Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 06.07.2011 | |
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Aktenzeichen | 5 Wx 67/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts Lübben – Grundbuchamt – vom 12. Mai 2010 – Gz. R… Blatt 20136-8 – aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, den Antrag vom 17. März 2010 nicht aus den Gründen der aufgehobenen Entscheidung zurückzuweisen.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 286,50 €
I.
Eingetragene Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ist, ohne Angabe ihrer Gesellschafter, die Beteiligte zu 3, die F… GbR in B…. Die Eintragung erfolgte am 15. Mai 2009 aufgrund der in der notariellen Urkunde vom 23. Januar 2007 (Urkundenrolle Nr. 0110/2007 der Notarin … mit Amtssitz in L…) erklärten Auflassung. Nachdem der Antrag auf Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 3 zunächst mit Beschluss vom 11. November 2008 zurückgewiesen worden war, legte die Beteiligte zu 3 mit Schreiben vom 12. Mai 2009 einen notariell beglaubigten Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2004 vor, aus dem sich ergibt, dass die Gesellschafter R… und M… Z… jeweils zur Hälfte an der Gesellschaft beteiligt sind, woraufhin der Eigentumswechsel im Grundbuch eingetragen wurde.
Mit notariell beglaubigter Urkunde vom 8. März 2010 bewilligte die Beteiligte zu 3, vertreten durch ihre Gesellschafter R… Z… und M… Z… zugunsten der Beteiligten zu 1 und 2 als Gesamtberechtigte eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, wonach diese berechtigt sind, in einem Grundstücksstreifen von 10 m Breite eine Ferngasleitung mit Kabeln und Zubehör unterirdisch zu verlegen, zu betreiben, dauerhaft zu belassen und die Grundstücke zum Zwecke des Baues, des Betriebes und der Unterhaltung der Anlage zu nutzen.
Weiter erklären R… und M… Z… in der Bewilligungsurkunde, dass sie als einzige Gesellschafter der Beteiligten zu 3 handeln und sich an dem Gesellschafterbestand nichts geändert hat.
Mit Beschluss vom 12. Mai 2010 wies das Grundbuchamt den Antrag vom 17. März 2010 auf Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zurück und führte zur Begründung aus, der grundbuchmäßige Vollzug einer Verfügung einer GbR setze die Eintragung des aktuellen Gesellschafterbestandes voraus, dies könne nach der geltenden Rechtslage aber nicht mehr erreicht werden.
Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1 und 2 mit ihrer Beschwerde vom 17. Juni 2011 und führen zur Begründung aus, nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28. April 2011 (Az. V ZB 194/10) reiche es für eine Eintragung aus, wenn die GbR und ihre Gesellschafter in der notariellen Urkunde benannt seien und die für die GbR Handelnden erklärten, deren alleinige Gesellschafter zu sein.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit weiterem Beschluss vom 22. Juni 2011 nicht abgeholfen; eine Abhilfeentscheidung sei mit Rücksicht auf die entgegenstehenden Entscheidungen des OLG München vom 27. April 2010 (Az. 34 Wx 32/10) sowie des OLG Köln vom 20. Dezember 2010 (Az. 2 Wx 118/10) trotz der Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht veranlasst.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten, über die gemäß § 72 GBO, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist zulässig (§§ 71, 73 GBO).
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Das Grundbuchamt durfte den Antrag auf Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht wegen eines fehlenden Nachweises des Bestehens, des aktuellen Gesellschafterbestandes sowie der Identität mit der bereits bestehenden GbR zurückweisen.
1.
Wie der erkennende Senat bereits seit seinem Beschluss vom 7. Oktober 2010 (u. a. NotBZ 2010, 459 ff. = NJW-RR 2011, 166 ff.) in ständiger Rechtsprechung entscheidet, kann der Nachweis des Bestehens, des aktuellen Gesellschafterbestandes sowie der Identität der erwerbenden mit der bereits bestehenden GbR in der Form des § 29 GBO in der Weise geführt werden, dass die für die GbR bei der Beurkundung Handelnden in der notariellen Urkunde erklären, dass eine GbR mit einem bestimmten sich aus der Urkunde ergebenden Gesellschafterbestand – den Handelnden – besteht und es bei Erstellung der Urkunde in der Rechtsmacht der Erklärenden liegt, eine GbR mit diesem Gesellschafterbestand zu bilden. Das Grundbuchamt darf die Richtigkeit einer solchen Erklärung nur dann in Zweifel ziehen, wenn auf konkreten Tatsachen beruhende Umstände zu Tage treten, die geeignet sind, die inhaltliche Richtigkeit der abgegebenen Erklärung in Frage zu stellen.
Nach dem Leitsatz der von den Beteiligten zu 1 und 2 zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (u. a. WM 2011, 1145 ff.), die in diesem Zusammenhang nicht auf die Anforderungen des § 29 GBO abstellt, sondern allein auf die Regelung des § 47 GBO in seiner aktuellen Fassung, genügt es für die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch, wenn die GbR und ihre Gesellschafter in der notariellen Auflassungsverhandlung benannt sind und die für die GbR Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind.
2.
Ausgehend von diesen Entscheidungen, die allerdings den Erwerb durch eine GbR und damit den Anwendungsbereich des § 20 GBO betreffen, ist die Berechtigung der Beteiligten zu 3, die Eintragung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu bewilligen, vorliegend hinreichend nachgewiesen.
a) Die unter Ziffer 1 zitierten Entscheidungen betreffen alle Fälle des Erwerbs von Grundeigentum durch eine bereits bestehende GbR und damit den Anwendungsbereich des § 20 GBO (Nachweis der Einigung), während die Bewilligung der Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit dem Anwendungsbereich des § 19 GBO unterfällt.
Die Eintragungsbewilligung stellt als reine Verfahrenshandlung eine verfahrensrechtliche Verfügung über das betroffene Recht dar. Die Befugnis hierzu leitet sich von der Befugnis zur sachlichrechtlichen Verfügung über das Recht ab. Die verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis knüpft somit als Ausfluss der sachlichrechtlichen Befugnis an diese an (BayObLG DNotZ 1989, 361; OLG Hamburg FG Prax 1999, 6). Die Verfügungsbefugnis ist als Grundlage der formellen Bewilligungsbefugnis von Amts wegen zu prüfen (m. w. Nachw. Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 19 GBO Rdnr. 59).
b) Im vorliegenden Fall erfolgte die Eintragung der Beteiligten zu 3 ersichtlich auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 4. Dezember 2008 (BGHZ 179, 102 ff.) über die Eintragungsfähigkeit der GbR und dem Inkrafttreten des ERVGBG am 18. September 2009 ohne Angabe der Gesellschafter nur unter ihrem Namen. Der Bundesgerichtshof hatte in der zitierten Entscheidung ausgeführt, eine GbR solle grundsätzlich unter ihrer Bezeichnung in das Grundbuch eingetragen werden. Gesellschaften ohne im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Bezeichnung sollten als „Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus…“ unter Angabe ihrer Gesellschafter eingetragen werden. In § 47 Abs. 2 S. 1 GBO in der seit dem 18. September 2009 geltenden Fassung ist nun ausdrücklich geregelt, dass in jedem Fall auch die Gesellschafter einer GbR einzutragen sind.
Bei der Eintragung der GbR ohne Angabe der Gesellschafter kann der Nachweis über den aktuellen Gesellschafterbestand nicht über § 899a BGB geführt werden. Ob und ggf. wie in einem solchen Fall die Gesellschafter nachgetragen werden können (vgl. dazu OLG München DNotZ 2010, 691) kann vorliegend dahinstehen, weil eine solche nachträgliche Eintragung bislang von der Beteiligten zu 3 nicht beantragt worden ist. Der Gesetzgeber hat die Schwierigkeiten, die aus der bloßen Eintragung der GbR resultieren können, gesehen und im Bericht des Rechtsausschusses zur Beschlussempfehlung vom 17. Juni 2009 (BT-Drucks. 16/13437, S. 24) ausgeführt, die Eintragung einer GbR nur unter ihrem Namen ziehe praktisch kaum lösbare Probleme nach sich, weil sich Existenz, Identität und Vertretung einer so eingetragenen GbR oft nicht in der Form des § 29 GBO nachwiesen ließen. Durch Gesetz könnten aber nicht vorhandene Nachweismittel nicht geschaffen werden. Insoweit sei es Sache von Grundbuchpraxis und Rechtsprechung, im Einzelfall billige Lösungen zu entwickeln.
c) Wegen der weitreichenden Nachteile für die nur unter ihrer Bezeichnung eingetragene GbR, die ihren Grundbesitz weder übertragen noch belasten könnte und auch in der tatsächlichen Nutzung in großem Umfang – etwa bei einer beabsichtigten Bebauung – eingeschränkt wäre, ist, vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung zum ERVGBG, der Auffassung des OLG Köln (FGPRax 2011, 62), wonach der Gesellschafterbestand einer nur unter ihrem Namen im Grundbuch eingetragenen GbR sei nicht nachweisbar sei, solange es keine gesetzlichen Bestimmungen über Umfang und Form des erforderlichen Nachweises gibt, nach Auffassung des erkennenden Senates nicht zu folgen.
Vielmehr verdient die Auffassung des OLG Schleswig (FGPrax 2011, 114 ff.) grundsätzlich den Vorzug, die insoweit im Grundsatz davon ausgeht, dass kein lückenloser Nachweis nach § 29 GBO darüber verlangt werden kann, dass die handelnden Personen aktuell die vertretungsberechtigten Gesellschafter sind und keine privatschriftlichen Anteilsübertragungen verschwiegen haben.
d) Danach ist vorliegend hinreichend nachgewiesen, dass die Gesellschafter R… und M… Z… im Zeitpunkt der Bewilligung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit die einzigen Gesellschafter der Beteiligten zu 3 und damit befugt waren, die Belastung des Eigentums der Beteiligten zu 3 zu bewilligen.
Der Nachweis der Verfügungsbefugnis im Rahmen des § 19 GBO folgt den gleichen Grundsätzen, wie der Nachweis der wirksamen materiell-rechtlichen Einigung im Rahmen des § 20 GBO. Die Beteiligte zu 3 hat danach in ausreichendem Umfang nachgewiesen, dass sie als Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke befugt ist, zu Gunsten der Beteiligten zu 1 und 2 eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu bestellen.
Materiell verfügungsbefugt ist die eingetragene GbR, die Beteiligte zu 3. Es ist weiter im Grundbuchverfahren hinreichend nachgewiesen, dass die Beteiligte zu 3 allein aus den beiden Gesellschaftern R… und M… Z… besteht und diese folglich befugt waren, die Beteiligte zu 3 bei der Erteilung der Eintragungsbewilligung zu vertreten.
Bestandteil der Grundakte ist bereits der notariell beglaubigte Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2004, aus dem sich ergibt, dass die Beteiligte zu 3 allein aus den beiden genannten Gesellschaftern besteht. Dieser Nachweis genügte dem Grundbuch seinerzeit, um die Beteiligte zu 3 als neue Eigentümerin in das Grundbuch einzutragen. In der notariell beglaubigten Bewilligungsurkunde vom 8. März 2010 haben die beiden Gesellschafter zudem nochmals ausdrücklich erklärt, die einzigen Gesellschafter der Beteiligten zu 3 zu sein. Auch wenn dieser Erklärung – hierin unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von derjenigen einer erst Grundeigentum erwerbenden GbR – keine Geständniswirkung zukommt, weil nur die aktuellen Gesellschafter der bereits eingetragenen GbR zur Abgabe einer solchen Erklärung befugt sind und es daher nicht genügt, dass die Erklärenden befugt sind, eine Gesellschaft mit dem sich aus der Erklärung ergebenden Gesellschafterbestand zu gründen.
Allerdings sind konkrete Anhaltspunkte, die Anlass bieten könnten, an der Richtigkeit der vorgelegten notariell beglaubigten Erklärungen zu zweifeln, nicht ersichtlich. Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es zu einem Wechsel im Gesellschafterbestand gekommen ist. Die Lücke im Nachweis der Verfügungsbefugnis der Beteiligten zu 3 kann daher im Wege der freien Beweiswürdigung geschlossen werden. Der erforderliche Nachweis darüber, dass die Beteiligte zu 3 als eingetragene Eigentümerin bei der Bewilligung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit wirksam durch die beiden Gesellschafter vertreten worden ist, ist erbracht.
3.
Die Kostenfolge hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz; eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.