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Straßenausbaubeiträge


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 13.12.2017
Aktenzeichen VG 3 L 323/17 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2017:1213.3L323.17.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 42 AO, § 12 Abs 1 Nr 2b KAG BB

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5428,84 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 14. Dezember 2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. November 2016 (Bescheid-Nr. …) anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage, die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben – hier in Form einer Erhebung eines Straßenbaubeitrags - entfällt, anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bestehen, wenn und soweit ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 20. Januar 2017 – 9 S 28.16 –zitiert nach juris; Beschluss vom 11. Februar 2000 - OVG 2 B 164/98 -). Dabei geht es in dem Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund des im Vergleich zum Hauptsacheverfahren eingeschränkten Prüfungsmaßstabs nicht um die abschließende Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist regelmäßig von der Gültigkeit des einer Abgabenerhebung zugrundeliegenden Satzungswerks auszugehen, es sei denn, dieses wäre offensichtlich rechtswidrig. Das Gericht hat sich für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO daher auf die Kontrolle der äußeren Gültigkeit der Normen und sich ersichtlich aufdrängender materieller Satzungsfehler sowie die Prüfung substan-tiierter Einwände des jeweiligen Antragstellers gegen die Voraussetzungen der Ab-gabenerhebung zu beschränken, wobei die Prüfung der Einwände des Antragstellers dort ihre Grenze findet, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2000 - 2 N 164/98 -; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11. August 2005 - OVG 9 C 4.05 - und vom 20. Februar 2008 - OVG 9 S 26.07 -).

Gemessen daran bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.

Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in den §§ 1, 2 und 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) in der Fassung der Bekanntma-chung vom 31. März 2004 (GVBl.I/04, [Nr. 08], S.174) zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 10. Juli 2014 (GVBl.I/14, [Nr. 32]), in Verbindung mit der Sat-zung der Gemeinde ... über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen (ABS) vom 23. Mai 2006. Die Satzung ist nach dem dargestellten Entscheidungsmaßstab nicht offensichtlich rechtswidrig; es sind weder Bedenken gegen ihre äußere Gültigkeit erkennbar noch sind sich ersichtlich aufdrängende materielle Satzungsfehler festzustellen. Substantiierte Einwände gegen die Satzung werden vom Antragsteller nicht erhoben.

Die Voraussetzungen für eine Beitragserhebung nach der hiernach anzuwendenden Straßenbaubeitragssatzung liegen vor.

Nach § 8 Abs. 1, 2 KAG sind Beiträge Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Sinne des § 8 Abs. 2 KAG oder Teilen davon, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen.

1. Die baulichen Maßnahmen an der Anlage „...“ stellen jedenfalls Verbesserungen der in dem Bescheid von 17. November 2016 genannten (Teil-) Einrichtungen dar, was vom Antragsteller auch nicht bestritten wird. Von einer „Verbesserung“ ist bereits auszugehen, wenn die Ausstattung der Anlage entsprechend ihrer bisherigen verkehrstechnischen Konzeption vorteilhaft verändert wird (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Februar 2009 – OVG 9 S 26.08 –, juris). Dies ist jedenfalls bei der technischen Verbesserung der Anlagen – etwa durch erstmaligen Einbau einer Frostschutzschicht oder bei einer deutlichen Verstärkung des vertikalen Aufbaus, womit eine höhere Belastbarkeit und eine geringere Frostanfälligkeit verbunden ist (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2007 – OVG 9 N 148.05 –, juris) - gegeben. Eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung liegt vor, wenn durch die Ausbaumaßnahme eine bessere Ausleuchtung der Straße erreicht wird. Das kann durch eine Vermehrung der Zahl der Leuchten oder eine Erhöhung der Leuchtkraft der einzelnen Leuchten erfolgen, wie es vorliegend anzunehmen ist. Kriterien für eine Verbesserung sind dabei Beleuchtungsstärke, Gleichmäßigkeit der Beleuchtung und Blendungsbegrenzung, wobei nicht alle Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 30. Januar 2017 – 9 A 158/15 –, juris Rn. 22 m.w.N.; Dietzel/Kallerhoff, Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 KAG NRW, 8. Aufl. 2013, Rn. 158 m.w.N.). Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang zudem darauf, dass der Gemeinde bei der Entscheidung darüber, ob sie eine Ausbaumaßnahme durchführen möchte und ob dies erforderlich bzw. zweckmäßig ist, ein weiter Einschätzungs- und Ermessensspielraum zusteht. Fragen der Zweckmäßigkeit unterliegen nicht der gerichtlichen Nachprüfung (vgl. zu allem Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 55. EL § 8 Rn. 309 m.w.N.; Beschluss der Kammer vom 23. November 2017 - VG 3 L 290/16 - und vom 27. Oktober 2017 - VG 3 L 366/16 -).

2. Dem Antragsteller entstand durch die Straßenausbaumaßnahme auch ein beitragsbegründender Vorteil im Sinne des § 8 Abs. 2 KAG im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Ein solcher besteht bereits im Fall der Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 27. Oktober 2017, aaO. und vom 16. Oktober 2017 – VG 3 L 289/16 - sowie Beschluss vom 1. Juni 2017 – 3 L 99/17 –; Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 20. Oktober 2016 - VG 4 K 643/14 -; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 2 M 48/00 –, juris). Der Straßenbaubeitrag dient dem Vorteilsausgleich. Die weitere Inanspruchnahme der verbesserten ... vermittelt jedenfalls den Anliegern sogenannte Gebrauchsvorteile mit wirtschaftlichem Charakter, die mit Hilfe des Ausmaßes der wahrscheinlichen Inanspruchnahme einer beitragsrechtlich relevanten Bewertung zugänglich sind. Durch die Straßenbaumaßnahme ist das Grundstück des Antragstellers auch in der Zukunft - bzw. im Falle der Annahme einer Verbesserung gefahrloser und besser - zugänglich. Dass es sich bei der vorhandenen Zuwegung laut Antragsteller lediglich um einen „Notausgang“ handelt, schmälert den Vorteil nicht. Der Gebrauchswert des Grundstücks hat sich erhöht. Die Erschließungssituation des Grundstücks hat sich verbessert.

3. Die Ermittlung der umlagefähigen Kosten ist vor dem Hintergrund des erläuterten Prüfungsmaßstabes im einstweiligen Rechtschutz ebenfalls nicht zu beanstanden. Es werden keine Mängel gerügt und es drängen sich bei überschlägiger Prüfung auch sonst keine Fehler der Kostenermittlung auf. Dies gilt insbesondere für dessen Umfang. Zum Umfang zählen auch die Kosten für die Straßenbeleuchtung. Das gilt unabhängig davon, dass die Beleuchtung von Straßen in der Regel keine Aufgabe der Gemeinde im Rahmen der Straßenbaulast ist, sondern ihr als Aufgabe der Daseinsvorsorge obliegt. Die Straßenbeleuchtung ist gleichwohl selbständige Teileinrichtung der Straße. Der Umfang der Kosten für die Straßenbeleuchtung ist auch dann nicht zu kürzen, wenn die gesamte Breite einer klassifizierten Straße ausgeleuchtet wird, der Gemeinde aber nur die Straßenbaulast für den Gehweg obliegt (Bayerischer VGH, Beschluss vom 10. April 2014 – 6 ZB 14.85 –, juris, Rn. 6; Hessischer VGH, Urteil vom 05. Dezember 1996 – 5 UE 3700/95 –, juris, Rn. 30).

4. Sofern der Antragsteller einen Verstoß gegen das Willkürverbot im Abschnittbildungsbeschluss des Antragsgegners vom 24. August 2011 zu erkennen meint, ist dies für das Gericht nicht offensichtlich.

Der Antragsteller rügt, dass den Gemeindevertretern am 24. August 2011 bei der Fassung eines Beschlusses betreffend der Abschnittsbildung bestehend aus der ... und eines Teiles der ... Straße „offensichtlich“ bei Beschlussfassung kein Ausbauprogramm betreffend die gesamte Straße vorlag.

Es dürfte insofern einer weiteren Aufklärung bedürfen, inwieweit dies tatsächlich der Fall war. Angesichts des Umstandes, dass ein Bauprogramm auch formlos festgesetzt werden kann bzw. es sich auch mittelbar aus Beschlüssen des Rates oder seiner Ausschüsse sowie den solchen Beschlüssen zugrundeliegenden Unterlagen und selbst aus der Auftragsvergabe ergeben (vgl. Driehaus, aaO., § 11, Rn. 49 m.w.N.) sowie bis zur Entstehung der sachlichen Beitragspflicht beschränkt oder erweitert werden kann, drängt sich ein Verstoß gegen das Willkürverbot gerade nicht mit der dafür erforderlichen Offensichtlichkeit auf (vgl. Arndt, Straßenbaubeiträge, 2017, § 6, Rn. 36ff.).

Hinsichtlich der seitens des Antragstellers ebenfalls als willkürlich gerügten Zusam-menlegung der ... und einem Teil der ... Straße und der damit geltend gemachten intransparenten Beschlusslage der Gemeinde dürfte es ebenso der weiteren Aufklärung bedürfen. Jedenfalls dürfte es für die Beantwortung der Frage, ob die seitens des Antragstellers gerügte Zusammenlegung von ... und ... Straße als eine einheitliche Anlage unvertretbar war, der Durchführung eines Ortstermins im Hauptsacheverfahren bedürfen.

Auch dürfte eine Beitragserheblichkeit einer - lediglich vermuteten - fehlenden bzw. nicht ausreichenden Beschlusslage nicht „auf der Hand liegen“. Fragen der konkreten Beitragsverteilung sind nicht Gegenstand eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gerade wenn - wie vorliegend - die Bestimmung des Abrechnungsgebietes seitens des Antragsgegners offen gelegt wird (vgl. Karte S. 58 VV) und sich bei summarischer Prüfung keine durchgreifenden Bedenken einstellen.

5. Sofern der Antragsteller anmerkt, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergebe sich daraus, dass die Flurstücke 705 und 706 zu einer Gesamtfläche von 5235 qm zusammenfasst werden, obwohl der Antragsteller zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht Eigentümer des Flurstückes 705 war, dringt er damit nicht durch.

Der Antragsgegner durfte den Antragsteller sowohl hinsichtlich des Flurstücks 706 wie auch bezüglich des Flurstücks 705 als Beitragsschuldner in Anspruch nehmen.

Zu einem anderen Ergebnis führt vorliegend auch nicht der Umstand, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Beitragsbescheides nicht mehr Eigentümer des Flurstücks 705 war. Denn die Teilung des ursprünglichen Buchgrundstücks, bestehend aus den Flurstücken 705 und 706, erweist sich als gestaltungsmissbräuchlich (vgl. 5. b).

a. Zwar wird im Beitragsrecht zwischen der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht und der persönlichen Beitragspflicht unterschieden. Die sachliche Beitragspflicht beschreibt die auf ein bestimmtes Grundstück bezogene Pflicht, einen bestimmten Beitrag zu zahlen, jedoch ohne dass die Person des Beitragsschuldners hierdurch schon bestimmt wäre. Die persönliche Beitragspflicht komplettiert den Beitragsanspruch, in dem sie beschreibt, welcher Person gegenüber die Beitragsschuld entsteht. Die Unterscheidung von sachlicher und persönlicher Beitragspflicht hat ihren Grund darin, dass das Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg die Zeitpunkte auseinanderfallen lässt, zu denen feststeht, welche Beitragsschuld für ein bestimmtes Grundstück besteht und wer den Beitrag schuldet.

Der Antragsgegner beruft sich zur Bestimmung des Entstehungszeitpunktes der sachlichen Beitragspflicht auf § 9 ABS, welcher für die Entstehung der Beitragspflicht den Abschluss der Maßnahme bestimmt (§ 9 Abs. 1 S. 1 ABS). Gemäß § 9 Abs. 2 ABS ist eine Maßnahme abgeschlossen, wenn sie technisch entsprechend dem Bauprogramm fertig gestellt und tatsächlich und rechtlich beendet ist und der Gesamtaufwand feststellbar ist. Zwar entsteht vorliegend die sachliche Beitragspflicht gem. § 8 Abs. 7 S. 1 KAG mit der endgültigen Herstellung der Anlage im Zeitpunkt der Abnahme (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Mai 2015 OVG 9 S 5.15, juris). Vorliegend ist der Zeitpunkt der Abnahme ggf. im Hauptsacheverfahren noch aufzuklären. Der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ist relevant für die Frage, welche Grundstücksverhältnisse für die Beitragsermittlung zugrunde zu legen sind. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Buchgrundstück (unbestritten) aus den Flurstücken 705 und 706, deren Eigentümer der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt war. Vor diesem Hintergrund gehen die Ausführungen des Antragstellers zur Veranlagung von Hinterliegergrundstücken fehl. Denn die Frage, ob das Flurstück 706 aufgrund der Trennung von der ausgebauten .../... Straße durch das Flurstück 705 ein Hinterliegergrundstück darstellt, betrifft den Aspekt der Grundstücksverhältnisse, für deren Festlegung der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht relevant ist. Zum diesem Zeitpunkt war der Antragsteller noch Eigentümer des damaligen Buchgrundstücks bestehend aus den Flurstücken 705 und 706.

Allein die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht reicht jedoch für das Bestehen eines Beitragsschuldverhältnisses als Voraussetzung zur Heranziehung eines Bei-tragspflichtigen nicht aus. Hinzukommen muss das Bestehen einer persönlichen Beitragspflicht. Die persönliche Beitragspflicht entsteht in dem Zeitpunkt, in welchem erstmals alle vom jeweiligen Kommunalabgabengesetz und der Beitragssatzung geforderten Voraussetzungen erfüllt werden, die für die Bestimmung des Beitragsschuldners notwendig sind (vgl. § 12 Abs. 2b i.V.m. § 38 AO).

Wer persönlich beitragspflichtig ist, richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben im jeweiligen Kommunalabgabengesetz und der Ausgestaltung in der Beitragssatzung. Gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 KAG werden Beiträge von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Für die Frage, wer Eigentümer ist, kommen verschiedene Zeitpunkte in Betracht. So wird in vielen Bundesländern auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheides abgestellt (vgl. etwa § 7 Abs. 2 S. 1 KAG MV, § 6 Abs. 8 S. 1 NKAG). Alternativ kann der Satzungsgeber den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht als maßgeblich bestimmen, in Bayern ist er zwingend als maßgeblich vorgeschrieben (Art. 5 Abs. 6 S. 1 BayKAG). In Thüringen ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht maßgebend (§ 7 Abs. 10 S. 1 ThürKAG), jedoch kann der Satzungsgeber abweichend hierfür den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides bestimmen (§ 7 Abs. 10 S. 2 ThürKAG). Lediglich für restitutionsbelastete Grundstücke ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides zwingend als maßgebend vorge-schrieben (§ 7 Abs. 10 S. 1 Halbsatz 2 ThürKAG). In dem brandenburgischen Kom-munalabgabengesetz (ebenso in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz) finden sich keine ausdrücklichen Maßgaben des Gesetzgebers, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung der dinglichen Rechtslage abzustellen ist. Es obliegt daher allein dem Satzungsgeber diesen Zeitpunkt zu bestimmen (vgl. Dietzel/Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NRW, 8. Auflage 2013, m.w.N.; OVG NRW Beschluss vom 6. Juli 2004 - 15 B 1263/04 -, juris, Rn. 9). Vorliegend sieht § 10 Abs. 1 ABS vor, dass derjenige beitragspflichtig ist, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Eigentümer des Flurstücks 706 war und ist der Antragsteller. Er ist dagegen bei Bekanntgabe des Bescheides vom 17. November 2016 nicht mehr Eigentümer des Flurstücks 705 gewesen.

b. Allerdings führt dieser Umstand vorliegend nicht zu einem Entfallen der persönlichen Beitragspflicht hinsichtlich des Flurstücks 705. Die Teilung des ursprünglichen Buchgrundstücks, bestehend aus den Flurstücken 705 und 706, erweist sich als gestaltungsmissbräuchlich.

Nach § 42 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. b) KAG kann ein Abgabengesetz durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Abgabenspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstanden wäre.

Gemäß § 42 Abs. 2 AO liegt ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Pflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Pflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017 – 2 S 620/16 –, juris; BayVGH, Beschluss vom 25. April 2012 - 6 ZB 11.2029 -, juris; OVG Nordrein-Westfalen, Urteil vom 25. Januar 2005 - 15 A 548/03 -, juris; VG Lüneburg, Urteil vom 17. November 2016 – 3 A 138/15 -, m.w.N., juris). Ob ein Missbrauch in diesem Sinne gegeben ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Unangemessen sind insbesondere abwegige rechtliche Kniffe und Schliche (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017, aaO.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 14. März 2011 - 6 B 09.1839 -, juris). Maßgeblich ist, ob verständige Beteiligte die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung gewählt hätten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017, aaO. und vom 28. Februar 2008, - 2 S 1946/06 -, juris, vgl. BFH, Urteil vom 17. Januar 1991 - IV R 132/85 -, juris). Das Motiv, Abgaben zu sparen, macht eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017, aaO.). Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung tritt aber dann deutlich hervor, wenn sie überhaupt keinem wirtschaftlichen Ziel dient, also ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund nicht zu entdecken ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017, aaO.; vgl. BFH, Urteil vom 17. Januar 1991, a.a.O.). Der Abgabenpflichtige muss bei der Aufklärung, ob der Gestaltung vernünftige wirtschaftliche Gründe zugrunde liegen, mitwirken. Versagt er sich oder kann er keine vernünftigen Gründe nennen, so ist im Rahmen der Beweiswürdigung grundsätzlich ein Missbrauch im Sinne des § 42 AO anzunehmen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017, aaO.; BayVGH, Beschluss vom 20. August 2012 - 6 CS 12.970 -, juris; VG Lüneburg, Urteil vom 17. November 2016, aaO., m.w.N.). Der Verdacht eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kann sich im Beitragsrecht insbesondere dann aufdrängen, wenn ein nicht selbständig bebaubarer und somit auch wirtschaftlich kaum selbständig verwertbarer Grundstücksteil in zeitlicher Nähe zu einer Beitragserhebung beziehungsweise der Ankündigung der Gemeinde, einen Beitrag zu erheben, von einem Anliegergrundstück abgetrennt und einem Angehörigen übertragen wird und damit einzig die Vermeidung oder Verminderung einer Beitragspflicht verfolgt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2010 - 9 C 1.09 -, Rn. 36, juris und Beschluss vom 14. Januar 1997 – 8 B 247/96, juris m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017, aaO. und vom 28. Februar 2008 – 2 S 1946/06 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 27. Juli 2016 – 6 B 15.1834 -, juris und Beschluss vom 14. August 2015 – 6 CS 15.1396 – und 6 CS 15.1399 -, vom 20. August 2012 – 6 CS 12.970 -, vom 9. Juli 2012 – 6 ZB 12.185 -, juris, Beschluss vom 25. April 2012, a.a.O.; sowie vom 10. September 2009 – 6 CS 09.551 -, juris; Hessischer VGH, Urteil vom 7. Januar 2010 – 5 B 2516/09 -, juris; VG Lüneburg, Urteil vom 17. November 2016, aaO., m.w.N, juris; vgl. zusammenfassend auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 17, Rn. 102f. ).

Dabei lässt der Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO die zivilrechtliche Wirksamkeit der unangemessenen Gestaltung unberührt. Abgabenrechtlich ist diese jedoch unbeachtlich, das heißt der Sachverhalt ist beitragsrechtlich bezogen auf den Abgabenanspruch so zu bewerten, als ob die missbräuchliche Gestaltung nicht stattgefunden hätte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2017, aaO.; BayVGH, Urteil vom 27. Juli 2016, aaO., Rn 19, juris). § 42 AO erfordert damit eine wirtschaftliche Betrachtung, die den Zweck des § 42 AO in den Blick nimmt, Ausfälle als Folge eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu verhindern.

Nach diesen Maßstäben spricht nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens alles dafür, dass die Teilung des ursprünglichen Grundstücks bestehend aus den Flurstücken 705 und 706 im Sinne des § 42 AO gestaltungsmissbräuchlich gewesen sein dürfte.

Für die Grundstücksteilung und die Übereignung des Flurstücks 705 gab es keine vorgetragenen wirtschaftlichen oder sonstigen beachtlichen außersteuerlichen Gründe. Das Flurstück 705 ist vorliegend nicht oder aber nicht nennenswert selbständig bebaubar, weil aufgrund seiner Breite von nur ca. 5 Meter die sich aus § 6 der Brandenburgischen Bauordnung ergebenden Abstandsfläche dort nicht untergebracht werden können. Eine wirtschaftlich selbständige Nutz- und Verwertbarkeit des Flurstücks 705 wurde nicht vorgetragen und erschließt sich letztlich allein aufgrund der untergeordneten Größe des Flurstücks 705 (250 qm) im Vergleich zum Flurstück 706 (4985 qm) auch sonst nicht. Beachtlich ist zudem, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der am 1. Juli 2016 erfolgten Anhörung des Antragstellers bezüglich der drohenden Beitragsveranlagung für das zum damaligen Zeitpunkt noch aus den Flurstücken 705 und 706 bestehende Buchgrundstück jenes am 20. Juli 2016 durch Eintragung im Grundbuch geteilt, und das Flurstück 705 an Herrn Tobias ... infolge Auflassung vom 13. Juli 2016 veräußert wurde, bevor am 17. November 2016 der angefochtene Bescheid gegenüber dem Antragsteller erlassen wurde. Der Geburtsname von Herrn ... war laut Grundbuchauszug vom 20. August 2016 „...“. Ein Verwandtschaftsverhältnis als weiteres Indiz für einen rechtlichen Gestaltungsmissbrauch drängt sich daher auf. Etwaige weitere Ermittlungen, gegebenenfalls in Form einer Beweisaufnahme sind der Hauptsache vorzubehalten.

Es kommt daher vorliegend nicht mehr darauf an, inwieweit zudem eine Gesamtschuldnerschaft zwischen dem Antragsteller und Herrn ... gemäß § 10 Abs. 4 ABS bestand (vgl. auch § 12 Abs. 1 Nr. 2b) KAG i.V.m. § 44 Abs. 1 S. 2 Abgabenordnung).

Über die genannten Aspekte hinaus rügt der Antragsteller an der Beitragskalkulation nichts, noch drängen sich Zweifel auf.

Im Übrigen sind Fehler für das Gericht auch nicht offenkundig, sodass keine Veranlassung besteht, von Amts wegen die Kalkulation des Beitragssatzes bzw. die Vertei-lung des Aufwands „von vorn bis hinten“ eigenständig auf mögliche Fehler zu untersuchen. Gerade auch im Abgabenrecht ist trotz Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine „ungefragte“ Fehlersuche angebracht, jedenfalls, wenn Bedenken von dem Antragsteller nicht erhoben worden sind bzw. nicht ansatzweise substantiiert werden oder solche Fehler nicht offenkundig sind bzw. auf der Hand liegen (BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 – 9 CN 1/01 –, juris; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. November 2012 – OVG 9 B 13.12 –, juris Rn. 20).

Letztlich kommt auch eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung wegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte nicht in Betracht. Ein unbillige Härte im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO liegt nur vor, wenn durch die sofortige Vollziehung dem Pflichtigen wirtschaftliche Nachteile dro-hen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wieder gutzumachen sind, etwa wenn die Zahlung die Insolvenz herbeiführt oder sonst zur Existenzvernichtung führen kann. Dabei muss sich diese Härte gerade aus der sofortigen, d.h. der vor der Unanfechtbarkeit des Bescheides erfolgenden Vollziehung ergeben, so dass darauf abzustellen ist, ob die sofortige Vollziehung bzw. Zahlung der geforderten Abgabe eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung darstellen würde (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2009 - OVG 9 S 25.09 -, juris Rn. 10; Beschluss der Kammer vom 27. Februar 2017, VG 3 L 590/16 -). Der Antragsteller hat diesbezüglich keine Angaben gemacht, ob er in solch qualifizierter Weise finanziell betroffen ist.

Einer weitergehenden Interessenabwägung im Einzelfall bedarf es vorliegend nicht. Vielmehr hat der Gesetzgeber selbst in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 VwGO eine generalisierende Interessenabwägung dahingehend vorgenommen, dass bei fehlenden ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes die sofortige Vollziehung geboten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Stand 2013). Im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren beträgt daher der vorlie-gende Streitwert in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwGO lediglich ein Viertel des für das Hauptsacheverfahrens anzunehmenden Streitwerts.