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Entscheidung 5 T 99/12


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 5. Zivilkammer Entscheidungsdatum 23.02.2012
Aktenzeichen 5 T 99/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. vom 23.01.2012 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 12.01.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 85.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin aus einer in Abteilung III eingetragenen Buchgrundschuld (Bl. 42, 552 f. d.A.). Das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – hat mit Beschluss vom 25.04.2005 (Bl. 7 d.A.) die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet. Am 24.05.2011 fand ein Versteigerungstermin (Bl. 831 ff. d.A.) statt, in dem die ... GmbH mit 85.000,- € das Meistgebot abgab. Die zuständige Rechtspflegerin hat über den Zuschlag nicht sogleich entschieden, da ein Anträge der Schuldnerin und des Beschwerdeführers auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung vom 06.05. und 07.05.2011 (Bl. 783 ff., 791 ff. d.A.) vorlagen. Am 06.09.2011 ging ein Antrag des Beschwerdeführers auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ein (Bl. 937 ff. d.A.). Mit Beschluss vom 12.01.2012 (Bl. 990 ff. d.A.) wies die Rechtspflegerin die Anträge vom 06. und 07.05.2011 und vom 05.09.2011 zurück und erteilte der Meistbietenden aus dem Versteigerungstermin am 24.05.2011 den Zuschlag. Gegen den ihm am 17.01.2012 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer im eigenem Namen und im Namen der Schuldnerin mit Schreiben vom 23.01.2012 (Bl. 1012 ff. d.A.), beim Landgericht eingegangen am 26.01.2012, sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 15.02.2012 (Bl. 1038 d.A.) half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Landgericht zur Entscheidung vor.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 96 ff. ZVG, 567 ff. ZPO zulässig, soweit der Beschwerdeführer diese in eigenem Namen eingelegt hat.

Für die Schuldnerin hat er eine wirksame Beschwerde nicht einlegen können. Der Beschwerdeführer ist zur Vertretung der Schuldnerin nicht bevollmächtigt. Er beruft sich insoweit auf eine im Jahr 2001 erteilte Generalvollmacht (Bl. 1016 d.A.). Die Schuldnerin hat diese Vollmacht jedoch, ebenso wie die ausdrücklich für das Zwangsversteigerungsverfahren am 06.05.2005 erteilte Vollmacht (Bl. 14 d.A.) ausdrücklich widerrufen. Dies geschah zum einen durch Erklärung gegenüber dem Beschwerdeführer vom 20.11.2011 (Bl. 1003 d.A.) und auch durch ausdrückliche Erklärung gegenüber dem Gericht vom 12.01.2012 (Bl. 1002 d.A.). Die Schuldnerin will vom Beschwerdeführer in dem Verfahren nicht mehr vertreten werden. Seine Erklärungen sind ihr daher nicht zuzurechnen.

Dem steht nicht entgegen, dass die Vollmacht vom 15.04.2001 nach ihrem Wortlaut unwiderruflich erteilt ist. Der Widerruf der Vollmacht ist grundsätzlich jederzeit zulässig. Der Vollmachtgeber kann nicht einseitig auf den Widerruf der Vollmacht verzichten. Unwirksam ist der Ausschluss der Widerrufsmöglichkeit insbesondere bei der Generalvollmacht, auf die der Beschwerdeführer sich hier beruft (Palandt, BGB, 70. Aufl., § 168, Rnr. 5, 6). Das Recht des Vollmachtgebers, sich jederzeit von einer derart umfassenden Übertragung der Handlungsbefugnis in seinem Namen auf einen Dritten wieder zu lösen, kann nicht wirksam eingeschränkt werden. Dies gilt insbesondere, wenn die Vollmacht – wie hier – ausschließlich im Interesse der Vollmachtgeberin erteilt ist.

Soweit durch die Einlegung der Beschwerde im Namen der Schuldnerin Kosten entstanden sind, hat der Beschwerdeführer als Veranlasser diese Kosten zu tragen.

Die in eigenem Namen erhobene Beschwerde ist unbegründet. Die Beschwerde gegen den Zuschlagbeschluss kann gemäß § 100 ZVG nur darauf gestützt werden, dass eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85 a verletzt sind oder dass der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist. Die Kammer hat das Versteigerungsverfahren insgesamt auf Rechtsfehler überprüft. Gründe gemäß § 100 ZVG, den Zuschlag zu versagen, liegen nicht vor.

Insbesondere rügt der Beschwerdeführer zu Unrecht, dass ein zulässiges Meistgebot für die ... GmbH nicht abgegeben worden sei. Durch Vorlage einer entsprechenden notariell beglaubigten Vollmacht (Bl. 841 ff. d.A.) hat Rechtsanwalt F... nachgewiesen, für die Meistbietende handeln zu können. Ob der Rechtsanwalt damit seine gegenüber der Gläubigerin bestehenden Treuepflichten verletzt hat – wie der Beschwerdeführer vermutet – hat auf die Wirksamkeit seines Gebotes keinen Einfluss. Mögliche Verstöße gegen im Innenverhältnis gegenüber dem Vertretenen oder gegenüber einem Dritten bestehende Vertragspflichten beeinflussen die Wirksamkeit der Erklärung im Außenverhältnis gegenüber dem Empfänger der Erklärung, also auch gegenüber dem Vollstreckungsgericht, nicht (Palandt, a.a.O., § 164 Rnr. 13). Maßgeblich für die Wirksamkeit der Stellvertretung ist allein der Umfang der im Rechtsverkehr eingeräumten Vertretungsbefugnis, also das rechtliche Können. Der vorgelegten Vollmacht ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass Rechtsanwalt F... die Meistbietende in dem Versteigerungsverfahren vertreten konnte.

Die sonstigen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen ebenfalls vor. Die die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubigerin ist als Gläubiger der Grundschuld in Abteilung III des Grundbuchs eingetragen. Der Gläubigerin wurde zudem eine vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde erteilt und diese wurde der Schuldnerin, zu Händen des Treuhänders in dem Insolvenzverfahren über ihr Vermögen, zugestellt. Der im Grundbuch eingetragene Versteigerungsvermerk hat nicht den die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger zu benennen.

Dem Amtsgericht ist ferner darin zuzustimmen, dass die Zwangsvollstreckung nicht einstweilen einzustellen war. Die Voraussetzungen einer Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 765 a ZPO lagen nicht vor. Dies käme nur in Betracht, wenn die Zwangsversteigerung unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutete, die mit den guten Sitten nicht vereinbar sind. Davon ist nicht auszugehen. Ohne Zweifel bedeutet die Aufgabe der Wohnung für jeden Schuldner eine Härte. Seine Vermögensverhältnisse sind zudem regelmäßig eingeschränkt, was die mit einem Umzug verbundenen finanziellen Belastungen besonders spürbar macht. Die Schuldnerin hatte indes seit Mai des Jahres 2011, als sie diese Umstände gegenüber dem Vollstreckungsgericht geltend machte, ausreichend Gelegenheit, die notwendigen Schritte zur Realisierung eines Umzugs – gegebenenfalls mit Unterstützung der Sozialbehörden - in die Wege zu leiten. Bei Erteilung des Zuschlags im Januar des Jahres 2012 waren 8 Monate verstrichen, was es unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers nicht mehr gerechtfertigt erscheinen ließ, die Zwangsvollstreckung erneut einzustellen.

Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass ihm ein Recht i.S. des § 771 ZPO zustehe, gilt nichts anderes. Ob solche Rechte bestehen oder nicht, ist nicht im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens durch das Vollstreckungsgericht, sondern in einem Rechtsstreit vor dem Prozessgericht zu klären. Der Beschwerdeführer hatte ausreichend Gelegenheit, seine Ansprüche in einem solchen Klageverfahren zu klären und vor dem Prozessgericht gegebenenfalls die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu beantragen. Die Rechtspflegerin war nicht verpflichtet, ihn auf diese Möglichkeit ausdrücklich hinzuweisen und ihm eine Frist zur Klageerhebung einzuräumen. Angesichts der seit Beginn des Versteigerungsverfahrens verstrichenen Zeit und der Untätigkeit des Beschwerdeführers überwogen die Interessen des Gläubigers nunmehr derart, dass eine Einstellung des Verfahrens wegen etwaiger nach § 771 ZPO zu berücksichtigender Rechte des Beschwerdeführers nicht mehr in Betracht kam. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht, eine entsprechende Klage nunmehr eingereicht zu haben.

Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert ist gemäß §§ 47 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 2 S. 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags zu bestimmen, der dem Meistgebot entspricht (BGH WM 2012, 272).

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht vorliegen.