Gericht | VG Potsdam 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 09.11.2011 | |
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Aktenzeichen | VG 8 K 136/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger ist Eigentümer des Wohngrundstücks ..., Ortsteil ..., in der Gemeinde ....
Der Kläger ließ am 3. April 2006 auf seinem Grundstück einen sogenannten Gartenwasserzähler installieren und beantragte unter dem 8. April 2006 die Abnahme desselben zum Zwecke der Absetzung von der nicht in die öffentliche Entwässerungsanlage eingeleiteten Wassermenge. Die Abnahme des Wasserzählers erfolgte durch die … GmbH am 31. Mai 2006. Mit Rechnung vom 14. Juli 2006 wurden dem Kläger von der … GmbH dafür 112,68 € in Rechnung gestellt. Von diesem Gesamtbetrag entfielen 15,54 € auf die Mehrwertsteuer, welche mit 16 % angesetzt worden war. Der Kläger bezahlte diesen Betrag.
Mit Schreiben vom 15. April 2009 beantragte der Kläger beim Beklagten, in dessen Auftrag die ... GmbH gehandelt hatte, die Rückerstattung eines Betrags von 8,74 € zur Rechnung vom 14. Juli 2006. Die Mehrwertsteuer sei mit 16 % zu hoch angesetzt worden. Als Maßnahme, die der Trinkwasserversorgung zuzurechnen sei, hätten lediglich 7 % in Ansatz gebracht werden können.
Der Beklagte erließ unter dem 20. Januar 2010 einen Trinkwassergebührenbescheid, der nach Abrechnung der geleisteten Vorauszahlungen ein Guthaben von 124,05 € auswies. Aus der Anlage zu dem Bescheid ergab sich, dass der Beklagte nicht zu Gunsten des Klägers 8,74 € verrechnet hatte.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 31. Januar 2010 wegen der aus seiner Sicht fehlenden Rückerstattung des beantragten Betrages Widerspruch gegen den Trinkwassergebührenbescheid ein; zugleich behielt er einen entsprechenden Betrag der festgesetzten Vorausleistungen ein.
Mit Schreiben vom 15. April 2010 mahnte der Beklagte den Kläger wegen des fehlenden Betrages in Höhe von 8,74 € und setzte eine Mahngebühr in Höhe von 1,53 € hinzu. Der Kläger bezahlte die Gesamtsumme.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Trinkwassergebührenbescheid zurück. Zur Begründung führte er aus, dass kein Anspruch auf Umsatzsteuerrückerstattung bestehe. Der reduzierte Steuersatz für die Herstellung von Trinkwasserhausanschlüssen werde nur gewährt, weil dieser Umsatz als unselbstständige Nebenleistung zur Trinkwasserversorgung eingestuft worden sei. Der eingebaute Gartenwasserzähler diene hingegen dazu, Wassermengen, die z. B. für die Gartenbewässerung benötigt würden und nachweislich nicht in die öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt seien, bei der Schmutzwassermenge abzusetzen. Sie hätten daher nichts mit der eigentlichen Trinkwasserlieferung zu tun und seien auch nicht Bestandteil des Trinkwasserhausanschlusses. Daher käme für den Einbau von Gartenwasserzählern unverändert der Regelsteuersatz zur Anwendung.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 22. Januar 2011 zugestellt.
Der Kläger hat am 28. Januar 2011 Klage erhoben.
Er führt ergänzend aus, dass der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch für jene Leistungen gelte, die dazu dienten, das Wasser bereitzustellen, beispielsweise Rohrleitungen und Anschlüsse. Der Gartenwasserzähler registriere die bezogene Trinkwassermenge, die nicht in das Abwassernetz geleitet würde.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2011 zu verpflichten, ihm 10,27 € zurückzuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die im Widerspruch gegebene Begründung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
Der Rechtsstreit kann durch den Berichterstatter als Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem der Rechtsstreit mit Beschluss vom 24. März 2011 auf den Berichterstatter übertragen worden ist und die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO erklärt haben.
Der wörtlich gestellte Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Zurückzahlung von 10,27 € ist in der Weise auszulegen, dass zugleich auch der Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2011 als erstmalig belastender Verwaltungsakt zur Aufhebung gestellt werden soll, da dessen Bestandskraft einer Rückzahlung des begehrten Betrages entgegenstehen würde.
Die Klage ist aber unbegründet, denn der Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung von 10,27 €.
Die allein vorgebrachte Begründung, dass nämlich die ermäßigte Umsatzsteuer von 7 % auch für solche Leistungen gelte, welche dazu dienten, das Wasser bereitzustellen wie die Installation von Rohrleitungen und Anschlüssen, ist grundsätzlich richtig (vgl. EuGH, Urteil vom 3. April 2008 - C-442/05 - zit. nach juris), betrifft aber nicht den vorliegenden Fall. Nach diesem Urteil soll Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Anhang H Kategorie 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer dahin auszulegen sein, dass unter dem Begriff „Lieferung von Wasser“ auch das Legen eines Hausanschlusses fällt, der in der Verlegung einer Leitung besteht, die die Verbindung des Wasserverteilungsnetzes mit der Wasseranlage eines Grundstücks ermöglicht. Dies betraf und betrifft die Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wonach sich die Steuer für die Umsätze aus den Lieferungen, der Einfuhr und dem innergemeinschaftlichen Erwerb der in Anlage 2 des Gesetzes bezeichneten Gegenstände, darunter nach Anlage 2 Nr. 34 Wasser, auf 7 % ermäßigt.
Allerdings dient der Gartenwasserzähler des Klägers gerade nicht der Versorgung oder Lieferung seines Gartens mit Wasser, sondern ausschließlich dem Zweck, bestimmte Trinkwassermengen nicht zugleich als gebührenpflichtiges Abwasser bezahlen zu müssen. Rechtsgrundlage hierfür waren die zum Zeitpunkt des Einbaus des Wasserzählers geltenden Vorschriften der §§ 20 und 21 der Satzung für die öffentlichen Entwässerungsanlagen der Landeshauptstadt Potsdam vom 15. Dezember 2005 - EWS - (Amtsblatt für die Landeshauptstadt Potsdam vom 28. Dezember 2005, Nr. 16, S. 36): Für die Mengengebühr der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage war nach § 20 Abs. 2 EWS diejenige Schmutzwassermenge maßgeblich, die in die zentrale Entwässerungsanlage eingeleitet wurde. Nach § 21 Abs. 1 a) EWS galt als der zentralen Entwässerungsanlage zugeführte Schmutzwassermenge die aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung dem Grundstück zugeführte und durch Wasserzähler ermittelte Wassermenge. Dieser Maßstab wurde durch § 21 Abs. 4 EWS in der Weise ergänzt, dass diejenige Wassermenge, die nachweislich nicht in die zentrale öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage gelangt ist, auf Antrag des Gebührenpflichtigen bei der sich gemäß Absatz 1 ergebenden Abwassermenge abgesetzt wurde. Damit hatte die Landeshauptstadt Potsdam für die zentrale Abwasserbeseitigung den grundsätzlich zulässigen modifizierten Frischwassermaßstab (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 27. November 2003 - 2 B 303/03 -, zit nach juris; zu den Grenzen vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Juli 2011 - OVG 9 B 28.09 -) verbindlich gemacht.
Für die Führung des Nachweises galten nach § 21 Abs. 4 Satz 4 die Absätze 2 und 3 sinngemäß, d. h. der Nachweis ist durch einen dem Stand der Technik entsprechenden geeichten und von der Landeshauptstadt oder einem von ihr beauftragten Dritten verplombten Wasserzähler zu führen. Die Möglichkeit des § 21 Abs. 4 EWS eröffnete mithin dem Gebührenpflichtigen sogenannte Absetzmengen nachzuweisen, insbesondere im Zusammenhang mit der Bewässerung von Gärten, die ansonsten über den Frischwassermaßstab als gebührenpflichtiges Abwasser bewertet worden wäre. Die vom Kläger am 31. Mai 2006 veranlasste Abnahme des Gartenwasserzählers war infolgedessen funktional alleine dem Zweck der Abwasserbenutzungsgebührenerhebung zuzurechnen und nicht der Trinkwasserversorgung.
Die vom Beklagten hinzugefügte Mahngebühr beruhte auf §§ 2 und 8 der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg und kann daher gleichfalls nicht erfolgreich zurückgefordert werden.
Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
Be s c h l u s s :
Der Streitwert wird auf 10,27 € nach § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes festgesetzt.