellt hat, problematisch.

Aufgrund des dem angefochtenen Beschluss vorangegangenen Schriftverkehrs und insbesondere auch angesichts der persönlichen Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 26.10.2020 (Beiakte) ist aber erkennbar, dass es hier um den – unstreitig – ausgefallenen Umgang an folgenden drei Terminen geht:

 - … .08.2020

 - … .09.2020

 - … .10.2020.

2.

Das Erfordernis einer schuldhaften Verletzung der Verpflichtung des betreuenden Elternteils zur Förderung des Umgangs des Kindes mit dem anderen Elternteil folgt aus dem in § 89 Abs. 4 FamFG vorgesehenen Entlastungsbeweis. Danach unterbleibt die Festsetzung des Ordnungsmittels, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Damit korrespondiert die Verpflichtung des betreuenden Elternteils zur Darlegung der Umstände, die den Grund für das Scheitern der Umgangskontakte darstellen (BGH FamRZ 2012, 533).

Seine innere Rechtfertigung findet dieser rechtliche Ansatz in der korrespondierenden materiell-rechtlichen Wohlverhaltensklausel des § 1684 Abs. 2 BGB und dem Umstand, dass sich die Gründe, die zum Scheitern der Umgangskontakte geführt haben, regelmäßig im Wahrnehmungsbereich des Elternteils ereignen, bei dem sich das Kind aufhält. Nach § 1684 Abs. 2 BGB sind die Eltern zum wechselseitigen loyalem Verhalten bei der Verwirklichung des Umgangsrechts verpflichtet; dem Elternteil, bei dem das Kind seinen regelmäßigen Aufenthalt hat, obliegt es, auf das Kind erzieherisch einzuwirken, damit der persönliche Umgang nicht als belastend empfunden wird, gegebenenfalls psychische Widerstände gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abgebaut werden und eine positive Einstellung des Kindes zur Durchführung des Umgangs mit dem anderen Elternteil gewonnen wird; der betreuende Elternteil hat Kontakte zum anderen Elternteil nicht nur zuzulassen, sondern auch positiv zu fördern, um dem Kind mögliche Loyalitätskonflikte zu ersparen (OLG Hamburg FamRZ 2018, 599).

Der betreuende Elternteil kann sich daher der Sanktion des § 89 FamFG im Fall des Scheiterns eines Umgangskontaktes grundsätzlich nur durch detaillierte Darlegungen der Gründe entziehen, warum es nicht zur Befolgung der Umgangsregelung gekommen ist. Dazu gehört in der Regel auch die Schilderung der Maßnahmen, die unternommen worden sind, um auf das Kind positiv einzuwirken und dessen entgegenstehenden Widerstand zu überwinden (OLG Hamburg FamRZ 2018, 599 OLG Köln FamRZ 2015, 151; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1698).

3.

Gemessen an diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin aber weder sogleich noch nachträglich (vgl. § 89 Abs. 4 S. 2 FamFG) Gründe vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass sie den ausgefallenen Umgang zu den benannten drei Terminen nicht vertreten muss.

a.

Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin dem Kind gegenüber nicht mit dem erforderlichen Nachdruck die Notwendigkeit der Wahrnehmung der begleiteten Umgänge vermittelt hat. Aussagen wie die Richterin das entschieden hätte bzw. dass die Richterin gesagt habe, dass es wichtig sei und es nicht lange dauern werde (Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 26.10.2020, Bl. 47 f. Beiakte) bringen auch für das noch junge Kind deutlich zum Ausdruck, dass die Antragsgegnerin den begleiteten Umgang innerlich ablehnt und sich zu seiner Einhaltung allein aufgrund äußeren Zwanges veranlasst sieht. Vergleichbares gilt für die Bemerkung, dass wir ganz viel Geld bezahlen müssen, wenn das nicht klappt usw. solche Bemerkungen zeigen dem Kind lediglich Nachteile bei der Nichtwahrnehmung der begleiteten Umgänge auf, nicht aber, dass der Umgang selbst von der Kindesmutter erwünscht und von ihrer inneren Überzeugung getragen wird. Hierdurch konterkariert die Antragsgegnerin die auch sie selbst bindende richterliche Entscheidung.

b.

Insoweit hilft es der Antragsgegnerin auch nicht zum Erfolg, wenn sie darauf hinweist, dass auch die Umgangsbegleiterinnen es nicht geschafft hätten, das Kind zur Übergabe zu bewegen.

Es entspricht der eigenen Aufgabe des obhutsberechtigten Elternteils, den Umgang sicherzustellen und das Kind entsprechend zu überzeugen. Der Hinweis auf gescheiterte Bemühungen übriger Verfahrensbeteiligter entlastet den Elternteil nicht von der eigenen Verpflichtung der Sicherstellung des Umgangs (vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2017, 1580).

All dies gilt erst recht unter dem Hintergrund, dass die neutralen Verfahrensbeteiligten hinsichtlich der stattgefundenen Umgänge erläutert haben, dass diese durchaus positiv verlaufen seien.

c.

Zuletzt entlastet es die Antragsgegnerin nicht, dass mittlerweile eine deutliche Verfestigung der Weigerungshaltung des Kindes bis hin zu suizidalen Gedanken bestehen mag. Denn eine solche Verfestigung des Kindeswillens ist ein stetiger Prozess, der eben auch durch eine innere, dem Kind erkenntlich gewordene Weigerungshaltung seines obhutsberechtigten Elternteils hervorgerufen wird.

Sollten die entsprechenden Darlegungen der Antragsgegnerin zum Vorfall am 30.10.2020 (Bl. 79) zutreffen, dürfte zwar ein Vertretenmüssen der Antragsgegnerin i.S.d. § 89 Abs. 4 FamFG nicht mehr vermutet werden können. Denn es dürfen keine übertriebenen Anforderungen an den betreuenden Elternteil gestellt werden, die bestehende Umgangsregelung durchzusetzen (Hammer in: Prütting/Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 89 FamFG Rn. 40 m.w.N.). Gleichsam darf bei einer Gefährdung des Kindeswohls kein Zwang angeordnet werden (OLG Frankfurt FamRZ 2013, 475; Krekeler FuR 2017, 240, 243).

Auswirkung auf die hiesige Entscheidung betreffenden der zuvor ausgefallenen Umgangstermine, bei denen sich die Antragsgegnerin nicht entlasten konnte, hat dies jedoch nicht zur Folge.

Im Zusammenhang damit ist es allerdings auch wenig hilfreich, wenn der Antragsteller – zumal in zunehmend aggressiver Weise – die Antragsgegnerin mit Ordnungsmittelanträgen überhäuft. Vielmehr ist es auch seine Aufgabe aufgrund des noch bestehenden gemeinsamen Sorgerechtes, solchen möglicherweise bestehenden Gefahren für das kindliche Wohl sorgsam und überlegt entgegenzutreten und die hier bereits stark belastete Beziehung der Elternteile nicht noch zusätzlich zu belasten.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG.