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Recht der Bundesbeamten


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 2. Kammer Entscheidungsdatum 09.02.2015
Aktenzeichen 2 L 603/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 33 Abs 2 GG

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den in der direktionsinternen Funktionsausschreibung B... ausgeschriebenen Dienstposten „F... (A 11/12)“ zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist,

hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 S. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der Sache (Anordnungsgrund) müssen glaubhaft gemacht werden (§ 123 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).

Gegenstand des Rechtsstreits ist vorliegend zwar nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amtes, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 04. November 2010 - 2 C 16.09 – zitiert nach Juris). Streitgegenständlich ist hier lediglich die Übertragung eines Dienstpostens. Mit dieser Funktionsübertragung ist nach den – unwidersprochen gebliebenen Angaben der Antragsgegnerin – keine Beförderungsentscheidung verbunden. Danach könnte es bereits an einem Anordnungsanspruch fehlen.

Jedoch kommt einstweiliger Rechtsschutz ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich bereits in der Auswahl eines Beamten eine Beförderungsentscheidung manifestiert und der - zugleich einen Bewährungsvorsprung in Bezug auf die konkrete Stelle auslösende - Weg zu einer dann irreversiblen Verleihung eines Statusamtes beschritten wird (vgl. Beschluss der Kammer vom 20. Januar 2014 – VG 2 L 357/13 -). Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Verbindlichkeit dieses verfassungsunmittelbar angeordneten Maßstabs gilt nicht nur für die unmittelbare Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern auch für vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 – und 19. Dezember 2014 – 2 VR 1/14 -, zitiert nach Juris).

Hier ergibt sich aus dem Vortrag des Antragstellers – dem wiederum die Antragsgegnerin nicht ausdrücklich entgegengetreten ist – dass nach dem aktuell gültigen Personalverwendungskonzept der Antragsgegnerin eine erfolgreiche Bewerbung auf höherwertige Stellen die vorherige Absolvierung von mindestens drei Verwendungen voraussetzt. Vor diesem Hintergrund kann das Bestehen eines Anordnungsgrundes zugunsten des Antragstellers nicht ausgeschlossen werden.

Darauf kommt es vorliegend im Ergebnis allerdings nicht an, denn der Antragsteller hat jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller im Auswahlverfahren wegen des gegen ihn geführten Disziplinarverfahrens zu Recht nicht berücksichtigt, obwohl er nach ihrer Auskunft ohne diesen Umstand wohl ausgewählt worden wäre.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen, dessen Geltung durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet wird. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris). Ein Bewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet (BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 -, m. w. N., juris).

Während dabei der Begriff der fachlichen Leistung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG auf die Arbeitsergebnisse des Beamten bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben, auf Fachwissen und Fachkönnen abzielt und mit dem Begriff der Befähigung die allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Eigenschaften wie Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung umschrieben werden, erfasst der – im vorliegenden Fall einschlägige - Begriff der Eignung im engeren Sinne Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften. Die Gewichtung der einzelnen Gesichtspunkte obliegt der gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Beurteilung des Dienstherrn.

Dementsprechend ist der Dienstherr u. a. berechtigt, einen Beamten allein schon für die Dauer einer gegen ihn durchgeführten disziplinarischen Untersuchung und des gegebenenfalls anschließenden Disziplinarverfahrens wegen der damit begründeten Zweifel an dessen Eignung von einer an sich möglichen Beförderung auszuschließen; insofern verfügt der Dienstherr über einen weiteren Beurteilungsspielraum (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Januar 2014 – OVG 7 S 7.14 -, Beschluss vom 24. März 2014 – 7 N 61.14 -; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03. März 2014 – 1 M 18/14 –, Rn. 10, m. w. N., juris).

Der Dienstherr würde sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen, wenn er einen solchen Beamten vor der abschließenden Klärung des disziplinarischen Vorwurfs beförderte und damit die Befähigung und Eignung des Betreffenden für eine höherwertige Verwendung bejahte, obwohl er zuvor mit der Einleitung disziplinarischer Ermittlungen zu erkennen gegeben hat, dass Anlass besteht, die Amtsführung oder das persönliche Verhalten des Betreffenden in seinem bisherigen Status zu beanstanden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Januar 2014 – 7 S 7.14 -).

Dabei ist es regelmäßig nicht geboten, die dem Beamten zur Last gelegten Vorwürfe dem Disziplinarverfahren vorgreifend zu bewerten und auf dieser Grundlage abzuschätzen, wie das Verfahren ausgehen wird. Das oben Ausgeführte zugrunde gelegt ergeben sich die Eignungszweifel vielmehr regelmäßig bereits aus dem Umstand, dass gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren geführt wird. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, etwa dann, wenn der im Disziplinarverfahren erhobene Vorwurf eines Dienstvergehens offensichtlich unbegründet ist, ist eine andere Beurteilung angezeigt. Hierdurch wird sichergestellt, dass ein im Einzelfall gegebener Beförderungsanspruch nicht durch missbräuchliche Einleitung eines Disziplinarverfahrens unterlaufen werden kann. (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Dezember 2011 – 6 B 1314/11 –, Rn. 16, juris).

Für die Auswahl zur Besetzung eines Dienstpostens an der Polizeiakademie kann nichts anderes gelten. Zwar geht mit ihr – wie von der Antragsgegnerin auch dargelegt - jedenfalls keine unmittelbare Statusänderung einher, die sich nachfolgend nur noch schwer oder gar nicht mehr rückgängig machen ließe. Die begrenzte Anzahl der zur Verfügung stehenden Dienstposten und die – von der Antragsgegnerin dargelegte – Vorbildfunktion der der Fachlehrer sowie die Auswahl der Bewerber anhand der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG machen allerdings deutlich, dass auch hier die Erwartung einer uneingeschränkten Eignung gerechtfertigt ist. Bereits Zweifel an der Eignung rechtfertigen es deshalb, den Betroffenen von der Möglichkeit der Aufstiegsausbildung auszuschließen (vgl. für die Aufstiegsausbildung: Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 09. Oktober 2013 – 2 B 455/13 –, Rn. 22, juris).

Anhaltspunkte dafür, dass der gegen den Antragsteller erhobene Vorwurf eines Dienstvergehens offensichtlich unbegründet war, waren zum für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt nicht ersichtlich. Ausweislich der Einleitungsverfügung vom 20. Mai 2014 stand gegenüber dem Antragsteller der durch Videoaufnahmen begründete Verdacht eines schuldhaft begangenen Dienstvergehens in Gestalt einer anlässlich eines Polizeieinsatzes gegenüber Fußballfans begangenen Körperverletzung im Amt durch zwei Schläge mit der Hand in das Gesicht im Raum.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung ist dabei die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der (letzten Behörden-)Entscheidung bestanden hat (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 27. Januar 2010 - 1 WB 52.08 -, und vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, juris).

Hierdurch wird der in Betracht kommende Bewerberkreis auf diejenigen konzentriert, die zu diesem Zeitpunkt überhaupt die persönlichen Voraussetzungen für eine Ernennung und Einweisung in eine der Planstellen erfüllen. Hinzu tritt, dass der Dienstvorgesetzte bei der Auswahlentscheidung, die diesen Maßnahmen vorausgeht, in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums einen umfassenden Vergleich der Eignung der Konkurrenten anzustellen hat. Er hat dazu meist umfangreiche Erkenntnisgrundlagen zusammenzutragen, zu sichten und auf dieser Grundlage zu entscheiden, welche Umstände für die zu treffende Entscheidung wesentlich sind (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Dezember 2011 – 6 B 1314/11 -, Rn. 16, juris).

Vorliegend endete die Bewerbungsfrist der direktionsinternen Funktionsausschreibung am 07. Juli 2014; mit Schreiben vom 07. August 2014 wurde der Antragsteller davon unterrichtet, dass er im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden war. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war die Auswahlentscheidung endgültig gefallen. Hiervon ausgehend sind die Entwicklungen, die sich nach der getroffenen Auswahlentscheidung ergeben haben, für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit ohne Belang. Das gegen den Antragsteller eingeleitete staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wurde erst danach - am 09. September 2014 - eingestellt; die Einstellung des Disziplinarverfahrens aufgrund Nichterweislichkeit der Vorwürfe erfolgte erst am 30. September 2014.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht nach ständiger Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg (stellvertretend Beschlüsse vom 13. September 2010 - 4 S 16.10 -, vom 18. Oktober 2010 - 4 S 37.10 – sowie vom 24. September 2009 – 4 S 53.09 -, zitiert nach Juris) auf § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Danach waren 5.000,00 € in Ansatz zu bringen.